REFERAT vom 15.6.99

Von Sandra Ötsch, 9700147

Kummer- Schmerz, Gram und Depression

 

Kummer- Schmerz (distress- anguish):

Kummer ist eine äußerst wichtige, fundamentale Emotion, die viele Funktionen hat. Er hat eine Rolle gespielt in der Evolution der Menschen und dient weiterhin wichtigen biologischen und psychologischen Funktionen. Kummer und Traurigkeit werden im allgemeinen als synonym bezeichnet. EKMAN und FRIESEN (1975) beschreiben Traurigkeit zwar als eine Form von Kummer, aber letzterer ist der aktivere von beiden. Er hat auch eine stärkere Motivation sowohl für Protest als auch für Bewältigung. Während Interesse die am häufigsten erlebte positive Emotion ist, ist Kummer die häufigste negative.

Aktivierung und Ursachen für Kummer:

Nach TOMKINS(1963) ist Kummer ein Dichteniveau- Affekt. Er tritt als Folge eines fortgesetzten exzessiven Niveaus von Stimulierung auf. Die möglichen Quellen hierfür können Schmerz, Licht, Kälte, Hitze, helles Licht, lautes Sprechen, Enttäuschung, Versagen oder Verlust sein. Tomkins meint, daß Schmerz, Hunger und jede intensive und anhaltende Emotion als angeborene Auslöser von Kummer dienen können, einschließlich Kummer selbst. Eine Erinnerung an eine angeborene auslösende Bedingung, wie auch Erinnerungen oder Antizipationen von kummererregenden Bedingungen können diese negative Emotion aktivieren.

Trennung, sei sie körperlich oder psychisch, bleibt das ganze Leben hindurch eine der grundlegendsten und allgemeinsten Ursachen von Kummer.

Eine weitere wichtige Ursache für Kummer ist Versagen, sei es real oder eingebildet. In diesem Bereich hängen die Ursachen von den persönlichen Maßstäben des einzelnen ab.

Der Ausdruck von Kummer:

Bei dem vollen Ausdruck von Kummer sind die Augenbrauen nach oben und innen gebogen und bilden manchmal einen förmigen Bogen entlang der Stirnmitte. Der innere Winkel des Oberlides ist nach oben gezogen, und das Untelid kann nach oben gedrückt erscheinen. Die Mundwinkel sind nach unten gezogen, und der Kinnmuskel schiebt sich hoch und drückt dadurch die mittlere Unterlippe nach oben.

Der Prototyp des Ausdrucks von Kummer ist natürlich das Weinen. Jedoch muß man bei Erwachsenen nach anderen Merkmalen der Trauer Ausschau halten, da Weinen nicht immer nur Kummer ausdrückt. Denken wir beispielsweise an die Tränen, die entweder in Augenblicken großer Freude (Freudentränen) oder bei Zorn und tiefer Frustration auftreten. Bei diesen Anlässen wird oft ein gewisses Maß an Kummer erlebt, vielleicht werden Trennungen ins Gedächtnis gerufen, oder Vorstellungen von Versagen und Entmutigung.

Laut TOMKINS (1963) lernen Menschen, ihren Ausdruck von Kummer zu modifizieren. Das Weinen wird kürzer und man versucht, seine Mimik so schnell wie möglich wieder unter Kontrolle zu bringen. Auch ist das Weinen bei Männern aus geschlechtsspezifischen Gründen seltener.

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Was man empfindet, wenn man Kummer hat:

Kummer empfinden heißt, traurig, niedergeschlagen, entmutigt zu sein. Wir fühlen uns einsam, isoliert, elend und ohne Kontakt zu anderen Menschen, insbesondere zu Menschen, denen wir etwas bedeuten. Wir empfinden, daß wir versagt haben und abgelehnt werden. Diese Ablehnung kann real oder auch eingebildet sein, oder sogar Selbstablehnung sein. Unzufriedenheit mit sich selbst bildet einen Teil des Kummererlebens. Wir haben das Gefühl, nicht in der Lage zu sein, das zu tun, was wir uns sehnlichst wünschen und empfinden unsere Welt als trüb und dunkel -Das ist der sogenannte Weltschmerz. Wir fühlen uns hilfloser uns abhängiger als gewöhnlich. Wir haben das Gefühl, etwas verloren zu haben, wir fühlen uns elend.

