Universität Wien

Gerald Faschingeder und Franz Martin Wimmer: Vorlesung WS 2005/06

140337 Kultur und Entwicklung (Studiengang Internationale Entwicklung)

Wenn Sie der Universität Wien angehören (als Studierende oder MitarbeiterInnen), so haben Sie über diesen Link Zugang zur gesamten Vorlesung, deren Materialien via WebCT verfügbar sind.
Für andere Interessierte mache ich meine eigenen Beiträge zu dieser Ringvorlesung hier zugänglich.

Vorlesung 9.11.05: Überlegungen zu Kulturalität und Kreativität

Vorlesung 16.11.05: Konzept des Polylogs und Typen von Zentrismus

Vorlesung 7.12.05: Menschenrechte und interkulturelle Ethik

IWK-Veranstaltung 16.1.06: Pier Cesare Bori (Bologna) - Ethikunterricht im Gefängnis (Vortragstext)



VO am 9.11.2005: Überlegungen zu Kulturalität und Kreativität

In ihrer Eröffnung der Sektion 11 des 20. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Philosophie (Berlin 26.-30. September 2005), die sich mit dem Kreativitätsgedanken im interkulturellen Vergleich befasste, hat Prof. Claudia Bickmann (Köln) ganz zu Recht darauf hingewiesen, dass einem immer wieder Vertrautes begegnet, wenn man sich als EuropäerIn auf die Suche nach gegenwärtiger Philosophie außerhalb des okzidentalen Kulturraums begibt. Da dies so ist, haben wir die Fragestellung dieses Kolloquiums zu präzisieren: Sind rezeptive Kulturen kreativ? Sind philosophische Traditionen kreativ, trotz oder weil sie andere Traditionen rezipieren? Und: Lässt sich für die Philosophie etwas gewinnen aus der Begegnung mit dem "anderen" Denken, etwa auch dann, wenn es so ganz "anders" gar nicht ist?

Es begegnet uns Kant in (neu-)konfuzianischen Diskursen in China ebenso wie Heidegger in der Schule von Kyoto. Marx und den Deutschen Idealismus finden wir in der lateinamerikanischen Philosophie der Befreiung wie uns sprachphilosophische Theorien des okzidentalen 20. Jahrhunderts in arabischer Sprache begegnen. Und dass das Denken der SprecherInnen einer ganzen Sprachfamilie — nämlich der Bantusprachen — sozusagen protoaristotelisch sei, ist in Diskussionen um afrikanische Philosophie eine sehr prominente, wenn auch stets umstrittene These gewesen.

In jedem dieser und vergleichbarer Fälle werden wir das Begegnende kaum verstehen können, wenn die eigenen, okzidentalen Traditionen nicht vertraut sind. Sind sie dies aber, so liegt eine erste skeptische Reaktion sehr nahe, nämlich die Frage, ob denn diese offensichtlichen Rezeptionen auch tatsächlich zwei Erfordernissen entsprechen, aufgrund derer wir überhaupt mit Erwartungen an sie heranzugehen bereit wären — dem Erfordernis, dass wir darin authentischem Denken begegnen und dem zweiten, dass bei solchen Übernahmen das Wesentliche erfasst wurde.

Solche Skepsis ist zu erwarten, wenn wir beispielsweise an jemanden denken, der als Inder oder als Chinese bezeichnet werden kann, sich selbst auch so versteht, und der Kant wie Sankara oder Konfuzius als einen seiner Lehrer sieht. Dann kommt nämlich leicht die Frage auf: Ist das denn echtes indisches (oder chinesisches, afrikanisches etc.) Denken, ist es in diesem Sinn überhaupt authentisch? Und zweitens wird in einem solchen Fall nicht selten gefragt: Ist hier denn Kant (oder wer es sei) auch wirklich verstanden worden? Ich will nur anmerken, dass beide Fragen, mit geringer Differenzierung, prompt auch in den Diskussionen des hier einzuleitenden Kolloquiums formuliert worden sind. Da es sich dabei meistens nicht um wirkliche Anfragen handelt, sondern um die Unterstellung, es sei entweder unmöglich oder aber fruchtlos, mit "kulturell anderen" Denktraditionen in ein echtes Gespräch treten zu wollen, lassen sie sich nicht vornehm-höflich umgehen.

Darum möchte ich zunächst einmal gelehrten Skeptikern dieser Art, bevor ich ihre Fragen ernstzunehmen bereit bin, mit einer gewissen Unhöflichkeit begegnen und behaupten: Es ist kein Zeichen großer Bildung, wenn jemand glaubt, die Geschichte des philosophischen Denkens der Menschheit habe sich nur in den Grenzen und mit den sprachlichen Mitteln oder auf dem weltanschaulichen Hintergrund des Okzidents abgespielt. Es zeugt zweitens ebenso wenig von großer Kenntnis, wenn man annimmt, philosophisches Denken hätte sich stets und ausschließlich innerhalb kultureller Kontexte entfaltet und sei auch nur darin zu verstehen. Und drittens halte ich den bei diesem Thema stets erwartbaren Hinweis, dass eine Öffnung philosophischer Diskurse über Kulturgrenzen hinweg eben "noch nicht" möglich sei, solange nicht alle Interpretations- und Quellenfragen (durch die entsprechenden Philologien) geklärt seien, für eine furchtsame Rede oder Ausrede, die nur dazu taugt, notwendige Dialoge ad calendas graecas zu verschieben.

Doch haben natürlich solche Fragen auch einen rationalen Kern. Sie zwingen, Probleme zu benennen und an ihrer Lösung zu arbeiten, die mit dem Dilemma der Kulturalität von Philosophie ganz im Allgemeinen zu tun haben: Wo und in welchen Ausprägungen immer wir Philosophie wahrnehmen, handelt es sich um Unternehmungen, in denen Endgültigkeit angestrebt oder sogar behauptet wird, tatsächlich aber stets Vielheit und Verschiedenheit gegeben ist. Menschen denken nicht "natürlich", sondern kultürlich. Das gilt für alle Menschen und bei aller Problematik des Begriffs "Kultur" brauchen wir doch einen solchen Begriff, um die Wirklichkeit menschlicher Existenz-, Denk- und Ausdrucksformen zu beschreiben. Darum aber wollen wir auch wissen, was das jeweils Bestimmende dieser Besonderheiten ist und fragen nach "Authentizität".

Wen aber sollten wir eigentlich entscheiden lassen in der Frage nach der "Authentizität" einer Denkleistung innerhalb einer "anderen" Kultur oder Tradition? Sollen wir uns darin auf Traditionalisten oder auf Modernisten in jener anderen Kultur verlassen oder nicht vielleicht doch der okzidentalen Indologie, der Sinologie oder anderen Fremdkulturwissenschaften das letzte Wort zuerkennen?

Ich will dieser Frage ausweichen, denn sie scheint mir ernstlich unbeantwortbar. Es gibt keine homogenen Kulturen und auch keine vollkommen einheitlichen Traditionen. Die Frage nach dem Wesentlichen an einer Kultur oder einer Tradition wird daher zu Recht immer wieder anders beantwortet werden. Es ist beispielsweise nicht einzusehen, warum Traditionalisten einer bestimmten Tradition gegenüber Modernisten derselben Tradition diese auf "authentischere" Weise repräsentieren sollten.

Ist die Nachfrage nach der authentischen Tradition aber nicht wirklich beantwortbar, so sollte sie auch nicht ernsthaft gestellt werden. Sie würde letztlich zu einem voreiligen Abbruch von Gesprächen führen, bevor solche überhaupt geführt werden.

Denken wir uns eine Situation wie das Kolloquium, dessen Beiträge hier vorliegen und nehmen wir an, es hätten sich bei dieser Gelegenheit philosophierende Menschen aus Afrika, Tibet oder China geäußert. Es ist anzunehmen, dass sie dies mit Mikrofon, ausformuliertem Vortragstext und in deutscher Sprache getan hätten.

Die Nachfrage nach ihrer kulturellen Authentizität hätte sie in ein praktisches Dilemma führen müssen. Damit nämlich wäre wohl verlangt worden, dass sie sich so verhalten (sprachlich, situational etc.), wie ihre Vorfahren sich — unserer Annahme nach — verhalten haben, wenn diese philosophierten. Dann aber hätte wohl niemand im Saal sie verstanden, es wäre eine Situation wie diejenige der europäischen "Völkerschauen" gewesen, eine "Philosophenschau" (wobei selbst darüber wenige im Publikum hätten gewiss sein können). Vielleicht wären sie im verlangten Sinn "authentisch" gewesen, aber um den Preis vollkommenen Unverständnisses. Beim besten Willen hätte auch der Moderator lediglich ein unverstandenes Schauspiel dirigieren können.

Da sie aber wahrscheinlich eben "ganz normal" vorgetragen hätten, wären sie wohl auf ihre sinnenfällige Nicht-Authentizität angesprochen worden und das somit ernstgemeinte Verlangen, authentisch Anderem zu begegnen, wäre schon das Ende der Begegnung gewesen, denn sie hätten diesem Ansinnen genau so wenig entsprechen können, wie irgend jemand aus Europa imstande oder willens gewesen wäre, wie ein Mönch des frühen Mittelalters aufzutreten.

Im ersten Fall wären sie daher zwar als echte Afrikaner, Tibeter und Chinesen erschienen, für die Philosophie jedoch gänzlich irrelevant. Im andern Fall hätten sie riskiert, zwar verstanden, aber als uninteressante Imitatoren ebenso ignoriert zu werden.

