Nato-Manöver „Sea Shield“ im Schwarzen Meer: Déjà-vu des Kalten Krieges

Als ein Déjà-vu des Kalten Krieges bezeichnete der Experte für Sicherheitspolitik Dr. Heinz Gärtner im Gespräch mit Sputnik die Nato-Manöver „Sea Shield“ im Schwarzen Meer, die sehr gefährliche Situationen schaffen. Die Teilnahme Georgiens und der Ukraine bedeute kaum, dass diese Länder bald in das Bündnis aufgenommen werden.

„Das ist ein bisschen ein Déjà-vu des Kalten Krieges, wo wir immer wieder die gemeinsamen Manöver im Schwarzen Meer, in der Ostsee gesehen haben. Im Kalten Krieg hat es immer wieder gefährliche Situationen gegeben, sie sind aber nie eskaliert. Aber diese Manöver (wie Sea Shield) schaffen schon sehr gefährliche Situationen, wenn sich etwa Kampfflugzeuge von Russland und von den Nato-Staaten sehr nahe kommen. Es kann auch zu Missverständnissen und zu Fehlkalkulationen kommen“, so Dr. Heinz Gärtner, Vorsitzender des Beratenden Ausschusses für Strategie und Sicherheitspolitik der Wissenschaftlichen Kommission der Streitkräfte Österreichs (BMLV).

Die Nato-Staaten führen gemeinsam mit Georgien und der Ukraine Militärübungen im Schwarzen Meer durch. An dem von den USA angeführten Manöver „Sea Shield“ beteiligen sich Kanada, die Türkei, die Niederlande, Griechenland, Bulgarien und Rumänien mit Kampfschiffen und Flugzeugen. Die russische Schwarzmeerflotte patrouilliere im Übungsgebiet, um auf „unabsehbare Situationen“ zügig reagieren zu können, verlautet es aus Russlands Verteidigungsministerium.

Die Teilnahme Georgiens und der Ukraine an den Manövern bedeute kaum, dass diese Länder bald in das Bündnis aufgenommen werden, meint der Experte.

„Die Ukraine und Georgien wollen das und die Nato kokettiert damit. Das ist rhetorisch nicht sehr gut geplant von der Nato, die sagt, die Tür ist offen. Die beste Lösung wäre für beide Seiten eine Neutralität nach österreichischem Vorbild, dass man vertraglich und völkerrechtlich festlegt, dass die Ukraine oder Georgien nicht einem Militärbündnis (sprich Nato) beitreten.“

Der österreichische Politikwissenschaftler und Professor am Internationalen Friedensinstitut (IIP) sowie an der Universität Wien, wies darauf hin, dass Österreich gute Erfahrungen mit der Neutralität gemacht habe.
„Neutrale Staaten haben viel mehr Spielraum als Bündnisländer oder Großmächte, auch sind sie oft viel akzeptabler beim internationalen Krisenmanagement und den Friedensaufgaben, weil sie keine geopolitischen Interessen haben. Auch wenn die Spannungen jetzt zwischen Russland und dem Westen zunehmen, ist ein neutraler Staat genau wie während des Kalten Krieges sehr wichtig als unabhängiger Boden“, so Heinz Gärtner.

Doch innerhalb der Nato entscheiden immer noch die USA, ohne die USA gebe es im Bündnis keine Entscheidung, betont er. Aus den USA komme auch der Druck, dass die Europäer mehr Mittel für die Verteidigung zur Verfügung stellen sollten. Die Bedrohung aus dem Osten könne das nicht erklären, „weil die Verteidigungsausgaben in Russland acht Prozent von denen der Nato ausmachen.“ Von davon gesehen könnte die Erhöhung des Budgets nicht begründet werden, äußerte Gärtner.

„Das hat mit externen Herausforderungen und Bedrohungen nichts zu tun. Die USA haben die Truppenpräsenz in Europa beziehungsweise Deutschland nicht reduziert, sondern erhöht – so will die USA tatsächlich den Hebel in Europa weiterhin ansetzen können und ihre Vorherrschaft innerhalb der Nato demonstrieren.“

Die Schaffung einer europäischen Armee nach 70 Jahren seit der Gründung der Allianz betrachtet der Sicherheitsexperte inzwischen als „eine schlechte Idee“. Sie wiederspreche dem Lissaboner Vertrag und, obwohl „die europäische Armee“ für die Integration gut klinge, sei sie in Wirklichkeit schädlich für die Integration.

„Eine wichtige Frage ist die Nuklearfrage. Wenn Europa eine Nuklearmacht werden würde als Europa, dann würde das bedeuten, dass alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Kernwaffenstaaten werden würden. Das würde das dramatische Ende des Atomwaffensperrvertrags bedeuten.“

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