Die mysteriöse Linie U5

Plan (C) Horst Prillinger
(Planungsstand 2016)

Im Zuge der U-Bahn-Planungen gab es immer wieder Pläne für eine Linie U5, aus den verschiedensten Gründen wurde diese Linie aber nie gebaut und fehlt daher bis heute im Liniennetz. Die ursprünglich vorgeschlagene Streckenführung sah wie folgt aus:

  • Hernals - Alser Straße - Landesgericht - Schottentor - Schottenring - Taborstraße - Praterstern - Ausstellungsstraße - Stadion - Stadlauer Brücke (Netzvarianten A-F, 1966 und G-J, 1967)

Bereits relativ bald wurde bemerkt, daß die Linie nicht in vollem Ausmaß realisierbar war, also wurde umgeplant: Der Abschnitt Praterstern-Stadlauer Brücke wurde in einen Ast U1B der Linie U1 verwandelt; der Abschnitt Schottenring-Praterstern wurde ad acta gelegt, und die restliche Strecke (Schottenring-Hernals) sollte als Ast der Linie U4 mit der Bezeichnung U4A betrieben werden.

Die dadurch freiwerdende Liniennummer U5 fiel daraufhin an die Streckenführung

  • Längenfeldgasse - Gürtel - Südbahnhof - Schlachthausgasse - Erdberg (Netzvarianten N (1973) und N3 (1975),

also die unterirdische Straßenbahn am Südgürtel. Allerdings wurden auch die Ausbaupläne für diese Strecke aus Kostengründen bald verworfen.

In einem Plan der Netzvariante M (1970) wurde auch die transdanubische Tangente Floridsdorf-Kagran-Stadlau, die sonst immer als U7 geführt wurde, als U5 bezeichnet; dies könnte aber auch irrtümlich geschehen sein.

Als die Planungsarbeiten für das engere Grundnetz begannen, gab es also keine Linie U5 mehr, nur die Linie U4A war von den einstigen Plänen noch übriggeblieben. Da die volle Streckenführung der Linie U2 (Karlsplatz-Währing) nicht finanzierbar war, beschloss man, die U2 vom Karlsplatz zum Landesgericht, und die Linie U4A vom Schottenring zum Landesgericht zu bauen, und die beiden Strecken einfach mit einer Kurve zu verbinden (diese Kurve ist bis heute die engste im Wiener U-Bahn-Netz).

Anfang der 80er Jahre ging man, auch nach den Erfahrungen mit der Linie U2/4, endgültig von der Idee der Liniengabelungen ab. Da man aber immer noch daran dachte, irgendwann einmal die Strecken nach Währing und Hernals zu bauen, wurde die geplante U4A Schottenring-Hernals erneut in U5 umbenannt. Ihrer Realisierung war die Linie damit freilich um keinen Schritt näher.

In den frühen 90er Jahren kam von Politikerseite die Idee auf, "eine Linie U5" in die transdanubischen Wohngebiete Stadlau und Hirschstetten zu führen, wobei die Vorschläge entweder eine Linie nach Erdberg (U3/5) oder eine Anbindung an die Linie U2 (U2/5) vorsahen. Nach längerem Hin und Her wurde schließlich für letztere entschieden, wobei in der danach erfolgenden Variantenuntersuchung wieder genau jene Linienführung ausgewählt wurde, die fast genau den ursprünglichen Plänen der Linie U5 aus den 60er Jahren entsprach!

Das heißt, dass die Linie U2 eigentlich aus Ästen der ursprünglich geplanten Linien U2 und U5 besteht, nämlich U2 vom Karlsplatz zum Landesgericht und U5 vom Landesgericht nach Stadlau. Die Linie U5 hat somit das ironische Schicksal, gebaut zu werden, aber nicht auf dem Liniennetzplan aufzuscheinen.


