Erschienen in: Bildung und Erziehung, 60. Jg 1/2007, S. 79-95.

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Henning Schluß/Stefanie Lachmann

Raum als pädagogische Dimension?

– Untersuchungen am Joachimsthalschen Gymnasium

 

Summary: In the current literature about the relationship of pedagogy and space (The German article uses the word „Raum“ which means “space” as well as “room”.), it is often speculated about the effects of the spatial dimension.

It is oftentimes not difficult to reconstruct the intention of the building and the effect assumed by the designer. But it  is more problematic to say something about the actual effects of the pedagogical space, which is constructed with a specific educational intention. In the worst case, the difference between assumed and actual effects is ignored, so that the first is taken for the second.

This essay deals with the question which possibilities are thinkable to determine long-term pedagogical effects of the dimension of space and also examines the boundaries of these possibilities with having a look at the Joachimsthalsche Gymnasium in Templin.

 

1                      Einleitung

In der aktuellen Literatur zum Verhältnis von Pädagogik und Raum werden häufig Vermutungen über die Wirkungen der räumlichen Dimension angestellt. Problematisch daran ist, dass sich zwar die Absichten der Gestaltung und die vermuteten Wirkungen seitens der Gestalter des Raumes häufig recht gut rekonstruieren lassen, dass aber über die tatsächlichen Wirkungen des mit pädagogischen Absichten gestalteten Raumes nur weniges gesagt werden kann. Im schlimmsten Falle wird diese Differenz zwischen vermuteten und tatsächlichen Wirkungen so ignoriert, dass die ersteren für die letzteren genommen werden. Dieser Aufsatz widmet sich der Frage, welche Möglichkeiten denkbar wären, langfristige pädagogischen Wirkungen des Raumes zu ermitteln und untersucht diese Möglichkeiten auch auf ihre Grenzen.

Während die durch Lehr-Lern-Prozesse vermittelten Bildungserfahrungen zumindest durch autobiographische Reflexionen zugänglich werden, ist dies für die Wirkungen des pädagogischen Raumes komplizierter. Zwar fehlt es in Autobiographien und Selbstdokumenten nicht an Beschreibungen des pädagogischen Raumes – aber diese werden kaum isoliert von den sonstigen Kontexten wahrgenommen (vgl. Klika 2003). Die räumliche Dimension der Pädagogik, wie auch die pädagogische Dimension des Raumes[1] wird anscheinend nicht losgelöst von der pädagogischen Interaktion rezipiert und thematisiert. Wohl atmet ein Gebäude den jeweiligen pädagogischen Geist des Hauses, aber würde das Gebäude auch diesen pädagogischen Geist atmen, wenn darin keine weitere Pädagogik stattfände? In der biographischen Rückschau muss man sich dieser Frage kaum stellen, weil dort die pädagogische Institution und ihr Raum zumeist als Einheit wahrgenommen werden.

Die wilhelminischen Schulbauten z. B., werden häufig mit dem Geist preußischer Bildung identifiziert. Die Hoffmannschen Schulbauten in Berlin erinnern an eine seltsame Mischung aus Schlössern und Kasernen (vgl. Kemnitz 2003, S. 253-256). Manche ihrer heute zurückblickenden ehemaligen Schüler verbinden dieses Raumerlebnis mit dem hierarchischen System, das sie in ihrer Schule kennen lernten (vgl. Bächer 2003). Dem interessierten Besucher ist jedoch auch bewusst, dass die aus den engen Arbeiterquartieren kommenden Kinder hier mit hohen, lichtdurchfluteten Räumen konfrontiert wurden. Hier sollte saubere, frische Luft und nicht der feuchte Mief der Berliner Hinterhöfe geatmet werden. Die Schulgebäude dienten der Hygieneerziehung einer ganzen sozialen Klasse (vgl. Feustel 1994). Unmerklich haben wir uns mit dieser Reminiszenz auf eine Ebene eingelassen, die in der Analyse der räumlichen Dimension der Pädagogik immer wieder im Vordergrund steht. Dies ist die Ebene der Absichten, die mit der Gestaltung des pädagogischen Raumes und der pädagogischen Gestaltung des Raumes verbunden sind. Diese Absichten sind um vieles einfacher aufzuspüren, als die Wirkungen. Über ihre Absichten informieren Architekten, Bauherren, Landschaftsplaner, künftige Betreiber gern. Ob diese Intentionen durch die Gestaltung des Raumes erfüllt werden, ob ihnen also entsprechende Wirkungen korrespondieren, dies bleibt weithin im Unklaren.

Dabei rückt der Raum als eine Dimension des Pädagogischen jüngst verstärkt in die erziehungswissenschaftliche Aufmerksamkeit.[2] Meist werden Räume, Orte, Gebäude, Parks, Einrichtungen vorgestellt, die mit einem zumindest auch pädagogischen Anspruch errichtet wurden. In der aktuellen Literatur zum Verhältnis von Raum und Pädagogik wird diese Differenz von Absicht und Wirkung des Raumes in der und auf die Pädagogik häufig gesehen und problematisiert.[3] Nur ausnahmsweise werden Versuche unternommen, Kriterien für die Ermittlung und Messung der Wirkungen von pädagogischen Räumen zu entwickeln.[4] Allerdings geht es bei diesem Versuch einer Kriterienermittlung meist um aktuelle Wirkungen von Räumen.

