Sternbau


Franz Embacher

Fakultät für Physik der Universität Wien

 
Sphärisch symmetrische Verteilung eines ideales Gases unter dem Einfluss seiner (nichtrelativistisch behandelten) Eigengravitation. Der Radius ist $R$, die Masse $M$. Dichte, Druck und Temperatur sind radialsymmetrisch. Für $r \leq R$ ist die Masse innerhalb von $r$ durch $${\cal M}(r)=4\pi\int_0^r dr'\,r'^2\rho(r')$$ (mit ${\cal M}(R)=M$) und die Gravitationsfeldstärke bei $r$ durch $$F(r)=-{G{\cal M}(r)\over r^2}=-V{\,\,}'(r)$$ ($V=$ das bis auf eine additive Konstante bestimmte Gravitationspotential) gegeben. Die Druckänderung pro $dr$ ist gleich $$p'(r)=-{G\rho(r)\over r^2}{\cal M}(r)\equiv -{4\pi G\rho(r)\over r^2}\int_0^r dr'\,r'^2\rho(r')$$ mit $p(R)=0$. Das ist äquivalent zur Differentialgleichung $${d\over dr}\left({r^2\over\rho(r)}{dp(r)\over dr}\right)=-4\pi G r^2\rho(r)$$ mit den Randbedingungen $p(R)=0$ und $p'(0)=0$. Wird angenommen, dass das ideale Gas aus Teilchen der Masse $m$ besteht, und wird der Strahlungsdruck vernachlässigt, so gilt die ideale Gasgleichung in der Form $${p(r)\over\rho(r)}={k\,T(r)\over m}\,\sf{\small.}$$ Jedes Teilchen besitzt zwischen zwei Stößen eine konstante Gesamtenergie $$E_{\sf kin}+mV(r)=E\sf{\small.}$$ Bei Auf- oder Abstieg im Gravitationsfeld ändert sich die kinetische Energie daher um $dE_{\sf kin}=-mdV(r)$. Mit $\langle E_{\sf kin}\rangle={3\over 2}kT$ folgt $$T{\,\,}'(r)=-{2m\over 3k}V{\,\,}'(r)= {2m\over 3k}F(r)=-{2m\over 3k}{G{\cal M}(r)\over r^2} \equiv -{2m\over 3k}{2\pi G\over r^2}\int_0^r dr'\,r'^2\rho(r')\sf{\small.}$$ (Das ist eine etwas vereinfachte Sichtweise, da der tatsächliche Temperaturverlauf in einem Stern durch die ortsabhängige Energiefreisetzung mitbestimmt wird – die Kernfusion findet vor allem in einem inneren Kern statt, der in der Sonne gerade einmal bis zu einem Viertel des Radius reicht, s. d.). Aus den bisherigen Beziehungen folgt $$p'(r)={3k\over 2m}\rho(r)T{\,\,}'(r)$$ und, mit der idealen Gasgleichung, $${p'(r)\over p(r)}={3\over 2}{T{\,\,}'(r)\over T(r)}\,\sf{\small,}$$ woraus folgt $$T(r)=T_0 \left(p(r)\over p_0\right)^{2/3}\,\sf{\small,}$$ wobei $p_0$ und $T_0$ Druck und Temperatur im Mittelpunkt bezeichnen. Weiters folgt mit der idealen Gasgleichung (und ${p_0\over\rho_0}={k\over m}T_0$) $$p(r)=p_0 \left(\rho(r)\over \rho_0\right)^3\sf{\small.}$$ Es folgen die Proportionalitäten:

