Christian Swertz

Ökologische Bildungsarbeit

Ziele,Analyse, Konzepte und Praxis

Demokratische Zukunftsverantwortung muß Ziel ökologischer Bildungsarbeit sein. Dieses Ergebnis einer interdisziplinären Analyse der Umweltkrise bildet den Ausgangspunkt für eine kritische Darstellung aktueller Modelle ökologischer Bildungsarbeit.

Ergänzt durch eine umfangreiche Bibliographie wird in diesem Buch ein umfassender Überblick über das komplexeThema gegeben.

0. Gliederung

0. Gliederung

1. Einleitung

2. Grundbegriffe

2.1 Erwachsenenbildung

2.1.1 Lebenslanges Lernen

2.1.2 Teilnehmer/Teilnehmerinnen

2.1.3 Bedeutung der Geschichte

2.1.4 Institutionen

2.2 Ziele der Erwachsenenbildung

2.2.1 Geschichtliche Entwicklung

2.2.2 Technokratische und Emanzipatorische Bildung

2.2.3 Adressaten von Zielen

2.2.4 Begründung von Zielen durch Theorien

2.3. Ökologie

2.3.1 Mensch in der Natur

2.3.2 Natur des Menschen

2.3.3 Politische Ökologie

3. Zur Analyse der Umweltkrise

3.1 Treibhauseffekt

3.2 Grenzen des Wachstums

3.3 Informationstheoretisch-kybernetischer Ansatz

3.4 Psychologische Sichtweise

3.5 Geschichtliche Entwicklung der Naturwahrnehmung

3.6 Risikogesellschaft

3.7 Erneuerung der Wissenschaft?

3.8 Ethik und Umweltkrise

3.8.1 Metaphysische Ethik

3.8.2 Utilitaristische Ethik

3.8.3 Naturzentrierte Ethik

3.9 Zusammenfassende Thesen

4. Ökologie als pädagogisches Ziel

4.1 Analyse der Umweltkrise in der Erziehungswissenschaft

4.1.1 Anthropologie

4.1.2 Psychologie

4.1.3 Soziologie

4.1.4 Wissenschaftskritik

4.1.5 Ethik

4.1.6 Zusammenfassung

4.2 Konzeptionen ökologischer Bildungsarbeit

4.2.1 Umweltbewußtsein

4.2.2 Psychologie

4.2.3 Umwelterziehung

4.2.4 Umweltlernen

4.2.5 Ökologisches Lernen

4.2.6 Ökopädagogik

4.2.7 Naturnahe Erziehung

4.2.8 ökologische Bildung

4.2.9 sozioökonomischer Ansatz

4.2.10 Politische Bildung

4.2.11 Verbraucherbildung

4.2.12 Gesundheitsbildung

4.2.13 Zusammenfassende Thesen

4.3 Praxis ökologischer Erwachsenenbildung

4.3.1 Didaktik

4.3.2 Institutionen/Orte

4.3.3 Methoden

4.3.4 Praxisberichte

5. Ökologische Bildungsarbeit in Düsseldorf

5.1 Methode

5.2 Stichprob

5.3 Fragebogen

5.4 Ergebnisse

5.4.1 Umfang ökologischer Bildungsarbeit in Düsseldorf

5.4.2 Gebiete der Erwachsenenbildung und ökologisch orientierte Veranstaltungen

5.4.3 Antworten auf die offenen Fragen

5.5 Interpretation

6. Diskussion

7. Literatur

1. Einleitung

"So laßt uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen. Es ist soweit" (v. Dithfurth 1985, S.367). Dieses Resümeé bleibt nach einem umfassenden Überblick über die Entwicklungen moderner Technologie, die wissenschaftlichen Entdeckungen und die zivilisatorischen Errungenschaften der Neuzeit übrig. Doch selbst diese Konsequenz läßt noch Hoffnung, denn erst sie erschließt "die Wahrheit und den Sinn unserer Existenz" (ebd.). Zur Resignation gibt es also keinen Grund, und eine Perspektive für pädagogisches Handeln kann versucht werden.

Doch von alleine werden sich unsere Probleme nicht lösen. Eine immense Herausforderung stellen sie dar, und als Herausforderung möchte ich sie begreifen. Um diese Aufgabe, die sich hier in der Frage nach den Zielen der Erwachsenenbildung im Zusammenhang ökologischer Bildungsarbeit ausdrückt, begreifbar zu machen, werde ich sie in fünf Schritten angehen.

Den Anfang machen Aspekte der dieser Frage zugrunde liegenden Begriffe. Dieses sind die Ziele und Begründungen von erzieherischer Tätigkeit, das Gebiet der Erwachsenenbildung und die Ökologie. Dabei werde ich mein Vorverständnis für das weitere Vorgehen darstellen.

Als zweiten Schritt habe ich mir eine allgemeine Darstellung von Aspekten der Umweltkrise vorgenommen. Eine differenzierte Sichtweise soll das Ergebnis sein. Da mir keine formale Methode bekannt ist, die es erlaubt, dem interdisziplinären Charakter des Problems gerecht zu werden, habe ich mich für folgendes Vorgehen entschieden: Ich werde versuchen, wichtige Überlegungen aus der vorhandenen Literatur aufzugreifen. Nach einem kurzen Blick auf naturwissenschaftliche Schadensanalysen stehen dabei Nachbardisziplinen der Erziehungswissenschaft - hier die Psychologie, die Soziologie, die Geschichtswissenschaft und die Philosophie - im Mittelpunkt. Daraus habe ich jeweils Überlegungen ausgewählt, die nach meiner Einschätzung wesentlich für die Analyse der Umweltproblematik sind. Es handelt sich also um eine subjektive, wenn auch, wie ich hoffe, nicht ganz willkürliche Auswahl. Nur bei der ethischen Frage habe ich dabei verschiedene Ansichten aus einer Disziplin vertiefend gegenübergestellt. Dies wird eine kritische Betrachtung der erziehungswissenschaftlichen Diskussion ermöglichen und erste Ziele ökologischer Bildungsarbeit ergeben.

Der dritte Schritt wird eine Darstellung von Ansätzen und Zielen ökologischer Bildungsarbeit mit Blick auf die Erwachsenenbildung sein. Hier werde ich zum einen die erziehungswissenschaftliche Diskussion über die Umweltkrise darstellen, zum anderen die Vorschläge zur Umsetzung der Analysen in die praktische Bildungsarbeit. Dabei werde ich die vorgeschlagenen Ziele kritisch prüfen.

Der vierte Schritt wird einen Blick auf die Praxis der ökologischen Erwachsenenbildung am Beispiel Düsseldorfs beinhalten. Dabei habe ich untersucht, ob und wo ökologische Erwachsenenbildung angeboten wird.

Zwei Überlegungen werden den fünften Schritt, die Diskussion, anleiten: Zum einen die kritische Zusammenfassung der Ziele ökologischer Bildungsarbeit in Bezug auf die Analyse der Umweltkrise, zum anderen eine Einschätzung von Möglichkeiten der ökologischen Erwachsenenbildung.

Ohne die vielfältige Hilfe, die mir zuteil geworden ist, hätte ich diese Arbeit nicht fertigstellen können. Mein Dank gilt zunächst allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der von mir angeschriebenen Institutionen, die die Fragebögen ausgefüllt haben. Wertvolle Hilfe haben Sandra Weipert und Jochen Köhne geleistet, die ich lange Zeit mit immer wieder neuen Ideen konfrontiert habe, und die sich zudem der Mühe der Korrektur dieser Arbeit unterzogen haben. Besonders bedanken möchte ich mich beim Betreuer der Arbeit, Prof. Dr. Lüth, der mich nicht nur in diesem Fall mit viel Geduld beraten und unterstützt hat.

Perfekt kann eine wissenschaftliche Arbeit nicht sein, dazu bedürfte es wohl eines unendlichen Zeitvorrats. Mir bleibt daher nur zu hoffen, daß verbliebene Fehler und Unstimmigkeiten Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, den Spaß an der Lektüre nicht verderben werden.

2. Grundbegriffe

Unstrittige Begriffe sind in der Wissenschaft eher selten. Eine Darstellung der hier gemeinten Bedeutung von Grundbegriffen wird der Deutlichkeit dienen und mein Vorverständnis zeigen. Zugleich wird dadurch ein Rahmen für eine Betrachtung der Analysen der Umweltkrise gegeben.

2.1 Erwachsenenbildung

Den Schwerpunkt bildet in dieser Arbeit die Erwachsenenbildung. Tietgens beschreibt sie als ein Gebiet, "[...] das nicht eindeutig abgegrenzt ist" (Tietgens 1979, S.1); eine durchaus vorsichtige Formulierung. Hier bleibt die Begriffsbestimmung deshalb nur angedeutet. Erwachsenenbildung werde ich durch ihre Institutionen, durch ihre Geschichte, durch Erwachsene als Teilnehmerinnen und Teilnehmer und durch das lebenslange Lernen kennzeichnen.