Die Untersuchung von Wirkungen des Raumes in pädagogischen Kontexten stützt sich zumeist auf die Analyse  der Gestaltung des Raumes in pädagogischer Absicht. Diese Analyse von pädagogischen Räumen zeigt jedoch, dass sich die Gestaltungskomponente von der Komponente der Interaktion in pädagogischer Absicht kaum trennen lässt. Die Absichten der Konstruktion des Raumes sprechen stark in die untersuchten Wirkungsannahmen hinein. Eine Möglichkeit der Isolierung der räumlichen Dimension der Pädagogik scheint es, einen Fall aufzusuchen, bei dem die pädagogische Absicht der Raumgestaltung und die Absicht der pädagogischen Interaktion nicht übereinstimmen. Dies mutet zunächst unwahrscheinlich an, denn es ist doch anzunehmen, dass pädagogische Räume korrespondierend und unterstützend zu der sie motivierenden pädagogischen Idee gestaltet werden. Zu Hilfe kommt bei der Suche nach einem solchen Fall eine weitere Dimension, die in pädagogischen Zusammenhängen eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielt, die Zeit. In pädagogischer Absicht gestaltete Räume haben zunächst, wie andere Räume auch, die Eigenschaft relativer Dauer an sich. Zwar unterliegen auch sie dem zweiten thermodynamischen Hauptsatz, nach dem die Entropie grundsätzlich zunimmt, also auch der sorgsamst gestaltete pädagogische Raum irgendwann zerfällt, jedoch ist diese Zeitspanne mitunter größer, als die, die dem sie fundierenden pädagogischen System beschieden war. In einem solchen Falle fragt sich, was mit einem Raum zu tun ist, der einst aufwendig gestaltet wurde, und der nun nicht mehr den Ideen des neuen Systems entspricht? In Einzelfällen mag zur Abrissbirne gegriffen werden. Mehr noch als für explizit pädagogische Räume gilt dies für Gebäude, deren Gestaltung die Macht der jeweils Mächtigen symbolisieren soll. Allein aus ökonomischen Gründen lässt es sich kaum vermeiden, auch Räume zu nutzen, die unter anderem pädagogischen Vorzeichen errichtet wurden, und die insofern einen anderen pädagogischen Geist atmen sollten.[5] Wenn diese Räume weiterhin als pädagogische Räume genutzt werden, dann müssen die Zielrichtung der pädagogischen Interaktion und die Zielrichtung der Gestaltung des pädagogischen Raums miteinander im Widerstreit liegen. Die Annahme leuchtet ein, dass sich in so einem Fall die pädagogische Wirkung des Raumes am besten isoliert betrachten ließe, weil sie nicht (mehr) die Intention der pädagogischen Interaktion unterstützt.

Solche Fälle sind zahlreich. Die meisten Schulgebäude, die in der DDR genutzt wurden, hatten eine Geschichte, die lange vor der DDR begann. Wir möchten die pädagogische Wirkung des Raumes an einem besonders exponierten Fall untersuchen, dem Gebäude des Joachimsthalschen Gymnasiums in Templin. Nach einer Darstellung der Geschichte des Gebäudes werden in einem weiteren Abschnitt ehemalige Schüler und LehrerInnen zu Worte kommen, die über ihre Erfahrungen mit diesem pädagogischen Raum berichten. Abschließend soll dann noch einmal gefragt werden, ob und inwiefern sich die pädagogische Dimension des Raumes von der pädagogischen Interaktion isolieren lässt.

 

2                      Geschichte des Joachimsthalschen Gymnasiums[6]

Kurfürst Joachim Friedrich stiftete 1607 eine Fürstenschule mit Alumnat in der Stadt Joachimsthal in der Uckermark. Der Kurfürst wollte mit seiner Stiftung dem geringen Bildungsgrad in Brandenburg entgegentreten, und der 1539 gegründeten Universität Frankfurt/Oder Studenten zuführen. Die Stiftung hatte die Aufgabe, „brauchbare evangelische Kirchen- und Staatsdiener“ (Kegel/Tobler 1929, S. 3) heranzubilden. Die Schüler setzten sich aus Söhnen bedürftiger adliger Familien, unvermögender Hofbeamter und Pastoren, sowie aus Jungen aus dem städtischen Bürgertum zusammen (vgl. Joost 1982, S. 6), die kostenfrei unterhalten und unterrichtet werden sollten. Zur Beschaffung der Geldmittel wurden der Anstalt reiche ländliche Besitzungen und zahlreiche sonst an den Landesherren gezahlte Abgaben zugewiesen. Allerdings gingen die Einkünfte daraus nur zögernd ein, so dass eine kostenlose Unterbringung der Schüler selten möglich war.

 

 

 

Nach einer sehr wechselvollen Geschichte,  Plünderungen im dreißigjährigen Krieg und Umzügen nach Berlin und innerhalb Berlins erfolgte 1912 schließlich der erneute Umzug in die Uckermark. Baumeister Bräuning in Zusammenarbeit mit dem neu berufenen Schuldirektor August Nebe entwarfen eine auf modernen Prinzipien beruhende Schulanlage. Die Stadt Templin übergab Waldparzellen von ca. 14 ha unentgeltlich an das Gymnasium und beteiligte sich an den Baukosten. Die Baugruppen gliederten sich in Wirtschafts-, Wohn-, Schulgebäude (Abb. 1).

 

 

 

 

 

 

 

 

Abb.1: Gelände des Joachimsthalschen Gymnasiums in Templin

Zentral gelegen sind die sechs Alumnatsgebäude, die sich bis heute unverändert um einen grünen Hof gruppieren. In dessen Mitte stand das bronzene Standbild des Gründers der Stiftung. Die Häuser des Alumnats bestehen aus drei Doppelwohnhäusern im bürgerlichen Landhausstil (Abb. 2),.

 

Abb.2: Alumnatshof mit Rundbogen

An den Schmalseiten sind Wohnungen für die Lehrer bzw. Stiftsinspektoren angegliedert.

