Negative Negativität –

Beobachtungen von Negativität im Unterricht

Nachdem im Laufe des Symposions intensiv die positiven Seiten der Negativität für Lehr-Lernprozesse untersucht wurden, möchte ich mich mit einer Form der Negativität auseinandersetzen, die zumindest dann als „negativ“ bewertet werden kann, wenn das übergeordnete Lernziel die Mündigkeit der Edukanden ist. Bevor Sie nun befürchten, dass ich Sie dazu verleiten möchte, in die politische Wissenschaft vor Max Webers Kritik an der werturteilsverfhafteten Form wissenschaftlichen Arbeitens zurückzugleiten, indem ich Ihnen das Werturteil schon gleich vor der eigentlichen Untersuchung liefere, möchte ich Sie diesbezüglich beruhigen. Im exegetischen Verfahren soll auch diese Untersuchung sich um Exaktheit bemühen und möglichst unbeeinflusst von Werturteilen bleiben. Die Entscheidungen jedoch, die davor und danach, also eigentlich außerhalb des wissenschaftlichen Verfahrens liegen, die sind auch nach Max Weber durchaus wertbehaftet. Wenn also dass Erziehungsziel „Mündigkeit“ lautet (so diffus wie dieser Begriff auch sein mag)[1], so kann uns die Einigung über ein solches Erziehungsziel doch als normatives Kriterium gelten, um Lehr-Lernprozesse als solche zu identifizieren, die diesem Erziehungsziel zuarbeiten oder ihm abträglich sind, insofern also positiv oder negativ sind.

            Ich möchte in drei Schritten vorgehen. Zu Beginn zeige ich Ihnen eine Sequenz aus einer Unterrichtsstunde. Im zweiten Schritt möchte ich die einzelnen Interaktionen dieser Sequenz analysieren. Abschließend sehen Sie den Kommentar von Prof. Dr. Florian Osburg, der seinerzeit für die Aufzeichnung verantwortlich zeichnete, mit einem Abstand von 30 Jahren und einem Systemwechsel.



[1] Rieger Ladig: Pathosformel Mündigkeit.