Die Frage nach authentischen Traditionen ist dennoch nie ganz zu umgehen, denn Behauptungen von Seiten jener, die sich auf eine kulturelle Tradition berufen, sind als Teil von Argumentationen stets zu erwarten. Dazu nur zwei Sätze: In keinem Fall ist die bloße Berufung auf eine Tradition ausreichend, um eine Frage der Philosophie zu entscheiden. Und: Jede Tradition ist ernst zu nehmen in dem Sinn, dass sie kritischer Prüfung ausgesetzt und weder als "fremd" einfach abgelehnt noch unkritisch bestehen gelassen wird.

Der Weg zur Klärung philosophischer Fragen führt über Dialoge oder Polyloge und hat daher eigentlich nur eine Voraussetzung – dass Menschen einander als Argumentierende ernst nehmen.

Für die Beantwortung der zweiten skeptischen Frage nach der richtigen Rezeption europäischer Philosophie in anderen Regionen sind allem Augenschein nach nicht die Rezipienten selbst zuständig, sondern die europäische Forschung: Sie soll entscheiden, ob Kant im modernen China, Heidegger in Japan und Marx in Lateinamerika richtig verstanden wird. In vielen Fällen wird diese Kompetenz der europäischen Forschung von Nichteuropäern auch durchaus anerkannt.

Wir müssen allerdings auch hier eine gewisse Skepsis anmelden, denn diese Forschung ist sich nicht immer vollkommen einig, wie wir aus der Interpretationsgeschichte der europäischen Philosophie sehr wohl wissen. Eine Darstellung etwa der kantischen Philosophie aus marxistischer Sicht unterscheidet sich in durchaus nicht nebensächlichen Punkten von einer, die Kriterien analytischer Philosophie verpflichtet ist, und beide wiederum werden bei Kant andere Stärken und Schwächen herausstreichen als eine neuthomistische Interpretation dies tut. Keine von ihnen muss deshalb schon Unrecht haben. Warum sollte Ähnliches nicht auch zu erwarten sein, wenn Kant auf dem Hintergrund etwa des Vedanta oder des Konfuzianismus neu gelesen wird? Das sollte doch eher ein Grund für vorsichtige Neugierde als für vorgängiges Misstrauen sein.

Es ist jedoch noch eine andere und wichtigere Warnung anzubringen. In der Geschichte von kreativen Rezeptionsprozessen der Philosophiegeschichte — denken wir etwa an die Aneignung des griechischen Denkens durch Araber, an Japans Aneignung des chinesischen und viel später des westlichen Denkens, oder auch an die spätmittelalterliche Aneignung des griechisch-römischen Denkens in der "Renaissance" — sind immer wieder Stimmen laut geworden, die darin keine echte Aneignung oder gar Weiterführung, sondern ein Verkennen oder bestenfalls ein Imitieren zu bemerken glaubten. Derartige Einschätzungen, wenn sie von außen kommen, verkennen die Tatsache, dass auf Dauer nichts, was aus einer anderen kulturellen Tradition übernommen wird, fremd bleibt, dass vielmehr jede erfolgreiche Übernahme auf Grund eines eigenen Mangels geschieht und zu Neuem führt. Das gilt in der Architektur wie in der Kochkunst und es gilt auch für die Philosophie.

Die bisherigen Überlegungen führen zur allgemeinen Frage: Können Rezeptionsprozesse philosophisch kreativ sein und wonach sind sie zu beurteilen? Ich will dazu nur kurz einige Thesen formulieren.

1) Es gibt kreative Traditionen. Tradition und Kreativität schließen sich nicht eo ipso aus. Auch kreative Prozesse werden durch Mittel ermöglicht, die (wie z.B. die Sprache) nicht ständig neu erfunden, sondern in Traditionen gegeben sind. Traditionen können allerdings Kreativität behindern, insbesondere dann, wenn sie ein starkes und unhinterfragbares Autoritätsgefüge ausbilden.

2) Kreative Traditionen sind wählerisch.

Das besagt zweierlei — erstens, dass sie offen sind für Anderes, bereit sich Neuem zuzuwenden und somit überhaupt wählen zu wollen; und dass sie zweitens diesem Anderen nicht hilflos ausgeliefert sind, sondern nach eigenem Urteil selektieren, was sie brauchen.

3) Kreative Traditionen sind selbstbezogen.

Auch damit ist Mehreres gemeint. Einerseits handelt es sich um Traditionen, die sich nicht nur reaktiv gegenüber Anderem verhalten, dem sie sich unterlegen fühlen, sondern die ihre eigene Sicht der Dinge mit ihren eigenen Begriffen entwerfen. Andererseits sind kreative Traditionen auch hermeneutisch souverän, sich selbst wie auch dem Denken anderer Traditionen gegenüber.

4) Kreative Traditionen sind polylogfähig oder, wie man auch sagen könnte: sie sind dispositionell polylogisch.

Es ist vielleicht nur eine einzige Frage, die wir im Zusammenhang von Kulturalität und Kreativität in der Philosophie zu beantworten haben: Welche (philosophische) Traditionen sind mehr, welche weniger geeignet, mit anderen (philosophischen) Traditionen kreativ umzugehen? Ich meine, das Merkmal der Polylogfähigkeit könnte darauf eine Anwort geben. Es würde besagen, dass in einer Tradition die Mittel entwickelt sind, mit fremdem Denken so umzugehen, dass darauf ernsthaft eingegangen werden kann ohne Angst vor Selbstaufgabe und auch ohne blinde Hoffnung auf ein ganz Anderes.

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VO am 16.11.05: Polylog, Zentrismen, Stereotype

1) Nachtrag zum Begriff der "Traditionen"

2) Zum Konzept des Polylogs
a) Universalismus vs Partikularismus
b) Die eigene(n) Geschichten - Multikulturalismus
c) Typen von "Einflüssen" — Verführen, Überreden, Überzeugen
d) Monologe
e) Dialoge
f) Polyloge

3) Typen von Zentrismus
a) Expansiver Zentrismus
b) Integrativer Zentrismus
c) Separativer Zentrismus
d) Tentativer Zentrismus
e) Fünf Vermutungen, oder: Poti will in die Stadt


Kommentare und Anregungen bitte an:
e-mai


1) Nachtrag zur VO am 9.11. zum Thema "Traditionen und Kreativität"

Von "Traditionen" habe ich in der VO am 9.11. ohne Erläuterung des Wortes und darum wahrscheinlich missverständlich gesprochen. Darum als Nachtrag mein Verständnis dieses Ausdrucks:

  • Ich verstehe unter einer "Tradition" jene kollektiven Mittel, die einer bestimmten Gruppe von Menschen als Ausdrucks- und Lebensform zur Verfügung stehen.
  • Darunter fallen etwa die jeweils bestimmten Sprachen, Institutionen, Wertordnungen, Weltbilder usw.
  • Diese Mittel unterscheiden die Mitglieder einer Gruppe von den Mitgliedern einer anderen Gruppe. In menschlichen Gesellschaften scheint es der Normalfall zu sein, dass jeweils mehrere variierende "Traditionen", die sich konkurrierend verhalten, sich ausbilden. Veränderungen und Innovationen der Gesamtgruppe (einer "Kultur") sind entsprechend unterschiedlich.
    Sehr lesenswert zu den soziologischen Bedingungen der in der Philosophiegeschichte konkurrierenden Gruppen:
    Randall Collins: "The Sociology of Philosophies. A Global Theory of Intellectual Change". Harvard UP 1998 Vgl. dazu im Internet die Seminararbeiten von
    Bauer, Ruth und Wandl, Barbara (2004) Spannungen zwischen einheimischen und importierten Ideen — Zur Darstellung der islamischen Philosophie bei Randall Collins. http://sammelpunkt.philo.at:8080/archive/00001084/
    Simon, Ines (2004): Randall Collins, The sociology of philosophies: Einleitung http://sammelpunkt.philo.at:8080/archive/00001089/
  • Im Zusammenhang mit alten Traditionen können noch die in modernen Gesellschaften vorherrschenden unterschiedlichen "Stile" von Wissenschaft gesehen werden.
    Vgl. dazu die Studie von
    Johan Galtung: "Kultur, Struktur und intellektueller Stil" (1983). In: Leviathan, 11, S. 303-338