Der imposanteste Raum im Schulgebäude selbst war die Aula, mit einer Empore und einer großen Bühne, die von einem Bildnis „Paulus auf dem Areopag“ gekrönt wurde (Abb. 6). Die Klassenräume schlossen sich in einem dreigeschossigen Flügel an, an dessen anderen Ende sich die vierstöckige Schulbibliothek (Abb. 3) und danach die Turnhalle (Abb. 4) befindet. Das ganze Ensemble wurde überragt von einem Turm, der den preußischen Adler trug.

 

                  

Abb. 3: Amalienbibliothek                             Abb. 4: Turnhalle

Das Gymnasium hatte im Vergleich zu Berlin eine andere Gestalt bekommen, in der sich die Kritik am Wilmersdorfer Gymnasium als Massenalumnat und der dort herrschenden militärischen Disziplin niederschlug. Nebe schuf das Templiner „Familienalumnat“ nach englischem Vorbild in dem Lehrer und Schüler zusammen lebten und arbeiteten. Das Gesamtalumnat war in sechs Einzelhäuser zu je 25 Schülern mit einem Oberlehrer als Alumnatsinspektor, einer Hausdame und dem Adjunkten – einem Referendar – aufgeteilt worden.

Die Niederlage im Ersten Weltkrieg, in den ältere Schüler wie auch eine Anzahl Lehrer, als Freiwillige zogen – wobei 227 Schüler und Lehrer ihr Leben ließen – und das Ende der Monarchie erschütterten das Joachimsthalsche Gymnasium. Es war bis dahin als Hohenzollernstiftung königstreu und patriotisch. Nun unterstützten einige Lehrer und Schüler die junge Demokratie. 1931 wurde die Existenz einer geheimen Gruppe des Nationalsozialistischen Deutschen Schülerbundes bekannt, woraufhin Direktor Kuhlmann zwei der beteiligten Schüler entließ und anschließend selbst immer öfter Opfer von Anfeindungen der NSDAP wurde und schließlich 1935 nach Franfurt/O. versetzt wurde. Das Kultusministerium beauftragte das NSDAP-Mitglied Walther Hertzberg mit der Übernahme des Rektorats, der jedoch christlich-humanistische Traditionen des Joachimsthalschen Gymnasiums zu bewahren suchte. Hertzberg sollte Vorschläge für eine Umgestaltung des Gymnasiums zur nationalsozialistischen Heimschule machen. Der Direktor lehnte dies in einer Denkschrift an Göring ab, was ebenfalls seine Versetzung zur Folge hatte. Sein NSDAP- treuer Nachfolger veranlasste die Umwandlung in eine Heimschule.

Als im Mai 1945 die Wehrmacht kapitulierte, besetzte die Rote Armee das Schulgelände. Der Dachstuhl zweier Alumnate wurde ein Raub der Flammen und viele Inventargegenstände schwammen im Templiner See. Im Gebäude wurde eine Panzerabteilung stationiert. Schon im November wurde das Gebäude von der sowjetischen Armee wieder geräumt. Die Amalienbibliothek wurde zum größten Teil als Kriegsbeute abtransportiert.[7]

1946 wurde der Schulbetrieb wieder aufgenommen. Der SED Kultusminister Brandenburgs setzte eine Änderung des Namens in „Landesschule Templin“ durch. Da ehemalige NSDAP-Mitglieder nicht übernommen wurden, waren Lehrer knapp.

1947 hatte  die Schule 856 SchülerInnen. Die Familienalumnate  mit Alumnatsinspektoren, Adjunkten, Hausdamen lebten wieder auf, die christlich-humanistische Wertorientierung jedoch wurde unterbunden. Der Kampf zwischen FDJ und Junger Gemeinde wirkte sich auch in der Landesschule aus. 1949 dann wurden die Hausdamen, Verwalter und Stiftsobermeister entlassen. Seitdem war der Unterricht primär naturwissenschaftlich ausgerichtet. Die Zahl der Kinder aus bürgerlichen Familien wurde reduziert. Schon 1950 kamen 75% der neu aufgenommenen SchülerInnen aus Arbeiter- und Bauernfamilien. In einer Nacht wurde das bronzene Standbild von Kürfürst Joachim Friedrich zerstört. Die Schule existierte bis 1955 und wurde dann nach Lychen verlegt. Der Leiter der Schule stellte den Antrag, die Stiftung aufzulösen, weil nach §1 der Satzung von 1947 der Auftrag den „Söhnen minderbemittelter Eltern die Erziehung und Ausbildung auf der Anstalt“ zu ermöglichen, hinfällig geworden sei. Im gleichen Jahr wurde das Institut für Lehrerbildung (LehrerInnen für die Klassen 1.- 4.) gegründet.[8] 1988 wurde das IfL nach Neubrandenburg verlegt. Im gleichen Jahr zog die Pädagogische Schule für Kindergärtnerinnen „Käthe Niederkirchner“, die vormals in Seewalde angesiedelt war, in das Gebäude ein.

Nach der Wiedervereinigung  wurde die Schule in eine sozialpädagogische Fachschule umgewandelt, bis sie 1996 innerhalb Templins umzog. Seitdem steht das Gebäude – bis auf einige vermietete Wohnungen – leer. Das Grundstück soll für einen symbolischen Euro an den Verein Alter Joachimsthaler übergeben werden, der ein „Internationales College Templin“ auf dem Gelände errichten will. Die Schulkosten sollen ca. 2.000 € im Monat betragen.

 

3                      Die Wirkung des Raumes als pädagogische Dimension.

Frau Siegmund hat direkt nach ihrem Pädagogikstudium in Potsdam am Institut für Lehrerbildung in Templin als Dozentin gearbeitet. Noch heute wohnt sie auf dem Gelände in einem der Lehrerhäuser. Wenn man sie fragt, wie es damals war, in dieser räumlichen Umgebung zu lehren, sagt sie, das war für sie das IfL. Man hätte sich keine großen Gedanken um die Herkunft und die Geschichte der Anlage gemacht. Das sei auch bei ihren Studenten so gewesen.

