Lehre

Harter Boden

Eine Schlaglicht auf die Wiener Gedenkpolitik

Der Logik in den Korridoren der Wiener Stadtverwaltung ist nicht immer leicht zu folgen: da ist ein Teil des Rings nach einem auch mit einem Denkmal gewürdigten rabiaten Antisemiten benannt, der mit gutem Grund zu Hitlers Vorbildern gezählt wird, aber das ist kein Problem oder verursacht zumindest keinen Handlungsbedarf – auf der anderen Seite ringt man sich, 15 Jahre nach seinem Tod, dazu durch, einen Wiener KZ-Überlebenden zu würdigen, indem ein kleiner Park nach ihm benannt wird, doch die zuständige Bezirksvorsteherin sieht sich bemüßigt zu betonen, dass dies nun aber nichts mit Gedenken zu tun hat.

Und so staunten die Anwesenden nicht schlecht, als Ende November im 9. Bezirk der „Heinz Heger-Park“ durch Bezirksvorsteherin Martina Malyar eröffnet wurde. Erinnert werden soll damit an den 1915 geborenen Heinz Heger, Pseudonym eines Mannes, der die Konzentrationslager Sachsenhausen und Flossenbürg überlebt hat, in die man ihn wegen seiner Homosexualität gesperrt hatte. 1972 veröffentlichte er das Buch „Die Männer mit dem Rosa Winkel“, eines der wenigen autobiographischen Zeugnisse von der Behandlung Homosexueller in den KZ’s, das alsbald zu einem oft übersetzten „Klassiker“ werden sollte. Er ist der einzige österreichische Rosa-Winkel-Häftling, dem es gelungen ist, die KZ-Haft als Ersatzzeit auf die Pension angerechnet zu bekommen (was für die „Dienstzeit“ von SS-Offizieren hingegen eine Selbstverständlichkeit war). Unmittelbar nach 1945 hatte man ihm im Wiener Rathaus noch geraten, seinen Rosa Winkel rot umzufärben, da er wenn überhaupt als „Politischer“ Unterstützung erhoffen konnte – was Josef K., so sein richtiger Name, verweigerte. So schrieb denn auch das Opferfürsorgegesetz fest, dass beim Haftgrund Homosexualität keine Entschädigung vorzusehen ist – da diese auch vor und nach dem Nationalsozialismus strafbar war. Dagegen hat Heinz Heger bis zu seinem Tod 1994 vergebens gekämpft.

Doch zurück in den Alsergrund, wo Josef K. an seiner Wohnadresse Zimmermannplatz nun also mittels Parkumbenennung eine späte Würdigung erfahren sollte. Bezirksvorsteherin Malyar enthüllte eine Tafel, die bei den TeilnehmerInnen des kleinen Akts gelinde gesagt Irritation auslöste: mit keinem einzigen Wort wird darauf erwähnt, weshalb Heger im KZ gelandet ist oder welches Buch er geschrieben hat – einfach nichts. „Falscher geht’s nicht mehr“, schreibt der grüne Gemeinderat Marco Schreuder in seinem Blog, der am Anstoß zu der Initiative nicht geringen Anteil hat. Noch vor Ort reagierte die SP-Bezirkspolitikerin auf die Empörung der Anwesenden und versprach, diese fragwürdige Form der „Erinnerung“ alsbald zu korrigieren.
In einem Kommentar zu besagtem Blogeintrag rechtfertigt sie sich allerdings damit, dass eine Tafel, die zwar auf Hunde- und diverse andere Verbote hinweist, nicht aber auf die Geschichte des durch sie Gewürdigten, durchaus dem Design der zuständigen Magistratsabteilung entspreche. Und sie führt – „zur Vollständigkeit“ – ins Treffen, dass die Tafel ja auch „kein Denkmal darstellt“. Jedenfalls verspricht sie Anfang Dezember, dass ein geänderter Text, der die Geschichte der von den Nazis verfolgten und ermordeten Homosexuellen wenigstens anspricht, „in ca. 3 Wochen aufgebracht“ sein wird.

Bei Drucklegung dieser MALMOE-Ausgabe – über 2 Monate später – ist noch nichts dergleichen geschehen. Entwaffnende Begründung: der gefrorene Boden lasse ein Um- und Aufstellen von Gedenktafeln derzeit nicht zu.

Erschienen in MALMOE # 49 (Februar 2010)

Nach oben