Voriger Eintrag Jahresübersicht | IndexseiteNächster Eintrag

[An Felice Bauer]
[Prag, 20. November 1912;Mittwoch]

20. XI. 12

Liebste, was habe ich Dir denn getan, dass Du mich so quälst? Heute wieder kein Brief, nicht mit der ersten, nicht mit der zweiten Post. Wie Du mich leiden läßt! Während ein geschriebenes Wort von Dir mich glücklich machen könnte! Du hast mich satt, es gibt keine andere Erklärung, es ist schließlich kein Wunder, unverständlich ist nur, dass Du es mir nicht schreibst. Wenn ich weiterleben will, darf ich nicht wie diese endlosen letzten Tage nutzlos auf Nachrichten von Dir warten. Aber Hoffnung, Nachricht von Dir zu bekommen, habe ich nicht mehr. Ich muß mir also den Abschied, den Du mir stillschweigend gibst, ausdrücklich wiederholen. Ich möchte das Gesicht auf diesen Brief werfen, damit er nicht weggeschickt werden kann, aber er muß weggeschickt werden. Ich warte also auf keine Briefe mehr.

Franz

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at