1                     DFG-Projekt: Rettung, Erschließung und Veröffentlichung im Internet von aufgezeichnetem Unterricht aus der DDR

1.1                    Zusammenfassung

Am Medienzentrum der Humboldt-Universität Berlin lagert ein Archiv von Unterrichtsmitschnitten aus den siebziger und achtziger Jahren. Dies wurde mit der damals zur Verfügung stehenden, innovativen Phillips-1“ Videotechnik (vor A/B/C Standard!) aufgenommen. Dies Material ist heute vom akuten Zerfall bedroht. Lediglich ein Gerät zum Abspielen dieser Bänder aus der Zeit vor der Standardisierung konnte trotz intensiver Recherche und vielen Testläufen ausfindig gemacht werden. Zur Rettung dieser seltenen Dokumentation von Unterricht aus der DDR in verschiedenen Fächern ist eine sofortige Übertragung auf digitale Datenträger vorgesehen. Durch Katalogisierung, Inventarisierung und Überspielung in ein netztaugliches digitales Videoformat und die Einspeisung des Materials ins Internet soll dies Material der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

 

1.2                    Ziele

a) Sicherung der Unterrichtsdokumentationen durch Überspielen auf ein digitales Master-Medium.

b) Hintergrundrecherche

c) Katalogisierung und Verschlagwortung des Materials.

d) Publikation des Katalogs/Datenbank.

e) Umwandlung in ein internetkompatibles Format (mpg/avi).

f) Einstellung in die Internetdatenbank der Virtuellen Fachbibliothek Pädagogik (DIPF) und des Archivs für Reformpädagogik (HU)

g) Vorstellung der Datenbank auf einer Fachtagung.

1.3                    Arbeitsprogramm         

Die einzelnen Schritte im Arbeitsprogramm der jeweiligen Projektphase sind nach methodischen Gesichtspunkten dargestellt. Die Reihenfolge der aufgeführten Arbeitsschritte ist keine chronologische, sondern richtet sich nach dem jeweiligen Bedarf der laufenden Arbeit.

 

a) Sicherung der Unterrichtsdokumentationen durch Überspielen auf ein digitales Master-Medium

Der erste Schritt besteht in der Überspielung der historischen 1“ Bänder und der Sicherung des aufgezeichneten Materials. Die bislang dreijährige Recherche nach einer Möglichkeit der Überspielung des 1“ Materials der Firma Phillips, das in einem nicht standardisierten Format aufgezeichnet wurde, ergab nur ein einziges Videostudio, das über die nötige Abspieltechnik verfügt. Auch die Anfrage bei weiteren Archivierungseinrichtungen, die durch die Gutachter empfohlen wurden, brachte kein anderes Ergebnis. Im Verlauf dieser durch einen Gutachter angeregten Recherche wurde auf die Firma „Motiv-Copy“ in Hamburg hingewiesen, die sich als Experte für „tote Bänder“ versteht. Diese Firma wurde daraufhin beauftragt, zu versuchen ein Test-Band sichtbar zu machen und konnte dies tatsächlich realisieren, ihr Angebot liegt als zweites Angebot bei. Das Videostudio Kühn hat bereits ein Angebot für die Überspielung der Materials unterbreitet. Vom Videostudio wird das Material auf DV-Kassetten in ein gängiges digitales Format übertragen, die als Masterbänder für weitere Vervielfältigungen und Umformatierungen dienen, die dann im Projekt selbst geleistet werden können.