Für den heutigen Besucher ist das schwer vorstellbar. In der Kleinstadt Templin ist das Joachimsthalsche Gymnasium einer der größten Gebäudekomplexe. Das müsste doch auch den StudentInnen aufgefallen sein? Ist es nicht offensichtlich, dass dies Gebäude nicht als IfL in den fünfziger Jahren gebaut worden ist? Aber nicht nur die großartige Anlage hätte die Studierenden fragen lassen können, was sich vormals in diesen Häusern zugetragen hat, sondern auch die vielen kleinen Details, die noch heute die Gebäude schmücken. Unter beinahe jedem Fenster befindet sich ein Flachrelief mit der Darstellung von Klassikern von Platon bis Herder (Abb. 5).

 

Abb. 5: Herder-Relief

Der gesamte Gebäudekomplex ist in seiner Außenansicht fast unverändert geblieben. Im inneren der Schule wurde das zentrale Gemälde in der Aula, das Paulus auf dem Areopag darstellt, übertüncht (Abb. 6). Wie konnte es also sein, dass den Studentinnen die Geschichte des Ortes so gänzlich verschlossen blieb?

 

Abb. 6: Wandbild: „Paulus auf dem Areopag“

Die deutlichsten Veränderungen gab es im Inneren der Wohngebäude. Während in dem vormaligen prächtigen Direktorenhaus nun vier Lehrerfamilien unterkamen, zog der Direktor in ein Lehrerhaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die Wohnungsnot nach dem Krieg korrespondierte hier mit der Ideologie der neuen Staatsführung, das Großbürgertum zu beschneiden, und stattdessen vielen angemessenen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Der Verschlechterung der Wohnsituation der Lehrer entsprach eine Veränderung der Wohnsituation der Schüler. Die Trennwände, die in Joachimsthalschen Zeiten nur zweidrittelhoch gemauert waren, damit die Adjunkten und Hausdamen den Geräuschpegel überprüfen konnten, wurden geschlossen. Es lässt sich so für das System, das offiziell auf die Kollektivierung der Individuen setzte, an der räumlichen Umgestaltung der Alumnate ein Zugewinn an Individualisierung und Privatsphäre ablesen. Andererseits wurde das Templiner Gebäude im Gegensatz zum Wilmersdorfer schon als eines empfunden, das weniger militärisch gestaltet war. Möglicherweise zeigt sich an diesen räumlichen Umgestaltungen die Relativität des Empfindens räumlicher Gestaltung. Was 1912 im Vergleich zu Wilmersdorf ausgesprochen zivil wirkte, wirkte schon in den 50er Jahren, selbst unter sozialistischem Vorzeichen, als zu entindividualisierend.[9] Dem heutigen Besucher fällt schon bei der Besichtigung der Außenanlagen die preußischen Strenge der Gestaltung ins Auge, die an Gerichtsgebäude, Kasernen und Schulen denken lässt.

Das Institut für Lehrerbildung schuf sich seine eigene Geschichte und Tradition. Schon zum fünfjährigen Bestehen gab es eine Festschrift. ‚Wir hatten selbst etwas, auf das wir stolz sein konnten’ merkt man Frau Siegmund noch heute an. Es ist ihr nicht recht, wenn die Geschichte des Joachimsthalschen Gymnasiums auf die Zeit vor `45 verkürzt wird. Danach wurde auch etwas geleistet. Die Festschriften, deren zweite Ausgabe zum 10. Jubiläum erscheint, kommen ohne Anleihen an die Geschichte vor ´45 aus (IfL 1960 und IfL 1965). Die Tradition, das ist die Tradition des IfL. Die Gebäude, die Anlage, der „preußische Geist“, sie spielen darin keine Rolle. Obwohl so nicht an die Vorgeschichte angeschlossen wird, wird damit doch wieder Geschichte begründet. Interessant ist, dass spiegelbildlich in den zahlreichen Publikationen der „Alten Joachimsthaler“ die Geschichte 1945 endet. Es scheint in den Publikationen keine gemeinsame Schnittmenge oder gar eine gemeinsame Geschichte zu geben. Es sind unterschiedliche Einrichtungen im gleichen pädagogischen Raum. Der identische Raum jedoch vermag anscheinend selbst keine Kontinuität zu stiften. Anderes zeigt sich im persönlichen Gespräch. Die Schüler der Landesschule sehen sich z.B. noch in der Tradition der Joachimsthaler. Sie übernehmen deren Aufnahmerituale. Die „Füchse“ (die ersten beiden Jahrgänge) müssen auch im neuen Gesellschaftssystem Arbeiten für die Älteren erledigen und die Neuen werden in den ersten drei Nächten aus den Betten geworfen. Vom IfL allerdings wird das nicht mehr überliefert.

Frau Siegmund weiß inzwischen viel über die Geschichte des Joachimsthalschen Gymnasiums. Seit dem das Gebäude leer steht, ist sie eine der wenigen, die noch auf dem Gelände ausharren. Nun will auch sie wegziehen. Sie sagt, das fällt ihr nicht schwer, denn wenn sie wegzieht, zieht wieder neues Leben in die Mauern ein – so hofft sie.