2.1.1 Lebenslanges Lernen

Das Lernen galt lange als eine Phase am Anfang des Lebens und wurde mit dem Ende der Schulzeit abgeschlossen. Neuere Ansätze gehen dagegen von der Notwendigkeit lebenslangen Lernens aus:

"Die traditionelle Vorstellung von zwei Lebensphasen, die ausschließlich und voneinander getrennt entweder mit der Aneignung oder mit der Anwendung von Bildung zusammenfallen, wird abgelöst durch die Auffassung, daß organisiertes Lernen sich nicht auf eine Bildungsphase am Anfang des Lebens beschränken kann" (Deutscher Bildungsrat 1973, S.51).

Lebenslanges Lernen ist einer der wesentlichen Grundgedanken der Erwachsenenbildung. Das in der ersten Phase der Bildung erworbene Wissen reicht zur Erfüllung der an Einzelne herangetragenen Anforderungen oft nicht aus (vgl. ebd.). Anlaß sind die schnellen technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen, die Weiterlernen notwendig machen.

Ich möchte hier die Frage stellen, ob in diesem Sinne nicht auch die Veränderungen der natürlichen Umwelt ein Weiterlernen notwendig machen können.

2.1.2 Teilnehmer/Teilnehmerinnen

Erwachsenenbildung als Gebiet der Pädagogik läßt sich von anderen Gebieten vor allem durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer abgrenzen. Dazu schreibt Weinberg:

"Mit dem Begriff Erwachsenenbildung werden Bildungsveranstaltungen für Erwachsene bezeichnet, das sind Veranstaltungen, die der Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten dienen sollen und deren Teilnehmer Erwachsene sind." (Weinberg 1991, S.18)

Wichtig ist dabei, daß Erwachsene aufgrund ihrer Lebenssituation und Erfahrung anders lernen als Kinder und Jugendliche. Vermittlung sollte sehr weit verstanden werden und insbesondere auch das (angeleitete) Selbstlernen mit einbeziehen. Erwachsenenbildung hat also die Voraussetzungen, die Erwachsene mitbringen, zu prüfen und sich daran auszurichten.

2.1.3 Bedeutung der Geschichte

Wie Weinberg an der Entwicklung des Begriffs von der Arbeiter- über die Volks- und Erwachsenenbildung zur Weiterbildung zeigt (vgl. Weinberg 1991, S.17f.), ist Erwachsenenbildung nur aus dem Kontext der jeweiligen geschichtlichen Bedingungen zu verstehen.

"Kennzeichnend für die Erwachsenenbildung ist, und das gilt sowohl für die Vergangenheit als auch für die Gegenwart, daß sie aufs engste mit dem Prozeß des gesellschaftlichen Wandels verbunden ist." (Weinberg 1991, S.70)

Tietgens formuliert dies als Aufgabe:

"Es ist heute - anders als vor 20 Jahren - weder außergewöhnlich noch riskant, zu sagen, daß Erwachsenenbildung sich ihres gesellschaftlichen Bedingungsrahmens vergewissern sollte, daß es der Planung und der Realität von Erwachsenenbildung gut tut, auf ihre Voraussetzungen zu reflektieren." (Tietgens 1979, S.25)

Zugang zu diesem Problem hält Tietgens durch zwei Fragen für möglich: Durch die Betrachtung der geschichtlichen Entwicklung und die Betrachtung der jeweils aktuellen Gesellschaftsinterpretationen. (vgl. Tietgens 1979, S.25). Auch für Erwachsenenbildung angesichts der Umweltkrise ist eine solche Reflexion zur Bewußtmachung der impliziten Gesellschaftinterpretationen erforderlich.

2.1.4 Institutionen

Eine Möglichkeit zur Unterscheidung der Erwachsenenbildung in einzelne Gebiete bietet die Frage nach ihren Institutionen. Weinberg legt dabei einen weiten Begriff zugrunde:

"Der Erwachsenenbildungsbegriff umfasst, unabhängig von Rechtsstatus und bildungspolitischem Stellenwert, alle Organisationsformen, die der Bildung Erwachsener in Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft dienen" (Weinberg 1991, S.25).

Dabei sieht er Erwachsenenbildung als Oberbegriff und Weiterbildung als Bildungssystembegriff, der eine systematische Unterscheidung der Bereiche ermöglicht:

(vgl. Weinberger 1991, S.37)

Nicht-institutionalisierte Erwachsenenbildung spricht nicht-dauerhafte Lernsituationen an, für die keine Subventionen, dauerhafte Absicherung, Regularien oder Leitung bestehen (vgl. Weinberg 1991, S.38ff.).

Weiterbildung, die Weinberg in die offenen, öffentlich zugänglichen Formen der allgemeinen Erwachsenenbildung und die geschlossenen, nur bestimmten Gruppen zugänglichen Formen der beruflichen Weiterbildung unterteilt, läßt sich durch Lehr-Lern-Situationen und eine eigene innere Struktur kennzeichnen (vgl. Weinberg 1991, S.40ff.).

Erwachsenenbildung spricht wesentliche Lebensbereiche Erwachsener an (vgl. Weinberg 1991, S.43). Sie ist gekennzeichnet als ein Gebiet, in dem Erwachsene ihr in der ersten Lebensphase erworbenes Wissen ergänzen. Das geschieht in verschiedensten Institutionen. Dabei ist der Einfluß gesellschaftlicher Interessen zu vermuten. Dieses Interesse kann seinen Ausdruck auch in ihren Zielen finden.

2.2 Ziele der Erwachsenenbildung

Möglichkeiten der Zielsetzung von pädagogischem Handeln durch Wissenschaft werden in der Erziehungswissenschaft sehr unterschiedlich beurteilt und erforscht. In der Erwachsenenbildung besteht, vor allem wohl vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung des Gebietes, weitgehende Einigkeit darüber, daß Ziele aus den jeweiligen geschichtlichen Bedingungen und gesellschaftlichen Interessenlagen zu verstehen und durch Theorien begründbar sind. Wenig Beachtung findet dagegen die Frage, wer die Ziele der Erwachsenenbildung umsetzen soll.

2.2.1 Geschichtliche Entwicklung

Die Abhängigkeit der Erwachsenenbildung von den gesellschaftlichen Verhältnissen ist schon früh in ihrer Entwicklung zu sehen. Das soll hier durch einen kurzen Blick auf die Geschichte verdeutlicht werden.

Die Erwachsenenbildung kann in ihrer historischen Entwicklung bis in das Mittelalter zurückverfolgt werden (vgl. Pöggeler 1975, S.12). Größere Bedeutung bekam sie aber erst mit Beginn der Industrialisierung. Dabei zeigt sich der Einfluß gesellschaftlicher Interessen besonders deutlich. Das möchte ich kurz zeigen:

Der Beginn der Arbeiterinnen- und Arbeiterbildung fällt mit der Entstehung von Arbeiterinnen- und Arbeiterbildungsvereinen zusammen. Bildung soll den Arbeiterinnen und Arbeitern vor allem zu Recht und Ansehen im Staate verhelfen (vgl. Röhrig 1975, S.246f.).

Eine verstärkte Politisierung dieser Vereine tritt nach der Aufhebung des Verbots von 1854 ab 1859 auf. Besondere Bedeutung erlangt dabei der Vortrag "Wissen ist Macht - Macht ist Wissen" von Wilhelm Liebknecht 1872, der die Arbeiterbildung der Sozialdemokratie begründet. Hier wird die Möglichkeit zur Bildung nur in Verbindung mit einer Überwindung der entfremdenden Arbeitsverhältnisse für möglich erachtet, mithin Bildung und Politik in einen unmittelbaren Zusammenhang gesetzt (vgl. Röhrig 1975, S.247ff.). Darin kann das Interesse dieser Bildungsarbeit gesehen werden.

Auf Unternehmerseite besteht mit Beginn der Industrialisierung ein verstärktes Interesse an Erwachsenenbildung. Durch Technisierung der Produktion werden besser Ausgebildete zur Maschinenbedienung gebraucht, die größer werdenden Unternehmen erhöhen gleichzeitig den Bedarf an qualifizierten Führungskräften (vgl. Arlt 1975, S.280f.), womit sich ein weiteres Interesse an Bildungsarbeit ausdrückt.

Die unterschiedlichen Interessen bestimmmen auch heute noch die Erwachsenenbildung. Dies spiegelt sich in der institutionellen Unterscheidung der Weiterbildung in Allgemeine Erwachsenenbildung und Berufliche Bildung wieder.

Es wird deutlich, daß Erwachsenenbildung eng mit der historischen Entwicklung verknüpft ist und die Festlegung ihrer Ziele in Abhängigkeit von gesellschaftlichen Interessenlagen gesehen werden muß, ihr andererseits aber auch das Potential zugesprochen wird, die gesellschaftlichen Verhältnisse zu verändern.

2.2.2 Technokratische und Emanzipatorische Bildung

Der widersprüchliche Einfluß gesellschaftlicher Interessen auf Erwachsenenbildung läßt sich durch die Begriffe technokratische und emanzipatorische Bildung ausdrücken.

