Helm und Kürass dieser Rüstung eines Mamlukenfürsten wurden in den Ambraser Inventaren ab 1593 wegen einer Verwechslung der Westindischen Inseln mit Indien irrtümlich einem „N.König zu Cuba in India“ zugeschrieben. Wahrscheinlich gelangte die Rüstung über das portugiesische Indien in den Besitz der Habsburger und wurde deshalb mit einer Herkunft aus Indien in Verbindung gebracht. Die Kontrolle des Handels an der Westküste Indiens durch die Portugiesen führte zu Konflikten mit dem Mamluken. Möglicherweise ist die Rüstung ein Beutestück aus einer dieser Schlachten.
Die orientalische Sturmhaube und der Kürass sind aus völlig vergoldetem Eisen. Der punzierte Grund ist bedeckt mit gravierten Arabesken und arabischen Inschriften: Anrufungen Allahs und Koranversen. Am Stirnrand und am Scheitel zeigt die Sturmhaube einen frommen Spruch, einen Teil der 2. Sure und die ganze 112. Sure. Auf dem Naseneisen der Sturmhaube findet sich die Signatur „vollendet durch die Arbeit des Waffenschmiedes Ali“. Die Zuschreibung der Rüstungsteile an einen Mamlukenfürsten erfolgte aufgrund eines Gegenstückes zur Wiener Sturmhaube im Topkapi Saray Museum in Istanbul, nämlich des Helmes von Khairbak, dem mamlukischen Gouverneur von Aleppo, der 1517 Syrien dem Osmanensultan Selim I. überließ.
Der Harnisch, ist das prunkvollste erhaltene Beispiel eines orientalischen Rüstungstypus, der auf spätantike persische Formen zurückgeht. Der Kürass besteht aus getriebenen Platten, wobei beim Vorderteil 7 trapezförmige und dreieckige Platten ein kreisrundes Pektorale umgeben.
Die Methode, den Kettenpanzer, im Koran als Werk Davids bezeichnet ( Sure 21:80 und Sure 34:10,11) durch Stahlplatten zu verstärken, entstand bereits im 3. oder 4. Jh. und wurde zuerst von den Parthern angewendet, später von den sassanidischen Persern übernommen und nach der Eroberung des Perserreiches durch die Araber im ganzen Nahen Osten weiter verbreitet.

Der heute zur Rüstung gehörende Rundschild wurde dem Ensemble erst 1788 beigefügt. Sein gebläuter Grund ist mit Goldlack bemalt und mit Schriftzeichen verziert. Die Inschriften sind in kreisförmig angeordneten Kartuschen eingefügt und bestehen aus religiösen Anrufungen und Segenswünschen.
 

 

 

Susanne Tigelhardt

 

Literatur:

Beaufort, Christian und Pfaffenbichler, Matthias, Meisterwerke der Hofjagd- und Rüstkammer, Wien, Kunsthistorisches Museum, 2005
Ausstellungskatalog 2006, Die Welt des Orients, Kunsthalle Leoben
Sarre, Friedrich und F. R. Martin, Meisterwerke Muhmmedanischer Kunst, München, 1910
Thomas, Bruno und Gamber, Ortwin, Katalog der Leibrüstkammer, Wien, 1976
Alexander, David, Furusiyya II, Ausstellungskatalog Riyadh, 1996
Nicolle, David, Islamische Waffen, Graz, 1981
Lentz, Thomas W. und. Lowry Glenn D, Timur and the Princely Vision, Washington, 1989
Boeheim, Wendelin, Handbuch der Waffenkunde, Leipzig, 1890
Stöcklein, Hans, Ars Islamica, 1934