Henning Schluß
Erziehung zur Freiheit?
Zur vermeintlich paradoxen Beziehung von Erziehungszielen und Erziehungsverhältnissen[1]
Erschienen in: Die Deutsche Schule,
Die Erziehung soll Menschen zur
Mündigkeit führen, ist aber selbst eine Zwangsinstitution. Wie kann denn einen
solchen Zwang der Erziehung überhaupt Freiheit erreicht werden? Schließt sich
beides nicht kategorisch aus? Dieser alten und aktuellen Frage der Pädagogik,
die schon Immanuel Kant formulierte: „Wie kultiviere ich die Freiheit bei dem
Zwange?“ (Kant,
Zuerst soll dieses Problem in seiner aporetisch scheinenden Form entfaltet werden, sodann soll eine Reformulierung des Problems in einem anderen theoretischen Rahmen (dem der systemischen Kommunikationstheorie) unternommen werden, um mögliche Lösungsansätze aufzuzeigen. In einem dritten Schritt schließlich werden die Folgerungen aus der durch diese Neuformulierung gewonnenen Möglichkeit diskutiert, die sowohl pädagogischer als auch politischer Art sind.
An diesem Problem schien den Pädagogen mindestens seit
Kant vor allem folgendes fatal: Einerseits hat die Erziehung des Menschen das
Ziel, den Menschen in die Selbständigkeit zu führen. Diese Selbständigkeit wird
in der pädagogischen Fachsprache als „Mündigkeit“ bezeichnet. Die Mündigkeit
ist demnach das Ziel der Erziehung. Erziehung wird deshalb – ganz im Gegensatz
etwa zur Bürokratie – als eine Praxis beschrieben, die ihr eigenes Ende zum
Ziel habe (vgl. Benner
Darum argumentieren psychoanalytisch geschulte Pädagogen, es ginge keinesfalls um die Abschaffung des Zwanges, sondern dieser Zwang werde im Erziehungsprozess lediglich von außen nach innen verlagert. Sei der Zwang jedoch erst einmal internalisiert, dann sei er gar nicht mehr als Zwang wahrnehmbar und insofern könne es scheinen, als sei der Mensch frei, was einer genaueren Betrachtung allerdings nicht standhalte.
Wenn die Erziehung auf Freiheit zielt, sich aber des Mittels des Zwanges bedienen muss, wenn zugleich der geübte Zwang allerdings eine Gewöhnung an den Zwang zur Folge haben kann und Freiheit somit unmöglich wird, weshalb lässt man es dann nicht einfach sein mit dem Erziehen? Wenn die Erziehung ihr Ziel nicht nur nicht erreicht, sondern sein Erreichen sogar verunmöglicht, ist dann Erziehung nicht völlig kontraproduktiv und also abzuschaffen? Weshalb wird dann also seit Menschengedenken an der Erziehung festgehalten?
Die Antwort, die Immanuel Kant darauf gibt ist eine, die
er nicht erst erfinden musste, vielmehr ist es eine alte Antwort. Aber sie
steht in Kants pädagogischer Vorlesung an sehr prominenter Stelle, nämlich am
Anfang. Kant leitet seine Vorlesung zur Pädagogik mit der Feststellung ein:
„Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das erzogen werden muss“ (A
Zwei Abgrenzungen sind denkbar: Die eine Abgrenzung zu Wesen, die so perfekt sind, dass sie nicht mehr erzogen werden müssen. Die andere zu Wesen, die hinreichend durch ihre Instinkte gesteuert sind und keinerlei zusätzlicher Erziehung bedürfen. Gewöhnlich wird eine solche Abgrenzung nach „unten“ zu Tieren und „nach oben“ zu Göttern vorgenommen. Eine Testfrage die sich aus dem Kantischen Satz ergibt ist dann eine mögliche Umkehrung: Kann man den Satz so umkehren, dass man sagt, jedes Wesen, das erzogen werden muss, ist demnach ein Mensch?
