Uhren und Zeiten im Gravitationsfeld

Beschreibung und Aufgaben

Diese Animation dient dazu, die Aussage der Allgemeinen Relativitätstheorie "Uhren gehen in der Nähe massiver Körper langsamer" zu diskutieren und zu lernen, was sie für Beobachtungen und Messungen eigentlich bedeutet. Dabei wollen wir Schritt für Schritt vorgehen:
  1. Nach dem Starten (oder nachdem der Button Reset gedrückt wurde) zeigt die Animation zwei Bereiche: Links ein massiver Himmelskörper, sagen wir ein Neutronenstern, in dessen Nähe ein starkes Gravitationsfeld herrscht, und rechts ein Bereich, der weit weg von jeder nennenswerten Masse ist, und in dem daher auch kein nennenswertes Gravitationsfeld gespürt wird.
     
  2. Im rechten, weit entfernten Bereich ist eine Uhr aufgestellt (Uhr A). Es ist eine gewöhnliche Uhr, die die Zeit in Stunden, Minuten und Sekunden anzeigt (der Einfachheit halber ist nur der Stundenzeiger dargestellt), und sie befindet sich relativ zum Stern in Ruhe.
     
  3. Nun machen wir eine Expedition in die Nähe des Neutronensterns, d.h. in den linken Bereich. Dort angekommen, nehmen wir eine relativ zum Stern (und relativ zur zurückgelassenen Uhr A) ruhende Position ein. (Dabei ist es egal, ob wir uns vorstellen, auf der Oberfläche des Sterns zu stehen, oder uns mit unserem Raumschiff in einer gewissen Entfernung in eine solche Position einzuparken).
     
  4. Nun haben wir eine Uhr (Uhr B) mit auf die Reise genommen. Klicke auf den Button Uhr im Gravitationsfeld, damit sie angezeigt wird!

    Wir bleiben zunächst in unserem Raumschiff, schauen auch nicht zum Fenster hinaus, sondern konzentrieren uns erst einmal auf den Gang unserer Uhr B. In der Animation geht sie langsamer als Uhr A. Hat das irgendwelche Auswirkungen auf unser Zeitempfinden? Nein, denn da es sich um eine gewöhnliche Uhr handelt, misst sie beispielsweise die Zeitdauer zwischen zwei Herzschlägen in der gewohnten Weise. Zunächst deutet nichts darauf hin, dass sich ihr Lauf verlangsamt hätte! Für lokale Beobachtungen ist alles, wie es immer war. Die mit einer mitgebrachten Uhr gemessene Zeit ist die so genannte Eigenzeit der Expedition.

    Weiters wollen wir annehmen, dass Uhr B irgendwann nach unserer Ankunft auf Null gestellt wurde. Die Zeigerstellung sagt daher nichts darüber aus, "wie spät es gerade ist". Wir können die Uhr nur dazu verwenden, Zeitintervalle zu messen.
     
  5. Physikalisch interessant wird es, wenn wir uns umsehen und den Rest der Welt betrachten. Insbesondere können wir Uhr A, die weit weg (in der "Außenwelt") und gut sichtbar aufgestellt ist, betrachten. Ein Objekt betrachten bedeutet, Licht vom ihm zu empfangen. Nur auf dem Weg über Lichtsignale (oder ein ähnliches Mittel) können wir Informationen von Uhr A gewinnen.

    Nun klicke auf den Button Beobachtung der Außenwelt! Ab sofort wird Uhr A zu jeder vollen Stunde, die sie anzeigt, ein Lichtsignal in Richtung Neutronenstern abschicken. Nacheinander kommen die Lichtsignale bei uns an, und wir können mit Hilfe unserer Uhr B die Zeitintervalle zwischen der Ankunft zweier solcher Signale messen. In der Animation sind nun die von den beiden Uhren angezeigten Zeiten eingeblendet:
     
    • Die von Uhr A angezeigte Zeit wird als t¥ bezeichnet, da der weit entfernte Bereich im Grenzfall als beliebig (um nicht zu sagen unendlich) weit weg gedacht werden kann. Uhr A misst ihre eigene Eigenzeit (d.h., etwas salopp gesagt, die Eigenzeit dieser fernen Region).
    • Uhr B misst die als tEigen bezeichnete Eigenzeit der Expedition.
       