Anders Herr Schmedemann. Er war Schüler an der Landesschule nach 1945. Auch er blieb dem Gebäude verbunden. Nach seinem Studium an der Universität kam er hierher zurück und lehrte Mathematik am IfL. Auch er wohnte auf dem Gelände und blieb auch dort, als er schon längst nicht mehr am IfL arbeitete. Er ging als Mathematiklehrer an eine EOS, weil er „die Mathematik nicht nach den Prinzipien einer Wissenschaft unterrichten wollte, die jünger als die Mathematik ist“. Seine Tochter wohnt noch heute mir ihrer Familie dort. Herr Schmedemann kennt sich aus in der Geschichte des Gymnasiums. Selbstverständlich geht er zum jährlichen Treffen der „Alten Joachimsthaler“. Und dennoch merkt man, dass er selbst kein „Alter Joachimsthaler“ ist. Das großbürgerliche dieser Gesellschaft geht ihm ab. Gleichzeitig ist Herr Schmedemann stolz darauf, selbst noch auf die „Landesschule“ gegangen zu sein, die zumindest einige der Traditionen des humanistischen Gymnasiums bewahrt habe. Die Kontinuität findet sich so nicht nur im Gebäude, sondern auch in Personen wie Herrn Schmedemann. Die offizielle Geschichtsschreibung beider Seiten jedoch kommt ohne diese Kontinuitäten aus. Auch die die meisten persönlichen Erinnerungen. Das jährliche Treffen der IfL-LehrerInnen hat mit dem der Alten Joachimsthaler nichts zu tun.

Herr Dr. Gerhardt war auch Lehrer am IfL. Er hat dort Naturwissenschaften unterrichtet. Vor der allgemeinen Einführung der zehnklassigen Polytechnischen Oberschule hatten die Studentinnen oft nur die achte Klasse absolviert und mussten so in Templin den naturwissenschaftlichen Unterricht der oberen Jahrgänge nachholen. Dr. Gerhardts Steckenpferd ist die Botanik. Erst nach der Wende hat er darin seine Aufgabe gefunden. Zu dieser Zeit arbeitete er an einem Templiner Gymnasium als Biologielehrer. Er entdeckte, dass es früher neben der Turnhalle einen botanischen Garten gab. Er erinnerte sich noch daran, dass dieses ca. 300 qm große Gelände zu DDR-Zeiten tabu war. Es hieß: ‚dort liegt jemand begraben’. Wie viele Gerüchte, so hatte auch dies einen harten Kern, fand Dr. Gerhardt heraus. Tatsächlich gab es auf dem Gelände einen Feldstein mit Inschrift. Das war jedoch kein Grabstein, sondern ein Epitaph. Er erinnerte an Prof. Lehmann, der aus einfachen Verhältnissen kam und nur eine Volksschullehrerausbildung hatte. Wegen seines außergewöhnlichen botanischen Wissens wurde er an das Joachimsthalsche Gymnasium noch in Berlin berufen und legte dort den Grundstock für den botanischen Garten in Templin.[10] Dr. Gerhardt fand bei seiner Rekonstruktion, dass noch viele der alten Pflanzen auf dem verwilderten Gelände zu finden waren. Seit Jahren arbeitet er nun dort mit Schülern vom Leistungskurs Biologie. Er schreibt Artikel und organisiert internationale Kongresse. Der botanische Garten ist wieder beeindruckend hergestellt.

Eine frühere Perspektive auf das Joachimsthalsche Gymnasium haben der Tierarzt Dr. Seidler und seine Frau. Dr. Seidler hat bereits 1939 sein Abitur am Joachimsthalschen Gymnasium bestanden und war somit Schüler des alten humanistischen Gymnasiums. Er verließ die Schule bevor sie von den Nationalsozialisten zur „Napola“ umgewandelt wurde und empfand die Zeit der Schule unter dem gemäßigten Rektor Herzberg als unbeschwert. Vom Nationalsozialismus sei so gut wie nichts zu spüren gewesen. In der Zeit nach 1942 sei das dann ganz anders geworden. – ‚Ach so, natürlich gab es einige Schüler, die während seiner Schulzeit gegen die Nazis demonstrierten. Von den Anführern der Auflehnung seien dann einige von der Schule verwiesen worden.’ Dr. Seidler war Stadtschüler am Joachimsthalschen Gymnasium, d.h. er wohnte zu Hause, nicht im Alumnat. Aus seinem Wohnhaus, das am abschüssigen Ufer des Templiner Sees liegt, hat er noch heute einen wunderbaren Blick auf die Türme des Gymnasiums am anderen Ende des Sees. Er erinnert sich sehr gut daran, als ca. 1975 seine Frau ihn von der Gartenterrasse aus darauf aufmerksam machte, dass der preußische Adler auf dem Glockenturm plötzlich verschwunden war. Er sagt, ‚das waren die Bilderstürmer’. Auch Frau Seidler ist dem Joachimsthalschen Gymnasium verbunden. Sie hat viele Jahre als Museologin am Templiner Stadtmuseum gearbeitet und sich im Rahmen des Denkmalschutzes mit den historischen Gebäuden befasst. Sie weiss ebenso viele Details über die Geschichte des alten Gymnasiums zu schildern und ergänzt ihren Mann fachkundig während seiner Erzählungen. Für ihn bildeten Gebäude und Lehre eine organische Einheit, auch wenn er nicht im Alumnat wohnte.

Die meisten „Alten Joachimsthaler“ wohnen freilich nicht am Ort. Zu ihren jährlichen Treffen kommen sie von überall her, meist aus den Ländern der alten Bundesrepublik. Klangvolle Namen versammeln sich zu solchen Treffen. Obwohl die Herrschaften inzwischen zu den betagteren Jahrgängen gehören, geht von diesen Treffen, von ihrem Verein, noch immer beachtliches Leben aus. Zum Jahrestreffen gastiert nicht nur das Preußische Kammerorchester aus Prenzlau, sondern es werden auch renommierte Pädagogen eingeladen, die darüber berichten, wie Elitebildung heute aussehen könnte. Prof. Dr. med. Klaus Norpoth, der Vorsitzende des Vereins, leitet die Versammlung eloquent und zielstrebig.[11] Der Verein der alten Joachimsthaler stellt das einzig verbliebene Konzept zu einer Neunutzung des Gebäudes. Die Hochglanzbroschüre liegt vor (Vereinigung Alter Joachimsthaler e.V.). Die 16 Mio. € Bürgschaft, die das Land als Verkäufer als Investitionssumme garantiert haben möchte, sind allerdings noch nicht aufgebracht. Man ist dennoch zuversichtlich. Es reicht den ehemaligen Schülern nicht, sich mit ihren Erinnerungen an ihre Schulzeit zu bescheiden,[12] sondern sie setzen sich dafür ein, dass wieder Leben in diese Gebäude einzieht.