Die Funktionen und die Bedeutung von Kummer:

DARWIN behauptete, daß Tränen das schädliche Austrocknen der Schleimhäute von Augen und Nase verhindern. Tränen enthalten auch das Enzym Lysosom, das die Schleimhäute vor gefährlichen Bakterien schützt. Drei psychologische Funktionen von Kummer sind nach Tomkins (1963) zusammengefaßt worden:

  1. Teilt Kummer einem selbst und anderen mit, daß etwas nicht in Ordnung ist.
  2. Motiviert Kummer uns, etwas zu tun, um ihn zu vermindern (Quelle beseitigen, Beziehung zu dem Kummer verursachenden Objekt zu verändern)
  3. Liefert Kummer negative Motivation, die nicht zu toxisch oder zu unerträglich ist. Ein gewisses Maß an negativer Motivation ist notwendig, um uns für unsere eigenen Probleme und die Probleme der Welt aufgeschlossen zu machen. Furcht ist zu toxisch und unerträglich, um kontinuierliche Motivation für anhaltende Arbeit an der Lösung des Problems zu liefern. Statt dessen flieht man.
  4. Schließlich erfüllt Kummer noch einen weiteren, fundamentalen Zweck, dem er schon in der Evolution des Menschen gedient hat: Er fördert den Zusammenhalt der Gruppe, sei es nun Familie, Freundeskreis oder die Gesellschaft. Da Trennung Kummer verursacht, ist die Vermeidung oder Antizipation von Kummer eine starke Kraft, die uns eng an unsere Angehörigen bindet.

Die Interaktion von Kummer mit anderen Emotionen:

Da Kummer die am häufigsten erlebte negative Emotion ist, interagiert oder verbindet er sich oft mit anderen Emotionen. An den bedeutenderen sind andere negative Emotionen beteiligt, aber es ist auch möglich, daß Kummer mit den positiven Emotionen interagiert. Die Interaktion von Kummer mit Freude führt zu dem Erlebnis, das als Freudentränen beschrieben wird. Weiters gibt es Kummer- Interessens- Interaktionen, die viele Formen annehmen können. Außerdem gibt es noch die weniger erfreulichen Kummer- Zorn- Interaktionen. Die meisten Menschen haben es schon erlebt, daß sie entmutigt und niedergeschlagen waren und anschließend Zorn empfunden haben gegenüber sich selbst oder jemand anders wegen ihres Elends. Der Zorn kann auch eine Gegenmaßnahme gegen Furcht sein, was auch eine Kummer- Furcht- Verbindung schließen läßt. Der Zorn wirkt der Furcht wie auch dem Kummer entgegen und schwächt sie ab. Die Kummer- Furcht- Verbindung: Die toxischen Wirkungen von Furcht sind bedeutend für die Anpassung. Wenn die Kummer- Furcht- Verbindung generalisiert wird, werden durch die relative Häufigkeit des Erlebens von Kummer die toxischen Wirkungen von Furcht so allgemein, daß die Schwierigkeiten, mit dem Leben fertig zu werden, das Individuum überwältigen. Solch ein Mensch wird wahrscheinlich nicht mehr versuchen, Probleme zu lösen, sondern sie zu vermeiden oder zu fliehen. Dies führt zu einer schweren Fehlanpassung. Wenn die Eltern mit Ablehnung oder Gleichgültigkeit reagieren, wenn das Kind aus Kummer weint, lernt es vielleicht, seinen Kopf vor Scham zu senken, wenn ihm nach Weinen zumute ist. Dies führt unter Umständen zu Selbstzurückgezogenheit, quälender Schüchternheit, Gehemmtheit, Selbstverachtung. Hierbei spricht man von der Kummer- Scham- Interaktion. Wenn ein Vater sein Kind beschämt, das weint und ihm entgegnet, es solle etwas gegen die Ursache tun, anstatt zu weinen, ergibt sich laut TOMKINS( 1963) eine Externalisierung von Kummer, die dazu führt, daß das Hauptinteresse des Kindes die eigenen und die Sorgen anderer Menschen sind.