    Zudem ist die jeweils letzte Abflug- bzw. Ankunftszeit eines Lichtsignals angegeben.
    Aufgabe 1: Beobachte diese Vorgänge eine Weile, um damit vertraut zu werden! Lies ab, welches Zeitintervall Uhr B zwischen der Ankunft zweier Signale anzeigt! Angenommen, die Expedition könnte auf diese Weise nicht nur eine Uhr, sondern auch das Alltagsleben im rechten, weit entfernten Bereich beobachten - welchen Eindruck würden wir gewinnen? Würde es uns "zu schnell" oder "zu langsam" erscheinen?
    Verallgemeinern wir das ein bisschen: Bei Uhr A finden zwei Ereignisse statt und werden von BeobachterInnen bei Uhr B mit Hilfe von Lichtsignalen beobachtet. Dt¥ sei das von Uhr A gemessene Zeitintervall zwischen ihnen, und DtEigen sei das entsprechende von Uhr B gemessene Zeitintervall.
    Aufgabe 2: Stelle eine Gleichung zwischen Dt¥ und DtEigen auf!
    Damit hast du der Aussage "Uhren gehen in der Nähe massiver Körper langsamer" eine physikalische, d.h. auf Messungen beruhende Bedeutung gegeben.
  6. Könnte es sein, dass dieser Effekt (ähnlich wie bei der Zeitdilatation in der Speziellen Relativitätstheorie) auf Gegenseitigkeit beruht, d.h. dass immer die andere Uhr schneller als die eigene wahrgenommen wird? Um dieser Frage nachzugehen, stellen wir uns vor, die Expedition schickt regelmäßig Lichtsignale zur Uhr A. (Das wird in der Animation nicht dargestellt).
    Aufgabe 3: Überlege dir, ob die Zeitintervalle, in denen Uhr A die Signale empfängt, größer oder kleiner sind als die mit Uhr B bestimmten Intervalle, in denen sie abgeschickt werden!
    Hinweis: Interessanterweise folgt die Antwort allein aus der Annahme, dass beide Uhren relativ zum Stern und relativ zueinander ruhen, d.h. dass sich die physikalischen Bedingungen nicht ändern! Eine Argumentationsmöglichkeit besteht darin, sich vorzustellen, zwischen den beiden Uhren werden Lichtsignale hin und her geschickt:
    Zunächst wird von Uhr A ein Lichtsignal (a) zur Expedition geschickt. Wenn es ankommt, schickt die Expedition ein Lichtsignal (b) zurück. Wenn (b) bei Uhr A eintrifft, stellen die dortigen BeobachterInnen fest, dass eine gewisse Zeitspanne Dt¥ seit dem Aussenden des ersten Signals vergangen ist. Umgehend wird wieder ein Signal (c) zur Expedition geschickt. Wenn (c) bei der Expedition ankommt, stellt diese mit Hilfe der Uhr B fest, dass eine gewisse Zeitspanne DtEigen vergangen ist, seit Signal (b) weggeschickt wurde. Umgehend wird ein Signal (d) zur Uhr A geschickt. Und so weiter...
    Da sich daher die physikalischen Bedingungen nicht ändern, wiederholen sich die Zeiten Dt¥ und DtEigen immer wieder.
     