Neben unserem Haus parkt des Öfteren ein Auto auf dem steht: „Mobile Hundeschule, wir erziehen ihren Hund für sie“. Heißt das, dass Hunde auch erzogen werden können? Sind nach dieser Definition also Hunde auch Menschen? Oder ist es so, dass die Betonung auf dem „muss“ liegt, „Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das erzogen werden muss“? Müssen muss nur der Mensch erzogen werden, können können es auch andere? Wenn also der Mensch nicht erzogen wird, dann ist er kein Mensch? Wenn also Hunde auch erzogen werden können, werden sie dann zu Menschen, in dem Fall, dass sie erzogen wurden? Oder anders herum, verlieren Menschen ihr Menschsein, wenn sie nicht erzogen wurden? Denn auch dies könnte ja der Satz bedeuten, „Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das erzogen werden muss“. Was ist also mit solchen Menschen, die nicht erzogen wurden? Schnell befindet man sich hier in der Gefahr, sich im Gestrüpp möglicher Fragen heillos zu verfangen. Die Spur zu einer Antwort könnte in dem Versuch liegen, die Aussage, der Mensch sei das einzige Geschöpf, das erzogen werden muss, nicht als eine Aussage über ein Einzelindividuum, sondern über die Gattung Mensch zu verstehen. Der Mensch als Gattung ist demnach das Geschöpf, das erzogen werden muss. Das hindert nicht, dass einige einzelne Menschen möglicherweise nicht erzogen wurden, und für die Pädagogik der Romantik waren gerade solche so genannten „Wolfskinder“ ein beliebtes Thema. D.h., auch diese nicht erzogenen Exemplare der Gattung Mensch bleiben Menschen, weil sie der Gattung angehören. Andererseits bedeutet es eben auch, dass Hunde nicht schon dadurch zu Menschen werden, dass einige Exemplare dieser Gattung von Menschen „erzogen“ worden sind. Auch diese erzogenen Hunde bleiben Hunde, weil sie der Gattung Hund angehören. Diese Interpretation der Definition hat allerdings zur Folge, dass, sollte die Menschheit einmal auf Geschöpfe treffen, die zu ihrem Selbsterhalt als Gattung der Erziehung bedürfen und diese praktizieren, Kants Definition entweder so nicht mehr gilt, oder diese Wesen ebenfalls als Menschen bezeichnet werden müssten.
Offen blieb bislang, was unter „Erziehung“ eigentlich zu
verstehen ist. Kant vereint unter dem Begriff der Erziehung drei Handlungen.
Erziehung sei: „die Wartung (Verpflegung, Unterhaltung), Disziplin (Zucht) und
Unterweisung nebst Bildung. Demzufolge ist der Mensch Säugling, Zögling und
Lehrling“ (A
Es gibt freilich andere Bestimmungen dessen, was Erziehung ist. Wichtig an dieser Definition ist, dass Erziehung nicht als eine einfache Tätigkeit erscheint, sondern vielmehr ein komplexes Geschehen ist. Keines von diesen drei Elementen reicht aus, um allein Erziehung zu sein. Während auch andere Geschöpfe verpflegt und unterhalten werden müssen, müssen sie nicht Unterwiesen und gebildet werden. Für den Menschen sind alle drei jedoch unerlässlich, damit sich die Gattung erhalten kann.
Einer der bedeutendsten und vielleicht grundsätzlichsten
Kritiker der Erziehung, Siegfried Bernfeld, stimmt mit Kant in diesem Punkt
noch im ersten Viertel des
Der Erziehungswissenschaftler Klaus Prange dagegen versucht auf eine weitere Art Erziehung zu beschreiben. Alle Erziehung, meint Prange, ließe sich letztlich auf zwei Urphänomene zurückführen.
· Zum Ersten gebe es die Lernfähigkeit des Menschen, ohne die alles Erziehen zwecklos sei.
· Zum Zweiten gäbe es das Erziehen. Alles Erziehen wiederum ließe sich letztlich auf ein Grundphänomen – das Zeigen – zurückführen.[3]
Erziehung ist demnach ein Zusammenspiel aus der
einzigartigen Lernfähigkeit des Menschen und der ebenso einzigartigen Fähigkeit
einem Anderen etwas zu zeigen, bzw. dies Gezeigte als Gezeigtes zu verstehen.
Pranges Beispiel ist ein Hund, der, wenn man ihm etwas zeigen wolle, mitnichten
auf das Gezeigte schaue, sondern auf die Hand, die zeigt. So unterschiedlich
demnach Erziehung verstanden oder begründet werden kann, sei es nun durch Kant
im
Die Aufzählung von noch so vielen Definitionen von
Erziehung kann jedoch gleichwohl nicht davon überzeugen, dass die Erziehung
notwendig sei, denn aus wissenschaftstheoretischer Perspektive ist deutlich,
dass eine Theorie nicht eigentlich bewiesen, sondern nur widerlegt werden kann.
Karl Popper paraphrasierend: Wenn belegt werden soll, dass die Aussage wahr
ist, dass alle Schwäne weiß sind, dann ist es nicht hilfreich, möglichst alle
(erwachsenen) weißen Schwäne zusammenzutragen, sondern es empfiehlt sich, nach
einem erwachsenen Schwan Ausschau zu halten, der eine andere Farbe als weiß
hat. Wenn also wissenschaftlich der Frage nachgegangen werden soll, ob Erziehung
wirklich nötig sei, oder ob nicht viel besser auf sie verzichtet werden sollte,
so ist es nicht zielführend, nach noch so vielen Autoren Ausschau zu halten,
die meinen, Erziehung sei unverzichtbar, sondern es müssen solche gesucht
werden die behaupten, dass man sehr wohl auf Erziehung verzichten könne. Solche
Positionen gibt es nun sehr wohl. Eckehard von Braunmühl und seine Freunde von
der Antipädagogik sind in den
Andere vertreten den Anspruch eines Endes der Erziehung noch bis heute. Unter diesem Label sammeln sich dabei sehr unterschiedliche Interessen. Während manche für ein Wahlrecht auch für Kinder streiten – mit dem nicht von der Hand zu weisenden Argument, dass ja auch alte und verwirrte Menschen ihr Wahlrecht nicht aberkannt bekommen -, setzen sich manche eher dafür ein, dass der sexuelle Verkehr mit Kindern nicht mehr unter Strafe gestellt wird. Es lohnt sich deshalb, hier genauer hinzugucken, was die Motive der Forderungen nach Abschaffung der Erziehung im Einzelnen sind.