 

4                      Die pädagogische Dimension des Raums – ein Fazit

Der Durchgang durch die Geschichte und die Geschichten des Joachimsthalschen Gymnasiums zeigt, dass es nicht gelungen ist, den Raum als eine unabhängige Variable im pädagogischen Prozess zu isolieren. Der Raum bleibt abhängig von seinem jeweiligen Kontext. Selbst in dem Fall, da der gestaltete und umbaute Raum eine so eindeutige Sprache zu sprechen scheint, wie es an diesem Ort ehemaliger preußischer Elitebildung der Fall war, lassen sich Wirkungen des Raumes in einem anderen politischen System nicht fortschreiben. Allerdings zeigen die Interviews, dass dieser besondere Raum keinem der Interviewten gleichgültig war. Noch heute fordert der Raum zum Engagement heraus. Die alten Joachimsthaler haben nicht in den alten Bundesländern ein neues Joachimsthalsches Gymnasium gegründet.[13] Nach der Wende jedoch erwachte das Engagement der alten Herren zur Wiederbelebung des „Genius Loci“. Es zeigte sich, dass der Raum pädagogische Bemühungen unterstützt. Er tut das auch dann, wenn diese pädagogischen Bemühungen höchst unterschiedlich waren. Die IfL-StudentInnen berichten von einer heiteren Studienzeit, wie es die ehemaligen Joachimsthaler tun, und die ehemaligen LehrerInnen sind bis heute diesem Raum verbunden. Es ist zu vermuten, dass eine solche intensive Bindung zu einem pädagogischen Raum sich nicht in einer x-beliebigen Neubau-Plattenschule ergeben hätte.

Aufschlussreich ist die seismographische Genauigkeit der Registrierung von Entwicklungen, die sich in räumlichen Veränderungen niederschlagen, wie es das Beispiel der hoch gemauerten Trennwände im Alumnat zeigte. Hier wurde sichtbar, dass der offiziellen Ideologie der Kollektivierung der Trend zur Individualisierung moderner Gesellschaften auch in der DDR entgegenstand, der gleichwohl durch die offizielle Doktrin, wie auch durch den synchronen Vergleich zur bundesrepublikanischen Gesellschaft unsichtbar blieb. Erst durch den diachronen Vergleich, der sich an Umbaumaßnahmen gut anstellen lässt, werden solche Trends aufspürbar. Dennoch ist es auch im Falle dieser räumlichen Umgestaltungsmaßnahme so, dass sie Wirkung einer Veränderung ist. Inwiefern diese Umgestaltung des Raumes selbst Anlass anderer pädagogischer Wirkungen war, lässt sich mit unserer Methodik nicht sicher rekonstruieren. So bleibt es als Resümee dieser Untersuchung zum Raum als pädagogischer Dimension vorläufig nur bei der trivial scheinenden Vermutung, dass pädagogische Wirkungen des Raums vorhanden sind, dass sie sich jedoch nur schwer von pädagogischen und anderen Interaktionen isolieren lassen. Eine unabhängige „Eigenlogik“ des pädagogischen Raumes, die über Extremfälle hinausgeht, wird sich nur schwer konstruieren lassen. Wenn diese trivial scheinende Einsicht jedoch zutrifft, so ist es um so wichtiger, empirische Verfahren zu entwickeln, die die Unablösbarkeit der pädagogischen Wirkungen von Räumen von erfahrenen Interaktionen in ihre Untersuchungsmethoden integrieren. Der bislang häufig beschrittene Weg, die nicht sicher zu erforschenden tatsächlichen Wirkungen der Gestaltung des pädagogischen Raumes durch die vermuteten Wirkungen ihrer Gestalter mehr oder weniger umstandslos zu substituieren, konnte an dem von uns untersuchten Beispiel als unzulässig erwiesen werden. Die Gleichsetzung von pädagogischen Absichten der Gestaltung des Raums mit den Wirkungen des Raums – ist wie auch sonst in pädagogischen Zusammenhängen – eine unzutreffende Verkürzung. Die Absichten der Erbauer des Templiner Gebäudes zur preußischen Elitebildung waren sicher nicht mit denen der späteren Nutzer im IfL identisch. Dennoch konnte dies Gebäude anscheinend problemlos, mit nur relativ geringen räumlichen Umgestaltungen, vom Institut „Dr. Theodor Neubauer“ genutzt werden. Im Bewusstsein der ehemaligen SchülerInnen und StudentInnen bleibt die Spezifik des pädagogischen Verhältnisses jedoch mit dem speziellen Raum verbunden. Für die Alten Joachimsthaler ist Templin der Ort, wo auch die neue Schule eröffnet werden soll. Ein anderer Ort kam für dies Vorhaben nicht in Frage. Die ehemaligen LehrerInnen und StudentInnen des IfL fühlen sich auch noch heute mit diesem Ort verbunden, auch wenn er für sie eine andere pädagogische Geschichte symbolisiert.

 

Anmerkungen


 

5                      Literatur

Apel, Hans Jürgen: „Steinerne Imperative“ der Erziehung – Das „Haus der Deutschen Erziehung“ in Bayreuth (NS) und das „Haus des Lehrers“ in Berlin (DDR). In: Jelich, Franz-Josef/Kemnitz, Heidemarie (Hrsg.): Die pädagogische Gestaltung des Raums – Geschichte und Modernität. Bad Heilbrunn 2003, S. 479-498.

