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An Hedwig W.

[Prag,] 24. Sept. [1907]
 

Dein Brief kam merkwürdigerweise am Abend, Liebe, deshalb nur das in Eile, damit Du es rechtzeitig bekommst.

Der Einfall, der Onkel soll an Mama schreiben, ist sehr gut und man darf nur mir Vorwürfe machen, dass ich nicht selbst darauf gekommen bin.

Wie ist denn das, Du willst mir wieder entlaufen oder drohst es doch? Genügt es, dass ich in Prag bleibe, um Deine Pläne zu entmutigen? Ich bitte komm, gerade ehe Dein Brief kam, dachte ich daran, dass es schön wäre, wenn wir immer am Sonntag Vormittag jenes französische Buch zusammen lesen würden, das ich jetzt manchmal lese (ich habe jetzt sehr wenig Zeit) und das in einem frierenden und doch zerfaserten Französisch geschrieben ist, wie ich es liebe, also komm, ich bitte.

Deine Meinung, dass Du alles bezahlen sollst, was ich für Dich zu meinem Vergnügen unternehme, hat mich gefreut. Doch ist die Ausgabe für die Annoncen, die ich beilege, (damit Du siehst, wie ungeschickt und schlecht sie sich ausnehmen) zu unbedeutend, aber die Rechnung für den Champagner, den ich gestern nacht auf Dein Wohl getrunken habe - hast Du nichts gemerkt? - werde ich Dir schicken lassen.

Die Kleinigkeiten, die Dich jetzt ärgern und müde machen, sind nur beim erstenmal so schlimm, beim zweitenmal erwartet man sie schon und deshalb sind sie dann schon interessant. Zum Mut gehört nur eine halbe Wendung. Komm.

Dein Franz


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at