Wenn demnach Erziehung nicht wirklich abgeschafft werden kann, ist dann das Paradox, dass Erziehung im Prozess immer auch Zwang bedeutet, dass aber das Ziel der Erziehung die Freiheit ist, jedoch durch Zwang kaum je Freiheit wird erreicht werden können, unaufhebbar?
Wenn man sich in einer Fragestellung gründlich verrannt hat, dann hilft es zuweilen, die Perspektive zu wechseln. Mitunter finden sich ganz unerwartete Lösungen, wenn man versucht, ein Problem in einer anderen Terminologie zu reformulieren. Im Folgenden soll deshalb versucht werden, das skizzierte Problem in Begriffen der systemischen Kommunikationstheorie wie sie u. a. von Paul Watzlawick begründet worden ist, zu beschreiben. Die Grundlagen dieser Theorie sind weithin bekannt und viel mehr als die Grundlagen werden hier nicht benötigt.
Wenn das Problem das eingangs als „Zwang“ bezeichnet
wurde, kommunikationstheoretisch umformuliert werden soll, muss erst noch
einmal deutlich werden, worauf dieser Zwang beruht. Es handelt sich nicht
schlechthin um willkürlichen unmotivierten Zwang, der aus einer Laune heraus
entsteht, andere zu zwingen. Der Zwang von dem die
Rede war beruhte auf der Abhängigkeit der Zöglinge. Sie sind noch nicht in der
Lage, für sich selbst so zu sorgen, dass sie sich in sozialen, beruflichen,
politischen oder ökonomischen Hinsichten selbst erhalten könnten. Genau diese
Selbsterhaltung ist jedoch das Ziel pädagogischer Bemühungen. Dieses Ziel wurde
eingangs mit „Freiheit“ oder „Mündigkeit“ beschrieben. Wenn nun ein
kommunikationstheoretisches Äquivalent zu dieser Mündigkeit gesucht werden
soll, so ließe sich formulieren, das Ziel erzieherischer Bemühungen ist es, zu
einer symmetrischen Kommunikation zu
befähigen. In der symmetrischen Kommunikation ist ein Zustand erreicht, in dem
die Kommunikationspartner sich als gleichberechtigt anerkennen und auf einer
Ebene kommunizieren. Der Weg zu diesem Ziel freilich geht von unterschiedlichen
Ausgangsvoraussetzungen aus. Während der eine Kommunikationspartner in der
Erziehung bei nahezu Null anfängt, hat der andere das Ziel, Mündigkeit, schon erreicht. Nun kommt es
demnach darauf an, dem Einen durch Kommunikation die Schritte auf dem Weg zu ermöglichen,
die ihn auch auf dieses Niveau anheben. Der Kommunikation kommt dabei ein
Vorteil zugute, der bei anderen Formen des Austausches nicht gegeben ist. Bei
der Warenbeziehung z.B. verhält es sich so, dass wenn, ausgehend von einer
ungleichen Situation (Einer hat vier Äpfel, der Andere keine) ein Ausgleich
hergestellt werden soll (der Eine gibt zwei der vier Äpfel ab) zwar eine
Symmetrie erreicht wird, jedoch auf einem erheblich niedrigeren Niveau als das
der Ausgangsposition dessen, der die Waren weitergegeben hat (beide nennen nun
zwei Äpfel ihr Eigen). Dies ist bei der Kommunikation, die auf Informationsaustausch
beruht, nicht der Fall. Hier ist es vielmehr so, dass wenn eine Information an
jemand anderen – einen „Empfänger“ – weitergegeben wird, der „Sender“ sie
dennoch behält. Im Unterschied zum Modell des Warentausches lässt sich also mit
dem Kommunikationsmodell beschreiben, wie es geschehen kann, dass schon Mündige
noch Unmündige durch Informationsweitergabe erziehen, diese dabei in bestimmten
Dingen mündiger werden, ohne dass die Sender etwas von ihrer Mündigkeit
verlieren würden. Wenn Erziehung als rein kognitiver Wissenserwerb vorgestellt
würde, dann ließe sich so beschreiben, wie aus einer anfänglich asymmetrischen
Kommunikationssituation (Zwang) durch kontinuierliche Informationsweitergabe
asymptotisch eine symmetrische Kommunikationssituation entstehen würde.
