Übersetzung. Umberto Eco, Das Problem des offenen Werks, von: Il problema dell’opera aperta, in: Atti del XII Congresso Internazionale di Filosofia (Venezia, 12-18 Settembre 1958). Actes du XIIème Congrès International de Philosophie. Proceedings of the XIIth International Congress of Philosophy, Volume settimo. Filosofia dei valori, etica, estetica. Philosophie des valeurs, morale, esthétique. Philosophy of Values, Ethics, Aesthetics, Firenze: Sansoni 1961, pp. 139-145. 17.715 Zeichen. online 13. 12. 2016 .html


<Die folgende Übersetzung war Grundlage meiner annotierten Übersetzung ins Englische: Mahr <2008.6>. PM>


1. Im Verlauf der folgenden Mitteilung wird beabsichtigt, einige Phänomene der Kunst zu zeigen, die besonders von denjenigem traditionellen Begriff des „Kunstwerks“ her als unförmig erscheinen können, der in der gegenwärtigen westlichen Welt gültig ist. Vorausgesetzt wird die Aussicht auf eine neue Art, die sich auf die Beziehung mit dem Werk und seinem Genuss seitens des Publikums richtet. Man wird weniger davon handeln, welche Veränderungen der ästhetischen Sensibilität – oder mehr noch der kulturellen Sensibilität im Allgemeinen – ähnliche Phänomene vertrügen und in welchem Maß ästhetische Kategorien Erleichterungen brächten, wie sie gegenwärtig in Gebrauch sind. Auch wird man bemerken, dass die Beispiele nicht die Beschreibung der „wesentlichen“ Natur der erwähnten Werke beabsichtigen, aus der sie erzeugt wurden. Man wird am Ende Gedichte diskutieren, ohne ästhetische Urteile abzugeben.

Im Allgemeinen sind im Begriff des „Kunstwerks“ zwei Aspekte enthalten. A) Der Autor stürzt sich auf ein abgeschlossenes Objekt und bestimmt, indem er einer gewissen Intention folgt und nach Genuss strebend, dass es so re-interpretiert werde, wie der Autor es gedacht und gewollt hat. B) Das Objekt kommt dennoch zum Genuss durch eine Vielzahl von Genießenden, von denen alle im Akt des Genießens die je eigenen psychologischen und physiologischen Charakteristika, die jeweilige Bildung durch Umgebung und Kultur und die Spezifizierungen jener Sensibilität aus der unmittelbaren Zufälligkeit und der historischen Situation mitbringen. Deswegen wird jeder Genuss, so ehrlich und vollständig die Verpflichtung der Werktreue auch sein mag, unvermeidlich persönlich sein und das Werk in einem seiner möglichen Aspekte wiedergeben. Für gewöhnlich ignoriert der Autor die Bedingung der Situiertheit des Genießens nicht. Aber er stellt das Werk als eine „Öffnung“ für diese Möglichkeit her, die dennoch nicht auf die Möglichkeit selbst im Sinne des Hervorrufens verschiedener Antworten gerichtet ist, sondern zu einem in sich definierten Reiz passt. Es scheint die Auflösung dieser Dialektik von „Definiertheit“ und „Öffnung“ für den Begriff der Kunst als kommunikative Tatsache und interpersonalen Dialog wesentlich zu sein.

Nun wurde im alten Kunstbegriff der Akzent implizit auf den Pol der „Definiertheit“ gelegt. So verlangt etwa der Typ der dichterischen Kommunikation, auf den Dantes Poesie aus ist, vom Leser eine Antwort eindeutiger Art. Der Dichter sagt etwas und hofft, dass der Leser es so trifft, wie er es im Einvernehmen mit ihm hat sagen wollen. Auch wenn es die Theorie der vier Schriftsinne so vorsieht, geht Dante nicht von dieser Ordnung der Ideen aus. Die Dichtung kann wohl in vier Modi interpretiert werden, indem sie darauf zielt, das Verständnis der vier Ordnungen der Signifikate anzuregen. Aber es gibt vier Signifikate und nicht mehr. Und doch sind alle vier von einem Autor vorgesehen, der den Leser auf deren genaues Verständnis hinzulenken versucht.