Bächer, Max: Nichts als Raum. Annäherungen an den Raum. In: Jelich/Kemnitz (a.a.O.): S. 15-30.

Deringer, Arved: Das Joachimsthalsche Gymnasium. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, oder was es einmal war, was es heute ist, was es in Zukunft wieder werden könnte. Denkschrift der Vereinigung Alter Joachimsthaler. Stuttgart 1995.

Dörpinghaus, Andreas/Helmer, Karl (Hrsg.): Topik und Argumentation. Würzburg: Königshausen & Neumann 2004.

Ecarius, Jutta/Löw, Martina (Hrsg.): Raumbildung – Bildungsräume. Über die Verräumlichung sozialer Prozesse. Opladen 1997.

Feustel, Jan: Wilhelminisches Lächeln. Bauten von Hoffmann und Messel im Bezirk Friedrichshain. Berlin 1994.

Göhlich, Michael: Die pädagogische Umgebung – Eine Geschichte des Schulraums seit dem Mittelalter. Weinheim 1993.

IfL (Hrsg.): Festschrift zum fünfjährigen Bestehen des Instituts für Lehrerbildung Templin. Templin 1960.

IfL (Hrsg.): Festschrift zum zehnjährigen Bestehen des Instituts für Lehrerbildung Templin. Templin 1965.

IfL (Hrsg.): Beiträge zur sozialistischen Lehrerbildung. Templin 1975.

Jelich, Franz-Josef/Kemnitz, Heidemarie: Die pädagogische Gestaltung des Raums – Zur Einleitung in diesen Band. In: Dies. (a.a.O.): S. 9-14.

Jochinke, Ute: Paläste für die sozialistische Erziehung – DDR-Schulbauten der frühen 50er Jahre. In: Jelich/Kemnitz (a.a.O.):, S. 287-301.

Jochinke, Ute: Der Schulbau in der DDR. 1949-1989. Studien zum Verhältnis von Architektur und Pädagogik. (Dissertationsvorhaben an der TU-Berlin 2004.)

Joost, Siegfried: Das Joachimsthalsche Gymnasium. Wittich 1982.

Kegel, M. und Tobler, R.: Alma mater Joachimica. Templin 1929.

Kemnitz, Heidemarie: „Neuzeitlicher Schulaufbau“ für eine „moderne Pädagogik“ – Das Beispiel der Berliner Dammwegschule. In: Jelich/Kemnitz (a.a.O.): S. 249-268.

Kieckbusch, (o.V. – Direktor des IfL): Einige Daten aus der Geschichte des Instituts. In: IfL 1960 (a.a.O.).

Klika, Dorle: Erlaubte und verbotene Räume. Der erinnerte Raum in Autobiographien. In: Jelich/Kemnitz (a.a.O.): S. 207-220.

Pollack, Detlef: Das Ende einer Organisationsgesellschaft. Systemtheoretische Überlegungen zum gesellschaftlichen Umbruch in der DDR. In: Zeitschrift für Soziologie, 19 (1990) 4, S. 292-307.

Rittelmeyer, Christian: Schulbauten positiv gestalten. Wie Schüler Farben und Formen erleben. Wiesbaden und Berlin 1994.

Rittelmeyer, Christian (2004): Zur Rhetorik von Schulbauten. Über die schülergerechte Gestaltung des architektonischen Ausdrucks. In: Die Deutsche Schule, Heft 2, S. 201-208.

Schultze, Otto: Das Joachimsthalsche Gymnasium. Prenzlau 1912.

Vereinigung Alter Joachimsthaler e.V. (Hrsg.): Joachimsthalsches Gymnasium Templin. (O. J. und Ort.)

Wetzel, Erich: Die Geschichte des königlichen Joachimsthalschen Gymnasiums 1607 bis 1907. 2 Bd. Halle 1907.

Wigger, Lothar/Meder, Norbert (Hrsg.): Raum und Räumlichkeit in der Pädagogik. Festschrift für Harm Paschen. Bielefeld 2002.

 

6                      Abbildungsnachweis

- Abb. 1 und 2: Vereinigung Alter Joachimsthaler e.V.: Joachimsthalsches Gymnasium. (O. J. und Ort).

- Alle übrigen: Henning Schluß.

 

Kurzbiographien

Henning Schluß, Jahrgang 1968, arbeitet als wissenschaftlicher Assistent an der Abt. Allgemeine Erziehungswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin. Nach einem Studium der Theologie, das er mit dem ersten Examen abschloss, promovierte er in einem DFG-Projekt zum Dr. phil, mit einer Arbeit, die die Lehrplanentwicklung im Osten Deutschlands nach der Wende durch die Entwicklung eines neuen Transformationsmodells zu beschreiben suchte. Derzeit leitet er ein DFG-Projekt zur Analyse von Unterrichtsaufzeichnungen aus der DDR und ist an der Leitung eines weiteren DFG-Projekts zur Qualitätssicherung im Religionsunterricht gemeinsam mit Dietrich Benner, Rolf Schieder und Joachim Willems beteiligt. Arbeitsschwerpunkte in Veröffentlichungen und weiteren Forschungsprojekten sind die Fragen des Verhältnisses von Pädagogik und Religion, Pädagogik und Politik, Bildungs- und Erziehungsphilosophie und Medienpädagogik. Anschrift: Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Erziehungswissenschaften, Unter den Linden 6, 10099 Berlin  Internet: www.henning-schluss.de, Email: henning.schluss@rz.hu-berlin.de

 

Stefanie Lachmann, Jahrgang 1969, ist Magister der Literaturwissenschaften sowie Bau- und Kunstgeschichte. Sie schloss ihr einjähriges Auslandsstudium an der Angelo State University/USA mit dem Bachelor of Arts ab. Derzeit studiert sie Erwachsenenbildung/Weiterbildung an der Humboldt-Universität zu Berlin. Arbeitschwerpunkte ihrer Studienarbeiten sind die kulturellen sowie interkulturellen Dimensionen der Pädagogik. Sie ist Mitarbeiterin des Projekt KUSTOS an der Humboldt-Universität, das sich mit dem Thema der Interkulturalität innerhalb der Universität auseinandersetzt und Hilfestellungen für internationale Studierende anbietet. Zudem ist sie im Bereich der kulturellen Erwachsenenbildung tätig. Anschrift: Wiener Str. 46, 10999 Berlin. E-mail: S_lachmann@hotmail.com.