Ausgangspunkt ist für Strzelewicz die Frage,

"[...] wieweit Erwachsenenbildung im besonderen in erster Linie die Aufgabe habe, entweder dem Arbeitsmarkt und der Arbeitswelt mit ihren industriellen Apparaturen "effektives Menschenmaterial" zur Erhaltung oder Erhöhung des technologischen Standards, des ökonomischen Outputs oder Profits zu liefern - oder der Demokratisierung der ganzen Gesellschaft zu dienen" (Strzelewicz 1972, S.134).

Das erste bezeichnet Strzelewicz im Anschluß an Marcuse als technokratisch, das andere im Anschluß an Habermas als emanzipatorisch.

Technokratie bedeutet hier für Strzelewicz:

"[...] die Herrschaft derer, die die modernen industriellen technischen Apparaturen und die damit zusammenhängenden bürokratischen Apparate de facto und keineswegs nur de jure kontrollieren und kommandieren [...]" (Strzelewicz 1972, S.136).

Emanzipation bedeutet demgegenüber alles,

"[...] was die weitere Demokratisierung unserer Gesellschaft und den Abbau jeder Herrschaftsstruktur, d.h. die Beseitigung von privilegierten Monopolstellungen und die zunehmende Gleichstellung in den Startchancen vorantreiben würde" (Strzelewicz 1972, S.137).

Strzelewicz sieht allerdings kein antithetisches Verhältnis zwischen beiden Positionen. Emanzipation ist nicht gegen die industrielle Technik, sondern auf Basis der industriellen Technik anzustreben. Eine Entscheidung für eine solche Erwachsenenbildung muß eine Beteiligung der Betroffenen an den Entscheidungen über die Inhalte und die Form der Erwachsenenbildung berücksichtigen (vgl. Strzelewicz 1972, S.139f.).

"Deswegen kann man den Satz wagen, daß Lern- und Leistungsbemühungen in der emanzipatorischen Struktur eine die Demokratisierung fördernde Funktion in jedem Lernbereich erfüllen kann - und umgekehrt, daß die autoritäre Lern- und Leistungsstruktur die technokratische Tendenz wieder in allen Bereichen der Bildungsaktivität, besonders auch in der Erwachsenenbildung, zu stützen vermag" (Strzelewicz 1972, S.146f.).

Diese Unterscheidung von technokratischen und emanzipatorischen Ansätzen ist für die ökologische Erwachsenenbildung relevant. Denn auch hier stellt sich die Frage nach dem Verhältnis von technologischen und emanzipatorischen Ansätzen zur Überwindung der ökologischen Krise.

2.2.3 Adressaten von Zielen

Die Ziele von Bildungsarbeit müssen nun Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner finden. Aus der bisherigen Bestimmung des Begriffs Erwachsenenbildung ergeben sich als mögliche Adressatinnen und Adressaten von Zielen: Institutionen der Erwachsenenbildung, Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie Dozentinnen und Dozenten.

Ziel als teleologischer Begriff setzt aber voraus, daß jemand da ist, der es verfolgt (vgl. Schischkoff 1991, S.803). Ziele der Erwachsenenbildung können sich demnach nur an Menschen wenden. Hier sind damit Dozentinnen und Dozenten oder Teilnehmerinnen und Teilnehmer angesprochen. Institutionen können nach diesem Verständnis keine Ziele verfolgen, die Ziele verfolgen immer die in einer Institution organisierten Menschen.

Dabei ist aber zu beachten, daß nicht alle Personen, die Ziele vorschlagen, auch selbst diese Ziele verfolgen müssen. Ich werde hier solche Ziele diskutieren und vorschlagen, die als Ratschläge an Erwachsenenbildung verstanden werden können (vgl. Brezinka 1990, S.126). Der Vorschlag eines Ziels kann als erster Schritt aufgefasst werden. Zur Umsetzung muß es von Menschen verfolgt werden.

2.2.4 Begründung von Zielen durch Theorien

Die theoretische Begründung von Erziehungszielen war mit der realistischen Wende aus der Erziehungswissenschaft verschwunden. Es schien nur noch die Frage nach beobachtbaren Lehr-Lernprozessen übrigzubleiben (vgl. Brumlik 1983, S.406).

Im Rahmen des Positivismusstreits wurde dieser Ansatz durch die Rezeption von Habermas Theorie des Kommunikativen Handelns überwunden, was es der Erziehungswissenschaft erlaubte "[...] mit der Diskussion um die Methodologie des Curriculums ureigenstes Terrain wiederzugewinnen, wobei in diesem Bereich aber eher von Lernzielen als von Erziehungszielen gesprochen wird" (Brumlik 1983, S.406).

Zur Begründung und Rechtfertigung von Erziehungszielen gibt es allerdings keine Einigkeit zwischen den Forschungsansätzen:

- "Daß die Frage nach dem faktischen Zustandekommen von Erziehungszielen unter gegebenen historischen, sozialen und psychischen Bedingungen legitimer Teil der Erziehungswissenschaft ist, scheint [...] akzeptiert" (Brumlik 1983, S.408).

- "Historisch gesehen waren es vor allem die von Dilthey, Nohl und Weniger begründete geisteswissenschaftliche Pädagogik und die empirisch-analytische Erziehungswissenschaft, die eine wissenschaftliche Begründung von Erziehungszielen aus der Einsicht in deren historische Relativität sowie aus dem Theorem der Nichtableitbarkeit eines Sollens aus einem Sein für unmöglich erachteten" (Brumlik 1983, S.408).

- "Die Vertreter einer normativ transzendentalen (Heitger, Petzel) sowie einer der Kritischen Theorie der Gesellschaft nahestehenden Erziehungswissenschaft (Blankert, Lempert, Mollenhauer) sind demgegenüber der Meinung, daß eine verbindliche Begründung oberster Lernziele zumindest im Prinzip möglich ist" (Brumlik 1983, S.408f.).

Auch in der Erwachsenenbildung ist die Frage nach der Begründung von Zielen strittig. Dabei dreht sich der Streit aber weniger um die Möglichkeit der Begründung von Zielen, sondern - die Möglichkeit akzeptierend - um konkurrierende Zielsysteme. So schreibt Weinberg:

"Theorien der Erwachsenenbildung bestehen aus Sätzen, in denen begründet wird, welche Aufgaben die Erwachsenenbildung wahrnehmen sollte und auf welche Ziele hin in der Erwachsenenbildung gearbeitet werden sollte" (Weinberg 1991, S.85).

Die Theorien sollen dazu ein rational nachvollziehbares und widerspruchsfreies Gedankengebäude formen (vgl. Weinberg 1991, S.85). Weinberg formuliert diese Thesen in Anlehnung an Siebert, der es als eine wesentliche Aufgabe ansieht, die Frage nach dem Warum und Wozu des Weiterlernens zu stellen (vgl. Siebert 1972, S.70). Dabei sollte ein Konsens mit den Lernenden über die Ziele zugrunde liegen:

"Der Erwachsene muß selbst bestimmen können, zu welchem Zweck er lernt" (Siebert 1972, S.72).

Wenn nun eine Verhaltensänderung erreicht werden soll, dann muß geklärt werden, "[...] wer solche Ziele für Erwachsene setzen darf und wie sie begründet werden können" (Siebert 1972, S.75). Siebert findet drei Begründungsformen: Die Ableitung aus wissenschaftlichen Disziplinen, die empirische Analyse der Verwendungssituationen und eine Bedürfnisanalyse der Adressaten (vgl. Siebert 1972, S.76).

"Dennoch wird die endgültige Entscheidung über Zielprioritäten von den Beteiligten in einem gesellschaftlichen Kommunikationsprozeß gefällt werden müssen. Zu diesen Entscheidungsträgern gehören die Träger und Leiter der Einrichtungen sowie die ausführenden Dozenten und die Adressaten" (Siebert 1972, S.77).

Dabei wird hier kritisch zu prüfen sein, welchen Beitrag die vorgeschlagenen Begründungsformen leisten können.

Für das Verständnis von Zielen in dieser Arbeit wurde deutlich, daß sie sich nicht wissenschaftlich festlegen lassen, sondern in einem gesellschaftlichen Kommunikationsprozeß, der wieder auf dem Hintergrund der jeweiligen historischen und gesellschaftlichen Bedingungen zu verstehen ist, ausgehandelt werden. Diesen Hintergrund zu analysieren und sich auf der Grundlage dieser Analyse an der Diskussion zu beteiligen kann als eine Aufgabe von Wissenschaft angesehen werden.

Damit ist meine Position hier deutlich: Die Ziele werden aus den wissenschaftlichen Diziplinen abgeleitet, dann aber nicht absolut gesetzt, sondern als Beitrag zu einem gesellschaftlichen Diskurs über diese Ziele betrachtet, an dem mindestens die Dozentinnen und Dozenten und Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Erwachsenenbildung zu beteiligen sind.

Die Ziele wenden sich dann an die Dozentinnen und Dozenten und an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Erwachsenenbildung, womit unterstellt ist, daß beide einer vernünftigen Begründung solcher Ziele zugänglich sind und die Frage aufgeworden wird, wie sie die Ziele verfolgen können. Institutionen können sich zwar an der Diskussion über die Ziele beteiligen, sie aber nicht verfolgen. Das heißt, daß Institutionen an der Festlegung von Zielen beteiligt sein können, sie aber erst durch Menschen zu praktischer Relevanz gelangen.