Nun ist es zwar so, dass alle Modelle vereinfachen müssen, täten sie das nicht, dann wären sie die Wirklichkeit und insofern keine Verstehenshilfe, weil die Leistung der Modelle eben gerade darin besteht, die Wirklichkeit auf wesentliche Züge hin zu simplifizieren, also muss auch ein kommunikationstheoretisches Modell vereinfachen, aber wenn ein Modell zu sehr vereinfacht, dann verdunkelt es das Verstehen mitunter mehr, als das es erhellt. In diesem Fall läge die Verdunklung in der Annahme, dass es sich bei Erziehung um rein kognitiven Wissenserwerb handeln würde. Dies ist jedoch mitnichten der Fall. Der Wissenserwerb erhält zwar in der Erziehung noch immer die meiste Aufmerksamkeit, angemessen beschrieben werden kann die Erziehung so jedoch nicht. Auch das oben beschriebene Paradox liegt nicht so sehr auf kognitiver Ebene. Viel mehr ist es von der Vermutung getragen, dass wenn die Erziehung den Menschen an asymmetrische Kommunikationssituationen gewöhnt, sie nichts anderes kennen lernen als asymmetrische Kommunikationssituationen und diese so erzogenen Menschen auch dann nicht aus diesem Kommunikationsmuster werden herauskommen können, wenn sie der Sache nach genauso viele Informationen wie der „Sender“ gesammelt haben. Sie sind einfach keine andere Form der Kommunikation gewöhnt, als eben diese asymmetrische. Gleichzeitig aber kann auf die Asymmetrie in Kommunikationssituationen, die wir als Erziehung bezeichnen, nicht verzichtet werden, denn die Idee von Erziehung enthält eben diese Asymmetrie in sich. Denn wenn überhaupt von Erziehung geredet wird, so ist damit mindestens die Rede von einem Erzieher/einer Erziehrein und einem/einer zu Erziehenden. Das Verhältnis beider Positionen ist klar asymmetrisch. Somit wäre das Paradox ungefähr kommunikationstheoretisch nachgezeichnet, eine Lösung jedoch noch ebenso weit entfernt wie vor der Umformulierung.
Indem Watzlawicks Differenzierungen zu unterschiedlichen
Ebenen der Kommunikation mit in Betracht genommen werden, kann das Modell jedoch
produktiv erweitert werden. Grundsätzlich kennt Watzlawick zwei kommunikative
Ebenen, indem er zwischen „Inhalts- und Beziehungsaspekten einer Kommunikation“
unterscheidet (vgl. Watzlawick
Untersucht man erzieherische Kommunikationen auf diese beiden Ebenen hin, die Sach- und die Beziehungsebene, so ergibt sich ein interessantes Phänomen. Das Beispiel der beiden an der Ampel zeigte eine Kommunikationssituation, die auf beiden Ebenen asymmetrisch verlief. Der Vater gibt dem Sohn auf der Sachebene eine Information, die dieser anscheinend noch nicht hat. Ein asymmetrisches Gefälle. Zugleich aber teilt er ihm auch mit: „Du bist der schlechtere Autofahrer als ich.“ Ebenfalls ein asymmetrisches Gefälle auf der Beziehungsebene. Im Beispiel verlaufen beide Ebenen parallel. Darüber hinaus sind jedoch auch Situationen denkbar, in denen die Ebenen nicht parallel verlaufen. Also Situationen, die entweder symmetrisch auf der Sachebene und asymmetrisch auf der Beziehungsebene kommunizieren. Hier wäre zwar ein gleiches sachliches Niveau gegeben, aber dennoch würde der eine Kommunikationspartner den anderen behandeln „wie ein kleines Kind“. Solche Situationen sind besonders unerfreulich. Als ideale Erziehungssituation ist sie kaum vorstellbar, weil der eigentliche Grund für die Asymmetrie, ein sachliches Gefälle, gar nicht gegeben ist und dennoch so getan wird, als könne der Eine den Anderen erziehen.
Andersherum sind jedoch auch Situationen denkbar, in denen zwar diese sachliche Asymmetrie gegeben ist, also durchaus ein sachlicher Informationsfluss stattfindet, zugleich jedoch eine Symmetrie der Kommunikation auf der Beziehungsebene angestrebt wird. In den Begriffen Klaus Pranges hieße das, wenn Einer einem Anderen etwas zeigt, und ihn dabei als gleichberechtigten Partner versteht und behandelt. Eine solche Form der Erziehung ist, zumindest der Tendenz nach, auch mit Kindern möglich. Kinder können gleichberechtigte Partner sein, denen Erwachsene dennoch etwas erklären. Alle Erfahrung zeigt sogar, dass Kinder eher geneigt sind etwas zu lernen, wenn Sie sich dabei als gleich wichtige Personen ernst genommen fühlen.