[1] Beides hängt miteinander zusammen und soll deshalb hier nicht streng geschieden werden, obgleich beides in analytischer Hinsicht keineswegs identisch ist (vgl. Ecarius/Löw 1997).

[2] So die Tagung der Sektion Historische Bildungsforschung der DGfE im September 2001 zum Thema: „Die pädagogische Gestaltung des Raums“. Z.B. Göhlich 1993, Jochinke 2004. Z.B. Wigger/Meder, (2002). Eine weitere Übersicht über die aktuelle Literatur findet sich bei: Jelich/Kemnitz 2003, S. 9 Anm. 1. Nicht berücksichtigt ist dabei die zahlreiche Literatur, die den Begriff der „Topik“ in einem übertragenen Sinne verwendet (Dörpinghaus/ Helmer 2004).

[3] Der größte Teil der Einleitung in den von Jelich/Kemnitz 2003 herausgegebenen Sammelband widmet sich dieser Thematik (a.a.O. S. 9-14.)

[4] Vgl. Rittelmeyer 1994 und 2004 für die aktuellen Wirkungen von Schulbauten auf Kinder.

[5] In seltenen Fällen gibt es jedoch auch Gebäude mit einer Doppelbedeutung. Sie sind sowohl pädagogische Gebäude, als auch Gebäude, die die Macht einer herrschenden Ideologie symbolisieren sollen. Dies ist z.B. beim Ostberliner „Haus des Lehrers“ der Fall, das direkt am Alexanderplatz steht und nun komplett saniert und umgebaut wird. Ähnlich bedeutsam für das NS-Regime war das „Haus der Deutschen Erziehung“ in Bayreuth, das zum Kriegsende jedoch teilweise zerstört wurde. Ein Vergleich beider Architekturen liegt vor in: Apel 2003.

[6] Vgl. zur Zeit bis 1945: Wetzel 1907, Joost 1982, Schultze 1912, Deringer 1995, Kegel/Tobler 1929.

[7] Die Schulbibliothek des Joachimsthalschen Gymnasiums war zu der Zeit die größte Deutschlands. 1707, als die Schule in Berlin ansässig war, wurde die Bibliothek eines verstorbenen Frankfurter Professors gekauft. Eine besondere Schülerbibliothek wurde geschaffen, um die wertvollen Bände zu schützen. 1786 vermachte die Prinzessin Amalie, Schwester Friedrich des Großen, ihre Bibliothek dem Gymnasium. Zehn Jahre später folgte ein weiteres Vermächtnis eines ehemaligen Schülers (Dr. jur. Joh. Carl Conrad Delrichs). Es folgten noch zwei weitere Stiftungen. Der letzte größere Zuwachs kam im Jahre 1925 durch das Vermächtnis des Prof. Dr. Mar Cornicelius.

[8] Im zehnten Jahr seines Bestehens erhielt es den Namen: „Dr. Theodor Neubauer“ (vgl. IfL 1975, S. 2).

[9] Ähnlich beschreibt es Ute Jochinke, wenn sie ihren Artikel über die Schulbauten in der DDR der frühen 50er Jahre mit dem Satz einleitet: „Architektur ist ein sehr genauer Indikator für konkrete politisch-gesellschaftliche Verhältnisse“ (Jochinke 2003, S. 287). Dieser Indikator zeigt demnach konkret noch mehr an, als das was die je herrschende Ideologie verkündet. So kann er neben den beabsichtigten Wirkungen auf manches hinweisen, das im Kontrast zur Ideologie zu stehen scheint. Tendenzen der Individualisierung zeigen sich in einer Gesellschaft möglicherweise auch dann, wenn sie offiziell andere Doktrinen verfolgt. Sie sind möglicherweise dann jedoch nicht so leicht sichtbar, wie in politischen Systemen, in denen der Individualisierung ein höherer Stellenwert zukommt. Gleichwohl sind sie auch in anderen Gesellschaften kaum vermeidbar, insofern diese an Modernisierungsprozessen teilhaben (vgl. Pollack 1990).

[10] Prof. Lehmann übrigens liegt tatsächlich unweit von hier, auf dem weitläufigen Gelände des Gymnasiums an einer Wegkreuzung von zwei Waldwegen, begraben.

[11] Prof. Norpoth hat uns nicht nur viel Material zur Verfügung gestellt, sondern uns auch die Türen zum besonderen Archiv des Joachimsthalschen Gymnasiums im Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz geöffnet. Ihm sei an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt.

[12] Für diese „Erinnerungsräume“ gibt es eine eigene Zeitschrift: Alma Mater Joachimica. Zeitschrift der Vereinigung Alter Joachimsthaler e.V.. Seit dem 15.9.1956 85 Hefte. Zuletzt Eggebrecht Presse, Mainz 1998.

[13] Wie z. B. eine andere Elitebildungsstätte in Berlin, das „Graue Kloster“ das nach der Teilung der Stadt im Westteil neu eröffnet wurde.