2) Zum Konzept des Polylogs

Vgl. zu diesem Thema Wimmer: Interkulturelle Philosophie 2004 ("Das rote Buch"), insbesonders S. 66-73
In der VO wurden folgende Themen besprochen:

a) Die Ausgangsfrage: Universalismus oder Partikularismus

Ich habe diese Thematik mehrfach schriftlich behandelt und verweise hier zum Nachlesen auf einige meiner Beiträge, die im Internet zugänglich sind:

b) Die eigene(n) Geschichte(n) - Multikulturalismus

Es ist ein Merkmal des Expansionsprozesses europäischer Kultur im Zeitalter des Kolonialismus, dass darin nicht nur religiöse und wissenschaftliche Ideen weltweit verbreitet werden, sondern auch die lokalen und regionalen Identitätserzählungen gegebenüber einer "allgemeinen", eurozentrierten "Geschichte der Menschheit" an Bedeutung verlieren.
Eine kleine Geschichte, die ich leider mangels Aufzeichnungen nicht mehr belegen kann, die mir dem Inhalt nach aus verschiedenen Lese-Erfahrungen deutlich in Erinnerung ist, kann die damit verbundene Problematik verdeutlichen.
Der begabte Junge aus einem kleinen Dorf in Afrika kommt nach seinem ersten Mittelschuljahr aus der Stadt zurück und besucht seine Großmutter. Dieser erzählt er, wer in der Geschichte der Menschheit die bedeutenden Personen waren und es sind lauter Namen, die die Großmutter nicht kennt, es sind lauter Männer, die in anderen Kontinenten gelebt haben (wie Alexander der Große, Cäsar, Napoleon bis zu de Gaulle oder Churchill, je nachdem). Die vertrauten Geschichten der Großmutter — denn sie hatte ihren Enkeln auch von alten Zeiten und von wichtigen Ereignissen und Menschen erzählt — stellen sich als vollkommen irrelevant heraus, denn von allem, was sie wiederum weiß und erzählt, steht gar nichts in den Schulbüchern. Die eigene Geschichte des Jungen, seine eigenen Vorfahren sind allesamt und gänzlich unwichtig.
Einem Jungen in Indien oder in Guatemala könnte es ähnlich ergangen sein.
Wäre das begabte Kind ein Mädchen gewesen und hätte es diese Bildungschance gehabt, so wäre wahrscheinlich noch der Umstand dazugekommen, dass offenbar Angehörige seines Geschlechts so gut wie gar keine Rolle in der Geschichte der Menschheit spielten.
Das bedeutet: Die wirkliche Geschichte der Menschen insgesamt ist, wie dies ein britischer Historiker einmal sarkastisch charakterisiert hat, zu verstehen als "mankind's pilgrimage from Mesopotamia to Mount Sinai, to Runnymede, Wittenberg, and 'two houses of Parliament and a free press'" (Walter A. Mc Dougall: "'Mais ce n'est pas l'histoire!' Some Thoughts on Toynbee, McNeill and the Rest of Us", in: The Journal of Modern History, Jg. 58, H. 1, 1986, S. 19)

Dem gegenüber sind emanzipatorische Diskurse vor allem in der Zeit nach dem Ende des politischen Kolonialsystems im 20. Jahrhundert auffallend. Die Geschichte Afrikas wird nun (auch) aus afrikanischer Sicht von afrikanischen Autoren geschrieben usw.
Die "Anderen" Europas anerkennen dessen Anspruch nicht mehr, die ganze Welt aus der Sicht Europas zu beschreiben — sie erheben den Anspruch, über sich selbst kenntnisreich sprechen zu können.
Neue Diskurse dieser Art bleiben aber nicht dabei, nur das Eigene zu definieren, die Peripherie artikuliert nicht nur ihr eigenes Selbstverständnis, sie spricht auch über das Zentrum. Ein Vertreter der interkulturellen Philosophie hat den Sachverhalt als "vierfache Dialektik" bezeichnet:
"Erstens geht es um ein Selbstverständnis Europas durch Europa. Trotz aller inneren Unstimmigkeiten hat sich Europa, zum größten Teil unter dem Einfluß außerphilosophischer Faktoren, den Nichteuropäern als etwas Einheitliches präsentiert. Zweitens gibt es das europäische Verstehen der nicht-europäischen Kulturen, Religionen und Philosophien. Die institutionalisierten Fächer der Orientalistik und Ethnologie belegen dies. Hegel (1770-1831) und einige andere gehen von der festen Überzeugung aus, daß Asien sich selbst nicht ganz richtig versteht, und Asienverstehen Asienüberwinden bedeutet. Fast eine Art theoretischer Gewalt ist am Werke, wenn man meint, daß man die anderen besser versteht als sie sich selbst verstehen. Freilich setzen wir hier voraus, daß es um gleichberechtigte Diskurspartner geht. […] wurde lange die Ansicht vertreten: Immer wo es eine Geschichte gibt, gibt es Philosophie. Die Orientalen besitzen eigentlich keine Geschichte. Folglich gibt es bei ihnen keine Philosophie.
Drittens sind da die nicht-europäischen Kulturkreise, die ihr Selbstverständnis heute auch selbst vortragen und dies nicht den anderen überlassen. Viertens ist da das Verstehen Europas durch die außereuropäischen Kulturen. In dieser Situation stellt sich die Frage: Wer versteht wen, wie und warum am besten? Es mag Europa überraschen, daß Europa heute interpretierbar geworden ist." (Ram Adhar Mall: Interkulturelle Philosophie und die Idee der Toleranz. Ein Beitrag zur inhaltlichen Toleranz. In: Yousefi, Hamid Reza und Klaus Fischer (Hg.): Die Idee der Toleranz in der interkulturellen Philosophie. Eine Einführung in die Angewandte Religionswissenschaft. Nordhausen: Bautz 2003. S. 86f)

Zunächst folgt aus der Wendung gegen die eine große Geschichte einmal nur die Vielheit der Geschichten; aus der Kritik der Dominanz der einen Kultur die Vielheit der Kulturen, Multikulturalismus. Dass es damit nicht sein Bewenden haben kann, werden wir noch zu überlegen haben.

c) Prozesse zwischen Gesellschaften: Typen von "Einflüssen" — Verführen, Überreden, Überzeugen

Vielerlei Einflüsse finden zwischen traditionsmäßig oder kulturell differenten menschlichen Gesellschaften statt — Übernahmen und Austausch von Techniken, Heilmethoden, ästhetischen Formen usw.
Für das Thema der VO ist es von Interesse, sich typisch verschiedene Prozesse der Beeinflussung klar zu machen, die als gezielte und methodische Verfahren zur Meinungs- und Verhaltensbildung zu verstehen sind, deren Ziel es ist, bei dem zu Beeinflussenden (dem Adressaten der Argumentation) dieselben Urteils- und Handlungsstandards zu bewirken, die der Urheber der Argumentation (wirklich oder vorgeblich) hat.
Die Unterscheidung verschiedener Typen geschieht danach, wie weit Selbstbestimmung und Freiwilligkeit bei den AdressatInnen einer Einflussnahme eine Rolle spielt. Nach diesem Maßstab können wir unterscheiden:
Vgl. zu diesem Thema ausführlicher meinen Beitrag: "Du sollst argumentieren! Zur Ethik des Überzeugens" in: H. Vetter, M. Potacs, Hg.: Beiträge zur juristischen Hermeneutik. Wien: Literas 1990, S. 106-114

d) Monologische Verfahren

Nehmen wir an — was nicht illusorisch ist — es gebe in einer Frage vier differente philosophische Traditionen (A,B,C,D), die unterschiedliche oder sogar einander ausschließende Antworten darauf geben. Nehmen wir ferner an, dass es ein Interesse daran gibt, diese Frage zu klären, so könnten wir uns das dazu mögliche Verfahren zunächst als eine Art von Monolog vorstellen und grafisch so darstellen:

Monolog 1
Alle Pfeile sind in diesem Modell gleich stark, sie weisen damit auf ein gleichmäßiges Interesse von "A" an allen anderen Traditionen hin. Bereits dieses Merkmal zeigt, dass es sich hier lediglich um eine Denkmöglichkeit handelt, denn in jeder wirklichen Wahrnehmung fremder kultureller Traditionen, Denk- und Lebensweisen wird dies nicht zutreffen: Auch wenn "A" der festen Überzeugung ist, alle konkurrierenden Formen überwinden zu können, werden doch einzelne davon ein stärkeres Interesse hervorrufen als dies bei anderen zutrifft. Gedachte Fälle von Monologen müssten also etwa in folgender Weise gezeichnet werden:

Monolog ungleich 1     oder so:    Monolog ungleich 2         und in vielen weiteren Abstufungen.

Gemeinsam wäre allen solchen Varianten jedoch:
Ist diese Idee praktikabel?
Die Idee eines monologischen Prozesses der Zivilisierung etc. scheint hoch praktikabel, das zeigen mehrere Großprojekte der Geschichte (China, Rom, Islam usw. bis zur heutigen Situation der Globalisierung).
Aber theoretisch sind seine Grundlagen sehr schwach:

e) Dialogische Verfahren

Realistischer als das monologische Modell zur Beschreibung von Prozessen, die zwischen kulturell differenten Traditionen ablaufen ist ihre Interpretation als Dialoge.