            Das Angebot der Fa. Kühn ist so ausgelegt, dass von dem des 1“ Abspielgerätes ein FBAS-Ausgangssignal ausgeht. Dies Abspielgerät wird mit dem Aufnahmerecorder analog verbunden und der konvertiert mit 12,65 Mb/s, im Sony DHR 1000VC auf DV-Bänder. Das ist die aktuelle Technik im seminprofessionellen Bereich, mit dem aber auch TV-Studios arbeiten. Eine höherwertige Konvertierung im professionellen Bereich ist aus verschiedenen Gründen nicht sinnvoll:

  1. wäre sie teurer,
  2. würde sie kaum eine merkliche Qualitätsverbesserung bringen, da das Ausgangsmaterial zwar seinerzeit professionell war, mittlerweile der DV-Standard erheblich höhere Qualität bereitstellt, als die damalige schwarz/weiß-Aufnahme,
  3. sind an der Abteilung Allg. EWI keine Möglichkeiten zum Abspielen professioneller Videobänder vorhanden, wohl aber von DV-Casetten. Die Anschaffung der entsprechenden professionellen Abspieltechnik würde zusätzlich auch die Anschaffung oder Anmietung professioneller Weiterverarbeitungsgeräte nach sich ziehen, was den Kostenrahmen des Projekts sprengen würde und zudem wenig messbaren qualitativen Nutzen brächte.

 

b) Hintergrundrecherche

Die Angaben des Archivregisters des ZAL (Kopie siehe Anlage) sind sehr knapp gehalten und geben kaum Hinweise zu den Stunden. In der Hintergrundrecherche sollen deshalb zwei Arten von zusätzlicher Information erhoben werden, die für die weitere wissenschaftliche Auswertung des Materials notwendig sind:

- Zum einen soll der Ort der jeweiligen Stunde im Lehrplan, in den Unterrichtshilfen und im Lehrbuch ermittelt werden. Da der Lehrplan in der DDR verbindlichen Charakter hatte, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit für alle aufgezeichneten Stunden ein entsprechender Ort im jeweils gültigen Lehrplan aufzufinden. Die Unterrichtshilfen interpretierten den Lehrplan auf eine nahezu verbindliche Weise. Die Angabe des jeweiligen Textbezuges der Unterrichtshilfe kann die individuellen Abweichungen in der aufgezeichneten Stunde ersichtlich machen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in den meisten Stunden das jeweilige Lehrbuch des einzigen Schulbuchverlages der DDR Verwendung gefunden hat. Die Recherche der Seiten im Lehrbuch, auf die sich die jeweilige Stunde bezog, stellt ebenso eine wichtige Hintergrundinformation zur Nutzung der zu erstellenden Datenbank dar.

- Zum zweiten sollen die spezifischen Angaben zur jeweiligen Unterrichtsstunde, in einem ersten Zugriff recherchiert werden. Vor allem ist dort so weit wie möglich zu klären, aus welcher Schule die jeweiligen Schüler stammen, welcher Lehrer/in den Unterricht verantwortete, in welches Kollektiv sie eingebettet war, wer die technische und die inhaltliche Leitung der Aufzeichnung hatte. Durch das von der Stiftung Aufarbeitung geförderte Vorgängerprojekt bestehen zahlreiche Kontakte zu den damals Verantwortlichen, die hier genutzt werden können. Da die betreffenden Personen jedoch schon jenseits der Pensionsgrenze sind, ist auch hier schnelles Handeln gefragt. Die entsprechenden Hintergrundinformationen könnten sonst verloren sein.

Diese Recherche sollte nach einer groben Schätzung aus den bisherigen Erfahrungen mit den Bändern einen Umfang von ca. 4 Stunden pro Stunde haben.

 

c) Erschließung und Verschlagwortung des Materials

Um die wissenschaftliche Weiterarbeit mit dem Material zu ermöglichen, ist eine Erschließung und Verschlagwortung notwendig.

- Zur Erschließung gehören:

1.die Übernahme der Angaben des Archivregisters (siehe Kopie in der Anlage)

2. eine kurze Inhaltsangabe – die sich aus der Sichtung des Materials ergibt

3. Vermerk über den Zustand des Artefakts (Qualität von Bild, Ton, Vollständigkeit der Aufzeichnung)

4. eine Angabe zu dem Entstehungskontext, soweit er sich in einem ersten Zugriff, wie unter (b) beschrieben, erschließen lässt.

