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[Postkarte. Stempel: Prag, 13. 10. 09]

[An.:] Herrn Dr. Max Brod Prag Hauptpost Departement V

[Abs.:] Dr. Franz Kafka Niklasstr 36


Mein lieber Max, ärgere Dich nur nicht auf mich, ich kann es nicht anders machen. Dr. F. fängt schon fast an, mir Vorwürfe zu machen, dass ich seine, unsere Sache liegen lasse, trotzdem mir noch nicht viel Vorwürfe zu machen sind, höchstens wegen des Sonntags, denn Montag war ich allerdings aus anderem Grunde im Bureau. Ich habe heute angefangen, aber solange mir davon nicht heiß wird, bringe ich es nicht zustande, und soll mir davon heiß werden, darf ich den heiligen Antonius nicht einschalten und darf morgen nicht zu Dir kommen. Ja, Samstag nach so vielen Nachmittagen wie heute könnte ich mir einen guten Nachmittag erlauben, aber da wirst Du wieder keine Zeit haben. Im übrigen drohn neue Unterhaltungen, Rauchberg hält ein Seminar über Versicherung ab. - Baum hat mir ein kleines sehr schönes Romanstück vorgelesen.



Quelle: Franz Kafka ; Max Brod: Eine Freundschaft (II). Briefwechsel. Hrsg. von Malcolm Pasley. Frankfurt am Main 1989.


Dr. F. : Dr. Siegmund Fleischmann, ein Kollege Kafkas in der Versicherungsanstalt, "der ihn leider öfters (ohne böse Absicht) zu wissenschaftlicher Spezialarbeit anzuregen suchte" (Br 500).


den heiligen Antonius: Siehe 1908, Anm. 19. Am 17. November 1909 heißt es dann in Brods Tagebuch: "Mit Kafka begeistert uns der Hl. Antonius!"


Rauchberg: Heinrich Rauchberg, Professor für Völkerrecht und Statistik in Prag, war einer von Kafkas Lehrern (und Prüfern) während der Universitätszeit gewesen.


Romanstück: Siehe Anm. 16 oben.


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at