High
Involvement Ohne Subjektivität ist auch Starmania nichts, und Theorie pfeift aus dem Loch. Dem letzten? Was haben Marx und all jene, die mehr oder weniger zur Kritik
unserer herrschenden Verhältnisse beigetragen haben, gemeinsam? Sie
vernachlässigen das Subjekt. Doch schlussendlich geht es genau darum,
auch deshalb, weil die herrschenden Verhältnisse wenn auch verselbstständigt
immer noch darauf angewiesen sind, von Einzelnen nicht nur ertragen, sondern
auch aufrecht erhalten zu werden. Jede Kritik also, welche die Rahmenbedingungen
von Individualität außer acht lässt, sich demnach nicht
um eine kritische Theoriebildung rund um's Subjekt bemüht, greift
zu kurz. In das Loch, das diese theoretische Leerstelle hinterlässt,
kippt alle Theorie und wird dadurch nichts weniger als "falsch". Der erhobene Anspruch, die Kritik von der "objektiven
Irrationalität" auf ihre subjektiven Bedingungen zu erweitern,
erfolgt in dem Band sehr uneinheitlich. Die Themenbereiche der 9 Beiträge
sind so naheliegend wie die Verhältnisse selbst: Sexualität,
Geschlechterverhältnis und weibliche Subjektbildung unter spätkapitalistischen
Voraussetzungen, sowie Subjekttheorie von Arbeit, Behinderung und Kulturindustrie. Überhaupt hat die Auseinandersetzung mit Antisemitismus schon mal bessere Seiten gesehen. In manchen Texten kommt sie wie nachträglich eingearbeitet, wie als obligates Bekenntnis lose daher, in anderen steht sie für einen verfolgenswerten Strang, der angedeutet aber nicht verfolgt wird. Absoluter Tiefpunkt ist jedoch der Text von Frank Oliver Sobich, der sich eigentlich mit Rassismus befassen will, aber doch von den Juden nicht lassen kann. Nachdem er ungezählte Male "Juden und Schwarze", "Abschiebeknast oder KZ" sowie "große Schwänze und Geldgier" gleichgesetzt hat, erdreistet er sich, einen Abschnitt zur "Spezifik des Antisemitismus" einzufügen, der die Erkenntnisse einschlägiger Debatten durch reine Spekulation ersetzt, sich in Wertkritik versucht, um abermals bei der buchstäblichen Gleichsetzung von "Hass auf Chinesen in Südasien, Inder in Afrika" und "wohl auch Araber in Südamerika und Antisemitismus weltweit" zu landen. Diesem Herrn scheint alle Theorie in besagtes Loch gekippt zu sein, noch bevor er sie gelesen hat. Ein Beitrag zur von der Herausgeberin angestrebten "Kritik an affirmativer Subjektivität" ist der Band allemal, doch geht es mit wenigen Ausnahmen mehr um das allgemeine bürgerliche als um das spezifische Berliner Subjekt; daran ist ja grundsätzlich nichts auszusetzen, bis vielleicht auf die Tatsache, dass der ambitionierte Titel des Buches theoretisch nicht auf- und inhaltlich kaum eingelöst wird. initiative not a love song (Hg.): Subjekt (in) der Berliner Republik. Verbrecher Verlag Berlin 2003 ISBN 3-935843-31-3 Erschienen in Malmoe #17
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