"diá" bedeutet im Griechischen "zwischen"; "logisch" kommt von "lógos", was Rede oder Wort bedeutet und wiederum von dem Verb "légesthai" abgeleitet ist: sprechen, reden. Als ausgezeichnete und möglicherweise einzige Methode des Beweisens oder Begründens hat der athenische Philosoph Platon (5.-4. Jahrhundert v.AZ) das "dia-légesthai", also das "Reden-Zwischen" angesehen, wovon der Terminus "Dialektik" kommt. Vgl. Platons "Dialoge", in denen jeweils sein Lehrer Sokrates mit Hilfe von Aussagen, Gegenaussagen und deren jeweiliger Prüfung feststellen will, was wirklich gewusst werden kann — oder aber, worüber kein wirkliches Wissen gegeben ist. (Falls Sie das etwas näher interessiert, finden Sie eine kurze Darstellung in meiner "Geschichte der Philosophiehistorie" im Internet: http://homepage.univie.ac.at/Franz.Martin.Wimmer/phhistvl1.html#plato )
Ein "Dialog" findet also mit "Rede zwischen" statt, das heißt ein eventuelles Ergebnis ist nicht die Leistung von nur einer Seite, sondern von beiden oder allen Beteiligten. Wir können uns wieder die selben Fragen wie im Fall des Monologs stellen:
Hier könnte eine Vielzahl von Grafiken eingefügt werden (worauf ich verzichte), sie alle würden Gemeinsamkeiten aufweisen:
"diá" heißt also "zwischen". Im Deutschen und auch in anderen Sprachen assoziieren wir aber meistens damit "zwei" (griechisch: "dýo" mit Betonung auf "ý"). Aus diesem pragmatischen Grund der Assoziationsgewohnheit, es handle sich um Gespräche "zwischen zweien", ist es notwendig, in der gegenwärtigen Situation (der Philosophie, wahrscheinlich aber auch anderer Wissenschaften) von allseitigen Dialogen zu sprechen und diese Idee auch entsprechend zu benennen: als "Polyloge".

f) Polylogische Verfahren

Das Wort muss nun nicht mehr lange erklärt werden: es handelt sich um Dia-loge zwischen "vielen" (griechisch: "polý") und im theoretisch rein gedachten Fall zwischen "allen" möglichen Traditionen. Die Grafik sähe so aus:

Polylog allseitig gleich

Dies stellt eine praktisch unmöglich durchzuführende Idee dar:
Stellen wir uns daher wieder die drei Fragen wie bei den anderen Verfahren:
Was sind die Voraussetzungen? Die wesentliche Voraussetzung ist wieder der Verzicht auf Absolutheitsbehauptungen, wie bei Dialogen im allgemeinen. Dazu kommt aber noch, dass eine gegenseitige Anerkennung der Gleichrangigkeit aller gefordert ist, was z.B. bedeutet, dass idealiter keine "Repräsentanten", sondern alle in einer Frage Betroffenen gleicherweise zu hören und mit ihnen ein Dialog zu führen ist. Eine dritte Voraussetzung liegt darin, dass jederzeit ein erzieltes Ergebnis neu zur Disposition steht, wenn andere Gesichtspunkte als die bisher diskutierten zur Sprache gebracht werden.
Was ist das Ziel, das angestrebt wird? Das Ziel liegt in einer gegenseitigen Entwicklung aller in möglichst großer Freiheit und Selbstbestimmung.
Drittens: wie praktikabel ist die Idee? Auf Anhieb: überhaupt nicht. Aber sie kann nicht nur, sie soll bei der Intensivierung und Ausweitung von Dialogen als regulative Idee verfolgt werden. Als regulative Idee ist der Polylog ebenso wenig eine Beschreibung der Wirklichkeit wie der Monolog. Er hat diesem gegenüber jedoch einen eindeutigen Vorzug: Es wird nichts als absolut gültig oder wahr vorausgesetzt, was tatsächlich vielleicht nur einer bestimmten Kultur immanent ist. Als regulative Idee kann die Idee des Polylogs Praxisregeln für den Umgang mit kulturell differenten Traditionen liefern, die negativ oder positiv formuliert werden können. Ich gebe die Hauptregeln nach dem Buch "Interkulturelle Philosophie" (dem "roten Buch") S. 67 wieder:
Bereits die Einhaltung dieser Minimalregeln würde zu verändertem Verhalten in der Wissenschafts-, Kommunikations- und Argumentationspraxis führen.


3) Zentrismen als Strategien des Umgangs mit kulturellen Differenzen

(Auszug aus: Wimmer: "Überlegungen zur Frage nach Maßstäben kultureller Entwicklung", In: Journal für Entwicklungspolitik (JEP) 2004, Nr. 3, S. 11-45)

Interkulturell orientiertes Philosophieren kann nur in der Überzeugung betrieben werden, dass die verschiedenen philosophischen Traditionen einander in Aufgeschlossenheit und in Kritik etwas zu geben haben, dass sie komplementär sind. Dies allerdings setzt nicht nur voraus, dass Philosophierende aus verschiedenen Kulturen einander wahrnehmen (d.h. dass sie auch die "anderen Traditionen" studieren) sondern weiterhin, dass sie bei allen bestehenden Differenzen des Inhalts und der Form des Denkens einander als Gleiche begegnen. Es setzt, mit anderen Worten, polylogisches Vorgehen zumindest der Absicht nach voraus. Jedoch werden auch philosophierende Menschen sich selbst, ihre Tradition und Überzeugung, jeweils als "Zentrum" betrachten und werden nicht davor gefeit sein, im fremden Anderen mehr als nur eine Differenz, nämlich eine Defizienz wahrzunehmen. Darum haben wir uns mit möglichen Formen zentristischen Verhaltens zu befassen.
Es gibt drei gewöhnliche Strategien. Die eine besteht in Lenkung und Veränderung einer schwächeren durch eine faktisch mächtigere Gesellschaft. Nach einer zweiten Strategie genügt es, die eigene Lebensform zu praktizieren, denn diese wird als derart attraktiv angesehen, dass alle differierenden sich von selbst ihr anpassen werden. Die dritte Strategie besteht in der Isolierung des Differenten, das dann sich selbst überlassen wird, wobei auch dabei das Maß und die Form der Isolierung durch die mächtigere Gesellschaft bestimmt wird. Es gibt aber noch eine vierte Strategie, die darin besteht, das Eigene zwar zu behaupten, aber in Interaktion mit dem anderen zu treten und nichts aus dieser Interaktion auszuschließen, somit nichts als absolut endgültig oder normal zu betrachten. Ich sehe diese vier Strategien als unterschiedliche Formen kultureller Zentrismen an.

a) Expansiver Zentrismus

Gemäß der ersten Strategie ist, soweit überhaupt möglich, Entwicklung nur durch einseitige Einwirkung zu erreichen, sie ist von vornherein nicht eine Sache gleichberechtigter Zusammenarbeit.
Eine expansiv zentristische Sicht und Strategie können wir so verstehen, dass von einer absoluten Gültigkeit und Richtigkeit der eigenen Anschauungen, Werte und Handlungsweisen ausgegangen und angenommen wird, dass deren Verbreitung "unter allen Völkern" ohne Veränderung der Inhalte sowohl notwendig als auch möglich sei.
"Expansiver Zentrismus" beruht auf der Idee, dass "die Wahrheit" über eine bestimmte Sache, oder "das Optimum" in einer bestimmten Lebensform irgendwo bereits endgültig gegeben ist und darum verbreitet werden müsse. Diese Idee findet sich im Neuen Testament ebenso wie in Thesen über die Notwendigkeit der Modernisierung und Zivilisierung der nicht-europäischen Menschheit im Gefolge der Aufklärung. Im Zentrum steht hier jeweils der wahre Glaube oder das sichere Wissen, der objektive Fortschritt oder der allein seligmachende Glaube; an der Peripherie gibt es Heidentum und Aberglaube, Unwissenheit oder Rückständigkeit und Unterentwicklung. Die Anstrengung des Zentrums besteht strategisch darin, sich stets weiter auszudehnen und so das jeweils Andere schließlich zu beseitigen. Dies ergibt die Vorstellung von einem monologischen Prozess im Sinn einer religiösen oder säkularen Heilsverkündigung. Zu denken ist als Idealvorstellung dieses Typus, dass alle einflussnehmenden Kräfte in diesem Prozess in einer Richtung verlaufen — vom Zentrum in alle Peripherien, ohne dass Einflüsse in umgekehrter Richtung anzunehmen wären.
Die Grundvorstellung eines expansiven Zentrismus kann in folgender Weise verbildlicht werden:


b) Integrativer Zentrismus

"Integrativer Zentrismus" geht von derselben Überzeugung einer objektiven Überlegenheit des je Eigenen aus, wobei aber angenommen wird, dass dessen Attraktivität als solche bereits ausreicht, um alles Fremde anzuziehen und einzuverleiben. Diese Idee findet sich etwa im klassischen Konfuzianismus ausgeführt im Zusammenhang mit der Frage, wie "Herrschaft" zu erlangen sei. Die Anstrengung des Zentrums nach dieser Strategie besteht darin, die als richtig erkannte oder erfahrene Ordnung aufrechtzuerhalten bzw. immer wieder herzustellen. Eine weitere Anstrengung des Zentrums wird idealiter nicht als notwendig gedacht, da auf dessen Attraktionsfähigkeit so sehr zu vertrauen ist, dass alle weiteren Aktivitäten von den Peripherien selbst ausgehen werden. Auch dies ergibt, wie im ersten Typus, einen monologischen Prozess — im Sinn des Angebots eines guten Lebens, zu dem allerdings ebensowenig Alternativen gedacht werden wie im ersten Fall. In beiden Fällen gibt es nur die vollständige Entgegensetzung des Eigenen und einzig Richtigen einerseits und andererseits des Fremden mit der selben Zielvorstellung — dass letzteres schließlich ohne Rest verschwindet.
Eine bildliche Verdeutlichung dieses zweiten Typus wäre:


c) Separativer Zentrismus

Von einem "expansiven" wie von einem "integrativen" unterscheidet sich ein "separativer" oder "multipler Zentrismus", der wieder eine andere Strategie begründet. Damit ist jene Haltung gegenüber differenten Kulturen und Gesellschaftsformen gemeint, in der keine absolute Superiorität irgend einer über irgend eine andere behauptet wird, zumindest nicht in der Theorie. In der europäischen Geistesgeschichte wird diese Idee zumeist mit dem Relativismus von Michel de Montaigne, deutlicher aber mit den Arbeiten von Giambattista Vico und Johann Gottfried Herder in Verbindung gebracht. Sie hat als Idee bis heute in Multikulturalitätsdiskursen nicht an Einfluss verloren.
Als theoretisch reine Form gedacht handelt es sich um die Annahme wirklicher Gleich-Gültigkeit von differenten Weltbildern. Praktisch kann das Vorherrschen einer solchen Auffassung immerhin zu gegenseitigem Tolerieren vieler möglicher Denkformen, im besten Fall sogar zur gegenseitigen Hochschätzung führen. In dieser Perspektive ist grundlegend die Annahme von Verschiedenheit und Vielheit, nicht von Homogenität und Einheit. Dies ist, wiederum theoretisch rein gedacht, jedoch mit der Gefahr verbunden — die zumindest für Philosophie und Wissenschaft fatal wäre —, dass differente Denkformen nicht mehr selbst als möglicher Gegenstand von Diskursen, sondern als unüberwindbar, gleichsam als naturgegeben betrachtet werden.
Die hauptsächliche Aufgabe der verschiedenen Zentren in einen solchen Perspektive besteht in der Erhaltung ihrer jeweiligen Identität und ihres Erbes, auch der Unterscheidung von den jeweils anderen. Solche Traditionen können bei gesellschaftlich-politischer Nähe doch deutlich von einander getrennt existieren. Wenn sie einander unter bestimmten Bedingungen tolerieren, so werden sie doch in jenen Dingen, die sie unterscheiden, nicht Fragen nach Wahrheit oder Gültigkeit zulassen. Die Situation kann in folgender Weise illustriert werden:


d) Tentativer Zentrismus

Wieder ein anderer Typus, den wir immer noch als Zentrismus beschreiben können, ist mit einer transitorischen oder "tentativen" Strategie zu kennzeichnen. Sie besteht darin, dass sowohl die Überzeugung, in einer Frage im Recht zu sein, als auch die Offenheit gegenüber den differierenden Ansichten anderer leitend ist, die gleicherweise überzeugt sind, im Recht zu sein. Es kann sogar eine notwendige Bedingung dafür sein, die Überzeugung des Anderen wirklich zu verstehen, dass ich meiner Überzeugung "absolut" gewiss bin.
Auch in dieser Perspektive ist Vielheit und nicht Einförmigkeit als grundlegend gedacht, jedoch so, dass jeder konkrete, historisch-kulturell erreichte Stand des Denkens nicht als endgültig, sondern als vorläufig gedacht wird. Nehmen wir an, es gebe mehrere TeilnehmerInnen an einem Dialog oder Polylog in einer bestimmten Frage, so kann jede/r von ihnen an den anderen in unterschiedlichem Maß interessiert und für sie offen sein. Jede/r von ihnen handelt und denkt von einem jeweils anderen Feld von Evidenzen aus, alle sind "kulturell geprägt" und wissen dies auch. Solche Bedingungen können zu Prozessen des Beeinflussens — zum gegenseitigen Manipulieren, Überreden oder Überzeugen — führen, die auf die Entwicklung gegenseitiger Argumentation abzielen. Bildlich könnte die Situation so aussehen:


e) Fünf Vermutungen oder: Poti will in die Stadt

Gehen wir nochmals zurück zu dem, was ich "integrativen Zentrismus" nannte, so können wir an einem aufschlussreichen Übungstext aus einem Sprachlehrbuch aus Brasilien zusammen mit den angeführten Zuschreibungen von Defizienz einige Vermutungen rekonstruieren, die anzunehmen sind, wenn ein "hierarchisches" Verhältnis zwischen Kulturen behauptet wird. In dem Lehrbuch wird die Geschichte des kleinen Poti erzählt, der in Sichtweite einer Stadt im brasilianischen Urwald aufwächst. Die Bewohner der Stadt werden ihm als gefährlich und zu meidende Feinde geschildert. Er hat jedoch ein unstillbares Verlangen, dort zu leben, will seine Lebenswelt verlassen und in der Stadt arbeiten. Wenn Poti dies gelingt, wird er dort Freunde haben, er wird beweisen, dass ein friedliches Zusammenleben möglich ist und er wird "wahrscheinlich der glücklichste Indio des Urwalds sein", so absurd dies klingt, weil es ja erst zutrifft, wenn er den Urwald verlassen hat.

Der einfache Text lässt auf einige Annahmen schließen, die erlauben sollen, das vereinheitlichend als "hierarchisch" bezeichnete Verhältnis zwischen Gesellschaften oder Kulturen differenzierter zu sehen. Jede dieser Annahmen kann mit aufwertenden und in abwertenden Wertzuschreibungen formuliert werden. Ich nenne zunächst die aufwertenden Vermutungen, die im Regelfall der eigenen Kultur oder Tradition zugeschrieben werden. Es handelt sich um folgende:
Diese unterschiedlichen Vermutungen oder Annahmen, deren jeweils positiv bewerteter Version eine abwertende entspricht, sind in gewissen plausibel wirkenden Zusammenordnungen anzutreffen und nicht immer insgesamt leitend. Es gibt in der Wirkung dieser Annahmen Prozesse des Umschlagens.
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VO am 7.12.05: Menschenrechte und interkulturelle Ethik

"Die Menschenrechtsthematik hat nicht nur in der aktuellen Tagespolitik, sondern in den Politik-, Rechts- und Sozialwissenschaften sowie in der Philosophie Hochkonjunktur."  Wenn Göllers Feststellung stimmt, so sind nicht nur die Gründe und Anlässe für eine derartige Aktualität von Interesse, sondern – jedenfalls für die Philosophie – viel mehr noch die Frage, warum in diesem Bereich überhaupt noch argumentiert werden muss. Oder anders gefragt: Ob denn die Gültigkeit von Menschenrechten überhaupt oder doch die Gültigkeit bestimmter Grundrechte von Menschen erst noch zu begründen sei. Wir werden uns hier mit dieser theoretischen Frage von Begründungen zu befassen haben, es sind aber doch auch andere mit dem Thema zusammenhängende Fragestellungen zumindest anzudeuten, weil immer wieder im Zusammenhang mit Menschenrechten eben auch auf "kulturelle" Differenzen verwiesen wird.

Inkonsistenzen der Praxis

Die erste und zugleich die auffallendste Problematik betrifft praktische Inkonsistenzen und nicht solche der Theorie oder der Schwierigkeit von Begründungen. Sie ist im weitesten Sinn politischer Natur. Es geht beispielsweise darum, dass Einflussnahmen von staatlichen oder überstaatlichen Autoritäten auf andere Staaten oder politische Gebilde unter Berufung auf die Durchsetzung von Menschenrechten stattfinden. Solche Aktionen können verschiedener Art sein. Es kann sich um klassisch diplomatische Vorgangsweisen handeln, um wirtschaftliche Sanktionen oder auch um militärische Interventionen.
Eine Inkonsistenz der Praxis muss man etwa darin sehen, dass ein Staat, der nie das Recht auf freie Religionswahl für seine Bürger garantiert oder anerkannt hat, zu den aktivsten Stimmen zählt, die dieses Recht für BürgerInnen anderer Staaten einfordern und dessen Einschränkung kritisieren. Dieser Staat – gemeint ist der Vatikan – hat allerdings keine nennenswerten anderen Machtmittel als die Propaganda. Dennoch ist der Fall aufschlussreich: Der vermutlich einzige tatsächlich monokonfessionelle Staat weltweit – es ist anzunehmen, dass 100% der Einwohner römisch-katholisch sind , was mit keinem zweiten Staat und in keiner andern Religion oder Konfession zu vergleichen ist – beruft sich immer wieder auf bestimmte Grundrechte, ohne selbst solche anzuerkennen.
Aus einleuchtenden Gründen – wegen fehlender anderer als ideologischer Machtmittel und wegen eines verwandten Staatsverständnisses in Staaten, die sich mehr oder weniger als "theokratisch" verstehen – wird der Vorwurf der Inkonsistenz meist gegen andere Staaten gerichtet, die zwar "die" Menschenrechte anerkennen und deren Geltung bei einigen anderen Staaten einfordern, dies aber nicht in gleicher Weise überall, sondern abhängig von sonstigen Interessen tun. Gemeint sind amerikanische und europäische Industriestaaten, denen gegenüber der Vorwurf erhoben wird, dass sie "die Menschenrechte" lediglich als ideologisches Instrument bei Bedarf vorschützen. So schrieb etwa Mohammed Fayek, der Generalsekretär der Arabischen Organisation für Menschenrechte im Jahre 2001:

Streit gibt es … über die Universalität der Menschenrechte, darunter insbesondere auch über die damit im Zusammenhang stehende Möglichkeit der Intervention in die inneren Angelegenheiten eines Staates. Den arabischen Regierungen ist natürlich nicht entgangen, wie die Menschenrechte seinerzeit dazu benutzt worden sind, um die Sowjetunion und die osteuropäischen Staaten zu unterlaufen. Einige arabische Regierungen haben nicht zuletzt wegen dieser Doppelzüngigkeit von einem Beitritt zu den internationalen Abkommen, vor allem bezüglich der Menschenrechte, Abstand genommen.