- Die Verschlagwortung geschieht nach einem Schlagwortverzeichnis, das auf dem Schlagwortbestand der FIS Bildung Literaturdatenbank basiert. Somit ist eine Einbindung in die „Virtuelle Fachbibliothek Pädagogik“ beim DIPF gegeben, da für den Nutzer die Einarbeitung in ein separates Schlagwortregister entfällt.

Die Datenbank soll im Programm Microsoft Access erstellt werden. Mit diesem Programm bestehen Erfahrungen bei der Erstellung der Datenbank des Archivs für Reformpädagogik. Die WWW-Kompatibilität ist so gewährleistet.

Für diese Arbeit sollte ca. eine Stunde pro Video eingeplant werden.

 

d) Publikation des Katalogs/Datenbank

Dieser Katalog soll nicht in gedruckter Form erscheinen, sondern ausschließlich digitalisiert über das Internetportal des Archivs für Reformpädagogik und/oder die „Virtuelle Fachbibliothek Pädagogik“ nutzbar sein. So sind Druckkosten zu sparen und zugleich eine öffentliche freie Verfügbarkeit der Datenbank gewährleistet.

 

e) Umwandlung in ein internetkompatibles Format (mpg/avi)

Ziel dieses Arbeitsschrittes ist es, das Videomaterial vom digitalen Masterband (DV) in ein internetkompatibles Format zu konvertieren, das in einem weiteren Arbeitsschritt mit der Datenbank gekoppelt werden und in das Internet eingestellt werden kann. Durch diese Kopplung ist der Vollzugriff auf die kompletten Videos gegeben. Da Datenmaterial von diesem Umfang erheblichen Speicherplatz beansprucht, ist ein geeignetes Verfahren mit den Kooperationspartnern für die Veröffentlichung zu erarbeiten. Das von der DFG-geförderte Projekt „Virtuelle Fachbibliothek Pädagogik“ ist an dieser Erschließungsmöglichkeit der kompletten Videos jedoch sehr interessiert.

 

f) Einstellung in die Internetdatenbank der Virtuellen Fachbibliothek Pädagogik (DIPF) und des Archivs für Reformpädagogik (HU)

Das gesamte Material wird als Video, und als verschlagwortete und verlinkte Datenbank in das Internet eingestellt, um die so aufbereiteten Materialien der wissenschaftlichen Öffentlichkeit frei zugänglich zur Verfügung zu stellen. Zugesagt ist bislang die Bereitstellung über das etablierte Portal des Archivs für Reformpädagogik der Humboldt-Universität Berlin (http://www2.hu-berlin.de/archrefpaed). Der Dekan der zuständigen Fakultät (Prof. Dr. Dietrich Benner) begrüßt und unterstützt diese Erweiterung des Archivs ausdrücklich (siehe Anlage). Mit dem verantwortlichen Archivleiter (Dr. Horst Sladek) ist die organisatorische Einbindung abgestimmt. Darüber hinaus gibt es auch beim von der DFG geförderten Projekt der „Virtuellen Fachbibliothek Pädagogik“ beim DIPF in Frankfurt lebhaftes Interesse an dem Projekt (http://www.fachportal-paedagogik.de). Mehrere Möglichkeiten der Kooperation sind denkbar:

- In jedem Fall soll eine interaktive Verlinkung zwischen dem Portal der im Aufbau befindlichen Virtuellen Fachbibliothek und dem Datenbestand des Projektes erfolgen. Damit eine Suche direkt von diesem Portal möglich ist, muss die Datenbank nach bestimmten Kriterien aufgebaut werden.

- Um die Nutzung des einmaligen Datenbestandes auf Dauer sicher zu stellen, ist auch eine Bereitstellung des Materials direkt von einem Server des DIPF entweder in Frankfurt oder in Berlin in Erwägung gezogen worden. Unter Berücksichtigung ev. struktureller Unsicherheiten im Bestand des Archivs für Reformpädagogik an der HU scheint dies die zukunftssicherste Variante zu sein, an der das Projekt „Virtuelle Fachbibliothek“ beim DIPF auch sehr interessiert ist (siehe Anlage Sieglinde Jornitz).

 

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