Lehre

Es ist schwer, da durchzukommen...

ÖH-Frauenreferentin Susanne Kimm über Zugangsbeschränkungen, Eliten und politische Visionen

Inwiefern wirken sich Zugangsbeschränkungen speziell auf Frauen negativ aus?

Zum einen haben die Studien, die beschränkt werden, abgesehen von Betriebswirtschaft zu einem Großteil weibliche Studierende: Medizin, Zahnmedizin, Publizistik, Pharmazie, Psychologie... insofern ist es schon eine quantitative Frage. Hinzu kommt, dass auch die Auswahlverfahren nicht immer klar sind, bei manchen Studien gibt es eine Art Auswahlgespräch wie bei einer Bewerbung, und da ist es oft so, dass Frauen einfach schlechter abschneiden. Es werden Kompetenzen gefordert, die tendenziell eher Männern auf den Weg gegeben werden. Die Knockout-Prüfungen auf der Medizin, die eine indirekte Zugangsbeschränkung sind, laufen über den sogenannten "SIP-Test", und eine Studie, die in der Zeitschrift für Hochschuldidaktik veröffentlicht wurde, belegt, dass der Frauen diskriminiert.

Warum ist das neue Universitätsgesetz ein "Gesetz von Männern für Männer"?

Das betrifft vor allem die Organisation: Im Senat haben die ProfessorInnen die absolute Mehrheit, es gibt aber nur 7% Professorinnen. Das heißt, dass da wesentlich mehr Männer sitzen, und die wählen nun die Hälfte der Mitglieder des Uni-Rates. Somit werden diese Organisationen sehr von männlichen Entscheidungen dominiert.

Die Grundaussage solcher Kritik ist seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten die selbe; ändert sich tatsächlich nichts, oder ist die Lage sogar schlechter geworden?

Wenn man von Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren absieht, hat sich die Lage für weibliche Studierende schon auch verbessert, ihr Anteil hat sich ständig erhöht und liegt mittlerweile bei über 50%. Aber dann werden es immer weniger, beginnend bei den Abschlüssen, und bei jeder höheren Stufe - Dissertantinnen, Assistentinnen, Dozentinnen, Professorinnen - werden es immer weniger, und es gibt keine einzige Rektorin. Es gibt also ganz eindeutig immer noch gläserne Decken, und es ist sehr schwer, da durchzukommen.

Als Initiativen dagegen gibt es mehrere Maßnahmen und Programme. In den Erfahrungsberichten liest man, dass die Frauen das als hilfreich und sinnvoll erleben. Sind solche Initiativen möglichweise näher an der Lebensrealität heutiger Studierender und junger Wissenschafterinnen als die allgemeine politische Kritik?

Ich bin auch froh, dass es diese Fördermaßnahmen gibt und Studierende darauf zurückkommen können, aber es bleibt trotzdem wichtig, weitergehende Forderungen zu formulieren und nicht da stehen zu bleiben. Es muss auch eine politische Vision geben, wo wir hin wollen.

Ist "Gender Mainstreaming" für solche Visionen hilfreich? Es gibt die Kritik, dass es der Regierung vor allem dient, sich damit zu schmücken, obwohl sie eine reaktionäre Politik betreibt.

Ich denke, dass Gender Mainstreaming eine gute Methode und ein guter Weg sein kann, aber man sollte nicht dort stehen bleiben. Es gibt große Unklarheiten, weil so Dinge wie Gender sehr schwammig definiert werden und außerdem ausgeblendet wird, dass Gender nicht die einzige Bruchlinie ist, wo Diskriminierung stattfindet. Der Ansatz kann sinnvoll sein und Leuten nützen, aber es muss weiter gehen. Ob sich Elisabeth Gehrer nun damit schmückt, ist eigentlich egal, wichtig ist, dass es den Frauen nützt.

Zu einem anderen Schmuckstück: Gugging. Wie schätzt Du den Diskurs um Elite-Projekte ein, wie sie derzeit in Österreich offenbar en vogue sind?

Klarerweise sehr problematisch. Wir haben in der ÖH beschlossen, dass wir genau um diesen Eliten-Diskurs einen Diskussionsprozess in Gang setzen wollen, was er für uns heißt und wie wir dazu stehen. Im Moment sehen wir das jedenfalls sehr kritisch, weil offenbar plötzlich Geld für eine Uni da ist, die wirtschaftlich verwertbare Studien aus dem naturwissenschaftlichen und technischen Bereich betreibt, die hauptsächlich von Männern studiert werden. Der Anspruch sollte doch sein, möglichst gute Bildung für möglichst viele Menschen zu schaffen und nicht nur für eine kleine Elite.

Hat Elitenbildung immer auch eine männerbündische Komponente?

Zumindest in Bezug auf Gugging ist es ganz sicher so, ja.

Worum geht es beim Studentinnenkongress "get connected" im Mai?

Die Zielgruppe sind alle weiblichen Studierenden. Es wird drei Tage mit Workshops geben, wo es einerseits um theoretische Auseinandersetzungen geht, z.B. genau mit Themen wie Elite. Ein Workshop heißt etwa "Frau-Klasse-Bildung". Andererseits geht es um Skills und Softskills, die im universitären Alltag wichtig sein können, wie Rhetorik und Präsentationstechniken. Wir machen aber auch einen Printjournalismus-Workshop, es gibt also sehr breites Programm, und wir freuen uns schon darauf!

Interview: i.L.
Im Web: http://oeh.ac.at/fem

Erschienen in MALMOE # 31 (März 2006)
Siehe auch den Artikel "Malestream University Inc."