    • Von der Expedition interpretiert, handelt es sich um den gleichen Effekt, den wir im vorigen Punkt (Aufgaben 1 und 2) besprochen haben (wobei nun die Zeit zwischen dem Aussenden zweier Signale von Uhr A nicht eine Stunde beträgt, sondern irgend eine andere Zeitspanne Dt¥, die von der Entfernung zwischen den beiden Uhren abhängt).
    • Von BeobachterInnen bei Uhr A wird diese Situation in analoger Weise interpretetiert: Während von der Expedition Signale im Abstand von DtEigen ausgesandt werden, kommen sie im Abstand Dt¥ an.
    Die quantitative Beziehung zwischen den beiden Zeitintervallen Dt¥ und DtEigen ist natürlich von der Interpretation unabhängig - du hast sie in Aufgabe 2 berechnet! Kannst du nun das Argument zu Ende führen? Beruht der Uhreneffekt auf Gegenseitigkeit (wie bei der Zeitdilatation) oder nicht?
    Die richtige Antwort ist: Er beruht nicht auf Gegenseitigkeit.
    Aufgabe 4: Angenommen, die BeobachterInnen bei Uhr A könnten nicht nur Uhr B, sondern auch das Alltagsleben der Expedition beobachten - welchen Eindruck würden sie gewinnen? Würde es ihnen "zu schnell" oder "zu langsam" erscheinen? Vergleiche deine Antwort mit jener auf Aufgabe 1.
  7. Bis jetzt haben wir Uhren betrachtet, die sich an verschiedenen Orten befinden. Was geschieht, wenn eine Uhr eine zeitlang in einem starken Gravitationsfeld verweilt - weist sie nach ihrer Rückkehr (ähnlich wie beim Zwillingsparadoxon der Speziellen Relativitätstheorie) eine andere Anzeige auf als eine Uhr, die in einer gravitationsfreien Region geblieben ist?
    Aufgabe 5: Angenommen, die Expedition ist von Uhr A ausgegangen, dauert (mit Uhr B gemessen) ein Jahr lang und kehrt danach zu Uhr A zurück. Wie lange hat die Reise nach der Meinung der KollegInnen, die daheim geblieben sind, gedauert? (Zeiteffekte, die von der Flugdauer und von der Bewegung des Raumschiffs herrühren, wollen wir dabei vernachlässigen).
  8. Nun kehren wir wieder zur Animation zurück. Sie zeigt noch einen anderen interessanten Sachverhalt: Das Lichtsignal wird als roter Wellenzug ausgesandt und verfärbt sich auf seinem Weg blau. Weiters kannst du, wenn du genau hinsiehst, erkennen, dass der Wellenzug ein bisschen länger wird. (Mit dem Button Stop/Run kannst du die Animation anhalten und fortsetzen, um die Länge des Wellenzugs genauer zu betrachten oder abzumessen).

    Blaues Licht besitzt eine kleinere Wellenlänge (größere Frequenz) als rotes. Kurzwelliges Licht ist energiereicher als langwelliges (genauer: Photonen von kurzwelligem Licht besitzen eine größere Energie als Photonen von langwelligem Licht).

    Was hinter dieser Umwandlung unseres Lichtsignals steckt, ist ein Prozess, den wir von anderen Objekten auch kennen: Ein Photon, das sich auf einen Neutronenstern zubewegt, gewinnt Energie. Im Unterschied zu anderen Körpern kann es nicht beschleunigt werden, da seine Geschwindigkeit eine universelle Konstante ist. Aber es kann energiereicher und damit blauer werden. Wir können diesen Effekt als Bauverschiebung bezeichnen (während ein Photon, das sich vom Neutronenstern entfernt, zwar die gleiche Geschwindigkeit besitzt, aber eine Rotverschiebung erleidet). Der Faktor, um den die Wellenläge bis zur der Ankunft gewachsen ist, ist übrigens gleich jenem, der von der Expedition zwischen dem Gang der Uhren A und B beobachtet wird.
    Aufgabe 6: Nehmen wir wieder an, die Expedition könnte nicht nur eine Uhr, sondern auch das Alltagsleben im rechten, weit entfernten Bereich beobachten - wie sähe es vom Standpunkt der Farben aus? Wie würden wir Gesichter und Kleidung der Menschen, Verkehrsampeln und ähnliche Dinge wahrnehmen?
  9. Bei unserer Expedition ist es üblich, dass ein Mitglied eine Stunde (Eigenzeit) lang mit dem Teleskop die nähere Umwelt erforscht und danach abgelöst wird. Jemand wirft eine Frage auf: Wie könnten wir diesen Rhythmus einhalten, wenn Uhr B plötzlich kaputt wird? Dann gäbe es keine Möglichkeit mehr, lokale Zeitmessungen durchzuführen.

    Die Antwort ist naheliegend: Wir könnten nach wie vor die entfernte Uhr A betrachten, d.h. den Rhythmus der eintreffenden Lichtsignale registrieren (d.h., mit anderen Worten, nicht auf Uhr B zu schauen, sondern auf Uhr A). Da wir wissen, um welchen Faktor die Beobachtung der beiden Uhren voneinander abweicht, brauchen wir Uhr B eigentlich gar nicht: Wir können die beiden Zeiten ja jederzeit ineinander umrechnen.