Ein besonderes Gebiet von Zielen ist nun durch die Umweltkrise entstanden. Aspekte der Umweltkrise zeigen sich im Ökologiebegriff.

2.3. Ökologie

Der Ökologiebegriff ist heute ein weitverbreitetes Modewort geworden. Umso notwendiger ist es, seine Verwendung klarzustellen. Hier sind drei Aspekte von Ökologie relevant: Der naturwissenschaftliche Ökologiebegriff, der vor allem 'harte Fakten', also technisch-biologisches Wissen einschließt, der philosophische Begriff, der ästhetische und ethische Fragen anspricht, und der politische, der im Mensch-Natur-Verhältnis die menschlichen Gesellschaft in den Mittelpunkt stellt.

2.3.1 Mensch in der Natur

Ausgangspunkt für den naturwissenschaftlichen Ökologiebegriff ist für Odum der griechische Ursprung des Wortes:

"Das Wort Ökologie leitet sich von den griechischen Worten oikos, was "Haushalt" bedeutet, und logos - "die Lehre von" - ab" (Odum 1991, S.36).

Ökologie ist demnach die Lehre vom Haushalt der Natur, oder, anders formuliert nach Bick:

"Man kann Ökologie definieren als die Wissenschaft von den Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Organismen, zwischen Organismen und den auf sie einwirkenden Umweltfaktoren sowie zwischen den verschiedenen Umweltfaktoren. Als Organismen werden hier Mikroorganismen [..], Pflanzen, Tiere und Menschen zusammengefasst" (Bick 1987, S.16).

Natur wird als Lebenserhaltungssystem für den Menschen gesehen, der Mensch als Teil der Natur. Die Ökologie als biologische Wissenschaft stellt die Natur systematisch dar (vgl. Odum 1991, S.21):

Dabei lassen sich verschiedene Prinzipien unterscheiden:

- Das erste ist die hierachische Gliederung, d.h. eine Folge funktioneller Einheiten. In der ökologischen Hierachie lassen sich die Einheiten Organismus, Population, Lebensgemeinschaft, Ökosystem, Landschaft sowie Biom, biogeographische Region und Biosphäre unterschieden (vgl. Odum 1991, S.38ff.);

- das zweites Prinzip ist die funktionelle Integration und meint, daß jede Ebene der Hierachie die angrenzenden Ebenen beeinflußt (vgl. ebd.);

- das dritte Prinzip ist die Homöostase. Homöostatische Mechanismen sind ausgleichende, schwingungsdämpfende Kräfte und Regelkreise (vgl. Odum 1991, S.43).

Unter Berücksichtigung dieser Prinzipien werden dann Ökosystemmodelle entworfen. Ökosysteme werden dabei als offene Systeme verstanden (vgl. Odum 1991, S.50). Sie lassen sich vor allem durch ihre Lebewesen und durch abiotische Faktoren kennzeichnen. Letztere umfassen den Energiefluß und Stoffkreisläufe (vgl. Odum 1991, S.59).

Dadurch wird Natur als ökologisches System beschrieben. Dieses System unterliegt nun selbst systematischen Veränderungen. Diese werden bei Entwicklungen, die 1000 Jahre oder länger benötigen, als Evolution, bei schnelleren Entwicklungen als Sukzession bezeichnet (vgl. Odum 1991, S.196).

Naturbeschreibung unter Berücksichtigung der Wechselwirkungen verschiedener Kreisläufe und der Veränderungen der Natur sind der erste Aspekt des hier verwendeten Ökologiebegriffs.

2.3.2 Natur des Menschen

Auch in der Philosophie läßt sich der Ökologiebegriff, wie Rock schreibt, in Rückbesinnung auf die griechische Bedeutung des Wortes angehen:

"Ökologie heißt nämlich "Lehre" (=Logos, Logie) über das "Haus" (=Öko, Oikos), und zwar über das Haus, in dem wir Menschen als irdische Lebewesen beherbergte Heimat haben und behausende Unterkunft finden. [...] Das Gesamt der das irdische Haus-Wesen konstituierenden und zusammenhaltenden ökologischen Elemente macht menschliche Umwelt aus. [...] Entscheidend ist der Blick für den universalen Kontext im wahrsten Sinne dieses Wortes; denn Umwelt hat echt komplexen Charakter [...]" (Rock 1984, S.6).

Die Frage ist hier die nach dem Verhältnis von Mensch und Natur. Diese Frage steht nach Litt seit dem Beginn der Neuzeit im Mittelpunkt der Ethik (vgl. Litt 1981, S.12f.).

"Ethik [...] ist die "praktische" Philosophie, denn sie sucht nach einer Antwort auf die Frage: was sollen wir tun? [...] Die E[thik] lehrt, die jeweilige Situation zu beurteilen, um das ethisch (sittlich) richtige Handeln zu ermöglichen" (Schischkoff 1991, S.185).

Ethische Darstellungen lassen sich in verschiedene Grundauffassungen unterscheiden: die Wertethik, den sozialen Eudämonismus und die christliche Ethik.

- Wertethik setzt voraus, daß der Mensch die Freiheit der Wahl hat. Die durch Erziehung erschlossenen Werte und das dadurch entstandene Wertbewußtsein ermöglichen ein an ethischen Maßstäben orientiertes Handeln (vgl. Schischkoff 1991, S.185f.). Dabei läßt sich zwischen Grundwerten, Tugenden und spezielleren ethischen Werten unterscheiden (vgl. Schischkoff 1991, S.186).

- Eudämonismus ist "[...] eine die Glückseligkeit als Motiv und Ziel alles Strebens betrachtende Ethik" (Schischkoff 1991, S.187). Sozialer Eudämonismus strebt "[...] das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl" (Schischkoff 1991, S.188) an.

- Die christliche Ethik erkennt in ihrer unveränderlichen Wesens- und Zielordnung Gottes Gebot als Maßstab an (vgl. Schischkoff 1991, S. 186f.).

Als wesentlich für die ökologische Frage sieht Birnbacher die Diskussionen um eine Zukunftsethik an (vgl. Birnbacher 1988, S.9), die dem Bereich der Wertethik zuzuordnen sind. Die Freiheit des Menschen zu wählen, und die damit verbundene Notwendigkeit der ethischen Orientierung sind ebenso bedeutsam. Dabei möchte ich betonen, daß Freiheit im Denken und im Handeln besteht und also auch beides der ethischen Orientierung bedarf.

Ein weiteres Problem, das philosophische Fragen berührt, ist die Wahrnehmung von Natur, also die Ästhetik. Ästhetik ist die

"[...] Lehre vom Schönen, allgemeiner: vom ästhetisch Belangvollen, seiner Wirklichkeitsart [...], seinen Gesetzen und Normen [...], seinen Spielarten bzw. Typen [...], seinem Verhältnis zu Natur u. Kunst, seiner Entstehung bzw. Stellung im künstlerischen Schaffen und Genießen" (Schischkoff, 1991, S.44).

Für die Ökologie gewinnt Ästhetik ihre Bedeutung in der Naturwahrnehmung

"Auf dem ästhetischen Zufahrtsweg zur Natur werden wir "empfindlich" für jene Qualität der Natur, die sie um ihrer selbst willen liebenswert macht. [...] Ästhetische Sensibilität ist überhaupt die ökologische Sensibilität, d.h. die positive Grundstimmung und Sympathie für Natur; in ihre finden wir den "guten ökologischen Umgangston" " (Rock 1992, S.59).

Dabei besteht ein enger Zusammenhang zu ethischen Überlegungen: "In der Gegenwart wird das ästhetische Erleben als das Erleben eines Wertes aufgefaßt und im Rahmen der [..] Wertphilosophie behandelt" (Schischkoff 1991, S.45). Naturwahrnehmung, d.h. ästhetische Sensibilität für Natur, steht also im engen Zusammenhang mit ethischem Denken und Handeln.

2.3.3 Politische Ökologie

Durch die Bedeutung von Naturwahrnehmung für den Umgang mit Natur hat Ästhetik auch eine Bedeutung für Politik. So beklagt Meyer-Tasch die "[...] Spaltung von Ökologie, Politik und Ästhetik [...]" (Meyer-Tasch 1987, S.15). Er sieht einen strukturellen und funktionellen Zusammenhang von Ökologie, Politik und Ästhetik (vgl. Meyer-Tasch 1987, S.16).

Für das Individuum bedeutet dies, daß sein Verhalten von seiner Umweltwahrnehmung mitbestimmt wird, es andererseits mit diesem Verhalten auf seine Umwelt, das meint hier die natürliche und die soziale Umwelt, einwirkt. Dazu kann sich das Individuum am öffentlichen Leben beteiligen und Forderungen geltend machen. Tut es das in Institutionen oder gesellschaftlichen Gruppen, dann fällt das nach Graw und Gross unter den Begriff der Umweltpolitik.

"Handelnde in der Umweltpolitik sind Staat und politische Parteien, Industrie und Gewerkschaft, Medien und Bürgerinitiativen" (Graw/Gross 1988, S.69).

