Im 16.
Jahrhundert war das Osmanische Reich eine ständige Bedrohung für das christliche
Abendland. Dennoch brachte man ihm aufgrund seiner hervorragenden Kunst und
Kultur auch große Bewunderung entgegen. Es war diese Ambivalenz aus Furcht und
Faszination, die europäischen Fürsten dazu bewog, orientalische Objekte zu
sammeln.
In der Schatzkammer des Deutschen Ordens in Wien befinden sich orientalische
Prunkgefäße aus edlem Stein, kostbare Gold- und Silberschmiedarbeiten, sowie
Prunkwaffen aus der Kunstkammer des Hochmeisters Erzherzog Maximilian III
(1558-1618)
Von Anfang an erhielt der Deutsche Orden zahlreiche Schenkungen durch
hochgestellte Wohltäter und durch die verschiedensten Landesherren. Aus der
langen Phase als geistlicher Ritterorden (1198 bis 1929) stammen denn auch fast
alle Pretiosen, die heute in der Wiener Schatzkammer des Deutschen Ordens zu
sehen sind. Diese Schausammlung setzt überregionale Maßstäbe und ist in Vielem
als einzigartig zu bezeichnen. Ihre Entstehung, Geschichte und Bewahrung über
Jahrhunderte hinweg ist bis heute aufs engste mit der Gesamtgeschichte des
Ordens in allen aufstrebenden Territorien des mittelalterlichen Reiches
verknüpft.
Wie die osmanischen Dolche im Besitz Maximilians III kamen, ist unbekannt, doch
dürfte es sich dabei um Handelsware und Geschenke und nicht um Beutestücke
handeln. In der Frühzeit des osmanischen Imperiums achteten noch viele Herrscher
aus religiösen Gründen darauf, sich nicht mit einem Übermaß von Juwelen, Gold-
oder Silberschätzen zu umgeben. Denn ein Hadis des Propheten Muhammad gebot
Mäßigung. Ein wichtiger Anwendungsbereich des Metallhandwerks waren die
Militaria, die Ausrüstungsgegenstände der osmanischen Armee. Diese kostbaren
Waffen und Rüstungen waren trotz ihres reichen Schmucks in erster Linie
funktionale Gebrauchsgegenstände, aber auch wichtige Statussymbole, die der
Selbstdarstellung des Besitzers dienten und Freund wie Feind beeindrucken
sollten. Wesentlicher Teil der Ausrüstung waren selbstverständlich auch Dolche (hançar)
oder Messer (bıçak) mit langen, geraden und spitz zulaufenden oder leicht
gekrümmten, zweischneidigen Klingen.
Der erste hier besprochene Dolch mit Scheide N46( Abb.1) hat einen Griff aus
goldinkrustriertem Nephrit. Die Klinge aus damasziertem Stahl ist durchbrochen,
in ihrer Giftrinne sind zwei bewegliche Perlen gelagert .Der Steinbesatz besteht
aus 36 Diamanten und 7 Rubinen .Weitere 12 kleine Diamanten bilden einen Ring am
Griffansatz. Dieser Dolch war ein Geschenk des Erzherzogs Albrecht VII.,
Generalgouverneur der südlichen Niederlande, an seinen Bruder Maximilian. Das
nachfolgende Messer und seine Scheide N47(Abb.2) waren ursprünglich nicht
zusammengehörig, da das Messer mit dem Griff aus weißem Nephrit zu schmal für
die Scheide ist.
Zu einer geschlossenen Einheit aus Goldblech und Edelsteinen verschmelzen der
Dolch mit Scheide N48(Abb.3).Der Griff und die Scheide sind mit Türkisen und
Rubinen besetzt. Der Holzscheide ist mit starkem Goldblech umzogen. Die
Parierstange des Dolches endet in kleinen Drachenköpfen und besitzt typische
Merkmale für persisch - türkische Arbeiten um1600.Seine Klinge gleicht der von
Dolch N46.
Bei vielen Völkern und Kulturen galt der Türkis als Schutzstein, der den Träger
gegen böse Zauber schützen sollte. Zu dem glaubte man, der Türkis verleihe
Kraft, schenkt Gesundheit und Lebensfreude. Legenden nach, sollte der Türkis
durch die Veränderung seiner Farbe, seinen Besitzer vor drohendem Unheil gewarnt
haben.
Auch in der Kunstkammer von Kaiser Rudolf II befanden sich mehr als hundert
türkische Messer und Dolche .Ein besonders schönes Exemplar dieser vor allem als
Tafelgerät verwendeter Messer, befindet sich im Kunsthistorisches Musem
Wien(Inv.-Nr.KK 2165).Das Messer ist im Bereich des Griffs mit Goldtauschierung
auf Eisen geschmückt .Die dazugehörige Lederscheide trägt einen reichen Dekor
aus Rubinen und Türkisen und ist auf den Goldeinfassungen mit arabischen
Inschriften versehen.
All dies bezeugt die Vorliebe der osmanischen Oberschicht für prunkvolles
Auftreten. Doch trotz des repräsentativen Charakters all dieser Objekte,
offenbart das extreme Bedürfnis nach Dekoration den ausgeprägten Sinn der
Osmanen für Ästhetik und ihre Begeisterung für das Schöne.
Polina Milikina
Literatur:
Beda, Dudik,
Die Kleinodien des Deutschen Ritterordens, Wien 1865
Fillitz,Hermann , Schatzkammer des Deutschen Ordens (Kurzkatalog), Eigenverlag
des Deutschen Ordens, Wien 1971
800 Jahre Deutscher Orden, Ausstellungskatalog Nürnberg 1990, Kat. No. III.
8.26.
Die Welt des Orients.Kunst und Kultur des Islam.Kunsthalle Leoben
.Ausstellungskatalog 2006