GRAM (grief):

Die differentielle Emotionstheorie vertritt die Auffassung, daß Gram ein komplexes Muster von fundamentalen Emotionen und Emotions- Kognitions- Interaktionen ist. Die Erlebnisphänomene des Grams resultieren aus der Interaktion von Kummer mit anderen Affekten und Affekt- Kognitionen.

Determinanten von Gram:

Theoretiker wie Forscher stimmen darin überein, daß die Hauptursache von Gram Verlust sei. Der Verlust kann zeitweilig (Trennung) oder permanent (Tod) sein, real oder eingebildet, psychisch oder physisch. Die Ursache des tiefsten und umfassendsten Grams ist der Verlust des Menschen, den man am innigsten liebt. PERETZ hat auf 3 weitere Formen von Verlust hingewiesen:

  1. Verlust irgendeines Aspektes der Attraktivität, Vitalität
  2. Verlust irgendeiner sensorischen oder motorischen Fähigkeit

  3. Verlust von Geisteskraft oder der Verlust positiver Einstellungen zu sich selbst wie Selbstachtung.
  4. Verlust materieller Objekte wie Geld, Reichtümern, Grundbesitz.
  5. Eine vierte Form stellt den ...

  6. Verlust, der im Verlauf von Wachstum und Entwicklung auftritt (Verlust der nährenden Brust, der Milchzähne, des Status als Mittelpunkt der elterlichen Aufmerksamkeit)

Peretz weist darauf hin, das Verlust gleichzeitig ein reales wie auch ein perzeptives oder psychisches Ereignis sein kann, durch das das Individuum dem Verlust persönliche oder symbolische Bedeutung verleiht. Somit kann ein realer Verlust symbolisch einen Verlust von Ehre oder einen "Gesichtsverlust" darstellen. Er stellte fest, daß schwere Verluste die Drohung zusätzlicher zukünftiger Verluste mit sich bringen. Die Determinanten von Gram lassen sich nach biologischen, kulturellen und psychologischen Klassen ordnen, obwohl alle Klassen zu Wechselbeziehungen und Interaktionen untereinander tendieren.

Biologische Determinanten:

AVERILL (1968) stützt seine Argumentation auf die Annahme, daß Menschen und höhere Primaten im allgemeinen in Gruppen lebende Arten sind, deren Überlebenschancen und Wohlbefinden durch soziale Beziehungen vergrößert werden. (Jolly, 1966; Hamburg,1963). Aus evolutionärer Sicht gewährt die soziale Gruppe Schutz vor Angreifern und Effektivität beim Ausfindigmachen und Beschaffen von Nahrung. Trennung von der Gruppe vermindert also die Überlebenschancen.

Kulturelle Determinanten:

In einer Analyse des Verhaltensmusters bei Verlust beschrieb AVERILL (1968) zwei Komponenten, Gram und Trauer. Er definierte Trauer als konventionelles Verlustverhalten, das weitgehend durch soziokulturelle Einflüsse bestimmt wird. Japaner mögen bei Trauer Bekannten und Fremden gegenüber lächeln, um sie nicht zu belasten. Soziokulturelle Praktiken beeinflussen die Länge und Intensität von Gram. Ein Beispiel ist das System der Kindererziehung bei den Ifaluk, einer mikronesischen Kultur, an der sowohl Eltern wie Geschwister als auch viele Personen außerhalb der Familie beteiligt sind. Der Gram, der auf den Verlust eines Familienmitglieds erlebt wird, mag intensiv sein, dauert aber außerordentlich kurz im Vergleich zu anderen Kulturen.

Eine weitere kulturelle Determinante von Gram ist die des Rollenverlustes. Die Rolle von Vater , Mutter, Kind, Ehemann usw. sind durch die Kultur vorgeschrieben, und der Verlust eines Angehörigen bedeutet oft den Verlust einer Rolle. (z.B bedeutet Verlust der Ehefrau Verlust der Rolle als Ehemann). Averill hat aufgezeigt, daß Rollenverlust eine Zerstörung einer funktionellen Beziehung ist. Rollenverlust oder Veränderungen in Rollen können den Verlust von Selbstachtung nach sich ziehen (BIBRING, 1953).