1969 wurde lt. Barbian der Umweltpolitik in einer Regierungserklärung der sozialliberalen Koalition ein eigenständiges Politikfeld zugewiesen (vgl. Barbian 1992, S.154). Seitdem wird auf den Ebenen von Bund, Ländern und Gemeinden die Umweltpolitik von den Beteiligten gestaltet (vgl. Graw/Gross 1988, S.69). Dabei sind nach Sandhövel vier Prinzipien leitend: das Verursacherprinzip, wenn dies nicht möglich ist das Gemeinlastprinzip, präventiv das Vorsorgeprinzip und damit eng verbunden das Kooperationsprinzip (vgl. Sandhövel 1992, S.169).

Durch die technische Macht des Menschen über Natur ist diese zum Verhandlungsgegenstand menschlicher Diskussionen geworden. Ökologische Politik muß dabei auch in ihrer historischen Entwicklung und in Abhängigkeit von den gesellschaftlichen Interessen gesehen werden.

Damit möchte ich als meine Position deutlich machen, daß eine Diskussion um Ökologie angesichts der Umweltkrise sich nicht mit technologischen Entwicklungen oder Schadensbeschreibungen begnügen darf, sondern daß im Sinne einer kritischen Aufklärung, wie Altner schreibt, eine "[...] Grundsatzdiskussion über die Orientierungskrise des Fortschritts [...]" (Altner 1982, S.15), die im weitesten Sinne "[...] die Suche nach einer neuen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung [...]" (Altner 1987, S.16) meint, erforderlich ist. Das bedeutet hier besonders die Beteiligung der und des Einzelnen und seine Befähigung dazu, aber auch das Hinterfragen gesellschaftlicher Strukturen.

Der Ökologiebegriff wird hier also durch die Beschreibung der Umwelt durch den Menschen, durch die Beurteilung von Umwelt durch den Menschen und durch Handeln des Menschen in der Umwelt bestimmt.

3. Zur Analyse der Umweltkrise

Der Analyse der Umweltkrise lege ich einen recht weit verstandenen Ökologiebegriff zugrunde. Auf den naturwissenschaftlichen Aspekt möchte ich bei der folgenden Analyse der Umweltkrise am Beispiel des Treibhauseffekts eingehen. Im Mittelpunkt werden dann die Nachbardisziplinen der Erziehungswissenschaft mit ihren Beschreibungen stehen. Den Schwerpunkt wird eine Darstellung unterschiedlicher ethischer Ansätze bilden.

Ich werde bei den verschiedenen Perspektiven jeweils untersuchen, ob die Aspekte aus dem durch die Grundbegriffe dargestellten Vorverständnis hier eine Bestätigung finden oder verworfen werden müssen. Dadurch wird sich eine differenziertere und begründete Sichtweise der Umweltkrise ergeben. Diese Sichtweise soll eine Beurteilung erziehungswissenschaftlicher Ansätze ermöglichen. Zudem werde ich dabei Grundsätze für Ziele einer ökologischen Bildungsarbeit herausarbeiten.

Doch zunächst zur naturwissenschaftlichen Beschreibung am Beispiel des Treibhauseffekts.

3.1 Treibhauseffekt

Der Treibhauseffekt bezeichnet vor allem eine Erwärmung der Erdatmosphäre durch Treibhausgase. Treibhausgase sind Kohlendioxid, Methan, Distickstoffmonoxid und Fluorkohlenwasserstoffe. Diese absorbieren von der Erdatmosphäre abgestrahlte Infrarotstrahlung und halten so die irdische Strahlungswärme zurück. Kohlendioxid hat dabei die größte Bedeutung.

Für dieses gilt als gesichert nach Hougthon und Woodwell, das die Konzentration seit der Mitte des 19. Jahrhunderts um 24% zugenommen hat. In diesem Zeitraum ist die Temperatur der Erdatmosphäre um durchschnittlich 0,5 bis 0,7 Grad gestiegen, besonders in den letzten zehn Jahren. Dieser Temperaturanstieg ist signifikant, also nicht zufällig zu erklären. Bei Untersuchungen an Bohrkernen in der Antarktis zeigte sich allerdings, daß die Temperaturschwankungen der letzten 160.000 Jahre fünf- bis 14mal gößer waren, als es der Kohlendioxidgehalt der Erdatmosphäre erwarten lassen würde. Hier sind also weitere Mechanismen und positive Rückkoppelungen zu vermuten (vgl. Houghton/Woodwell 1989, S.106ff.). Solche Mechanismen könnten der beschleunigte Zerfall organischer Substanzen durch die Temperaturerhöhung, der gleichzeitig eine Erhöhung der Methankonzentration bewirkt (vgl. Houghton/Woodwell 1989, S.109), schnelleres Waldsterben durch die Klimaveränderung, aber auch schnelleres Wachstum durch Kohlendioxidanstieg sein.

Damit sieht Schneider es nicht als bewiesen an, daß der Kohlendioxidanstieg die Erwärmung verursacht hat, der beobachtete Effekt kann auch anders erklärt werden: Die Konzentration der Treibhausgase steigt durch die Erwärmung, die ihrerseits durch Veränderungen der Erdumlaufbahn oder interne Dynamik der Vereisung an den Polkappen ausgelöst wird (vgl. Schneider 1989, S.73). Klar ist aber, daß die Kohlendioxidemissionen durch den Verbrauch fossiler Brennstoffe, trotz ihres kleinen Anteils am Gesamtumsatz, eine Konzentrationssteigerung des Kohlendioxids bewirken können (vgl. Houghton/Woodwell 1989, S.113).

Unklar ist dagegen, wie die zu erwartenden Veränderungen aussehen: Wieviel Temperaturanstieg in welchem Zeitraum mit welchen Auswirkungen auf das Klima sich ergeben wird, das wird das Ergebnis dieses unfreiwilligen Großexperiments sein, kann aber nicht vorhergesagt werden (vgl. Schneider 1989, S.70).

Auch viele Teile dieser Klima-Mechanismen sind noch unbekannt und bergen Überaschungen. So wurde lt. Bazzaz und Fajer lange angenommen, der Anstieg von Kohlendioxid in der Erdatmosphäre, das auch einen begrenzenden Wachstumsfaktor für Pflanzen darstellt, werde ein schnelleres Pflanzenwachstum bewirken, die den Anstieg der Konzentration des Gases in der Atmosphäre abbremsen würden (vgl. Bazzaz/Fajer 1989, S.64). Experimente haben jedoch gezeigt, daß dieser Effekt nicht eintritt, wobei unklar ist, warum er nicht eintritt (vgl. Bazzaz/Fakjer 1989, S.66). Statt dessen wird eine Verschiebung bei der Vorkommenshäufigkeit vorhandener Pflanzenarten erwartet (vgl. Bazzaz/Fajer 1989, S.67).

An dieser kurzen Darstellung wird deutlich, daß die naturwissenschaftliche Analyse keine einfachen Beschreibungen liefert. Wir haben es vielmehr mit einem komplexen System zu tun, daß durch solche Beschreibungen (noch?) nicht vollständig beschrieben werden kann. Nötig ist die Beschreibung aber dennoch, denn ein Temperaturanstieg um 0,7°C oder der Anstieg des Kohlendioxidgehalts um 24% entziehen sich der unmittelbaren menschlichen Wahrnehmung. Solche Veränderungen der Natur sind nur durch naturwissenschaftliche Messungen zugänglich.

Die Interpretation solcher Messungen ist aber problematisch: Daß der Anstieg der Treibhausgase den Temperaturanstieg bewirkt, ist eine Vermutung. Eine andere ist, daß der Temperaturanstieg die Treibhausgaskonzentration erhöht. Möglich wäre auch, daß beides richtig ist und wir es mit einem Wechselspiel zu tun haben. Ebenso möglich ist auch, daß es weitere Erklärungsmöglichkeiten gibt, die noch nicht erkannt wurden.

Die Beschreibungen sind also unvollständig und interpretationsbedürftig. Der naturwissenschaftliche Aspekt des Ökologiebegriffs muß damit ergänzt werden: Das naturwissenschaftliche Wissen über die Umweltkrise ist nicht umfassend und muß interpretiert werden. Wegen der Abhängigkeit der Wahrnehmung der Umweltkrise von diesem Wissen ist damit auch diese unvollständig und bedarf einer Interpretation.

3.2 Grenzen des Wachstums

Ein Modell, das Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Aspekten der Umweltkrise berücksichtigt, haben Meadows et. al. entworfen. Ihre Studie beschreibt die Erde als einen begrenzten Planeten mit ebenso begrenzten Ressourcen. Grundlage für die 'Grenzen des Wachstums' sind drei Überlegungen:

- Die Gefahr exponentiellen Wachstums

Exponentielles Wachstum läßt sich in zahlreichen Eckdaten finden, so z.B. im Bevölkerungswachstum. Die Folge von solchen Wachstumsprozeßen ist, "[...] daß Maßnahmen, die erst ergriffen werden, wenn sich schädliche Wirkungen gezeigt haben, viel zu spät kommen, um noch viel stärkeres Anwachsen der schädlichen Wirkungen zu vermeiden. Diese Systeme sind außerordentlich schwierig zu beherrschen; denn es ist bei ihnen erforderlich, in der Gegenwart Maßnahmen gegen Folgen in der fernen Zukunft zu ergreifen, die für einen Großteil der augenblicklich lebenden Menschen ohne praktischen Belang sind" (Meadows 1990, S.71).