Das angesprochene Misstrauen beschränkt sich bekanntlich nicht auf arabische oder auf Länder mit islamischer Mehrheitsbevölkerung, sondern wird ebenso mit Bezug auf "konfuzianische" oder allgemeiner "asiatische" Werte diskutiert und die Literatur dazu ist riesig. Es ist für eine interkulturelle Ethik von zentraler Bedeutung.
Nehmen wir – ganz unrealistisch – einmal an, das Recht eines Staats auf die vorhin angedeutete "humanitäre Intervention" zum Schutz der Menschenrechte der BürgerInnen anderer Staaten bestünde allseits und in gleicher Weise für alle Staaten. Nehmen wir weiter an, die in der Allgemeinen Erklärung von 1948 und in späteren UNO-Konferenzen deklarierten Rechte würden alle ein derartiges Interventionsrecht begründen. Wäre es dann nicht folgerichtig gewesen, wenn die Länder des Warschauer Pakts vor 1989 eine Intervention in Westeuropa zur Durchsetzung des allgemeinen Menschenrechts auf Arbeit  zu rechtfertigen versucht hätten? Oder wenn eine militärische Intervention zur Ausschaltung großer Medienkonzerne in den Industriestaaten unter Berufung auf das Recht auf eigenständige kulturelle Entwicklung erfolgte, das durch diese Konzerne bedroht sei?
Derartige Fragen mögen als vollkommen naiv und weltfremd abgetan werden. Wenn wir uns die philosophische Problematik klar machen wollen, so sind sie doch überlegenswert, weil damit gewohnte Selbstverständlichkeiten fraglich werden, die nur scheinbar keiner Begründung bedürfen.

Inkonsistenzen der Theorie

Eine zweite, in der medialen Öffentlichkeit weniger stark wahrgenommene Problematik ist juridischer Art. Hierbei geht es um Fragen der völkerrechtlich und staatsrechtlich verbindlichen Anerkennung von vorpositiven Rechten, um deren Ratifizierung und um ihre Konkretisierung in den jeweils staatlich positiv geregelten Rechtssystemen. In dieser Hinsicht fällt auf, dass nicht nur einzelne innerstaatliche Regelungen, die deklarierte Grundrechte betreffen, weltweit stark differieren, sondern dass auch die internationalen Deklarationen untereinander in wichtigen Punkten verschieden sind.
Im Zusammenhang mit politischen Maßnahmen zur Durchsetzung von Menschenrechten werden häufig staatliche oder andere Interessen eine Rolle spielen, die dieses Motiv der Menschenrechte lediglich als scheinbar unwidersprechbar vorschieben. Dann handelt es sich um die Instrumentalisierung einer Idee, von der behauptet wird, sie sei allgemein einsichtig. Wenn sie dies ist, und wenn diese Idee unaufgebbare Werte und Rechte zum Ausdruck bringt, so scheint auch deren Instrumentalisierung vollkommen berechtigt. Denn: Welche Ziele sonst auch immer noch verfolgt werden, so scheint doch die Durchsetzung einer Norm, die zugleich unbedingt, allgemein gültig und vernunftgemäß einsichtig ist, jedenfalls gerechtfertigt. Fraglich ist, ob all dies erfüllt ist.
Es ist nicht eine Frage der Philosophie, sondern der Geschichts- und Politikwissenschaft, ob es unter den Bedingungen der menschlichen Sozialnatur jemals denkbar ist, dass vollkommen allseitige, rein vernünftige und nicht von Sonderinteressen geleitete Einflussmaßnahmen von Menschen auf andere Menschen Wirklichkeit werden. Wessen Einflussnahme Erfolg haben soll, muss die reale Macht haben, die eigenen Vorstellungen gegen Widerstand durchzusetzen. Überlegenheit an Macht ist nicht automatisch mit einer Überlegenheit an Einsicht und Weisheit verbunden.
Es besteht darum zu Recht der Verdacht, dass die Idee von Menschenrechten in der politischen Realität Teil einer Ideologie ist, die Sonderinteressen bestimmter Staaten oder anderer gesellschaftlicher Gebilde dient. Jede Idee kann Teil einer solchen Ideologie werden und hier müssen wir uns nur klar machen, warum und in welcher Hinsicht das bei dieser Idee der Fall sein kann.
Regionaler Ursprung versus universale Geltung
Es gibt hinsichtlich der Idee von Menschenrechten religiös und kulturell geprägte, aber auch innerhalb einzelner Religionen und kultureller Traditionen differente Auffassungen. Die Fragen, worin diese Differenzen bestehen, welcher Art die Gegensätze sind, wie sie jeweils begründbar und gegeneinander kritisierbar sind, können nicht gleichgültig sein, wenn so etwas wie ein "globales Ethos"  bedacht werden soll.
Das häufigste Bedenken gegen eine universale Geltung menschenrechtlicher Normen liegt wohl in dem Hinweis auf den Umstand, dass solche Normen zuerst in der okzidentalen Geschichte formuliert und deklariert wurden und dass sie überdies nur mit einer Konzeption des Menschen begründbar seien, die ausschließlich in dieser okzidentalen Tradition, hier aber in sehr prägender Weise wirksam war und ist. Daraus wird gefolgert, dass bestimmte oder sogar alle Menschenrechtsnormen auch nur für Menschen gefordert werden und Gültigkeit haben können, die sich in dieser bestimmten Weise selbst verstehen.
Somit haben wir es mit mehreren Thesen oder Behauptungen zu tun:

Gibt es Menschenrechtsideen nur in okzidentaler Tradition?

Die erste These betrifft zunächst nur eine rechtshistorische Frage und scheint leicht zu beantworten. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die staats- und völkerrechtliche Kodifizierung von Menschenrechten primär ein Teil der okzidentalen Rechts- und Geistesgeschichte ist. Die staatlichen Deklarationen von 1776 und von 1789, in der Virginia Bill of Rights und in der Déclaration des droits de l’homme et du citoyen, haben keine Vorläufer gleicher Art anderswo. Die Allgemeine Erklärung der UNO von 1948 war vorwiegend (wir werden dazu noch eine wichtige Einschränkung machen müssen) von okzidentalen Diskursen bestimmt – die sich allerdings teilweise widersprachen. Andere Deklarationen – wie die Kairoer Deklaration u.a. – stehen im Gefolge davon oder haben keinen vergleichbaren Rechtsanspruch universell formuliert. Selbst der erst vor wenigen Jahren vorgebrachte Vorschlag, allgemeine Menschenpflichten in ähnlicher Weise zu kodifizieren, hatte großteils okzidentale Proponenten. 
Ist darum die Frage hinfällig, ob andere, nicht-okzidentale Traditionen Ideen entwickelt haben, die in ihrer Intention und ihrem Anspruch genau diesem entsprechen, die aber vielleicht in einigen inhaltlichen Aspekten unterschiedlich dazu sind? Mit anderen Worten: Ist es überflüssig, in geistigen Traditionen Afrikas, Asiens oder im präkolumbianischen Amerika Ideen nachzugehen, die wesentliche Begriffsmerkmale mit den Menschenrechtsideen gemeinsam haben und ebenfalls Grundrechte betreffen? Wir sollten diese Frage nicht schon aus dem Grund verwerfen, weil es wahrscheinlich ist, dass nicht genau dieselben, d.h. alle diese und nur diese Normenvorstellungen wie in der okzidentalen Tradition zu erwarten sind.
Lassen wir einmal außer Betracht, dass die so genannten Menschenrechte der "zweiten Generation", also die in der "Allgemeinen Erklärung" deklarierten Sozialrechte (Recht auf Arbeit, auf Bildung, auf medizinische Versorgung usw.) in der früheren Menschheitsgeschichte faktisch meist implizit anerkannt gewesen sein dürften, ohne dass sie als Rechte deklariert wurden, dass sie somit historisch wahrscheinlich die "erste Generation" darstellen, und fragen wir uns nur, ob das Bewusstsein davon, dass Individuen in bestimmten Verhaltensformen und Äußerungsweisen nicht behindert werden dürfen, irgend wo in vormodernen Gesellschaften formuliert worden ist.
Bei dieser Frage ist gewiss der Hinweis auf die Deklarationen Ashokas angebracht. Dieser buddhistische Beherrscher eines Großreiches auf dem indischen Subkontinent ließ an den Grenzen seines Reiches nach altem Vorbild Inschriften auf Felswänden und Grenzsäulen anbringen, in denen die Grundsätze formuliert waren, die hinter diesen Grenzen gelten sollten. Eines dieser Gesetze, zu dessen Durchsetzung eigene Beamte eingesetzt wurden, betraf das Verbot religiöser Intoleranz.
Bekannt sind auch die im Koran formulierten Gebote, wonach die "Menschen des Buches" in ihren religiösen Überzeugungen und Gebräuchen toleriert werden müssen. Wenngleich dies sich ausdrücklich nur auf Religionen bezog, die wie der Islam auf Abraham zurück geführt wurden – auf Juden, Christen und Sabäer –, so war in verschiedenen Phasen der islamischen Geschichte damit doch eine realpolitisch erweiterbare Idee gegeben. Nicht nur die Geschichte des islamischen Andalusien ist hier einschlägig, sondern auch diejenige Indiens. Es ist eine wichtige Aufgabe philosophiehistorischer Arbeit in interkultureller Orientierung, solche Traditionen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Dennoch ist festzuhalten, dass auch solche Fälle von Religionstoleranz noch nicht gleichbedeutend sind mit einem uneingeschränkten Menschenrecht auf "Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit" wie es die UNO-Erklärung in Art. 18 formuliert hat. Menschenrechte in diesem Sinn sind als Idee tatsächlich eine bürgerlich-neuzeitliche Errungenschaft und treten auch in Europa an die Stelle von zugestandenen – oder vorenthaltenen – Sonderrechten.
Wir haben es aber nicht nur mit bestimmten Artikeln zu tun, sondern mit der allgemeinen These, die Idee von Menschenrechten sei überhaupt ein regionales, ein okzidentales Phänomen. Dem ist, zumindest historisch, nicht so, auch wenn in vielen Darstellungen die Vorgeschichte dieses Konzepts lediglich auf Ereignisse und Traditionen Europas – die Stoa, die Magna Charta usw. – bezogen wird.  Es ist lohnend, sich in dieser Hinsicht die Geschichte der Formulierung des ersten Artikels der UNO-Erklärung in Erinnerung zu rufen. Der Artikel lautet:

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.