Dagegen hat die Entwicklung der gegenwärtigen Sensibilität nach und nach den Akzent auf das Streben nach einer Art des Kunstwerks gelegt, das sich, der Perspektivität der „Lektüre“ immer bewusster, als Reiz zu einer freien Interpretation anbietet, die nur an wesentlichen Zügen ausgerichtet ist. Schon an den Gedichten des französischen Symbolismus der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts erkennen wir, dass die Absicht des Dichters wohl im Produzieren eines in sich definierten Werks besteht, aber auch in der Ausreizung eines Maximums von Öffnung, Freiheit und unvorhergesehenem Genuss. Der „symbolistische“ Vorschlag zielt nicht so sehr auf die Rezeption eines genauen Signifikats, als auf ein allgemeines Schema des Signifikats, eines Hofs möglicher Signifikate, die alle gleichermaßen so ungenau wie gültig sind und zwar nach dem Ausmaß der Schärfe, der Hypersensibilität und der gefühlsmäßigen Verfassung des Lesers.

Diese Absicht wird in Werken des offenen, symbolischen Schlüssels klarer, zu dem wir in Übereinstimmung mit dem Beispiel des Werks Kafkas kommen. Während die klassische Allegorie für jedes Bild einen ziemlich genauen Referenten festlegte, will hingegen die moderne und „offene“ Symbolik die Kommunikation des Unbestimmten oder Zweideutigen und Mehrwertigen sein. Das Symbol der Literatur und der modernen Dichtung neigt dazu, ein „Feld“ emotiver und begrifflicher Antworten vorzuschlagen, insofern es die Bestimmung des „Feldes“ der Sensibilität des Lesers überlässt. Dieser Appell an die Autonomie zukünftiger Genüsse gibt es nicht erst seit orphisch-symbolischen Gedichten, die wir im Großen und Ganzen als irrationalistisch definieren könnten. Den Appell, der der genießerischen Öffnung bewusst ist, haben wir etwa auch in einer rationalistischen Poetik wie derjenigen Brechts. Um Dramen von der pädagogischen Absicht her zu konstruieren, will dieser Autor gemäß der Kommunikation einer recht genauen Ideologie ausdrücklich in einer Weise operieren, von denen die Dramen keine Vorahnung für explizite theoretische Schlussfolgerungen geben. Seine technische Erklärung der „epischen Rezitation“ tendiert geradezu dahin, im Betrachter ein autonomes und kritisches Urteil über eine Realität des Lebens hervorzurufen. Der Schauspieler präsentiert sie als an sich entfremdet, ohne dass er versucht, gefühlsmäßig auf den Betrachter einzuwirken, und indem er es ihm dabei offen lässt, autonom gegenüber den gelieferten Beweisen zu schließen. Werke wie Leben des Galileo manifestieren genau diese dialektische Zweideutigkeit zweier offensichtlich widersprüchlicher Thesen, die keine finale Synthese zu bilden scheinen.

An diese Werke, die vom Genießenden in der einen oder anderen Weise eine sehr freie, interpretierende Reaktionen verlangen, könnten wir andere Werke anschließen, die in sich selbst als eine gewisse Beweglichkeit eine Potenz haben, den Augen des Genießenden etwas wie neu vorzuschlagen, wie kaleidoskopisch und wie mit verschiedenen Perspektiven ausgestattet. Ein leichtes, deswegen aber nicht zu übergehendes Beispiel stellen gewisse Objekte, zwischen der Skulptur der Galerie und dem Objekt der Ausstattung, wie etwa die Mobiles von Calder dar, plastische Entitäten, die sich unaufhörlich verwandeln und sich dabei unter immer neuen Blickwinkeln darbieten. Dazu haben wir im extremen Ausmaß literarische Werke, die in der Absicht ihres Autors dazu streben, ein eigenes Leben zu führen und zwar punkto Komplexität ihrer Struktur, ihrer Wechselbeziehungen erzählerischer Ebenen, ihrer sprachlichen Werte, semantischen Relais, phonetischen Verweisungen, mythischen Beschwörungen und kulturellen Verweise. Das tun sie, indem sie die eigenen Signifikate unaufhörlich erneuern und sich unverbrauchten Möglichkeiten der Lektüre anbieten, dadurch die eigenen Perspektiven vermehrend und am Ende danach trachtend, einen Ersatz für die Welt zu bilden. Die maximale Verwirklichung dieser Poetik haben wir mit dem Werk von Joyce und besonders seinem Finnegan’s Wake. Hier könnte das Werk wirklich einem monströsen elektronischen Gehirn assimiliert werden, das nunmehr Reize und Reaktionen kraft einer Serie derart komplexer Verschaltungen derart produziert, dass es sich als unmöglich herausstellt, all ihre Möglichkeiten zu kontrollieren.