Mit dem Paradox vom Anfang ist nun etwas Seltsames passiert; das Paradox ist kein Paradox mehr. Denn auch wenn Erziehung dem Begriffe nach immer auch Asymmetrie bedeutet, bedeutet das nicht, dass alle kommunikativen Ebenen zugleich asymmetrisch sein müssen.[5] Asymmetrisch muss vor allem die Sachebene sein. „Vor allem“ sage ich, weil es freilich auch Situationen gibt, in denen eine Asymmetrie auf der Beziehungsebene erforderlich ist. Ein Kind das im Spiel auf die befahrene Straße rennt, werden Erziehungsberechtigte zurückreißen und insofern keineswegs eine symmetrische Beziehungsebenenkommunikation praktizieren. Das kann sich auch beim Zähneputzen zeigen. Aber dennoch ist auch das Gegenteil vorstellbar. Eltern erklären ihrem Kind mit Begriffen, die das Kind verstehen kann, weshalb es wichtig ist, die Zähne nach dem Essen und vor dem Schlafengehen zu putzen und überlassen es dem Kind zu entscheiden, ob es nun noch eine Apfelschorle trinken will und danach noch einmal Zähne putzt, oder ob es doch lieber nur Wasser trinkt.
Spannend an solchen Erziehungssituationen ist, dass sie Erziehungssituationen bleiben, denn sie bleiben asymmetrisch, sind zugleich aber auf der Beziehungsebene symmetrisch. Was als Ziel der Erziehung angestrebt wird, eine symmetrische Kommunikation, kann demnach auch immer schon in ihrer Praxis präsent sein. Sie muss es jedoch nicht. Sie muss es allerdings dann, wenn die Erziehung je ihr Ziel, nämlich symmetrische Kommunikation / Mündigkeit / Freiheit erreichen soll. Wenn diese nie erfahren wurde, weder auf der Sach- noch auf der Beziehungsebene, woher soll dann das Wissen um und die Einübung in eine solche Kommunikationsform kommen?
Hier sei daran erinnert, dass Kinder sich nicht nur in
Erziehungssituationen befinden. Die Rolle der Gleichaltrigengruppe etwa besteht
zum großen Teil darin, dass Kinder hier lernen können und müssen, symmetrisch
zu kommunizieren, da sie sonst schnell zu Außenseitern werden (vgl. schon
Piaget
Es gibt folglich Erziehungssituationen, die diesen Namen verdienen, die mit einem gewissen asymmetrischen Gefälle in der Kommunikation arbeiten, also mit „Zwang“ und sei es auch nur der „zwanglose Zwang des besseren Arguments“ und die zugleich symmetrische Teile in sich bergen. Die Symmetrie, die Mündigkeit, die Freiheit, die das Ziel und Ende des Erziehungsprozesses sein soll, kommt demnach nicht einfach aus dem Nichts, sondern wird im Erziehungsprozess selbst schon immer erfahren. Die Freiheit, selbst entscheiden zu können, wird dem Zögling nicht erst am Ende der Erziehung, oder mit Erreichen von juristischen Mündigkeitsdaten, wie ein Ritterschlag zugesprochen, sondern er kann sie im Erziehungsprozess selbst immer schon praktizieren, nicht nur einüben.
Das anfängliche Paradox hat durch diese Umformulierung eine merkwürdige Wandlung erfahren. Es beschreibt nicht mehr eine Unmöglichkeit, sondern es drückt nun vielmehr eine Wie-Frage aus. Wie erreicht man Freiheit, die doch das proklamierte Ziel der Erziehung ist, wenn doch die Erziehung selbst immer Momente des Zwangs beinhaltet? Während man auf ein Paradox eigentlich nur bedauernd die Schultern zucken kann, kann man auf eine Wie-Frage unterschiedliche Antworten geben.[6] Man kann die Qualität und Güte dieser Antworten auf die Frage, wie und durch welche Art der Erziehung erreicht man am besten die Freiheit der zu Erziehenden, sogar mit empirischen Verfahren evaluieren. Unterschiedliche Erziehungsmethoden können hier miteinander verglichen werden, die antiautoritäre mit einer der liebenden Strenge, die von Montessori mit der von Fröbel oder Rousseau und Makarenko. Darüber hinaus ist es auch möglich, noch hinter diese Methoden zurück zu fragen, welche Verhaltensformen es eigentlich sind, die in der Erziehung Freiheit ermöglichen und sie als Ziel wahrscheinlich machen?
An dieser Stelle lohnt es, noch sich noch einmal dem
Anfang des Aufsatzes zuzuwenden. Ein genauerer Blick auf die Frage, die mit
Kant eingangs gestellt wurde, zeigt, dass er genau diese Frage nach dem Wie gestellt hat. Kant wollte in seiner
Pädagogik-Vorlesung mitnichten auf ein unlösbares Paradox hinaus, sondern
stellte die Frage: „Wie kultiviere ich die Freiheit bei dem Zwange“ (Kant,
Kant leitet diese griffige Formulierung mit folgenden zwei
Sätzen ein: „Eines der größten Probleme der Erziehung ist, wie man die
Unterwerfung unter den gesetzlichen Zwang mit der Fähigkeit, sich seiner
Freiheit zu bedien, vereinigen könne. Denn Zwang ist nötig!“ (
„Hier muss man folgendes beobachten:
(1.) dass man das Kind, von der ersten Kindheit an, in allen Stücken frei sein lasse (ausgenommen in den Dingen, wo es sich selbst schadet, z.E. wenn es nach einem blanken Messer greift), [– bis hierhin wird man zustimmen können, bei den folgenden Beispielen werden wir wohl schon die Stirne runzeln – H. S.] wenn es nur nicht auf die Art geschieht, dass es anderer Freiheit im Wege ist, z.E. wenn es schreiet, oder auf eine allzu laute Art lustig ist, so beschwert es andere schon.
