Die Geschichte des Moghulreiches in Indien umfasst den Zeitraum von 1526- 1857. Begründer des Großreiches war Zahir-du-Din Babur, der 1526 in der Schlacht von Panipat Ibrahim Lodi, den Sultan von Delhi besiegte.

Unter Dschalal-ud-Din Akbar (reg.1556-1605) gibt es die frühesten Beispiele der in kaiserlichen Hofwerkstätten geknüpften Moghulteppiche. Diese erste Phase der der Moghulteppichkunst von 1580- 1630 schließt auch die Herrschaft seines Sohnes Nur-du-Din Dschahangir (reg.1605- 27) mit ein. Charakteristisch für diese erste Phase ist der persische Einfluss, wobei es aber zu einer Synthese mit den indischen Traditionen kommt.

Teppiche wurden entweder als Wandteppiche, Fußteppiche am Boden, oder als Tischteppiche zur Zierde von Tischen und Möbeln,  verwendet.

Indische Teppiche wurden im Gegensatz zu anderen Kulturen bevorzugt aus Wolle hergestellt, das betrifft nicht nur Kette und Schuss, sondern auch den Flor. Im Gegensatz zu persischen Teppichen, die immer nur Ketten mit vier Fäden besitzen, können bei indischen Teppichen die Fäden von sechs bis zu zwölffach gezwirnten Fäden variieren.

Ein sehr berühmtes Beispiel für einen Moghulteppich der ersten Periode ist der Bildteppich mit Landschaft und Vogelpaaren aus dem Museum für Angewandte Kunst in Wien. Dieser Bildteppich stammt sehr wahrscheinlich aus Lahore  im Norden des indischen Subkontinentes (im heutigen Pakistan) und ist um 1600 datiert. Er gelangte 1907 bei der Auflösung des ehemaligen Handelsmuseums in Wien ins Museum für Angewandte Kunst. Genaueres über die Provenienz ist nicht bekannt. Durch den horizontalen Aufbau des Teppichs wird vermutet, dass er als Wandteppich verwendet wurde.

Der Teppich zeigt das  in der Teppichkunst  neue Motiv einer naturalistischen, asymmetrischen Gartenlandschaft mit Vogelpaaren auf rotem Grund. Das Bildfeld scheint in drei übereinander liegende Zonen eingeteilt, die jeweils Bäume und Sträucher mit verschiedenen Größen und Arten von Vogelpaaren zeigen. Die Gartenlandschaft ist von zwei kleineren weißgrundigen Borten und einer detaillierten Hauptborte dazwischen eingerahmt.

Diese Hauptborte zeigt geflammte Palmetten mit Tiermasken, Leoparden und Blüten, die durch eine weiße Girlande miteinander verbunden sind.

Die Darstellung von Gärten mit naturalistischen Darstellungen spiegelt das Interesse der Mogulherrscher an der Natur wieder und ist der zeitgleichen Malerei sehr ähnlich. Vergleichbare Baum-und Blumendarstellungen gibt es im  unter Akbar entstandenen Hamzanama, das sich ebenfalls im MAK befindet.

Judith Stöckl

 

Literaturverzeichnis:

Gans- Ruedin, Erwin, Der Indische Teppich. Bussesche Verlagshandlung GmbH, Herford und Office du Livre Fribourg (Schweiz), 1984

Kühnel, Ernst, Die Kunst des Islam. Alfred Kröne Verlag, Stuttgart 1962

Riegl, Alois, Altorientalische Teppiche. Mäander Kunstverlag Mittenwald, 1979

Schimmel, Annemarie, Die Welt des Islam: zu den Quellen des muslimischen Orients; eine Reise nach Innen. Walter- Verlag AG, Solothurn; Düsseldorf 1995

Schimmel, Annemarie, Im Reich der Großmoguln: Geschichte, Kunst, Kultur.Verlag C.H. Beck oHG, München 2000

Völker, Angela, Die orientalischen Knüpfteppiche im MAK. 2001,MAK, Wien und Böhlau Verlag Ges.m.b.H. und Co. KG

Walker, Daniel, Flowers Underfoot, Indian Carpets of the Mughal Era.Thames and Hudson Ltd, London 1998