- Die begrenzte Erde

"Es zeigt sich nun, daß diese Schwierigkeiten letztlich eine gemeinsame, recht banale Ursache haben: unsere Erde ist nicht unendlich. Je mehr sich die menschlichen Aktivitäten den Grenzen der irdischen Kapazität nähert, um so sichtbarer und unlösbarer werden die Schwierigkeiten. Die menschliche Gesellschaft hat noch nicht gelernt, diese Schwierigkeiten zu erkennen und sie zu beherrschen" (Meadows 1990, S.74).

- Die Erde als vernetztes System

Die Erde läßt sich als vernetztes System beschreiben. Meadows et. al. haben ein einfaches Simulationsmodell erstellt. "In dem Modell sind nur die grundlegenden Beziehungen zwischen der Bevölkerung, der Nahrungsmittelversorgung, der Investition, den Abfallstoffen, Rohstoffen und der Produktion berücksichtigt, aber es sind Beziehungen, die überall auf der Welt grundsätzlich gleich sind und in jeder speziellen Bevölkerungsgruppe gleichartig wirken wie in der Weltbevölkerung als Ganzes" (Meadows 1990, S.82).

Auf Basis dieser Grundüberlegungen wird nun von Meadows et. al. ein Simulationsmodell erstellt, das insgesamt 99 Faktoren enthält und eine Abschätzung der weiteren Entwicklung ermöglichen soll. Die Ergebnisse der Simulationaläufe sind erschreckend: Ein Kollaps bis zum Jahr 2020 erscheint als sicher. Auslöser sehen Meadows et. al. in der übermäßigen Ausbeutung und der damit verbundenen Vernichtung der auf der Erde vorhandenen Ressourcen. Auch Veränderungen in den Wachstumsraten durch angenommene Kontrollen stoßen an Grenzen:

"Wenn man von der Annahme ausgeht, Bevölkerungswachstum und Kapital dürfen nicht beschränkt werden und sollten sich selbst einpegeln, ist es einfach unmöglich, irgendwelche Maßnahmen zu finden, die dieses Überschießen von Grenzen verhindern können" (Meadows 1990, S.129).

Meadows et. al. versuchen nun, das Simulationsmodell durch die Begrenzung verschiedener Faktoren zu stabilisieren. Als Mindestanforderung für ein globales Gleichgewicht ergibt sich:

"1. Kapital und Bevölkerung bleiben zeitlich konstant. Die Geburtenrate ist gleich der Sterberate, die Rate der Kapitalerzeugung gleich der Rate der Kapitalabnutzung.

2. Alle Zugangs- und Abgangsraten wie Geburten, Todesfälle, Investitionen und Verschleißwerte werden auf ein Mindestmaß beschränkt.

3. Die Größen von Kapital und Bevölkerung und das Verhalten dieser beiden Größen sind den Wertmaßstäben der Gesellschaft angepaßt. Diese Größen können abgeändert und langsam den sich ergebenden neuen technologischen Möglichkeiten angepaßt werden" (Meadwos 1990, S.156).

Erst eine Begrenzung der Industrieproduktion, eine längere Nutzung von Kapitalinvestitionen, eine Begrenzung des Bevölkerungswachstums, eine Nutzbarmachung von erodierten oder unfruchtbaren landwirtschaftlichen Flächen und eine Schonung der natürlichen Ressourcen ermöglichen nach dieser Auffassung in der Kombination eine Stabilisierung. Werden diese Maßnahmen allerdings erst um das Jahr 2000 ergriffen, läßt sich nach den Simulationen nur ein vorübergehendes Gleichgewicht erreichen. Meadows et. al. ziehen Konsequenzen aus diesen Berechnungen:

"1. Wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhält, werden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht. [...]

2. Es erscheint möglich, die Wachstumsgrenzen zu ändern und einen ökologischen und wirtschaftlichen Gleichgewichtszustand herbeizuführen, der auch in weiterer Zukunft aufrechterhalten werden kann. [...]

3. Je eher die Menschheit sich entschließt, diesen Gleichgewichtszustand herzustellen, und je rascher sie damit beginnt, um so größer sind die Chancen, daß die ihn auch erreicht" (Meadows 1990, S.17).

Wie kann an die Probleme nun herangegeangen werden? Zielvorstellung ist ein Modell, das

"1. aufrechterhaltbar ist ohne Tendenz zu plötzlichem unkontrolliertem Zusammenbruch und

2. die Kapazität besitzt, die materiellen Bedürfnisse der Weltbevölkerung zu befriedigen" (Meadows 1990, S.142).

Meadows et. al. halten dazu eine Beschleunigung der sozialen, ethischen, politischen und kulturellen Anpassung an die technische Entwicklung für nötig (vgl. Meadows 1990, S.135). Vor allem aber ist es nach den Modellrechnungen nötig, die Bevölkerung zu stabilisieren (d.h. 2 Kinder pro Familie), das Kapitalwachstum zu stoppen (auf dem Stand von 1975) und zusätzliche technologische Maßnahmen (wie Recycling etc.) zu ergreifen. Der Gleichgewichtszustand ist dabei von Meadows et. al. nicht als Stillstand gedacht. Ein qualitatives Wachstum ist möglich, Erziehung und Schulung, Grundlagenforschung, Sport, soziale Kontakte etc. könnten sich entwickeln.

Meadows et. al. betonen hier: Von den Alternativen: weiteres Wachstum, Selbstbeschränkung oder Beschränkung durch Lasten aus der Umwelt sind nach den Modellrechnungen nur die letzten beiden möglich.

"Wenn man sich entscheidet, nichts zu tun, entscheidet man sich in Wirklichkeit die Gefahren des Zusammenbruchs zu vergrößern" (Meadwos 1990, S.164).

Die Berechnungen von Meadows et. al. werden 1980 von einer US-Regierungsstudie - Global 2000 -, für die aus den Verwaltungen der US-Regierung Informationen zusammengetragenen und von Kaiser herausgegeben werden, bestätigt. Die Prognosen bis zum Jahr 2000 ergeben beispielsweise:

- "Die gegenwärtigen Einkommensdisparitäten zwischen den wohlhabendsten und den ärmsten Ländern werden sich den Prognosen zufolge verstärken" (Kaiser 1982, S.49).

- "Pro Kopf werden die Holzbestände weltweit voraussichtlich um 47% und in den UL [unterentwickelten Ländern] um 63% zurückgehen" (Kaiser 1982, S.61). "Voraussichtlich bis zum Jahr 2020 wird praktisch der gesamte zugängliche Wald in den UL abgeholzt sein" (Kaiser 1982, S.62).

- "Für den Zeitraum von 1975 bis 2000 wird welteit eine Steigerung des Wasserverbrauchs um 200-300% erwartet. Den bei weitem größten Anteil hat dabei die künstliche Bewässerung" (Kaiser 1982, S.62).

Auch die Prognosen der Folgen für die Umwelt sind nicht eben rosig: Bodenerosion, Nährstoffverlust und Versalzung sind für die Böden zu erwarten, die Wasserverschmutzung wird durch die Anwendung von Pestiziden zunehmend Probleme aufwerfen, die Ökosysteme der Küstengebiete werden massiv verschmutzt oder zerstört, die Wälder werden vernichtet, die Luftverschmutzung durch sauren Regen, Kohlendioxyd und Ozon wird zunehmen, die Gefahr einer radioaktiven Verseuchung steigt, bis zu 2 Millionen Arten werden aussterben, etc. etc. Die Erde im Jahr 2000 läßt also ein weniger angenehmes Bild erwarten. Und das, obwohl die Vorhersagen von Global 2000 wegen der fehlenden Verknüpfung der einzelnen Gebiete eine recht optimistische Prognose darstellen (vgl. Kaiser 1982, S.77-97)!

Die Ursache der Umweltkrise sehen Meadows et. al. in der zu langsamen Anpassung der menschlichen Kultur an die technische Entwicklung. Sie wird damit nicht nur als Herausforderung für die Technologieentwicklung oder Politik gesehen, sondern auch als Herausforderung für sozialen Systeme, und damit auch für das Bildungssystem. Die Möglichkeit, Technik an Kultur statt Kultur an Technik anzupassen, wird hier aber nicht berücksichtigt. Die Technik wird als Maßstab für Bildung gesetzt. Damit ist der vertretene Ansatz ein bloß technokratischer. Meadwos et. al. zeigen, daß eine Begrenzung der Schäden und ein Abwenden der Katastrophe durch menschliches Handeln zumindest denkbar ist. Dazu halten sie eine Stabilisierung des Bevölkerungswachstums, einen Stop des Kapitalwachstums und zusätzliche technologische Maßnahmen für erforderlich. Ob und wie solche Maßnahmen in realen Gesellschaften durchgesetzt werden können, wird allerdings nicht bedacht. Damit vernachlässigen sie die politische Dimension der Ökologie.