(2.) Muss man ihm zeigen, dass es seine Zwecke nicht anders erreichen könne, als nur dadurch, dass es andere ihre Zwecke auch erreichen lasse, z.E. dass man ihm kein Vergnügen mache, wenn es nicht tut, was man will, dass es lernen soll, etc.
(3.) Muss man ihm
beweisen, dass man ihm einen Zwang auflegt, der es zum Gebrauche seiner eigenen
Freiheit führt, dass man es kultiviere, damit es einst frei sein könne, d.h.
nicht von der Vorsorge anderer abhängen dürfe“ (
So strittig manche der Beispiele auch sein mögen, so liegt in den drei Punkten doch Bedeutsames. Die dritte Bemerkung, „muss man ihm beweisen“, kann so gelesen werden, als ginge es darum, dem Kind das einzubläuen: ‚Es geschieht ja nur zu deinem Besten, dass ich dich zwinge’. Berücksichtigt man jedoch, wie sorgsam Kant formuliert, dann ist folgende Deutung viel wahrscheinlicher: Man muss dem Kind beweisen können, dass man ihm einen Zwang auflegt, der es zum Gebrauche seiner eigenen Freiheit führt. Wenn man das nicht beweisen kann, dann handelt es sich nicht um einen Zwang im Sinne der Erziehung. Dann ist es kein Zwang, der auf Freiheit geht und insofern auch keiner, der dadurch zu legitimieren wäre, dass es sich angeblich um Erziehung handele. Also bedeutet der Satz, nur solche Zwänge sind in der Erziehung erlaubt, die die zu Erziehenden zum Gebrauch ihrer eigenen Freiheit befähigen! Kant definiert bei dieser Gelegenheit zusätzlich, was er unter Freiheit versteht. Es geht ihm nicht um eine absolute Willkürfreiheit. Seine Freiheit bleibt gebunden an vielerlei Abhängigkeiten, an Rücksichten, gegenüber anderen, die auch ihre Freiheit gebrauchen können sollen. Freiheit bedeutet jedoch, in all diesen Abhängigkeiten, in denen Menschen sich immer befinden werden, dass Menschen sich in diesem Abhängigkeiten selbst bestimmen können, dass sie weder von der Vorsorge anderer, noch von bloßen eigenen Begierden abhängen mögen.
Dieser Zusammenhang scheint mir für die Pädagogik ein viel entscheidenderer Punkt zu sein, als es das vermeintliche Paradox von Freiheit und Zwang in der Erziehung war. Dieser Punkt ist die Einsicht, dass die Möglichkeit der Betätigung von Freiheit an Bedingungen gebunden ist. Freiheit kann nicht einfach vorausgesetzt werden, sondern sie ist bestenfalls das Ergebnis eines Prozesses – und für die Pädagogik ist entscheidend – eines Erziehungsprozesses. Von der anderen Seite betrachtet bedeutet dies: Die Pädagogik hat die Aufgabe, Menschen zu befähigen, ihre eigene Freiheit betätigen zu können. Dazu gehört, dass sie Dinge aufspürt, die einer Entwicklung und der Betätigung dieser Freiheit im Wege stehen. Die existentialphilosophische Einsicht, dass jeder Mensch immer frei sei, da es ihm zumindest immer frei stehe, seinem Leben auch ein Ende zu setzen und er insofern durch nichts gezwungen werden kann, mag existentialphilosophisch als Erkenntnis einige Funken schlagen. Wenn ein solches Argument jedoch in pädagogischen Zusammenhängen auftaucht, dann gilt es aufmerksam darauf zu achten, welche Positionen durch solche Argumentation begründet werden sollen. Denn wenn die Freiheit als unverlierbares Existential des Menschen, auch unter widerlichsten Bedingungen der Sklaverei, eingeführt und dargestellt wird, kann man eben diese Bedingungen der Sklaverei und Unterdrückung nicht mehr als unfrei machend kritisieren, denn unfrei kann der Mensch ja per Definition nicht sein. In pädagogischen Zusammenhängen jedenfalls geht es um solchen existentialphilosophischen Freiheitsbegriff nicht, der sich von der Möglichkeit des selbstbestimmten Todes her ableitet, sondern es geht um die Möglichkeit, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen. Ein solcher Freiheitsbegriff ist auch ein anderer als einer der „Einsicht in die Notwendigkeit“[7], der nahe legt, es gäbe nur eine mögliche Wahl und insofern keine Wahl, aber da sie eingesehen wird, ist diese Möglichkeit als die einzig mögliche Variante anzusehen und ist insofern auch kognitiv nachzuvollziehen und nicht nur vegetativ zu leben. Freiheit – wie sie hier dagegen mit Kant verstanden wird – ist eine Freiheit, die die Freiheit der Gestaltung in Strukturen menschlicher Beziehungen, Bedürfnisse und auch materiellen Abhängigkeiten meint. Aber eben diese Gestaltungsfreiheit des eigenen Lebens in Rücksicht auf die Bedingungen, gilt es durch Erziehung anzustreben.