Da dadurch die Bezeichnung "U5" immer noch nicht vergeben war, diente die angebliche "Lücke" im Netz immer wieder Politikern dazu, diverse Ausbaupläne für die U-Bahn mit dieser Nummer zu versehen, um das Netz "vollständig" zu machen, auch wenn diese Linien weder in Bezug auf den Verkehrswert noch auf Wirtschaftlichkeit in irgendeiner Form sinnvoll sind. So präsentierte z.B. die ÖVP Wien Ende 2001 eine reichlich absurde Linie U5 von Dornbach bis zum Landesgericht, dort weiter auf den auch von der Linie U2 genutzten Gleisen zum Karlsplatz, und von dort unter der Wiedner Hauptstraße bis zur Wienerberg-City. Baukosten und Nutzen dieser Linie, die in von Straßenbahnen mehr als ausreichend erschlossenen Gebieten gefahren wäre, standen in keinerlei Verhältnis zueinander.


Etwas ernster zu nehmen war hingegen im Februar 2002 ein von Planungsstadtrat Schicker präsentierter Plan für die Pläne der 4. und 5. Ausbaustufe. Während die U5 in der 4. Stufe noch nicht vorhanden war, schien sie in teilweise veränderter Form wieder in den Plänen für eine mögliche 5. Ausbaustufe auf.

Diesen Plänen zufolge sollte die U2 in der Tat geteilt werden, allerdings in anderer Weise als ursprünglich vorgesehen. Die U5 sollte demnach wie zuvor geplant von Hernals bis zur Landesgerichtsstraße, wird dort aber in südlicher Richtung in die bestehende U2 eingebunden werden und deren Südast bis Karlsplatz übernehmen, der über der Aspanggründe zum geplanten Hauptbahnhof verlängert werden sollte.

Der Südast der U2 sollte hingegen völlig neu gebaut werden, und zwar ab Rathaus über Neubaugasse, Pilgramgasse und Matzleinsdorfer Platz bis zum Wienerberg.

Im Jahr 2004 wurden die Pläne erneut in veränderter Form präsentiert, wonach die U5 nun nicht mehr zum Hauptbahnhof, sondern über das Arsenal zum Stadterweiterungsgebiet Südbahnhof bis zur Gudrunstraße vorgesehen war. Als nach der nächsten Wahl Stadtrat Schicker seinen Posten verlor, verschwand jedoch auch dieser Plan wieder in der Schublade.


Im Jahr 2014 tauchte die Linie U5 erneut in den Planungen auf - und es wurde sogar ein Linienverlauf festgelegt, der nun auch bis zum Jahr 2027 gebaut werden soll. Demnach kommt es nun tatsächlich zur Teilung der Linie U2, die zum Wienerberg fahren soll. Die Linie U5 übernimmt deren Abschnitt vom Karlsplatz zum Landesgericht und soll dann über den Frankhplatz, den Arne-Carlsson-Park und Michelbeuern-AKH zum Elterleinplatz führen. Der einst geplante Südast zum Arsenal bzw. Gudrunstraße wurde gestrichen.

largemap2027.png
 

Damit stellt sich natürlich auch bei dieser Planung die Frage nach dem nachhaltigen Verkehrswert einer so kurzen Linie. Zwar ergänzt die Linie in dieser Form das Straßenbahnnetz in durchaus vernünftiger Weise und könnte theoretisch die Straßenbahn in den Bezirken 9, 17 und 18 entlasten, aber in der Praxis ist das Problem, dass sie nirgendwo hinfährt und es auch keine vernünftige Verlängerungsmöglichkeit gibt. So geht schon beim Umsteigen von der Straßenbahn in die U5 einiges an Zeit verloren, und dann endet die Linie bereits am Karlsplatz, wo erneut umgestiegen werden muss, was die Attraktivität dieser Linie deutlich einschränkt. Insofern bleibt die Kosten-Nutzen-Rechnung dieses Projekts genauso fragwürdig wie jene bei allen bisher geplanten und verworfenen Varianten der U5.

Letzte Aktualisierung: von