    Jemand macht den Vorschlag, sogar auf die Umrechnung zu verzichten und einen neuen Zeitbegriff zu schaffen: Wir messen Zeitintervalle direkt durch Beobachtung von Uhr A und nehmen in Kauf, dass diese "neue Zeit" nicht mit Uhr B synchron läuft. Die neue Zeit bekommt zu Ehren eines Physikers (von dem weiter unten in den abschließenden Bemerkungen noch die Rede sein wird) den Namen Schwarzschildzeit (und das Symbol tSchwarzschild). Alle Expeditionsregeln, die sich auf Zeitintervalle beziehen (wie das stündliche Ablösen am Teleskop), werden ein für alle mal in Schwarzschildzeit übersetzt.
    Aufgabe 7: Nach wieviel Schwarzschild-Stunden werden BeobachterInnen am Teleskop abgelöst?
    Der Einfachheit halber wird ein Gerät konstruiert, das die Schwarzschildzeit anzeigt. Klicke auf den Button Schwarzschildzeit, um es anzuzeigen (mit demselben Button kannst du es wieder ausblenden). Es ist jetzt in grün dargestellt, um es von den gewöhnlichen Uhren zu unterscheiden. Wir können es als "Schwarzschild-Uhr" bezeichnen, dürfen aber nicht vergessen, dass es nicht die Eigenzeit anzeigt.
    Aufgabe 8: Das Intervall zwischen zwei Ereignissen beträgt in der Eigenzeit DtEigen und in der Schwarzschildzeit DtSchwarzschild. Stelle eine Gleichung zwischen diesen beiden Größen auf!
    Bei der grünen Schwarzschild-Uhr soll es wieder nicht auf die angezeigten Werte an sich, sondern nur auf Intervalle ankommen. In der Animation ist sie so justiert, dass die Schwarzschildzeit dem Ableseergebnis von Uhr A um exakt eine Stunde vorausläuft (kannst du das nachvollziehen?), aber das könnte auch ein beliebiger anderer Wert sein. Der Grund dafür besteht darin, dass die Expedition ihren Zeitbegriff nicht davon abhängig machen möchte, wie weit Uhr A entfernt ist. Also verzichtet sie ganz darauf, sich auf einen Nullpunkt der Schwarzschildzeit zu beziehen.
     
  10. Damit haben wir anhand der Animation die wichtigsten physikalischen Grundsätze beim Vergleich von Uhren und bei der Definition von Zeitbegriffen im Gravitationsfeld besprochen und wollen zum Abschluss noch einige Bemerkungen anfügen:
     
    • Die hier dargestellten Effekte sind Voraussagen der Allgemeinen Relativitätstheorie. Der Zweck der Animation besteht nicht darin, sie zu begründen, sondern genau zu fragen was sie eigentlich aussagen. Die in der Animation auftretenden Zahlenwerte so gewählt, dass sie den Uhreneffekt schön verdeutlichen - tatsächlich hängt die Größe des Effekts von der Masse des Neutronensterns und vom genauen Ort, an dem sich die Expedition befindet, ab. Die genaue Formel sieht so aus:

      DtEigen   =   (1  -    2GM

       ) 1/2  Dt¥ . 
      cr

      Dabei ist G die Gravitationskonstante, M die Masse des Sterns und c die Lichtgeschwindigkeit. Um ganz genau zu sein, ist r nicht die Entfernung vom Mittelpunkt des Sterns, sondern der Umfang eines durch den Aufenthaltsort gelegten Kreises um den Stern dividiert durch 2p. (Nach den Gesetzen der euklidischen Geometrie müsste das genau die Entfernung zum Sternmittelpunkt sein, aber sobald massive Körper im Spiel sind, gilt die euklidische Geometrie nicht mehr, sondern ist nur eine mehr oder weniger gute Näherung).
       
    • Warnung: Wenn Uhr A in der Animation etwa die Zeit t¥ = 2:10:00 anzeigt, zeigt Uhr B die Zeit tEigen = 1:17:30 an. Das ist nicht im Sinne einer physikalischen Gleichzeitigkeit gemeint! Die einzige (im Setting der Animation) physikalisch feststellbare Verbindung zwischen den von den Uhren A und B angezeigten Zeiten sind die Lichtsignale! Was in der Außenwelt gleichzeitig zum Ereignis "Uhr B zeigt 1:17:30 an" stattfindet, ist gar nicht eindeutig definiert (ähnlich wie ja auch in der Relativitätstheorie jedes Inertialsystem seinen eigenen Begriff von Gleichzeitigkeit hat)!
       