Pädagogisch bedeutet dies, dass wir der Frage nach dem „Wie“ erheblichen Raum einräumen müssen. Wie erreichen wir dieses Ziel am besten, dass Menschen eine möglichst große Gestaltungsfreiheit für ihr Leben gewinnen. Vermutlich werden die Antworten nicht nur nach pädagogischen Modellen, sondern auch nach Zielgruppen pädagogischer Interventionen variieren. In der Geistigbehindertenpädagogik werden sich andere Lösungen auf diese Frage anbieten als im Gymnasium. In der Arbeit mit Straßenkindern werden sich andere Methoden empfehlen als in der Schweizer Internatsschule. Und dennoch, überall da wo professionell erzogen wird, müssen sich und ihren Zöglingen Pädagogen Rechenschaft ablegen können, inwiefern die Erziehungshandlungen dazu führen, dass die zu Erziehenden „einst frei sein können“.
Die Folgerungen aus einer solchen Aufgabenbeschreibung der
Erziehung gehen aber noch weiter. Wenn Freiheit sich nicht einfach von selbst
versteht, sondern wenn Freiheit an Bedingungen geknüpft ist und diese Bedingungen
besser und schlechter oder gar nicht vorhanden sein können, dann ist es die
Aufgabe des Pädagogen, sich dafür einzusetzen, dass diese Bedingungen
verbessert werden. Ein Beispiel aus der Behindertenpädagogik in Anlehnung an
die Auswertung eines Forschungsprojekts durch Heinz-Elmar Tenorth mag dies erhellen
(vgl. Tenorth
Das historische Beispiel mag uns als Pädagogen erfreuen,
aber zugleich wäre zu fragen, welche Personenkreise werden heute mehr oder weniger
systematisch von der Freiheit, als der Möglichkeit, für das eigene Leben sorgen
zu können, ausgeschlossen? Wie verhält sich das mit Kindern von Arbeitslosen in
der dritten Generation, die kein anderes Lebensmodell als das der
Arbeitslosigkeit kennen lernen? Wie ist das mit den Arbeitslosen selbst, die
seit zehn Jahren stempeln gehen und bestenfalls einen Ein-Euro-Job bekommen?
Wie ist das mit Kindern, die im Elternhaus nicht deutsch sprechen, und die auch
deshalb in der Schule nicht einmal Bahnhof verstehen? Wie ist das mit den Bildungschancen
für Mädchen in Afrika oder in einer Familie aus bildungsfernen Schichten in
Deutschland? Und was ist mit Hauptschülern, die systematisch vom Lehrstellenmarkt
ausgeschlossen zu sein scheinen? Auch diese politischen Fragen der Bedingung
von Freiheit sind mitnichten unpädagogisch. Im Gegenteil drängt das
pädagogische Interesse an der Ermöglichung von Freiheit dazu, auch politische
Rahmenbedingungen zu verändern. Wir werden uns nicht darauf zurückziehen können
zu sagen, das hat die Politik nun aber einmal so beschlossen, wenn zugleich
deutlich wird, dass durch politische Beschlüsse die pädagogische Aufgabe, die
Freiheit der Zöglinge anzustreben, verunmöglicht oder zumindest beschwert wird,
wo sie doch auch erleichtert werden könnte. Damit jeder Mensch seine Freiheit
betätigen kann, muss er zumindest über eine Grundbildung verfügen, die ihn
nicht nur in der Gesellschaft zurechtkommen lässt, sondern die ihm auch
Anschlüsse an unterschiedlichste Wissens-, Lebens-, Kultur-, Wirtschafts- und Religionsgebiete
ermöglicht.[8] Er muss sie dann
nicht betätigen, aber betätigen können
– eben dies zu ermöglichen, darin besteht – sogar nach PISA – die pädagogische
Aufgabe. Von diesem können darf
keiner prinzipiell ausgeschlossen werden.
Eine Politik, die dazu aufruft, „mehr Freiheit zu wagen“, ohne im gleichen Atemzug die Bedingungen dieser Freiheit mit zu thematisieren und darauf zu drängen, dass alle die Möglichkeit erhalten müssen, diese Freiheit auch zu betätigen, muss pädagogisch kritisiert werden. Hier ist genau zu beobachten, welche Funktion soll die Berufung auf die Freiheit erfüllen. Geht es darum, Unterschiede zu legitimieren? Die einen nutzen eben ihre Freiheit die anderen nicht? Wichtig ist, was unternimmt eine solche Politik, damit allen die Möglichkeiten zur Betätigung ihrer Freiheit eingeräumt werden und nicht nur diejenigen, die ohnehin schon alle Freiheiten haben, noch freizügiger damit umgehen können.
