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An Oskar Baum
Lieber Herr Baum, nein, nein, ich habe gar nicht wenig zu tun und wenn
Sie dies annehmen, so tun Sie es wahrscheinlich nur deshalb, weil man,
wenn man faulenzt, sich Arbeit nicht gut vorstellen kann und weil in der
Hitze auf dem Lande Arbeiten und Faulenzen faul in eins zusammen gehen
will. Aber es macht nichts, dass ich viel zu tun habe, denn auch sonst
wußte ich nichts zu sagen, als dass ich gerne auf dem Lande
wäre, weil es dort ähnlich wie im Himmel ist, wie ich das manchmal
am Sonntag überprüfe und wie Sie mit Ihrer lieben Frau es jetzt
am besten wissen.
dass der Epilog nicht fertig werden will, ist schon
ganz gut. Lassen Sie nur diesen Epilog in jedem Sinn sich in der Sonne
Strecken und verabschieden Sie sich vom Leser mit einem großartig
abgebrannten Gesicht. Das sage ich ein bischen aus Eigennutz, denn jener
Schluß "dass Sie aber keinen Roman darüber schreiben
usw." hat mir nicht eingeleuchtet. Es ist ja schön, sehr schön,
wenn am Schluß einer solchen Geschichte ein paar Leute zusammenkommen
und herzlich zu lachen anfangen, aber nicht so, das ist nicht das richtige
Lachen für eine Geschichte, die sich so ruhig heraufgearbeitet hat
und hier mit einem Ruck ein Stückchen zurück in ein ungesundes
Dunkel geschoben wird. Was hat Ihnen denn der Leser getan, dieser gute
Mensch, dieser zumindest jetzt noch gute Mensch.
Am meisten in Ihrer Karte hat mich die Erwähnung der "Reue"
gefreut, denn diese Reue ist natürlich nichts anderes als Lust zu
anderer Arbeit, wie Sie es ja im Grunde auch verstehn. Ruhen Sie sich aber
nur ein Weilchen gut aus, Sie verdienen es. Auch einen langen Brief verlange
ich nicht, denn alles ist besser als Briefe schreiben, auf einer Wiese
liegen und Gras essen ist besser; allerdings ist es wieder sehr hübsch,
Briefe zu bekommen, gar in der Stadt.
Seien Sie weiter glücklich, Sie und Ihre liebe Frau.
Ihr Franz Kafka
Epilog: Bezieht sich auf Baums Großen Roman
"Das Leben im Dunkeln" (Berlin, 1910), der in einem Blindeninternat
spielt.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at