Unabhängig von diversem ideologischen und moralischen Terrain, in dem all diese Dichtungen wurzeln, ist die Erkenntnis erforderlich, dass das Werk sich nicht schon in der Vielzahl der Genüsse völlig auflöst, weil der Autor immer nur eine Grundorientierung stabilisiert. Die Definiertheit eines „Objekts“ wird vielmehr durch die weitläufigere Definiertheit eines „Feldes“ interpretativer Möglichkeiten ersetzt. Das Werk Kafkas erwartet vom Leser eine nicht-eindeutige hermeneutische Reaktion. Aber das Schema der Signifikate, das sie vorschlägt, ist von einer Vision der Welt durchdrungen, die auch über ihre historischen und kulturellen Komponenten zu individuieren und zu definieren möglich ist. – Das ist der Fall, wenn man Kafka zu den Vertretern einer Literatur der Krise, der Zweideutigkeit oder des Kummers in einer Weise zählt, dass auch die teleologischen Interpretationen seines Werks nicht über diesen problematischen Bereich hinaus gelangen können. – Brecht reklamiert die freie kritische Antwort des Betrachters, orientiert ihn aber derart, dass ihn die angeführten Proben zu einer Antwort revolutionären Typs stimulieren. Und wie zahlreiche seiner theoretischen Seiten manifestieren, unterstellt er idealerweise im Betrachter logische Gewohnheiten, die von der dialektischen marxistischen Methode durchdrungen sind. Nicht zuletzt verwandelt sich auch ein Mobile innerhalb der zugegebenen und vorhergesehenen Grenzen seiner Struktur. Und ein literarisches Werk wie Finnegan’s erschöpft wohl alles Mögliche – wie ein göttlicher allwissender Geist – , aber gewiss nur ein komplexes Netz der Möglichkeit, das von seinem Autor nicht zur Gänze vorhergesehen wurde. Das „Feld“ der möglichen Reaktionen, das die Reize erlauben, ist groß, und doch hat man es immer mit einem „Feld“ zu tun, dessen Grenzen von der Natur und der Organisation der Reize bestimmt werden. All diese Werke haben außerdem ein Charakteristikum, weswegen sie sich mit dem Kunstwerk klassischen Typs identifizieren lassen. Der Anteil der „Öffnung“, der Zufälligkeit und der Möglichkeit bleibt auf der Seite der Interpretation. Aber das Werk bietet sich nun einer schon produzierten Interpretation an.


2. Der singuläre Umstand, den diese Mitteilung hier vorschlägt, ist nun in letzter Zeit in verschiedenen Bereichen durch eine Erscheinung von Werken gegeben, deren „Undefiniertheit“ und Offenheit der Genießende unter einem produktiven Aspekt realisieren kann. Es handelt sich um Werke, die sich dem Genießenden als nicht vollständig produziert oder endgültig präsentieren. Für sie besteht der Genuss in einer produktiven Vervollständigung des Werks, in der sich auch der Akt der Interpretation selbst erschöpft. Es ist nämlich die Weise der manifesten Vervollständigung die besondere Vision, die der Genießende vom Werk hat.

