Parochialgottesdient Ostermontag 21.04.201314:00 Uhr Eichholz

Henning Schluß

 

Predigttext: 1. Kor. 15, 12-20

 

12 Wenn aber Christus gepredigt wird, dass er von den Toten auferstanden ist, wie sagen dann einige unter euch: Es gibt keine Auferstehung der Toten? 13 Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden. 14 Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. 15 Wir würden dann auch als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir gegen Gott bezeugt hätten, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auferstehen. 16 Denn wenn die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden. 17 Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden; 18 so sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren. 19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.

20 Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.

 

Ihr Lieben!

Die Situation in Korinth, die Gemeinde an die Paulus  diesen Brief schreibt, ist von der unseren in manchem nicht so verschieden. Korinth war eine griechische Stadt und man hielt sich viel zugute auf die Vernunft. Die Vernunft, die alles Übernatürliche als Aberglauben entlarvte. Eine Vernunft aber auch, die einem nicht viel zu Hoffen lässt. Denn wie sehr wir heute wissen, dass das Ziel die Erderwärmung auf  2 Grad in Bezug auf den Zeitraum vor der Industrialisierung zu bekämpfen, nur noch unter großen gemeinsamen Anstrengungen zu erreichen ist, so haben wir doch wenig Hoffnung, dass das Ziel auch tatsächlich erreicht werden kann. Die Skepsis steht unserer Hoffnung im Wege.

Seinerzeit in Korinth ging es auch um die letzten Dinge, um die Auferstehung. Und auch da stand die Skepsis, der Zweifel, der gesunde Menschenverstand der Hoffnung im Wege. Warum sollten wir auf die Auferstehung der Toten hoffen, wenn doch alle Erfahrung lehrt, die Toten stehen nicht wieder auf. Die Toten sind tot. So schmerzlich es ist, es hilft doch nichts, sich etwas vorzumachen, die Toten sind tot und bleiben tot. So die Überzeugung vieler der christlichen Gemeinde in Korinth, der großen römischen Handelsstadt mitten im alten Griechenland.  

            Wie reagiert Paulus, als er davon hört? Predigt er Hoffnung, gegen jeden Augenschein, gegen jeden gesunden Menschenverstand, gegen jede Vernunft? Paulus macht etwas anderes. Er setzt auf die Logik und zwar auf die Urform der klassischen Logik, den Syllogismus, die Lehre vom richtigen Schließen, die Aristoteles Jahrhunderte vorher klar formuliert hatte. Der vielleicht bekannteste Syllogismus lautet:

-        Alle Menschen sind sterblich.

-        Sokrates ist ein Mensch

-        Daraus folgt: Sokrates ist sterblich.

 

Paulus nimmt diesen Syllogismus auf und kehrt ihn um. Eigentlich müsste man sagen, er kehrt ihn doppelt um. Denn inhaltlich geht es nicht um das Sterben, sondern um das auferstehen. Zugleich aber wird nicht von der Gattung auf den einzelnen geschlossen (alle Menschen sind sterblich, also ist Sokrates sterblich, sondern von einem Einzelnen auf alle Menschen. Der Syllogismus des Paulus geht so:

 

-        Manche sagen: Es gibt keine Auferstehung der Toten.

-        Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, dann ist auch Christus nicht auferstanden.

-        Wenn aber doch stimmt, was ihr erfahren habt, was ihr bekennt uns was ihr glaubt, dass die Botschaft Jesu von Nazareth nicht mit ihm vom Tod verschlungen wurde, sondern dass zuerst die Frauen, dann die Apostel und dann immer mehr die Erfahrung der Lebendigkeit Christi gemacht haben, dann gibt es die Auferstehung also doch, dann hat der Tod doch nicht das letzte Wort.

-        Wenn es die Auferstehung aber gibt, wenn Christus als lebendig erfahren wird, dann ist diese Auferstehung nicht auf Christus beschränkt, sondern das war ja gerade der Kern der Botschaft dieses Jesus, niemand ist ausgeschlossen, alle sind ins Leben gerufen.

-        Und wer könnte das besser bezeugen als ausgerechnet Paulus, der Christenverfolger. Nicht einmal er wurde ausgeschlossen, er wurde gerufen, weg von der Verfolgung hin zur Mitwirkung an der Botschaft des Lebens.

Ein Syllogismus ist auch das, ein Syllogismus allerdings, der nicht gegen die Hoffnung steht. Sondern ein Syllogismus der zeigt, dass Vernunft und Glaube sich nicht ausschließen, sondern dass sie sich ergänzen und bereichern können. Denn für die reine Logik hat der Syllogismus des Paulus eine Schwachstelle, wie ihr unschwer entdeckt habt. Er bleibt gebunden an eine Voraussetzung, die sich nicht so einfach beweisen lässt. Der Syllogismus des Aristoteles macht auch Voraussetzungen. Vor allem die Aussage, dass alle Menschen sterblich sind ist so eine Voraussetzung. Aber sie wird wohl von den wenigsten in Zweifel gezogen werden. Wir merken vielleicht nicht einmal, dass es eine Voraussetzung ist. Beim Syllogismus des Paulus ist das anders. Seine Voraussetzung ist, dass Christus auferstanden ist. Dies kann man glauben oder nicht. Wenn man es nicht glaubt, dann fällt das logische Gebäude des Paulus in sich zusammen. Bei Lichte besehen spricht aber nicht viel weniger für die Voraussetzung des Syllogismus des Aristoteles. Denn dass alle Menschen sterblich sind, ist ein Satz, der mit unserer Erfahrung zu tun hat. Wir machen die Erfahrung, dass Menschen sterben. Ob deshalb alle Menschen sterblich sind, können wir nicht genau wissen,. In der Regel kennen wir jedenfalls keinen der unsterblich wäre und deshalb schließen wir darauf, dass alle Menschen sterblich sind.

