180043
VO-L Geschichte
der Philosophie III (klassische Neuzeit bis Ende 19. Jh.) - 19.
Jahrhundert
2 Stunde(n), 5.0 ECTS
Die.
wtl von 07.03.2023 bis 27.06.2023, 15:00-16:30,
Hs.
50 (Hauptgebäude)
https://moodle.univie.ac.at/course/view.php?id=382823
Ziele, Inhalte und
Methode: Die Philosophie des 19. Jahrhunderts, zumal
die Universitätsphilosophie, ist – obwohl oder gerade weil sie
entscheidende Weichenstellungen für die Philosophie des 20.
Jahrhunderts und der Gegenwart vollzieht – weitgehend unbekannt.
Die Fixierung auf ‚Weltanschauungen‘ und spektakuläre ‚Wenden‘,
sowie die mit ihnen verbundenen Namen (Feuerbach, Marx,
Kierkegaard, Schopenhauer, Nietzsche) verstellt meist die Sicht
auf subtilere Entwicklungen, die bis heute das Selbstverständnis
der akademischen Philosophie prägen. Zunächst werden mit K.F.Chr.
Krause und W. v. Humboldt zwei Repräsentanten des weltbürgerlichen
Idealismus gewürdigt, dessen emanzipatorisches Potential im Fall
Krauses hierzulande völlig in Vergessenheit geraten ist, aber in
Lateinamerika politische Wirkung entfaltete, während Humboldt in
seiner Heimat zwar als Bildungsreformer und Sprachphilosoph
berühmt ist, als Vordenker des Liberalismus aber kaum zur Kenntnis
genommen wird. Im folgenden wird im Ausgang von der ‚positiven
Philosophie‘ des späten Schelling und dem ‚Spekulativen Theismus‘
(Chr. Weiße, I.H. Fichte) der Schritt von der Theologie zur
Anthropologie und damit die sog. ‚anthropologische Wende‘ in der
Philosophie des 19. Jhdts. (L. Feuerbach) skizziert, die durch
einen theologischen Streit (D.F. Strauß) initiiert, zum Bruch in
der Hegel-Schule (Linkshegelianer) führt und zu einer Philosophie
der Tat (A. v. Cieszkowski, M. Heß) überleitet, die im Marxismus
mündet. Es folgen der Weg vom Frühsozialismus (Babeuf, Buonarotti,
Fourier, Saint-Simon, Blanqui, Owen, Weitling) zur Philosophie von
Marx und Engels. Während der Marxismus die Zwänge und
offenkundigen politischen und sozialen Ungerechtigkeiten des
nach-revolutionären Europa durch Errichtung einer klassenlosen
Gesellschaft aufzuheben sucht, bieten Kierkegaard, Schopenhauer
und Nietzsche individuellere Lösungen: im Glauben (Kierkegaard),
im Ethischen (Schopenhauer) und im Ästhetischen (Nietzsche). Heute
eher weniger bekannt, aber zu ihrer Zeit wirkmächtig, sind mehrere
Philosophen, die zwischen Wissenschaft und Metaphysik changieren.
Das Spektrum reicht von A. Comte, der Wissenschaft und Metaphysik
zu einer Fortschrittsreligion amalgamiert (Positivismus), über
J.St. Mill (Empirismus und Liberalismus) und H. Spencer, der den
sog. Sozial-Darwinismus bereits vor Ch. Darwin vertritt, über E.
Haeckel (Monismus), über G.Th. Fechner (Panpsychis-mus) und den
vielseitigen R.H. Lotze, der ‚Spekulativen Theismus‘ und Deutschen
Idealismus mit den Ergebnissen der Naturwissenschaften zu
vereinbaren sucht, zu E. v. Hartmann, der in seiner ‚Philosophie
des Unbewußten‘ auf spekulativeren Wegen in ähnliche Richtung
zielt, bis zu J.G. Droysen (Historismus) und W. Dilthey, der mit
seinem Projekt einer ‚Kritik der historischen Vernunft‘
Historismus und Lebensphilosophie in einer die Nachwelt vielfach
anregenden Weise verbindet. Für die phänomenologischen und
analytischen Richtungen der Gegenwartsphilosophie bedeutsam sind
der anti-idealistische Kantianismus (J.F. Fries, J.F. Herbart) und
Anti-Kantianismus des 19. Jahrhunderts (B. Bolzano, F. Brentano,
A. Meinong, E. Mach), die über den Herbartianismus der
‚österreichischen Philosophie‘ des 19. Jhdts. zueinander in
Beziehung treten. Wirkmächtig und das Selbstverständnis der
Universitätsphilosophie bis heute prägend, sind die Richtungen des
Neukantianismus, die darin übereinstimmen, daß Kant der
Philosophie ihren eigentümlichen Gegenstand und ihren Rang als
Wissenschaft gesichert habe, indem er ihr aufgab, „das ‚Faktum‘
der Wissenschaft“ und in der Folge auch die sonstigen
Kulturgebiete zu begründen.
Damit die Vorlesung nicht zu einem bloßen Reden über Philosophie
verkommt, werden vornehmlich Kernaussagen der thematisierten
Denker in Originalzitaten auf Folien präsentiert und kommentiert
(die Folien werden auf Moodle bereitgestellt).
Art der
Leistungskontrolle/ erlaubte Hilfsmittel: In den
schriftliche Prüfungen am Semesterende und im Folgesemester sind 3
Fragen zum Inhalt der Vorlesung und ein Kurzessay zur
Pflichtlektüre (Friedrich Nietzsche, Zur Genealogie der Moral,
Leipzig 1887) zu verfassen.
Hilfsmittel sind nicht erlaubt.
Mindestanforderungen
und Beurteilungsmaßstab: Insgesamt 5 schriftliche
Prüfungstermine am Semesterende und im Folgesemester.
3 Fragen zum Inhalt der Vorlesung (jede richtig und vollständig
beantwortete Frage zählt 20 Punkte), sowie ein Kurzessay zur
Pflichtlektüre: Friedrich Nietzsche, Zur Genealogie der Moral,
Leipzig 1887 (40 Punkte).
Notenschlüssel:
Note 1 = 87 - 100 Punkte
Note 2 = 75 - 86 Punkte
Note 3 = 63 - 74 Punkte
Note 4 = 50 - 62 Punkte
Note 5 = 0 - 49 Punkte
Prüfungsstoff: Inhalt der Vorlesung und Studium der Pflichtlektüre: Friedrich Nietzsche, Zur Genealogie der Moral, Leipzig 1887.
Literatur: Neben
der Pflichtlektüre: Friedrich Nietzsche, Zur
Genealogie der Moral, Leipzig 1887
und den auf Moodle bereitgestellten Folien zur Vorlesung:
E. Coreth, P. Ehlen, J. Schmidt, Philosophie des 19.
Jahrhunderts (Grundkurs Philosophie 9), Stuttgart 1984.
H. Schnädelbach, Philosophie in Deutschland 1831–1933,
Fft/M 1983.