Um statistische Verfahren anwenden zu können, teilen wir
den -Raum in (-dimensionale) ,,Zellen`` der Größe
ein, die wir von bis
durchnumerieren. Jeder Zelle () entspricht
gemäß
eine bestimmte
Energie. (Beim idealen Gas zum Beispiel ist
, wo die zur Zelle
gehörige Geschwindigkeit ist.)
Nun teilen wir jeweils der insgesamt
Teilchen der -ten Zelle zu. Es soll gelten, daß
. Jedes -tupel von Besetzungszahlen,
,
nennen wir eine Aufteilung; jede Aufteilung kann auf viele
verschiedene Arten durchgeführt werden, weil die Nummern der
einzelnen
Teilchen bei gleichbleibender Aufteilung permutiert werden
können. Zu einer einzigen Aufteilung gehören
also
viele mögliche Zuordnungen. In einem abgeschlossenen
System
mit der Gesamtenergie müssen die Besetzungszahlen
aber jedenfalls die Bedingung
erfüllen.
Die Anzahl der möglichen Zuordnungen von Teilchen
auf Zellen mit den Besetzungszahlen
ist
(2.11)
(In der Kombinatorik nennt man diese Anordnungen Permutationen vonElementen - also Zellnummern - mit Wiederholung).
Da jeder möglichen Zuordnung die gleiche
a priori-Wahrscheinlichkeit zukommt, ist jene Aufteilung
am wahrscheinlichsten, die die meisten verschiedenen Zuordnungen
zuläßt. Im allgemeinen ist die Wahrscheinlichkeit dieser optimalen
Zuordnung wesentlich größer als die aller übrigen, sodaß
wir uns auf die Untersuchung dieser einen Zuordnung beschränken
können (siehe die obige Diskussion der Multinomialverteilung).
Wir werden daher jene spezielle Aufteilung bestimmen, die den
Ausdruck 2.11 unter den zusätzlichen Bedingungen
(2.12)
zu einem Maximum macht.
Da der Logarithmus eine monoton steigende Funktion ist, kann man anstelle
von auch maximieren - was mathematisch einfacher ist. Das
probate Verfahren zur Maximierung einer Funktion vieler
Variabler, unter Einhaltung
zusätzlicher Bedingungen, ist die Variationsmethode mit
Lagrangemultiplikatoren (siehe Übungsbeispiel 2.1).
Die Variationsgleichung
(2.13)
mit den unbestimmten Multiplikatoren und
führt, unter Verwendung
der Stirling-Näherung für , auf
(2.14)
Die optimale Aufteilung ist also gegeben durch
(2.15)
Daher ist
(2.16)
Speziell für ein verdünntes Gas, das bei Abwesenheit einer äußeren
Kraft auch noch homogen bezüglich des Ortsvektors ist,
gilt
(2.17)
Aus der Normierungsbedingung
oder
(2.18)
folgt
und somit
(2.19)
Nun soll auch noch die Größe , die zunächst nur aus Gründen
mathematischer Zweckmäßigkeit eingeführt wurde, näher untersucht werden.
Die mittlere kinetische Energie eines Moleküls ist gegeben durch
(2.20)
In Abschnitt 2.3 werden wir uns davon überzeugen, daß die
mittlere kinetische Energie eines Moleküls mit der makroskopischen
Meßgröße (Temperatur) gemäß
zusammenhängt; somit ist
. Unter Vorgriff auf dieses
Ergebnis schreiben wir die Verteilungsdichte der
Geschwindigkeit in der allgemein üblichen Form, nämlich
(2.21)
Diese Verteilungsdichte im Geschwindigkeitsraum wird als
Maxwell-Boltzmann-Verteilung bezeichnet. Derselbe Name wird
aber oft auch für die Verteilungsdichte des absoluten Wertes
der Teilchengeschwindigkeit verwendet, die durch
Die Besetzungszahlen der Zellen im -Raum wurde durch
Maximierung der Anzahl der möglichen Zuordnungen bestimmt. Man kann
zeigen, daß die so gefundene Aufteilung nicht nur die wahrscheinlichste,
sondern die bei weitem wahrscheinlichste ist; mit anderen Worten,
jede Abweichung von dieser Aufteilung
ist extrem unwahrscheinlich (siehe oben: Multinomialverteilung).
Diese Tatsache
begründet den praktischen Wert dieser Verteilung: Die MB-Verteilung
ist eben die Verteilung der Geschwindigkeiten in einem
Vielteilchensystem, mit der wir immer rechnen können.
Abbildung 2.1:
Maxwell-Boltzmann-Verteilung
Wie die Abbildung zeigt, ist
eine schiefe Verteilung; ihr
Maximalwert liegt bei
(2.23)
Diese wahrscheinlichste Geschwindigkeit ist nicht identisch mit der
mittleren Geschwindigkeit,
(2.24)
oder mit der Wurzel aus dem mittleren Geschwindigkeitsquadrat
(engl. root mean squared velocity oder r.m.s. velocity),
(2.25)
BEISPIEL:
Die Masse des -Moleküls beträgt
;
bei Raumtemperatur (ca. ) ist
; somit ist
die wahrscheinlichste Geschwindigkeit eines solchen Moleküls
unter Gleichgewichtsbedingungen
.
F. J. Vesely / StatPhys Tutorial, Deutsch, 2001-2003