Paulus setzt ebenso auf die Erfahrung seiner Freunde in Korinth. Ihr habt doch bereits erfahren, dass Christus Leben hat. Ihr habt gehört und ich hatte es Euch verkündigt, aber auch die anderen Missionare die nach mir kamen hatten nichts anderes gesagt als: Jesus ist am Tag vor dem Passah-Fest gekreuzigt worden. Aber  wie ein Lauffeuer breitete sich die Erfahrung aus, dass die Mordabsicht fehlgeschlagen war, dass man seine Botschaft töten wollte indem man Jesus umbrachte, aber es hat nicht funktioniert. Das wofür Jesus stand, was er mit seinem ganzen Leben bezeugte, das gilt. Dazu steht Gott. Das ist nicht tot, das ist nicht im Tod geblieben, sondern ihr könnt es erfahren, Gott hat ihm neues Leben zugesprochen. Diese Erfahrung habt ihr doch gemacht. Genauso wie ihr die Erfahrung macht, dass alle Menschen sterblich sind, macht ihr die Erfahrung, dass Jesu Mission nicht tot ist. Dass sie so lebendig und lebensspendend ist wie je.

Und so haben für Paulus beide Syllogismen Recht. Alle Menschen sind sterblich. Und weil Jesus ein Mensch war ist er sterblich so wie alle Menschen, wie Sokrates sterblich war und wie wir es sind. Zugleich aber können wir mit der Erfahrung der Sterblichkeit die Erfahrung des Einen machen, dessen Botschaft stärker ist als der Tod, die durch den Tod gegangen ist und die den Tod überwunden hat. Da steckt wahres Leben drin. Leben in Hülle und Fülle. Und dieses Leben, das Gott zuspricht, das ist nicht auf einen beschränkt. Sondern dieser Eine, das ist nur der Erste, der der uns zeigen kann, wie dies Leben ist, das ist wie Wasser, das nie mehr durstig werden lässt.

 

Hoffnung und Vernunft stehen hier nicht gegeneinander. Die Vernunft allein allerdings kann uns nur den Tod sagen. Sie kann auch vor ihm warnen. Die Vernunft kann uns warnen, ein Temperaturanstieg über 2 Grad Celsius hätte Folgen für unseren Planeten, die weithin nicht beherrschbar wären. Leben aber kann uns die Vernunft nicht geben. Dazu braucht es die Hoffnung. Nicht eine Hoffnung die sagt, ach, wird schon gutgehen, lasst uns den nächsten Braunkohletagebau aufschließen und irgendwie wird es schon nicht so schlimm werden. Zu Zeiten der Dinosaurier war‘s schließlich auch wärmer auf der Erde und denen hat das doch auch nicht geschadet. Auch nicht die Hoffnung, na die Wissenschaft hat sich doch oft genug geirrt, warum sollten die, die nicht mal das Wetter für morgen verlässlich ansagen können uns verlässliche Prognosen über die Erderwärmung liefern können? Gemeint ist auch nicht die Hoffnung, na, wird schon gutgehen solange ich lebe und was danach kommt, das geht mich nichts mehr an, da sollen sich meine Enkel dann mal den Kopf zerbrechen. Nicht diese Sorte von Hoffnung ist es, die Leben schenkt, sondern eine Sorte von der der Theologe Hellmut Gollwitzer einmal gesagt hat, dass er sie von Ernst Bloch gelernt hat. Ernst Bloch, der Marxist, hat ein Buch geschrieben dass „Das Prinzip Hoffnung“ heißt. Es geht darin um die Frage, wie denn eigentlich die Zukunft, die wir uns erhoffen. eintrifft. Bloch zeigt, dass es die Hoffnung ist, die uns befreien kann, auf diese Zukunft hin zu leben. Die Hoffnung ist eine Kraft über die Grenzen der Vernunft hinaus. Wo die Vernunft sagt, die 2 Grad sind kaum noch zu schaffen, sagt die Hoffnung, lasst es uns versuchen. Dass diese Hoffnung sich nicht blind auf Projekte richten darf, in denen Menschen sich und ihre Möglichkeiten überschätzen, das wusste bereits Paulus, der die Hoffnung hoch geschätzt hat. Sie ist neben Glaube und Liebe eine der drei christlichen Tugenden. Die höchste aber und damit das Maß aller Hoffnung und auch unseres Glaubenseifers, so erinnert uns auch Paulus, ist die Liebe. Die Liebe Gottes zu seinen Menschen, diese Liebe, die in Jesus selbst menschliche Gestalt gewonnen hat, diese Liebe ist nicht zu ermorden. Ihr wird von Gott selbst immer wieder neues Leben zugesprochen. Darauf zu hoffen ist alles andere als unvernünftig, sondern das ist die Kraft, die lebendig macht. Das ist Ostern.  

 

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