$T(r)\sim p(r)^{2/3}\sim \rho(r)^2$

(wobei die Proportionalitätskonstanten noch die unbestimmten Parameter $T_0$, $p_0$ und $\rho_0$ enthalten). An der Oberfläche gilt $p(R)=\rho(R)=T(R)=0$. Die obige Differentialgleichung wird zu $${d\over dr}\left(r^2 \rho(r){d\rho(r)\over dr}\right)=-{4\pi G\over 3}{\rho_0^3\over p_0}\,r^2\rho(r)$$ oder $${1\over r^2}{d\over dr}\left(r^2{d\over dr}\rho(r)^2\right)=-{2\pi G\over 3}{\rho_0^3\over p_0}\,\rho(r)\sf{\small,}$$ was gleichbedeutend mit $$ \bigtriangleup \rho(r)^2=-{2\pi G\over 3}{\rho_0^3\over p_0}\,\rho(r)$$ ist. Mit $$\xi=r\sqrt{{2\pi G\over 3}{\rho_0^2\over p_0}}$$ und $\rho(r)=\rho_0 f(\xi)$, woraus $f(0)=1$ folgt, wird das zu $${1\over \xi^2}{d\over d\xi}\left(\xi^2{d\over dr}f(\xi)^2\right)=-\,f(\xi)\sf{\small.}$$ Da zudem $f{\,}'(0)=0$ gilt (Differenzierbarkeit!), ist damit eine eindeutige Lösung $f$ festgelegt. Näherungsweise ist sie durch $$f(\xi)\approx 1-{\xi^2\over 4}$$ gegeben. Hier zum Vergleich die Graphen von $f(\xi)$ (rot) und $1-{\xi^2\over 4}$ (blau):


Es gilt also näherungsweise $$\rho(r)\approx \rho_0\left(1-{\pi G\over 6}{\rho_0^2\over p_0}\,r^2\right)= \rho_0\left(1-{\pi Gm\over 6k}{\rho_0\over T_0}\,r^2\right)\sf{\small.}$$ Der Sternradius ist daher ungefähr gleich $$R\approx \sqrt{{6 p_0\over \pi G\rho_0^2}}=\sqrt{{6kT_0\over \pi G m \rho_0}}\,\sf{\small.}$$ Die Sternmasse ist ungefähr gleich $$M\approx 4\pi\rho_0\int_0^R dr\,r^2 \left(1-{\pi G\over 6}{\rho_0^2\over p_0}\,r^2\right)={4\pi\over 3}\rho_0 R^3- {2G\pi^2\over 15}{\rho_0^3\over p_0}R^5={8\pi\over 15}\rho_0 R^3\sf{\small.}$$ Bei der Berechnung von $R$ aus der Dichte muss also im Vergleich zur naiven Berechnung, in der die Dichte als konstant behandelt wird, ${8\pi\over 15}\approx 1.7$ statt ${4\pi\over 3}\approx 4.2$ als Vorfaktor verwendet werden. Die obige Gleichung für $R$, mit $\rho_0$ eliminiert, wird zu $$R\approx {5GMm\over 16 k T_0}\sim {1\over T_0}\,\sf{\small.}$$ Also auch hier: Wächst $T_0$, so schrumpft $R$ ! Es folgt weiters $$p_0\approx {75GM^2\over 128\pi R^4}\approx {1536 k^4T_0^4\over 25\pi G^3m^4M^2}\,\sf{\small.}$$ Zuletzt eine Konsistenzüberlegung: Wie gravierend ist die Vernachlässigung des Strahlungsdrucks (s.a. d.)? Er beträgt $$p_{\sf rad}={1\over 3}a T^4={1\over 3}\rho_{\sf rad} c^2$$ mit $a={4\sigma\over c}=7.566\cdot 10^{-16}\,{\rm J\,m}^{-3}{\rm K}^{-4}$. Der Vergleich mit dem Gasdruck im Zentrum (mit $m\approx 0.8u\approx 1.3\cdot 10^{-27}\,{\rm kg}$, das entspricht dem mittleren Wert für die Sonne) liefert $${p_{\sf rad}\over p_0}\approx{25\pi a G^3m^4M^2\over 4608k^4}\approx\left(M\over 30M_\odot\right)^2\,\sf{\small,}$$ d.h. im Sonneninneren dominiert bei weitem der Gasdruck. Nur in wesentlich massereicheren Sternen als der Sonne dominiert der Strahlungsdruck.


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