Als ein erstes zu zitierendes Beispiel scheint sich die aktuelle Errichtung der Fakultät für Architektur der Universität Caracas anzubieten. Diese Schule der Architektur wurde als „eine Schule für die Erfindung eines jeden Tages“ ausgegeben und bildet so ein bemerkenswertes Beispiel für die sogenannte „Architektur in Bewegung“. Die Hörsäle dieser Schule sind mittels beweglicher Paneele so gebaut, dass sich Professoren und Schüler gemäß des gerade diskutierten architektonischen und urbanistischen Problems die Umgebung eines zurechtgemachten Ateliers konstruieren und so die Anordnung und ästhetische Physiognomie der Räumlichkeit verändern. Hier hat die Art der Planung der Schule das Feld der gestalterischen Möglichkeiten bestimmt. Das allein macht eine bestimmte Reihe von Ausarbeitungen aufgrund einer permanent gegebenen Struktur möglich. In den Wirkungen zeigt sich das Werk nicht mehr ein für alle Mal als bestimmte Form, sondern als „Feld der Formativität“.

Ein Beispiel unter verschiedenen – das aber analoge Beobachtungen suggeriert – ist durch eine der gegenwärtigen Produktionen post-webernscher Musik gegeben. Zitieren wir vor allem Klavierstück XI von Karlheinz Stockhausen. In diesem Werk sieht der Autor bei jeder Aufführung des Stücks ein je verschiedenes Resultat vor, indem er es der Auswahl des Aufführenden anvertraut. Tatsächlich zeigt sich die Partitur in etwas ungewöhnlicher Weise wie ein großes Blatt, das, in einem besonderen Rahmen fixiert, Gruppen von Noten wie viele sauber voneinander getrennte musikalische Sätze erscheinen lässt. „Der Interpret“, so der Autor, „sehe auf das Blatt ohne vorgefasste Absicht, und beginne das Stück auf gut Glück von der ersten Gruppe her vorzutragen, auf die sein Blick trifft. Er entscheide selbst über die Geschwindigkeit, das dynamische Niveau und den Typ des zweiten Einsatzes, mit dem diese Gruppe artikuliert werden muss. Nachdem er die erste Gruppe beendet hat, lese der Interpret die Angaben über die Geschwindigkeit, die Dynamik und den Einsatz, wie sie zum Schluss angegeben ist. Dann sehe er, wie er auf eine andere Gruppe kommt und bringe sie in Übereinstimmung mit diesen drei Angaben ... Jede Gruppe kann mit jeder der anderen achtzehn Gruppen in einer Weise verbunden werden, dass jede Gruppe in jeder der sechs Geschwindigkeiten, sechs Intensitäten und sechs Formen der Einsätze exekutiert werden kann.“ In dieser musikalischen ars combinatoria ist es klar, dass die Zufälligkeit der Auswahl eine Unendlichkeit verschiedener Ausführungen ermöglicht, und das, nachdem viele Gruppen mehrere Male in der selben Aufführung erscheinen können und andere im Lauf zusätzlicher Aufführungen durchaus auch wieder nicht. Dennoch sind diese Gruppen diese und nicht andere Gruppen. Der Autor, der sie hinsetzt, hat stillschweigend die Freiheit des Interpreten ausgerichtet und bestimmt.

Eine demgegenüber analoge Komposition stammt von Henri Pousseur, einem anderen Vertreter der neuen Musik, der sich in seiner Komposition Scambi, die realisiert wurde, indem durch elektronische Apparate hervorgerufene Töne auf Magnetband aufgenommen wurden, in etwa so ausdrückt: „Scambi bilden nicht so sehr ein Stück, sondern vielmehr ein Feld von Möglichkeiten, eine Einladung auszuwählen. Sie werden von sechzehn Abschnitten gebildet. Jeder von ihnen kann mit zwei anderen verknüpft werden, ohne welche die logische Kontinuität des klanglichen Werdens aufs Spiel gesetzt würde. Zwei Abschnitte werden im Effekt von ähnlichen Charakteren eingeführt, von welchen ausgehend sukzessiv in verschiedener Manier entwickelt wird. Zwei andere Abschnitte können dagegen zum selben Punkt führen. Nachdem man mit jedem beliebigen Abschnitt beginnen und enden kann, wird eine große Zahl chronologischer Ordnungen eröffnet. Schließlich können die beiden Abschnitte, die vom selben Punkt ausgehen, synchronisiert werden und derart den Ort für eine komplexere, strukturale Polyphonie abgeben ... Es ist nicht verboten, sich diese formalen, auf Magnetband aufgenommenen Vorschläge auch in einen Austausch versetzt vorzustellen. Indem das Publikum über eine relativ kostspielige akustische Installation verfügt, könnte es selbst zu Hause mit ihr eine nicht veröffentlichte musikalische Imagination üben, eine neue kollektive Sensibilität klanglicher Materie und Zeit.“