Die 'Grenzen des Wachstums' machen aber deutlich, daß die Schäden an der Natur die Existenz der menschlichen Zivilisation bedrohen. Dabei wird diese Bedrohung hier als durch den Menschen entstanden, aber auch als durch den Menschen lösbar dargestellt. Die Ursache der Krise wird in menschlichem Fehlverhalten gesehen: im übermäßigen Rohstoffverbrauch und in übermäßiger Vermehrung. Menschliches Verhalten zu verändern, kann als Aufgabe für Bildungsarbeit gesehen werden. Diese Bildungsarbeit hätte damit in der existentiellen und globalen Bedrohung des Menschen durch den Menschen einen Anlaß. Dieser ist nicht mit bisherigen Anläßen für Bildungsarbeit vergleichbar. Der Unterschied ist vor allem in der Begründung für Bildungsarbeit durch eine globale Bedrohung zu sehen. Ein positives Zukunftsversprechen wird hier höchstens in Form des Überlebens gegeben, und auch das ist eher als Vermeidung des Untergangs gedacht. Damit ist die Umweltkrise ein geschichtlich neuartiger Anlaß für ökologische Bildungsarbeit.

Die Bedrohung ist eine erste, aber problematische Begründung: Die Modelle der 'Grenzen des Wachstums' und von 'Global 2000' beruhen auf naturwissenschaftlichen Beschreibungen. Wie wir gesehen haben, sind diese Beschreibungen mindestens zum Teil mit Unsicherheiten belastet. Diese Unsicherheiten sind in den Modellen allerdings nicht weiter berücksichtigt worden. Die Frage, ob die Beschreibungen trotz der Unsicherheiten eine Bildungsarbeit legitimieren können, bleibt damit zunächst offen.

Der Zielvorschlag, Anpassung an die technische Entwicklung zu versuchen, ist also ein bloß technokratischer Ansatz, der politische Aspekte nicht berücksichtigt und seine Unsicherheiten nicht reflektiert. Das Ziel kann daher nicht akzeptiert werden. Dennoch kann in der Drohung des Zusammenbruchs der menschlichen Zivilisation ein Anlaß für ökologische Bildungsarbeit gesehen werden, wegen der Unsicherheiten allerdings nur ein erster Ansatz.

Die Ergebnisse der 'Grenzen des Wachstums' und von 'Global 2000' machen deutlich, daß besonders exponentielle Wachstumskurven und die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Schäden problematisch sind. So reicht es nicht aus, nur einen Schaden zu begrenzen, sondern erst eine Schadensreduzierung an verschiedenen Stellen wird nach den Simulationen von Meadows et. al. in der Kombination einen Zusammenbruch abwenden können.

3.3 Informationstheoretisch-kybernetischer Ansatz

Diese in den 'Grenzen des Wachstums' vorgeschlagene Sichtweise der Erde als vernetztes System hat Vester aufgegriffen. Er sieht den Menschen in eine kybernetische Wirklichkeit eingebunden und mit seiner natürlichen wie sozialen Umgebung vernetzt. Damit schlägt er zugleich ein neues Weltbild vor. Grundlage dieses Weltbildes sind Teilchen. Sie können sich

"[...] entweder auf eine >unlebendige< Weise, indem sich viele gleiche Teilchen zu einer großen Zahl zusammenfinden, [...] oder aber, indem sich wiederum viele, jedoch verschiedene Teilchen auf eine >lebendige< Art, d.h. aperiodisch in unregelmäßiger Reihenfolge aneinanderreihen, so daß sie, wie die Buchstaben eines Textes, einen Sinn ergeben" (Vester 1993, S.152).

Im Modell:

(vgl. Vester 1993, S.154)

Die höheren Lebensformen entstehen nun nicht durch riesenhaftes Anwachsen, sondern durch Kombination mehrerer bis dahin entstandener Superteilchen (vgl. Vester 1993, S.156). Eine wesentliche Eigenschaft belebter Materie ist ihr Informationsgehalt. Information erscheint hier als eigene Entität.

"Das, was tote Materie zu lebender macht, ist die Anordnung des Stoffes oder, genauer, die sich in dieser Anordnung ausdrückende Information - und nicht der Stoff selbst" (Vester 1993, S.147)!

Der Zusammenhang zwischen Superteilchen wird von Vester als Regelkreis beschrieben:

(vgl. Vester 1993, S.60)

Der Regelkreis stabilisiert selbsttätig die Regelgröße, z.B. den Blutdruck, die Raumtemperatur oder die Populationsdichte. Die Führungsgröße kann nun Regelgröße eines anderen Regelkreises sein. So sind vernetzte Regelkreise denkbar, die die Steuerung des Systems Mensch, oder gar der Biosphäre erklären können. Aus dieser Perspektive bestimmt Vester nun das Ziel:

"Bei denen, die das Leben bejahen, dürfte Einigkeit darüber bestehen, daß dieses Ziel nur die Überlebensfähigkeit der menschlichen Gesellschaft als eines Teilsystems der lebenden Welt sein kann" (Vester 1993, S.31).

Dies ist für ihn zugleich das Bewertungskriterium für unser Handeln (vgl. Vester 1993, S.47). Für die Bewertung hält er Kenntnisse darüber für erforderlich, welche Gesetze einen Organismus am Leben erhalten. Hier können seiner Meinung nach weder Ideologie, Philosophie oder Sozialwissenschaften, sondern nur das Studium biologischer Systeme eine Antwort geben (vgl. Vester 1993, S.32). Für die Erkenntnis eines Systems wesentlich ist das Wissen um seine Verknüpfungen. Damit ist das Prinzip der Kybernetik charakterisiert:

"Unter Kybernetik (vom griechischen kybernetes, der Steuermann) verstehen wir hier die Erkennung, Steuerung und selbsttätige Regelung ineinandergreifender, vernetzter Abläufe bei minimalem Energieaufwand" (Vester 1993, S.53).

Die Aufgabe des Menschen ist es für Vester also, die Führungsgrößen und Richtwerte des Systems zu erkennen und die Regelung zu übernehmen. Planung versteht er dabei als an die Zukunft rückgekoppelte Handlungsweise. Beim derzeitigen Stand der Kenntnis sind die Menschen allerdings von der Möglichkeit einer zentralen Steuerung weit entfernt. Darum sollte nach Vesters Meinung auf kleine, dezentrale Eingriffe gesetzt werden. Die Chance liegt für ihn vor allem in der durch die systemische Sichtweise verbesserten Prognose und in einer verbesserten Modellbildung, die ein ungefährliches Experimentieren erlaubt.

Als kybernetische Leitprinzipien für unser Handeln schlägt er vor:

- Das Regelkreisprinzip der negativen Rückkoppelung:

- die Funktion des Regelkreises darf dabei nicht auf Wachstum angewiesen sein,

- die Funktion eines Systems darf nicht an die Herstellung eines bestimmten Produkts gebunden sein (Funktionsorientierung statt Produktorientierung);

- Das Jiu-Jitsu-Prinzip, bei dem der Mensch statt Gegenkräften einige Hebeltricks für sich nützt:

- Mehrfachnutzung, vor allem von Energie,

- Recycling von Rohstoffen;

- Das Prinzip der Symbiose:

- Diversität, d.h. viele Arten auf kleinem Raum statt Monokulturen,

- Vereinbarkeit der von uns geschaffenen Strukturen mit der biologischen Natur.

(vgl. Vester 1993, S.86)

Wichtigster Punkt einer Umsetzung dieser Ideen in der Praxis ist für Vester ein intelligentes Informations- und Kommunikationsmanagement. In Computern sieht er den Vorteil, daß sie keinen Werturteilen unterliegen. Sie können durch Simulationsmodelle in besonderer Weise Systeme zu verstehen helfen (vgl. Vester 1993, S.106f.). Eine andere Möglichkeit ist für ihn die Mikrobiologie. Diese Möglichkeit einer 'belebten Technik' wurden nach Vester bisher zugunsten einer 'unbelebten Technik' fast vollständig übersehen. Er schlägt vor allem den Gebrauch von Einzellern in einer belebten Technik vor (vgl. Vester 1993, S.205). Ziel ist eine Verkürzung von Nahrungsketten durch mikrobiologisch erzeugte Kost, die Schonung der Süßwasservorräte durch Meerwasserentsalzung und mikrobiologische Techniken zur Schadensbekämpfung bei Ölkatastrophen.

Technische Lösungen für die Energieproblematik gibt es eine Menge. Sie zeichnen sich durch kombinierte Energieversorgungen, Energiespeicherung und Energieeinsparung sowie durch hohe soziale Verträglichkeit aus (vgl. Vester 1993, S.406). Auch die chemische Industrie sollte seiner Meinung nach durch Neuentwicklungen begrenzte Ressourcen zu ersetzen helfen. Dabei ist vor allem auf langlebige Kunststoffe zu setzen, statt sie als Abfallprodukte zu erzeugen (vgl. Vester 1993, S.341).