Psychologische Determinanten:

Psychologische Ursachen von Gram liegen in einer affektiven Bindung an die Person, das Objekt, die Idee oder das Symbol. Trennung oder Verlust von dem Objekt der Bindung bedeutet Verlust einer Quelle der Freude und Erregung und je nach Lebensalter und Natur des Objektes Verlust der Zuneigung, Sicherheit und dem Gefühl des Wohlbefindens.

Ausdrucks- und Erlebnischarakteristika von Gram:

Der vorherrschende Ausdruck auf dem Gesicht des sich grämenden Menschen ist der von Kummer oder Traurigkeit. Der Ausdruck von Gram kann jedoch manchmal aus Mischungen bestehen, da oft andere fundamentale Emotionen beteiligt sind. BLOCKS (1957) Untersuchung zeigte eine hohe Tendenz zur Verbindung von Gram mit Schuldgefühlen.

Wie alle Emotionen und Emotionsmuster ist Gram "ansteckend"- und zwar ganz besonders- und diese Ansteckung fördert Empathie und stärkt die Bindung zwischen allen, die den Verlust erlitten haben.

Weiters hat Gram auch inhärent adaptive Funktionen für das Individuum. Normaler Gram dient der psychologischen Anpassung des Individuums, da er ihm ermöglicht, den Verlust durchzuarbeiten und sich darauf einzustellen. In gewissem Sinn ist Gram eine Art und Weise, dem verlorenen geliebten Menschen die letzte Ehre zu erweisen. Zudem können einige Äußerungen von Gram einer kommunikativen Funktion dienen, indem sie Mitgefühl und Hilfe auslösen.

Emotionsdynamik bei Gram:

BOWLBY ist der Ansicht, daß Gram erst in der zweiten Phase des Trennungsreaktionssyndroms, der Phase der Verzweiflung, auftritt. Beim Erwachsenen löst der Verlust eines geliebten Menschen wahrscheinlich zuerst Kummer aus, und in den meisten Fällen bleibt dies die vorherrschende Emotion.

Kummer und Furcht:

Jedes Individuum kann Furcht oder eine Kummer- Furcht- Interaktion erleben, wenn es annimmt, daß seine Sicherheit durch die Abwesenheit oder den Verlust des geliebten Menschen gefährdet ist.

Kummer-Zorn: Wenn Tomkins Annahme zutrifft, dann ist langanhaltender Kummer ein angeborener Auslöser von Zorn, und das Erleben von Kummer dauert bei Gram gewöhnlich lange an. Zorn kann dann auftreten, wenn man die Schuld für die Trennung einem anderen Menschen zuschreibt. Es kann ein höchst frustrierendes Erlebnis sein, wenn man die Pläne, die man sich vorgenommen hat, nicht mehr ausführen kann. Dies kann leicht Zorn auslösen.

Kummer- Furcht- Zorn- Interaktionen:

Nach Bowlby kann der Zorn in der Kummer- Furcht- Zorn- Interaktion entweder funktional oder dysfunktional wirken. Sein positiver Wert besteht wohl darin, die geliebte Person nach einer Trennung daran zu hindern, wieder wegzugehen. Er kann dysfunktional sein, wenn der Zorn, der aus dem außerordentlich starken Kummer hervorrufenden Erlebnis wiederholter Trennung resultiert, zu destruktiver Aggression oder Gewalttätigkeit führt.

Kummer- Schuldgefühl- Scham- Interaktionen:

Gram kann aus der Reue resultieren, daß man kein besseres Verhältnis zu dem Verstorbenen gehabt hat oder daß man sich nicht genug um ihn gekümmert hat. Scham kann auftreten, wenn man den Eindruck hat, daß andere es verurteilen, daß man dem Verstorbenen nicht nähergestanden oder ihm während einer Krankheit nicht geholfen hat.

Gram und Psychopathologie:

Schönberg, Carr, Peretz und Kutscher (1970)fanden in ihren Untersuchungen heraus, daß im Anschluß an den Verlust eines nahestehenden Menschen Krankheit und Tod häufiger auftreten. Sie legten Beweismaterial vor für einen signifikanten Anstieg in der Rate der Konsultationen medizinischer Einrichtungen und in der Todesrate bei verwitweten Menschen.