3. Der theoretischen Fragen, die durch diese Phänomene aufgeworfen werden, sind viele, und sie verwickeln einen weiter in Fragen der Ästhetik, Philosophie, Sittenanalyse und der Soziologie. Die Antworten gehen über die reinen Grenzen der Feststellung gegenwärtiger Kommunikation hinaus. Dennoch können einige Beobachtungen unter dem Vorzeichen bloßer Orientierung gewagt werden.

Im Bereich der heutigen Sensibilität verläuft diese fortschreitende Tendenz der Öffnung des Werks vor allem parallel zu einem Analogon, wie es sich in der Logik und der Wissenschaft entwickelt, die die eindeutigen Module durch mehrwertige ersetzen. Die mehrwertige Logik, die Mehrzahl geometrischer Erklärungen, die Relativität der raumzeitlichen Maße, selbst die psychophänomenologische Erforschung der perzeptiven Zweideutigkeit als ein positives Moment des Bewusstseins – , all diese Phänomene geben den klärenden Hintergrund für das Bedürfnis nach „Werken mit mehreren Ergebnissen“ ab. Sie ersetzen im Feld der künstlerischen Kommunikation die Tendenz zur Eindeutigkeit durch die Tendenz zur Möglichkeit, die für die zeitgenössische Kultur typisch ist.

Bestimmte Experimente des für ein vages Genießen offenen Werks bringen eine Sensibilität des dekadenten Typs und ein Bedürfnis zum Vorschein, aus der Kunst ein Instrument theoretisch privilegierter Kommunikation zu machen. Dagegen drücken die genannten Beispiele des Werks, das für eine produktive Ergänzung offen ist, eine radikale Entwicklung der ästhetischen Sensibilität aus. Die Beispiele der „Architektur in Bewegung“ manifestieren einen neuen Sinn für den Bezug zwischen Werk und Genießendem, eine aktive Integration von Produktion und Konsum, eine Überwindung des rein theoretischen Bezugs Präsentation-Kontemplation in einem aktiven Prozess, in dem intellektuelle und emotive sowie theoretische und praktische Beweggründe verschmelzen. Phänomene der Ausstattung, die nunmehr in Serie produziert werden – Lampen und Fauteuils in verschiedenen Formen und Gruppierungen, Bücherstellagen in verschiedenen Zusammenstellungen etc. – , bieten das Beispiel eines industrial design, das eine fortgesetzte Einladung zur Formgebung und fortschreitenden Anpassung des Ambientes für unsere Erfordernisse der Nützlichkeit und der Ästhetizität darstellt. Auf demselben Gebiet verlangen nun auch Phänomene wie jene musikalischen Phänomene der Zeit, die an die typische Beziehung Präsentation-Kontemplation des Konzertsaals gebunden ist, ein aktives Genießen. Sie verlangen eine Ko-Formation, die sich zugleich in einer Erziehung des Geschmacks und einer Erneuerung der perzeptiven Sensibilität auflöst. Eines der Motive der ästhetischen Verflachung des Publikums und daher des Bruchs zwischen militanter Kunst und geläufigem Geschmack mag durch den Sinn für die stilistische Trägheit gegeben sein, das heißt dadurch, dass der Genießende zum Genuss allein jener Reize geführt wird, die seinen Sinn für formale Wahrscheinlichkeit befriedigen, seine Wertschätzung allein von Melodien, die so wie die schon gehörten sind, von Linien und Beziehungen zwischen den gewöhnlichsten Dingen, von Geschichten mit dem gewohnten „frohen“ Ende. Dann aber müsste man zugeben, dass das offene Werk der neuen Art unter soziologisch günstigen Umständen auch einen Beitrag zur ästhetischen Erziehung des allgemeinen Publikums leisten könnte.


für die Übersetzung: Peter Mahr © 2008

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