Aus der Rekonstruktion eines vermeintlichen pädagogischen Paradoxes, das einen dazu verleiten könnte, in der Betrachtung seiner Unauflösbarkeit für immer zu verharren, ist im Verlauf des Textes – wie ich hoffe – eine recht eindeutige pädagogische Zielbeschreibung geworden. Alles was Erziehung heißen will, muss eben die Freiheit des Zöglings zum Ziel haben. Um das Wie gibt es berechtigte und spannende Diskussionen und Experimente. Die Bedingungen der Möglichkeit von Freiheit setzen jedoch schon vor dem eigentlichen Geschäft der Erziehung an. Insofern ist es auch eine pädagogische Aufgabe, Bedingungen zu kritisieren – und wenn möglich dazu beizutragen sie zu verbessern – die die Freiheit von Zöglingen systematisch verhindern oder beschweren. Hier ragt die Pädagogik in die Politik oder die Wirtschaft oder die Religion hinein und kann sich nicht darauf zurückziehen, dass sie dies alles gar nichts anginge. Im Gegenteil, wo es um die Ermöglichung der Betätigung der Freiheit durch die künftige Generation geht, da hat Pädagogik ihren Ort.
Literatur
Benner, Dietrich
Benner, Dietrich
Bernfeld, Siegfried
Braunmühl, Ekkehard von
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich
Kant, Immanuel
Piaget, Jean
Prange, Klaus
Rousseau, Jean-Jacques
Schlömerkemper, Jörg
Schulz von Thun, Friedemann
Tenorth, Heinz-Elmar
Watzlawick, Paul u. a.
Henning Schluß, geb.
Anschrift: Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6,
Email: henning.schluss@rz.hu-berlin.de
Website: www.henning.schluss.de.vu
Inhaltsverzeichnis:
Henning Schluß
Erziehung zur Freiheit?
Zur vermeintlich paradoxen Beziehung von Erziehungszielen und Erziehungsverhältnissen
Erziehung soll Menschen zur Mündigkeit
führen, sie ist aber selbst eine Zwangsinstitution. Wie kann Zwang zu Freiheit
führen? Eine Lösung kann aufscheinen, wenn man das Problem im Rahmen der systemischen
Kommunikationstheorie deutet. Daraus können Folgerungen sowohl pädagogischer
als auch politischer Art abgeleitet werden.
Schlüsselwörter: Freiheit, Zwang, Erziehung, Macht, symmetrische und
asymmetrische Kommunikation
Henning J. Schluß
Education
for Freedom?
To the paradox relationship
between the aims of education and settings and conditions of education
##
Keywords: freedom, enforcement,
education, power, symmetric and asymmetric communication
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[1]
Überarbeitete Fassung eines Vortrags
auf der Seminar-Tagung: „Wie lehren wir Freiheit?“ der Humboldt-Universität zu
Berlin und der Evangelischen Akademie Berlin am
[2] Kant selbst schreibt vor diesem Satz: „Eines der größten Probleme der Erziehung ist, wie man die Unterwerfung unter den gesetzlichen Zwang mit der Fähigkeit, sich seiner Freiheit zu bedienen, vereinigen könne“ (ebd.).
[3]
Problematisch daran ist, dass Prange
zuweilen behauptet, diese beiden seien in Wirklichkeit eins, nämlich das
pädagogische Zeigen vgl. Prange
[4]
Hier wären auch noch weitere Ebenen der
Kommunikation auffindbar. Friedemann Schulz von Thun etwa unterscheidet vier
Ebenen, die in allen Kommunikationen eine Rolle spielen würden (vgl.: Schulz
von Thun
[5] Freilich gibt es auch ganz symmetrische Umgangsformen mit Kindern – diese sind dann aber eben keine Erziehung. Wenn ein Gast gefragt wird, ob er satt sei oder noch ein wenig Nudeln mit Tomatensoße möchte, so ist dies im Allgemeinen ganz gleichgültig, ob der Gast ein Kind oder ein Erwachsener ist, es handelt sich demnach nicht um Erziehung, nicht mal im Sinne von Bernfeld, weil es eben keine spezifische gesellschaftliche Reaktion auf die Entwicklungstatsache ist, sondern bestenfalls eine gesellschaftliche Reaktion auf die Tatsache der Bedürftigkeit an Nahrungsmitteln.
[6]
Dies illustriert auch Schlömerkemper (
[7]
Diese Begriffsdeutung macht bei Marx und
Engels Karriere, findet sich jedoch schon bei Hegel: "Die Freiheit des
Menschen von natürlichen Trieben besteht nicht darin, daß er keine hätte und
also seiner Natur nicht zu entfliehen strebt, sondern daß er sie überhaupt als
ein Notwendiges und damit Vernünftiges anerkennt und sie demgemäß mit seinem
Willen vollbringt" (Hegel
[8]
Hier lassen sich Argumentationsformen
für eine Grundbildung und für eine (höhere) Allgemeinbildung durchaus
miteinander zusammenbringen (vgl. Benner