Aufgabe: Berechnen Sie die Eigenvektoren der Matrix
$$A=\left(\begin{array}{cc}
3 & 2\\
1 & 2
\end{array}\right)$$
|
$(1)$ |
Berechnung:
- Zuerst benötigen wir die Eigenwerte von $A$. Sie wurden in Matrizen und ihre Eigenschaften
berechnet und sind
$\lambda_1=1$ und $\lambda_2=4$.
|
|
- Wir ermitteln zuerst den Eigenraum zum Eigenwert $1$. Er besteht aus allen Vektoren
$u=\left(\begin{array}{c}u_1\\u_2\end{array}\right)$, die die Eigenwertgleichung $Au=u$ erfüllen. Mit
$$Au=\left(\begin{array}{cc}
3 & 2\\
1 & 2
\end{array}\right)\left(\begin{array}{c}u_1\\u_2\end{array}\right)=\left(\begin{array}{c}3u_1+2u_2\\u_1+2u_2\end{array}\right)$$
lautet das (linear-homogene) Gleichungssystem $Au=u$ in Komponenten
\begin{eqnarray}
3u_1+2u_2&=& u_1\\
u_1+2u_2 &=& u_2
\end{eqnarray}
|
$(2)$ $(3)$ |
oder, vereinfacht,
\begin{eqnarray}
2u_1+2u_2&=& 0\\
u_1+u_2 &=& 0
\end{eqnarray}
|
$(4)$ $(5)$ |
Wir sehen sofort, dass die beiden Gleichungen zueinander äquivalent sind. Daher kann eine weggelassen werden
die Eigenwertgleichung $Au=u$ reduziert sich auf die einzige Aussage
Das bedeutet, dass eine der beiden Variablen vorgegeben werden kann und die zweite dann eindeutig bestimmt ist.
Wir geben $u_1$ vor, womit $u_2=-u_1$ wird. Die Lösungsmenge der Eigenwertgleichung $Au=u$ (d.h. der Eigenraum zum
Eigenwert $1$) besteht daher aus allen Vektoren der Form
$$u=\left(\begin{array}{c}u_1\\-u_1\end{array}\right)\equiv u_1\left(\begin{array}{c}1\\-1\end{array}\right)$$
|
$(7)$ |
d.h. aus allen Vielfachen von $\left(\begin{array}{c}1\\-1\end{array}\right)$. Die Eigenvektoren zum Eigenwert $1$ sind
genau die nichttrivialen Vielfachen dieses Vektors (d.h. alle Vektoren der Form (7) mit $u_1\neq 0$).
- In völlig analoger Weise ermitteln wir den Eigenraum zum Eigenwert $4$. Er besteht aus allen Vektoren
$u=\left(\begin{array}{c}u_1\\u_2\end{array}\right)$, die $Au=4u$ erfüllen. In Komponenten lautet dieses (linear-homogene)
Gleichungssystem
\begin{eqnarray}
3u_1+2u_2&=& 4u_1\\
u_1+2u_2 &=& 4u_2
\end{eqnarray}
|
$(8)$ $(9)$ |
oder, vereinfacht,
\begin{eqnarray}
-u_1+2u_2&=& 0\\
u_1-2u_2 &=& 0
\end{eqnarray}
|
$(10)$ $(11)$ |
Wieder sehen wir, dass die beiden Gleichungen zueinander äquivalent sind.
Die Eigenwertgleichung $Au=4u$ reduziert sich daher auf die einzige Aussage
Wir geben $u_2$ vor, womit $u_1=2u_1$ wird. Die Lösungsmenge der Eigenwertgleichung $Au=4u$ (d.h. der Eigenraum zum
Eigenwert $4$) besteht daher aus allen Vektoren der Form
$$u=\left(\begin{array}{c}2u_2\\u_2\end{array}\right)\equiv u_2\left(\begin{array}{c}2\\1\end{array}\right)$$
|
$(13)$ |
d.h. aus allen Vielfachen von $\left(\begin{array}{c}2\\1\end{array}\right)$. Die Eigenvektoren zum Eigenwert $4$ sind
genau die nichttrivialen Vielfachen dieses Vektors (d.h. alle Vektoren der Form (13) mit $u_2\neq 0$).
- Wir fassen unsere Ergebnisse zusammen:
- Die Eigenvektoren von $A$ zum Eigenwert $1$ sind alle nichttrivialen Vielfachen von $\left(\begin{array}{c}1\\-1\end{array}\right)$.
- Die Eigenvektoren von $A$ zum Eigenwert $4$ sind alle nichttrivialen Vielfachen von $\left(\begin{array}{c}2\\1\end{array}\right)$.
Nachbemerkung: Beachten Sie, dass beide linearen Gleichungssysteme, die hier gelöst werden
müssen, (2) (3) und
(8) (9),
unendlich viele Lösungen besitzen. Das ist kein Zufall:
Ist $\lambda$ ein Eigenwert von $A$, so ist damit sichergestellt, dass es einen Vektor $u\neq 0$ gibt, der $Au=\lambda u$ erfüllt.
(Das ist ja die Definition des Begriffs Eigenwert). Da mit $u$ auch jedes Vielfache von $u$ die Eigenwertgleichung $Au=\lambda u$
erfüllt, besitzt diese unendlich viele Lösungen.
|