Freiheit, Gleichheit, Würde, Vernunft, Gewissen – der "moralphilosophische Überschuss des ersten Artikels scheint dermaßen eurozentrisch, dass sein normativer Anspruch auf transkulturelle Geltung keinerlei Erfolg verspricht", schreibt Thaler.  Tatsächlich scheint aber der Wortlaut in einem wesentlichen Sinn nicht nur auf das chinesische Mitglied des Komitees zurückzugehen, das die Redaktion durchführte, sondern auf Gedankengänge eines der bedeutendsten konfuzianischen Denker des chinesischen Altertums, nämlich auf Mencius. Der erste Entwurf des Textes hatte noch nicht vom "Gewissen" als einer Wesensbestimmung des Menschen gesprochen, was erst P.C. Chang einmahnte, der sich von einem "anthropologischen Grundmotiv" leiten ließ, "dessen Ursprünge in die konfuzianische Philosophie zurück reichen: Der Mensch kann demnach vor allem durch sein Vermögen, Mitgefühl (ren) zu empfinden, charakterisiert werden."
Mit einem solchen Hinweis ist natürlich nicht gesagt, dass "der" Konfuzianismus oder gar "die" chinesische Philosophie zu den modernen Menschenrechtsideen geführt hätten. Aber es ist eine Warnung ausgesprochen gegenüber der verbreiteten Annahme, sie seien damit schlicht unverträglich.   Der Abschied von holistischen Zuschreibungen eröffnet erst mögliche Argumentation. Paul führt in seinem Bericht über das Projekt "Menschenrechte – Philosophische Idee und Begründung in interkultureller Sicht"  die methodologischen Regeln auf, die interkulturelle Philosophie und insbesondere auch Ethik zu beachten hat. Eine der wichtigsten darunter scheint mir zu sein, bloße Berufung auf Tradition ebenso zu vermeiden wie "ethno- und kulturzentrische Argumente."
Sind Menschenrechtsnormen nur mit einer bestimmten Idee vom Menschen verträglich, die ausschließlich okzidental ist?
Die zweite These, aus der eine Kritik an universeller Gültigkeit von Menschenrechten scheinbar gerechtfertigt ist, besagt, dass diese Normvorstellungen lediglich mit einer bestimmten Idee des Menschen verträglich, mit anderen Auffassungen vom Menschen jedoch unverträglich seien. Was ist diese okzidentale Idee vom Menschen?
Mouffe hat unter Berufung auf Panikkar von einem wohlbekannten Set von Aussagen gesprochen, welche alle für okzidentales Denken kennzeichnend seien und die Grundlage für die Idee der Menschenrechte bildeten. Dies sei (a) die Idee, dass es eine universelle menschliche Natur gebe, die mit rationalen Mitteln erkennbar sei; (b) dass die menschliche Natur wesentlich verschieden und höher stehend sei als die gesamte übrige Wirklichkeit; dass (c) das Individuum eine absolute und irreduzible Würde habe, die gegen die Gesellschaft und den Staat verteidigt werden müsse; dass (d) die Autonomie des Individuum die Organisation der Gesellschaft in einer nicht-hierachischen Weise als Summe freier Individuen erfordere.
Hier ergeben sich zwei Fragen: Ob es stimmt, dass alle diese Aussagen "distinctively western" sind, ist die erste. Die zweite Frage ist damit nicht notwendig verbunden: Ob nur mit einer solchen Auffassung vom Menschen die Idee von allgemeinen Menschenrechten verbunden sein kann.

ad a) Philosophie, die sich nicht allein auf okzidentale Traditionen bezieht, wird in der ersten Frage einige skeptische Anmerkungen machen müssen. Sowohl konfuzianische als auch islamische Philosophen können durchaus der Auffassung zustimmen, dass es eine universale Menschennatur gibt, die mit rationalen Mitteln erkannt werden kann.
ad b) Ebenso könnten einige von ihnen der zweiten These zustimmen, dass die menschliche Natur wesentlich über allen anderen Dingen und Lebewesen stehe.
Freilich wird man daraus wieder nicht folgern dürfen, dass diese Auffassungen in der "chinesischen" Philosophie unbestritten wären. Dem würden zentrale Aussagen des frühen Daoismus widersprechen.  Es wäre somit keine "östliche" Idee in einem ohnedies fragwürdigen, generalisierenden Sinn, aber sie ist doch auch nicht nur "westlich".
ad c) Auch die dritte der genannten Auffassungen, die den Anhaltspunkt für eine der meist diskutierten Fragen hinsichtlich der Individualrechte bildet, ist nicht so einfach nur dem Okzident zuzuschreiben. Die simple Frage, wem im Konfliktfall zwischen "Staat" und "Einzelnem" der Vorrang gebührt – manchmal wird die ganze Thematik tatsächlich auf dieses Verhältnis reduziert  – müsste zumindest zur Kenntnis nehmen: "Insbesondere ‚chinesische Ethiken‘ formulieren emphatisch Konzepte individueller moralischer Autonomie."
ad d) Somit bleibt uns vielleicht die vierte Idee als eine, die rein okzidental verwurzelt sei: die Idee des Menschen als eines autonomen Subjekts, aus der eine bestimmte, nämlich eine nicht hierarchische Ordnung der Gesellschaft und des Staates sich zwingend ergebe.
Ist die herrschende okzidentale Idee vom Menschen die von einem autonomen Subjekt?

Die dritte These besagt, dass die Vorstellung von einem autonomen Subjekt, das mit dem Individuum vollkommen zusammenfällt, die leitende oder sogar die ausschließliche Vorstellung des okzidentalen Menschen von sich selbst ist. Autonom ist, wer oder was sich selbst das Gesetz seines Handelns gibt. Bis Kant diese Forderung und Zumutung an den Einzelmenschen richtete, wurde als Subjekt von Autonomie nur der Souverän, nach heutigem Verständnis der Staat gesehen. Das autonome Subjekt, wie Kant es sieht, kann dies nur sein, weil und insofern ihm die Vernunft hinreicht, um sich "im Denken zu orientieren" und nicht an Belohnungen oder Bestrafungen, nicht auf Grund von Hoffnungen oder Ängsten, nicht an Vorbildern oder gegen diese.
Die Idee, wonach der individuelle Mensch das autonome Subjekt in allen Dingen sei, ist wohl nur auf dem Hintergrund einer bestimmten Ausprägung des Christentums verständlich, in dessen Sicht der Einzelmensch, das Individuum eine besondere Stellung hat. Keinerlei Seelenwanderungslehre mindert die Einmaligkeit des christlichen Menschen und jede/r Einzelne wird ausschließlich nach ihren oder seinen Taten und Untaten gerichtet. Auch wenn dieser Hinweis auf den christlichen Hintergrund nicht besagt, dass die moderne Idee der Menschenrechte direkt aus dem Christentum erwachsen wäre – das ist sie gerade nicht –, liegt darin doch eine wichtige Wurzel. Andere Religionen haben den Hintergrund für andere Menschenbilder abgegeben, es gibt keine universelle Gleichheit darin.
Verschiedene Bedingtheiten der Vernunft und des Subjekts sind jedoch durchaus auch Teil des okzidentalen Selbstverständnisses. Ich erwähne nur einige: Dass Autonomie eine Illusion und das Subjekt tot sei, lehrte der Strukturalismus und Freud hatte erkannt: "Das Ich ist nicht Herr im eigenen Haus." Marx hatte von dem Maulwurf gesprochen, der unsichtbar unterirdisch wühlt und dem "sich mannigfach gebärdenden phänomenologischen Bewußtsein des Subjekts" seine Möglichkeiten vorgibt und Hegel spricht von "übernächtigen Ephemeren", die der "Geist" zu seinen Zwecken gebraucht: "er hat Nationen und Individuen genug zu dispensieren". Das sind nicht Bilder, in denen Autonomie des Subjekts sich ausdrückt. Auch bei Philosophen wie Feuerbach, Buber oder Merleau-Ponty suchen wir das autonome Subjekt vergeblich.
Und schließlich bedeutet auch für das europäische Christentum in seiner Gesamtheit die Einmaligkeit und Unverwechselbarkeit des Individuums nicht einfach Autonomie.

Sind regional entwickelte Normen universalisierbar?