    • Die Schwarzschildzeit ist eine nützliche Größe, um das Gravitationsfeld im Außenraum einer kugelsymmetrischen statischen (insbesondere nichtrotierenden) Masse zu analysieren (wie es Karl Schwarzschild im Jahr 1916 gemacht hat). In unserer Version haben wir keinen Nullpunkt für sie festgesetzt, sondern uns nur darum gekümmert, wir Intervalle der Schwarzschildzeit definiert sind. Verschiedene Expeditionen, die sich an unterschiedlichen Orten in der Nähe des Neutronensterns befinden, würden ihre Schwarzschild-Uhren jeweils irgendwann (ganz unabhängig voneinander) auf Null stellen. Schwarzschild ist einen Schritt weitergegangen und hat - um in unserem Bild zu bleiben - die Nullpunkte der Schwarzschild-Uhren verschiedener Expeditionen in einer sinnvollen Weise aufeinander abgestimmt, um zu einer eindeutig definierten Zeitkoordinate zu gelangen.
       
    • Auch in der Allgemeinen Relativitätstheorie gilt, dass der Bewegungszustand einer Uhr die von ihr angezeigte Zeit beeinflusst. Bei der Aussage, Uhren in der Nähe massiver Körper gehen langsamer als weit entfernte Uhren, und bei der physikalisch korrekten Formulierung dieser Aussage (siehe oben) ist es wesentlich, dass es sich um ruhende Uhren handelt, d.h. Uhren, die ihre Postition in Bezug auf den Körper (den Neutronenstern) und in Bezug auf die weit entfernte Außenwelt nicht verändern. Die Sache würde ganz anders aussehen, wenn unsere Expedition sich beispielsweise in einem frei auf den Neutronenstern zufallenden (oder ihn umkreisenden) Raumschiff befände.
       
    • Aus der von Karl Schwarzschild hergeleiteten Formel (die wir auch oben angeschrieben haben) folgt, dass der Uhreneffekt im Gravitationsfeld umso größer ist, je näher sich die Expedition beim Neutronenstern befindet, d.h. je tiefer sie im Potentialtopf des Gravitationsfeldes sitzt. Rein rechnerisch ergibt sich (indem der erste Faktor auf der rechten Seite gleich 0 gesetzt wird) eine Grenze, der so genannte Schwarzschildradius

      R S   =    2GM

       ,
      c2

      an der der Effekt sogar unendlich groß wird, vorausgesetzt, diese Grenze befindet sich außerhalb des Sterns. Bei den meisten Himmelskörpern wie der Erde oder der Sonne ist das nicht der Fall, aber unter dem Druck der Schwerkraft kann es geschehen, dass ein Neutronenstern zusammenbricht und kleiner als sein Schwarzschildradius wird. Jenseits dieser Grenze (die auch Ereignishorizont genannt wird) ist es nicht möglich, in einer relativ zur weit entfernten Außenwelt (genauer: relativ zur Uhr A) ruhenden Position zu verharren!

      Daraus folgt, dass die Schwarzschildzeit nur außerhalb des Schwarzschildradius definiert werden kann. Man könnte nun daraus schließen, dass "die Zeit am Schwarzschildradius stehen bleibt". Das ist aber keine besonders gute Formulierung, da sich die Schwarzschildzeit nur auf ruhende Beobachter bezieht. Ein frei durch den Ereignishorizont fallender Beobachter könnte die von Uhr A ausgesandten Lichtsignale ohne Weiteres empfangen, ohne eine unendlich große Diskrepanz zu seiner Eigenzeit zu bemerken.

      Erst in den Jahrzehnten nach Schwarzschilds Arbeiten wurde die aufregende Konsequenz seiner Berechnung klar: Da Körper, die sich innerhalb des Schwarzschildradius befinden, keine ruhende Position einnehmen können, muss das auch für die Materie des Sterns selbst gelten: Hat er diese Grenze einmal überschritten, so kollabiert er unausweichlich zu einem Schwarzen Loch. Aber das ist eine andere Geschichte...