Depression

Es gibt mehrere Ansätze für die Untersuchung der Depression:

Behavioristische Lerntheorien der Depression:

Die Grundlage der lerntheoretische Ansätze zur Analyse der Depression bildet das Konzept von Depression als erlernter Hilflosigkeit von SELIGMANN und seinen Mitarbeitern (SELIGMANN & MAIER, 1967; SELIGMANN, MAIER & GEER, 1968). Sie zeigten, daß Hunde, die eine große Zahl von unvermeidbaren Elektroschocks erhielten, schließlich lernten, passiv zu werden und den Elektroschock in scheinbarer Hilflosigkeit zu akzeptieren. Nicht die Menge der Elekroschocks bewirkte diese Passivität der Hunde, sondern zu dieser Hilflosigkeit kommt es eher, wenn Tiere lernen, daß Ergebnisse in der Umwelt abhängig von instrumentellen Reaktionen sind. Die Motivation, auf die Umwelt einzuwirken, wird dadurch verringert. Seligman und seine Mitarbeiter waren der Auffassung, daß die erlernte Hilflosigkeit beim Tier der reaktiven Depression beim Menschen entspricht. Sie behaupteten, daß allen deprimierenden Situationen gemein wäre, daß sie eine Situation seien, in denen man meine, man habe keine Kontrolle über die Ereignisse, insbesondere über jene Aspekte, die als am wichtigsten wahrgenommen werden. Wenn das Erlebnis sich wiederholt, wachsen Hilflosigkeit und die Emotionen, die diese begleiten. Schließlich dient Depression als Hemmungsmechanismus von Furcht und hält letztere in erträglichen Grenzen. (Furcht und Depression wirken als entgegengesetzte Prozesse).

Seligman selbst gesteht ein, daß seine Theorie nur begrenzte Reichweite besitzt und nur für reaktive Depressionen gelte, und er deutet an, daß sie von diesen nicht alle erkläre.

KLINGER (1975) hat eine Anreiztheorie der Depression vorgelegt. Laut dieser Theorie tritt, wenn der Organismus erkennt, daß ein bestimmtes Ziel außerhalb seiner Reichweite liegt, vor konsummatorischer Aktivität ein Prozeß der Loslösung ein. Dieser Anreiz- Zyklus besteht aus drei Phasen:

  1. Phase: Das Individuum reagiert auf den Objektverlust mit intensiver Konzentration und kräftigen Reaktionen in einem Versuch, das Verlorene wiederzuerlangen.
  2. Phase: Charakterisiert durch Zorn und Aggression dem Objekt gegenüber.
  3. Phase: Wenn Versuche der 1. Und 2. Phase erfolglos geblieben sind: Das Individuum löst sich völlig von den Anreizen. Dies führt zu Depression oder macht sie aus.

Verhaltenstheorie:

In seiner Verhaltensanalyse legt FORSTER (1972) nahe, daß depressive Menschen durch den Verlust gewisser adaptiver Verhaltensweisen gekennzeichnet sind und durch einen Anstieg in Flucht- und Vermeidungsverhalten wie Klagen, Bitten, Weinen und Reizbarkeit. Klagen und Bitten sind Versuche der Depressiven, störende Bindungen zu beseitigen. Wichtiger als die unwirksamen Vermeidungsversuche ist die Abnahme in der Häufigkeit positiv verstärkter Verhaltensformen.

Die psychoanalytische Theorie der Depression:

Die Vertreter der Psychoanalyse sind der Ansicht, daß die Prädisposition für Kummer in den oralen, frühen Phasen des Säuglingsalters angelegt wird, wo die Hilflosigkeit und Abhängigkeit des Individuums am größten ist. Mit den Worten von RADO (1968) ausgedrückt, ist des Patienten "stummer Schrei nach Liebe nach demselben Muster strukturiert wie das laute Schreien des hungrigen Säuglings nach Hilfe".

ABRAHAMS (1968) frühe Beobachtungen zeigten, daß Zorn ein Teil des Krankheitsbildes von Depression darstellt. Laut den Psychoanalytikern rühren Zorn und Feindseligkeit der Depression von frühen Frustrationen her und von der Tendenz zur Fixierung auf die oralen und analsadistischen Stufen der psychosexuellen Entwicklung.

