Matrizen und ihre Eigenschaften


Franz Embacher

Fakultät für Physik der Universität Wien

 
Aufgabe: Berechnen Sie die Eigenwerte der Matrix
$$A=\left(\begin{array}{cc} 3 & 2\\ 1 & 2 \end{array}\right)$$ $(1)$
Ist $A$ diagonalisierbar? Ist $A$ eine Projektion? Begründen Sie Ihre Antworten!

Berechnung:
  1. Das charakteristische Polynom der Matrix $A$ ist $$p(\lambda)=\det(A-\lambda\mathbf{1})=\left|\begin{array}{cc} 3-\lambda & 2\\ 1 & 2-\lambda \end{array}\right|=(3-\lambda)(2-\lambda)-2=\lambda^2-5\lambda+4$$ Die Eigenwerte sind die Nullstellen des charakteristischen Polynoms. Die quadratische Gleichung $p(\lambda)=0$ besitzt die Lösungen

    $\lambda_{1,2}={5\over 2}\pm\sqrt{{25\over 4}-4}={5\over 2}\pm\sqrt{{25\over 4}-{16\over 4}}={5\over 2}\pm\sqrt{{9\over 4}}={5\over 2}\pm{3\over 2}$

    Daher sind die Eigenwerte von $A$ durch

    $\lambda_1=1$    und    $\lambda_2=4$

    gegeben.
     
  2. Die Matrix $A$ ist diagonalisierbar, weil sie zwei verschiedene Eigenwerte besitzt.
     
  3. $A$ ist keine Projektion, da eine Projektion nur $0$ und $1$ als Eigenwerte besitzen kann. (Man kann sich natürlich auch durch eine explizite Rechnung davon überzeugen, dass $A^2\neq A$ ist, aber bei einer schriftlichen Prüfung wäre das an diese Stelle vergeudete Zeit!)

Nachbemerkung: Fragen nach Eigenschaften von Matrizen erfordern ein gewisses Maß an Hintergrundwissen.
  • Fragen nach der Diagonalisierbarkeit einer Matrix sind nicht die einfachsten! Für die obige Aufgabe ist es nützlich, zu wissen, dass eine $n\times n$-Matrix, die $n$ verschiedene Egenwerte besitzt, diagonalisierbar ist. Aber Achtung: Dieses Kriterium ist zwar hinreichend für Diagonalisierbarkeit, nicht aber notwendig. So ist beispielsweise die Matrix $$A=\left(\begin{array}{cc} 3 & 0\\ 0 & 3 \end{array}\right)$$ diagonalisierbar (sie ist ja schon diagonal!), besitzt aber nur einen Eigenwert (nämlich $3$). Wird nach der Diagonalisierbarkeit einer Matrix gefragt, die nicht nur verschiedene Eigenwerte besitzt, so müssen Sie wissen, wie dieser Begriff definiert ist. (Eine Matrix ist diagonalisierbar, wenn es eine Basis aus Eigenvektoren gibt). Wenn kein anderes Kriterium hilft, so müssen Sie die Eigenvektoren berechnen, und dann sehen Sie, ob es genung Eigenvektoren für eine Basis gibt. Beispielsweise ist das für die Matrix $$A=\left(\begin{array}{cc} 3 & 1\\ 0 & 3 \end{array}\right)$$ nicht der Fall. Sie sollten auch nicht den Fehler machen, das Kriterium "Besitzt eine Matrix zwei verschiedene Eigenwerte, so ist sie diagonalisierbar" für allgemeingültig zu halten: Die Matrix $$A=\left(\begin{array}{ccc} 3 & 1 & 0\\ 0 & 3 & 0\\ 0 & 0 & 2 \end{array}\right)$$ besitzt zwei verschiedene Eigenwerte (nämlich $2$ und $3$), ist aber nicht diagonalisierbar. (Für eine $3\times 3$-Matrix gilt: Hat sie drei verschiedene Eigenwerte, so ist sie diagonalisierbar). Diagonalisierbarkeit kann manchmal auch ganz anders erkannt werden. So ist beispielspielsweise die Matrix
    $$A=\left(\begin{array}{cc} 4 & 3+5i\\ 3-5i & 11 \end{array}\right)$$ $(2)$
    diagonalisierbar, weil sie hermitisch ist.
     
  • Andere Fragen lassen sich zwar "kochrezeptartig" lösen, wie beispielsweise die Frage, ob eine gegebene Matrix normal, hermitisch, orthogonal, unitär, eine Projektion oder eine Orthogonalprojektion ist – aber das klappt natürlich nur, wenn Sie das entsprechende Rezept kennen! Da es in der Matrizenrechnung viele Kochrezepte gibt, die zudem miteinander kombiniert werden können (so ist beispielsweise jede Projektion diagonalisierbar, aber nicht notwendigerweise normal), ist es günstiger, sie zu verstehen als sie ohne Verständnis lediglich auswendig zu lernen.
     
  • Apropos normal:
     
    • Ist die Matrix (1) normal? Überprüfen Sie, ob $A^\dagger A = A A^\dagger$ gilt!
    • Ist die Matrix (2) normal? In diesem Fall brauchen Sie nicht zu überprüfen, ob $A^\dagger A = A A^\dagger$ gilt, wenn Sie wissen, dass jede hermitische Matrix normal ist!
       
  • Noch drei Fragen:
     
    • Gibt es zwei Vektoren, die beide Eigenvektoren der Matrix (2) sind und gemeinsam eine Basis des $\mathbb{C}^2$ bilden?
    • Die komplexe Matrix (2) besitzt zwei verschiedene Eigenwerte. Sind sie reell?
    • Sind zwei Eigenvektoren von (2) zu verschiedenen Eigenwerten zueinander orthogonal?
       
    Wenn Sie die Antworten nicht auf Anhieb wissen und begründen können (sie alle lauten ja), so ist es Zeit, sich den Vorlesungsstoff genauer anzusehen!


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