„Herrscher, Archivare und ihre Urkunden – Das Institut für Österreichische Geschichtsforschung“
http://youtu.be/6W2z4W8SRD8
Fest verschnürt, versiegelt und nummeriert schlummern in den Speichern der österreichischen Archive Schätze, die aufgeblättert vieles über die Geschichte preisgeben könnten. Doch nur wenige Menschen sind dazu ausgebildet, diese Millionen von Akten, Urkunden und Bildern zu lesen und zu deuten: die Archivare. Seit fast 160 Jahren werden sie am Institut für Österreichische Geschichtsforschung ausgebildet. Das Institut ist an der Universität Wien angesiedelt und untersteht seit jeher dem Wissenschaftsministerium. Das Institut ist die Archivschule Österreichs.
Nach der 1848-er Revolution und den bürgerkriegsartigen Nationalitätenkriegen strebte Kaiser Franz Joseph I. Stabilität an. Durch die Ausbildung der Geschichtslehrer und die wissenschaftliche Geschichtsschreibung sollte ein gesamtstaatliches Nationalbewusstsein des Kaisertums Österreich erreicht werden. Dazu wurde im Jahr 1854 das Institut für Österreichisches Geschichtsforschung gegründet. Seine Aufgabe sollte es sein, qellengestützt und mit Hilfe des methodischen Instrumentariums von Diplomatik (Urkundenlehre), Chronologie und Paläographie (Schriftenlehre) eine übernationale Staatsgeschichte zu schreiben.
Der norddeutsche Pastorensohn Theodor von Sickel prägte über zwei Jahrzehnte die Ausrichtung des Institutes als hilfswissenschaftliche Institution. Die künftigen Archivare bekamen durch das Studium der Aktenkunde, Urkundenlehre, Paläographie, Kodikologie, Aktenkunde, Siegellehre und Wappenkunde das Handwerkszeug für die Erschließung historischer Quellen vermittelt. Ohne den „Kurs“ am Institut für Österreichische Geschichtsforschung bekamen sie keine Anstellung im höheren Archivdienst. Ein bekannter Absolvent des dreijährigen Kurses ist der Schriftsteller Heimito von Doderer. Er wollte „notfalls“ als Archivar seinen Lebensunterhalt bestreiten. Seine Romane „Die Strudelhofstiege“ und „Die Dämonen“ wurden aber so erfolgreich, dass er als freier Schriftsteller reüssieren konnte.
Heute ist das Institut für Österreichische Geschichtsforschung eine Ausnahme in der universitären Forschungslandschaft. Während geisteswissenschaftliche Grundlagenforschung an den österreichischen Universitäten an den Rand gedrängt wurde, betreibt das Institut fast ausschließlich historische Grundlagenforschung. Die Projekte reichen vom Mittelalter bis in das frühe 20. Jahrhundert. Die Edition der Kanzleiregister Papst Innocenz´ III. ist eines der wenigen Langzeitprojekte des Instituts. Es gibt Aufschluss über die Macht der Kirche, Politik und Diplomatie im Mittelalter. Einblicke in das wirtschaftliche Treiben gibt die spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Geschichte von Kleinstädten der früheren österreichischen Länder, deren Zeugnisse zurzeit in der Oberösterreichischen Landesausstellung in Freistadt und Bad Leonfelden ausgestellt sind.
Wie kam man in Zeiten ohne sozialen Ausgleich zu einem Pensionsanspruch? Wohin gingen die Alten, wenn sie krank und allein gelassen waren? Wo traf man sich zu öffentlichen Festen? Die Akten der Archive erzählen diese Geschichten. Sowohl die kleinen Archive der städtischen Rathäuser und Kirchen als auch das Haus‑, Hof- und Staatsarchiv in Wien. Dieses von Kaiserin Maria Theresia gegründete Archiv am Wiener Minoritenplatz verwahrt 130.000 Geschäftsbücher und Aktenkartons, 75.000 Urkunden, 15.000 Karten und Pläne und rund 3.000 Handschriften.
Eine Dokumentation von Edith Bachkönig
Quelle: http://magazine.orf.at/alpha/programm/2013/130603.htm
Ab13:35 Interview mit MS zum Bürgerspitalprojekt