Schuldgefühl nimmt eine hervorragende Stellung unter den an Depression beteiligten Emotionen ein, und für RADO ist die vorherrschende Stimmung die von schwermütiger Reue. Sie beinhaltet eine gewisse Kombination von Kummer und Schuldgefühlen. Schuldgefühl resultiert dem psychoanalytischen System zufolge aus relativ unkontrollierbarem Zorn und unkontrollierbarer Wut des Individuums und dem durch letztere Erscheinung determinierten Verhalten.

Furcht und Angst werden von vielen Psychoanalytikern erwähnt. Sie schreiben sie hauptsächlich der Sorge vor dem Verlust sexueller Potenz zu. Weiters kann sie das Ergebnis von Unzulänglichkeit oder Unfähigkeit angesichts einer Gefahr betrachtet werden. BOWLBY ( 1969) sieht Furcht als Teil des Trennungssyndroms bei kleinen Kindern an.

FREUD (1968) war der Meinung, daß es dem depressiven Menschen an Scham fehle, wohingegen FROMM- REICHMANN betonte, daß Scham vorhanden und wichtig sei. Verlust von Selbstachtung, Selbstvertrauen und Selbstrespekt gehören zu den hervorstechenden Dimensionen von Depression. Man könnte diesen Verlust von Selbstachtung und die begleitenden Gefühle der Minderwertigleit als Anzeichen von Scham betrachten.

Schüchternheit nimmt bei den Depressiven ebenfalls eine wichtige Stellung ein. Freud meinte auch hier, daß es dem Depressiven an Scham und Schüchternheit fehle und daß er das Zurschaustellen seiner Sorgen und Nöte zu Abwehrzwecken benutze.

Die differentielle Emotionstheorie und eine empirische Analyse der Depression:

Es handelt sich bei der Depression um ein variables Muster von Affekten und affektiv- kognitiven Interaktionen. Es werden mehr Emotionen gezeigt und es gibt mehr Möglichkeiten für Konflikte in der Dynamik zwischen Emotionen.als bei der Emotion Angst. Die an der Depression beteiligten Emotionen sind:

Kummer als Schlüsselgefühl, Zorn, Ekel, Geringschätzung, Furcht, Schuldgefühl und Schüchternheit. Man nimmt an, daß Zorn, Ekel und Geringschätzung (Feindseligkeit) sich sowohl gegen sich selbst als auch gegen andere richten kann. Weitere Faktoren sind ein herabgesetzter Sexualtrieb, welcher zum Teil durch die kombinierte Wirkung von innengerichteter Feindseligkeit einerseits und Furcht- und Schuldgefühlkomponenten andererseits bedingt ist. Weiters geringeres körperliches Wohlbefinden, welches aus dem verstärkten nichtemotionalen Faktor der Müdigkeit resultiert, wie auch aus dem Empfinden der Geschwächtheit und motorischer Verlangsamung, das von Emotions- Emotions- Konflikten herrührt.

Die verstärkte Müdigkeit ist zum Teil bestimmt durch die Verausgabung von Energie durch inhärenten emotionale Konflikten. Die verminderte Geselligkeit steht zweifellos in Zusammenhang mit den hemmenden Emotionen Furcht und der Schuld sowie auch mit den Empfindungen von Unfähigkeit und Unzulänglichkeit. Die außengerichtete Feindseligkeit kann einer adaptiven Funktion dienen, indem sie verhindert, daß die innengerichtete Feindseligkeit immer stärker anwächst. Außengerichtete Feindseligkeit kann auch einen Teil des Schuldgefühls und der Furcht abschwächen. Das Vorhandensein von Furcht hat zweierlei adaptive Funktionen: Einerseits dient sie als Schutz vor exzessiver innengerichteter Feindseligkeit (Selbstmord), andererseits kann sie als Motivation für das Individuum dienen, sich aus der Situation zu entfernen, oder die Lage in anderer Weise zu verändern. Das Depressionsmuster kann von Individuum zu Individuum oder von einem Zeitpunkt zum anderen bei demselben Individuum variieren.

Literaturverzeichnis:

IZARD, Caroll E., Die Emotionen des Menschen

3.Auflage Weinheim: Beltz, Psychologie- Verl.- Union, 1994

12. Kapitel, S 321- 364