Gemäß der vierten These ist das Konzept vom Menschen als von einem individuellen autonomen Subjekt nicht nur nicht universell entwickelt, es ist auch nicht universalisierbar, weswegen es keine Norm gibt, die darauf beruht und die für alle Menschen verbindlich wäre. Den ersten Teil der These werden wir ohne große Bedenken zugestehen können: Diese Idee ist auch im Okzident keineswegs allgemein überzeugend geworden.
Die These besagt aber eben auch, dass dieses oder ein anderes Menschenbild auch nicht universalisierbar ist, indem es etwa von seinem religiösen oder sonstigen regionalen Hintergrund gelöst und als vernunftgemäß für alle Menschen aufgewiesen würde. Diese Möglichkeit wird in separativ-zentristischer Weise bestritten, indem angenommen wird, dass die in bestimmten Gesellschaften oder Traditionen  entwickelten Auffassungen und Ideen auch nur für Angehörige dieser Gesellschaften oder nur innerhalb einer bestimmten kulturellen Tradition Gültigkeit haben könnten. Wer so argumentiert, zieht sich in allerdings auf eine separatistische Ethnophilosophie zurück, indem bereits die Möglichkeit von Argumentation verneint wird.
Philosophie ist mit Traditionalismus und Dogmatismus zwar ständig konfrontiert, aber sie muss sich nach ihren eigenen Möglichkeiten fragen. Diese liegen in Argumentation und in vielseitiger, polylogischer Auseinandersetzung.
Es ist kaum verwunderlich, wenn dogmatische Anhänger einer Religion eine separatistische Position beziehen. Jedoch gibt es auch bei religiösen Menschen unterschiedliche Grade der Überzeugung von einer exklusiven Gültigkeit ihrer Ansichten. Ich will drei davon aus der islamischen Tradition anführen.

a) Eine Gesprächsverweigerung könnte sich etwa folgendermaßen ausdrücken:

Die Bezugnahme auf andere Quellen als die des Islam und somit auch auf andere Kulturen, die sich in ihrer Grundlage, Zielsetzung und Vorstellung vom Leben grundsätzlich von der islamischen Kultur unterscheiden, ist unter keinen Umständen erlaubt.
Demgegenüber dürften, wenn die Formulierung ernstzunehmen ist, wohl keinerlei Argumentationen erfolgversprechend sein. Doch hat die Philosophie eben keine heiligen Bücher und darf darum die "Bezugnahme auf andere Quellen" nicht nur nicht ausschließen, muss sie vielmehr suchen. Das gilt für alle Seiten. Es gilt auch für westliche Menschenrechtsdiskurse, dass sie das Gespräch verweigern, wenn sie "andere Quellen" als diejenigen der eigenen Tradition nicht zur Kenntnis nehmen.

b) Was das praktisch bedeutet, können wir uns an dem auf den ersten Blick nur anstößig wirkenden Versuch einer Selbstimmunisierung im Schlussartikel der Kairoer Deklaration der Menschenrechte im Islam  verdeutlichen. Art. 25 dieser Deklaration lautet:

"The Islamic Shari'ah is the only source of reference for the explanation or clarification of any of the articles of this Declaration."

Er scheint eine entscheidende Schwierigkeit für jede Art von Auseinandersetzung darzustellen, nämlich dann, wenn damit der Anspruch erhoben wird, dass nur islamische Gelehrte überhaupt zu Wort kommen können. Es könnte allerdings auch die Aufforderung darin enthalten sein, sich in der Weise auf den Diskurs einzulassen, dass der geistige Hintergrund der Deklaration, also die Shar’ia, jedenfalls als Bezugsrahmen allen denjenigen vertraut sein muss, die über einen darin enthaltenen Artikel diskutieren wollen. Dies ist eine durchaus legitime Forderung, die allerdings, wenn sie erfüllt ist, auch anerkannt werden muss. Eine für philosophische Zugangsweisen unerträgliche Immunisierung läge dann darin, wenn über gründliche Vertrautheit mit der Shar’ia hinaus auch noch deren fraglose Akzeptanz gefordert wäre. Aber das sollte nicht zwingend angenommen werden. Und es sollte unter Philosophen auch nicht zugestanden werden.
In Menschenrechtsfragen dürfte auf Dauer ein Verhalten ohnedies nicht möglich sein, das Larson im Zusammenhang mit komparativer Philosophie oft konstatieren zu müssen glaubt: Eine "misplaced civility" dergestalt, dass "a remarkable cordiality across cultural lines" vorherrsche, ein Aussetzen von gegenseitiger Kritik also, was dann natürlich nicht einen Dialog oder Polylog, sondern ein Nicht-ernst-Nehmen der jeweils Anderen bedeutet.  Hierin liegt auch eine Grenzlinie zwischen "vergleichender" Philosophie und einem Philosophieren in interkultureller Orientierung: Dass erstere unter Umständen das Vergleichen um des Vergleichens willen und ohne philosophisch-systematische Absicht betreiben kann.

c) Ein drittes Beispiel, von einem shiitischen Autor genommen, kann illustrieren, dass auch in menschenrechtlichen Fragen ganz schlicht bestreitbare Argumente vorgebracht werden. Im Zusammenhang mit der Ungleichstellung von Männern und Frauen in Bezug auf das Scheidungsrecht schreibt Musawi Lari:
Weil das Ziel des Islam feste Ehen sind, werden im Interesse dieser Zielsetzung bestimmte Freiheiten ausgeschlossen. Außer in ganz außergewöhnlichen Fällen erhält der Mann allein das Scheidungsrecht. Das geschieht, um die wohlverstandenen Interessen der Frau zu schützen und sie davor zu bewahren Opfer ihrer Leidenschaft zu werden. […] In Anbetracht der geistigen Anfälligkeit der Frau wird ihr nicht die Vollmacht gewährt, ein gemeinsames Leben zu beenden.
Und er gibt die Begründung: "Bei Entscheidungen der Männer hat der Kopf Vorrang, bei der Frau das Herz."
Diese Begründung ist, wie immer die Sache selbst gesehen werden mag, nicht ein dogmatisch-religiöses Argument, sondern eine Tatsachenbehauptung und somit überprüfbar. Sie rechtfertigt sich zwar aus einer bestimmten Tradition, aber das macht sie an sich weder richtig noch falsch. "Keine Tradition", schreibt Paul, "kann aufgrund ihrer selbst bzw. aufgrund traditionseigener Merkmale etc. gerechtfertigt werden." 
Jede Tradition, so ist hinzu zu fügen, ist jedoch ernst zu nehmen in dem Sinn, dass sie kritischer Prüfung ausgesetzt und nicht einfach abgelehnt wird. Der Weg zum Aufweis universeller Gültigkeit auch von Menschenrechten führt über Dialoge oder Polyloge und hat daher eigentlich nur eine Voraussetzung – dass Menschen einander als Argumentierende ernst nehmen.

Zitierte Literatur:
de Bary, Theodore Wm. (1998): Introduction, in: de Bary, Theodore Wm./Weiming, Tu (Hg.), Confucianism and Human Rights, New York, S. 1-26
Fayek, Mohammed (2001): Die Menschenrechte im Zeitalter der Globalisierung. Eine arabische Sicht. Im Internet: http://www.ibn-rushd.org/Deutsch/FAYEK-germ.htm [Abruf: 1. Juni 2003]
Göller, Thomas (2003): Menschenrechte und Interkulturalität. In: Wierlacher, Alois und Andrea Bogner (Hg.): Handbuch interkulturelle Germanistik. Stuttgart: Metzler. S. 126-132
Kim, Yersu (1997-99): The Unesco Universal Ethics Project. (Mehrere Reports) Paris: UNESCO
Larson, Gerald J. (1989): Introduction: The ‘age-old distinction between the same and the other’. In: Larson, Gerald J. und Eliot Deutsch (Hg.): Interpreting across boundaries. New essays in comparative philosophy. Delhi: Motilal Banarsidass, S. 3-18
Levinson, David und Melvin Ember (Hg.): Encyclopedia of Cultural Anthropology New York 1996, Artikel: Human Rights and Advocacy Anthropology
Mall, Ram Adhar (2003): Zur Theorie und Praxis der Toleranz. Eine interkulturelle und interreligiöse Perspektive. Frankfurt/M.: Lembeck
Mouffe, Chantal (2003): Democratic Values, Human Rights and Pluralism (unveröff. Vortragstext der Konferenz Diversity, Justice, and Democracy, Wien)
Musawi Lari, Sayid Mujtaba (ca.1977): Westliche Zivilisation und Islam. Muslimische Kritik und Selbstkritik. Qom: Musavi Lari Foundation of Islamic C.P.W.
Panikkar, Raimundo (1982): Is the notion of Human Rights a Western Concept?, In: Diogenes 120
Paul, Gregor (2001): Philosophie der Menschenrechte. Ergebnisse eines Projekts. polylog. Forum für interkulturelles Philosophieren 2 (2001), 1-19. Im Internet: http://agd.polylog.org/3/ppg-de.htm
Rao, Srinivasa (1997): Comparative metaphysics: means or end. In: Smart, Ninian (Hg.): East-West encounters in philosophy and religion. London. S. 292-299
Redaktion (1998): Islam oder Menschenrechte. In: explizit. Das politische Magazin für ein islamisches Bewusstsein, Bd. 6, Nr. 21
Thaler, Mathias (2002): Antworten auf den Kulturrelativismus. Eine philosophische Untersuchung aktueller Debatten zur Universalität der Menschenrechte. Wien: Diplomarbeit
Twiss, Sumner B. (1998): A Constructive Framework for Discussing Confucianism and Human Rights, in: de Bary, Theodore Wm./Weiming, Tu (Hg.), Confucianism and Human Rights, New York, S. 27-53


Diskussionsthema Toleranz:

In der Diskussion zu dieser Vorlesung wurde insbesondere das Thema "Toleranz" thematisiert. Dazu verweise ich auf die Beiträge in den "IWK-Mitteilungen" zum Thema "Toleranz - Minderheiten - Dialog" (1999). Im Internet:
Heft 1: http://sammelpunkt.philo.at:8080/archive/00001109/ Hier insbesondere zur Geschichte der Toleranzedikte der Beitrag von Ernst Wangermann.
Heft 2: http://sammelpunkt.philo.at:8080/archive/00001117/


Zur Einstiegsseite der Vorlesung.


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