Durch ihr Verhalten haben die Menschen nach Vester viele natürliche Kreisprozesse zerstört. In solchen Fällen müssen sie die Steuerung selbst übernehmen (vgl. Vester 1993, S.258). Orientieren sollten sie sich dabei "[...] an den Systemgesetzen der Biosphäre [...]" (Vester 1993, S.448.) Hier sieht Vester eine Wissenslücke in der Gesellschaft (vgl. Vester 1993, S.469). Die Gründe sind seiner Meinung nach die Bildungsreformen der 70er, die nur eine Verwissenschaftlichung und kein Trainung systemischen Denkens bringen:

"Und dies zu einer Zeit, in der sich die unumgänglichen Entwicklungen in Richtung auf ein kybernetisches Zeitalter eigentlich nur in einem großen, immer weiter um sich greifenden Erziehungsprozeß verwirklichen lassen. Denn anders handeln kann der Mensch nur durch anders sein. [...] So, wie bei den Normen ein Übergang auf eine neue Dimsension der dynamischen Norm unausweichlich ist, müssen wir auch im Lernprozeß den Übergang von der Vermittlung eines statischen Wissensgebäudes zu einem dynamischen Wissen finden, d.h. den Übergang auf die Entwicklung von Denkfähigkeiten, die sich weniger auf den einzelnen Wissenstoff als auf den Umgang mit diesem Stoff konzentrieren" (Vester 1993, S.469f.).

Wissenspeicherung können laut Vester Buch und Computer übernehmen. Die Menschen sollten den Umgang mit dem Wissen lernen (vgl. Vester 1993, S.417). Das bisherige Auswendiglernen im akademisierten Unterricht kann da seines Erachtens kaum helfen, da es

"vielleicht dem Prestige einiger Linguisten und Philosophen gegenüber ihren wissenschaftlichn Kollegen dient, aber gewiß nicht der Aufgabe, Schülern etwas beizubringen, ihr Verständnis für die Welt zu öffnen" (Vester 1993, S.473).

Eine zentrale Rolle kommt hier für Vester den neuen Medien zu, die die Eingangskanäle des menschlichen Gehirns sinnvoll auszunutzen helfen.

"Ein nach lernbiologischen Erkenntnissen erarbeiteter Unterricht, der zum Verstehen und Analogdenken, zum Erkennen von Zusammenhängen zwingt [!] und dadurch zu einer neuen (bei der Reizüberflutung so vermißten) Konzentration, könnte in Schulen und Universitäten ein der individuellen Lernart angepaßtes und damit weit effizienteres Lernen unterstützen, wei dies ja bereits in verschiedenen Ansätzen der sogenannten 'freien Schulen' gelingt" (Vester 1993, S.475).

Vester sieht es als Ziel an, das Überleben der menschlichen Gesellschaft zu sichern. Er gibt allerdings keine Begründung für dieses Ziel an. Da Vester hier den Gedanken des vernetzten Denkens in Systemen verfolgt, nehme ich an, daß die Begründung in der Analyse von Meadows et al. zu sehen ist. Damit sind die Ungewißheiten dieser Analyse hier unreflektiert übernommen.

Vester schlägt Lernen zur Bewältigung der Umweltkrise vor. Lernen versteht er auf zwei Ebenen als technisches Lernen. Zum einen möchte er den Lernvorgang durch Medien optimiert sehen und möchte ihn damit technisieren, zum anderen wird als Lernziel hier die Aneignung einer am Maßstab vernetzter Systeme gedachter Technik vorgeschlagen. Vester vertritt also einen rein technokratischen Bildungsansatz (vgl. 2.2.2.).

Die Begründung, die Vester für diesen Ansatz liefert, ist, daß das akademisierte Auswendiglernen lediglich dem Prestige einiger Linguisten oder Philosophen dienen würde. Dieses Argument passt zu dem, daß Lösungen für die Umweltkrise nur durch biologische Analysen und nicht durch Ideologien, Sozialwissenschaften oder Philosophie gelöst werden könne. Bei einer Ideologie handelt es sich um das Aussprechen subjektiver Urteile als objektive Ist-Aussage (vgl. Schischkoff 1991, S.324). Da Vester diese Behauptung, daß die Philosophie, die Soziologie und Ideologien die Probleme nicht lösen können, hier in keiner Weise begründet, stellen sie eine subjektive Aussage dar, die als Ist-Aussage formuliert ist. Damit ist seine Auffassung eine Ideologie. Warum er für seine Ideologie mehr Gültigkeit beansprucht, als er anderen zuspricht, sagt er allerdings nicht. Aus dieser Ideologie heraus Menschen dazu zu zwingen, in einem lernbiologisch orientierten Unterricht Denken in Zusammenhängen zu erlernen, scheint mir sehr problematisch zu sein.

Da Vesters Ansatz damit eine unreflektierte, technokratische Ideologie darstellt, kann er keine Ziele ökologischer Bildungsarbeit legitimieren. Die Idee eines vernetzten Systems, verbreitet vom Club of Rome, ist für die Umweltkrise dennoch wesentlich. Erst das Zusammendenken der Schadensanalysen erlaubt es, die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Schäden zu erkennen.

3.4 Psychologische Sichtweise

Aus psychologischer Perspektive hat Dörner eine Reihe von Untersuchungen über den Umgang von Menschen mit komplexen Systemen durchgeführt. Im Mittelpunkt stehen hier computergestützte Simulationsexperimente. So mußten Probanden als allmächtige Staatsmänner die Geschicke eines unterentwickelten afrikanischen Volkes lenken (Tanaland-Versuch), sie mußten sich als Bürgermeister einer deutschen Kleinstadt mit fast diktatorischen Vollmachten bewähren (Lohausen-Versuch) oder schlicht die Temperatur eines (allerdings verzögert reagierenden) Kühlhauses regeln. Dabei stellte Dörner erhebliche Schwierigkeiten beim Umgang mit diesen Situationen fest (vgl. Dörner 1989 S.22f., S.33f., S.201f.). Er beobachtet immer dieselben Denkmuster: Neben- und Fernwirkungen von Entscheidungen werden nicht berücksichtigt, die Versuchpersonen definieren sich die Situation um oder reagieren mit Hilflosigkeit und Fluchttendenzen (vgl. Dörner 1989, S.27-31).

Seine Beobachtungen zeigen, daß gute Versuchspersonen mehr Entscheidungen erzeugen als schlechte, beide gleichhäufig Überlegungen über die Zusammenhänge anstellen, die guten Versuchspersonen ihre Hypothesen aber häufig durch Nachfragen prüften, sich Gedanken über ihr Verhalten machten und Ansätze zur Selbstmodifikation zeigten, die schlechten aber bestenfalls das eigene Verhalten rekapitulierten (vgl. Dörner 1989, S.37-44). Dörner findet vier Merkmale der Situationen, die die Versuchspersonen scheitern lassen:

- Komplexität und Vernetztheit: Die Situation hat viele voneinander abhängige Merkmale; Veränderungen eines Merkmals betreffen auch die Übrigen und der Akteur muß viele Informationen sammeln und integrieren um zu handeln.

- Dynamik: Die Situation entwickelt sich selbstständig weiter. Dadurch entsteht Zeitdruck und die Entwicklungstendenzen müssen erfasst werden.

- Intransparenz: Viele Situationsmerkmale sind nicht oder nur mittelbar zugänglich.

- Unkenntnis und falsche Hypothesen: Akteure bilden Annahmen über die Zusammenhänge eines Systems, sie bilden ein Realitätsmodell. Dies kann bewußt oder unbewußt geschehen und - es können dabei Fehler unterlaufen.

(vgl. Dörner 1989, S.60-65)

Ähnliche Anforderungen, die zu den gleichen Fehlern führen wie in den Versuchen, findet Dörner auch bei Kennedys Beratern während der Schweinebuchtaffäre, wo sich zudem noch die Tendenz zur Selbstbestätigung einer Gruppe von Fachleuten zeigte, und bei den Reaktorfahrern, die den Unfall von Tschernobyl auslösten (vgl. Dörner 1989, S.56f.). Er folgert daher:

"In einer Welt von interagierenden Teilsystemen muß man in interagierenden Teilsytemen denken, wenn man Erfolg haben will" (Dörner 1989, S.13).

Dörner entwickelt nun ein Modell, daß die Stationen des Planens und Handelns in komplexen Situationen verdeutlicht und an dem einige der Schwierigkeiten diskutiert werden können:

(vgl. Dörner 1989, S.67)

Ziele können dabei Anstrebens- oder Vermeidungsziele, allgemein oder spezifisch, klar oder unklar, einfach oder mehrfach und implizit oder explizit sein. Je nach Zielart findet Dörner verschiedene Strategien zum Umgang mit den Problemen. So können bei globalen Zielen Zwischenziele gebildet werden oder komplexe Ziele dekomponiert, d.h. in Teile zerlegt werden. Fehler bei der Zielbildung führen nach Dörner zu Unsicherheit, zur Lösung der falschen Probleme oder zu mangelnder Berücksichtigung von Zukunftsproblemen oder impliziten Problemen. Irrelevante Probleme können sich so verselbstständigen. Am Ende kann gar eine Verschwörungstheorie entstehen (vgl. Dörner 1989, S.79-104). Dabei sieht Dörner als wesentlich an:

"Meines Erachtens spielt hier der Selbstschutz, der Schutz der eigenen Kompetenzmeinung, eine zentrale Rolle" (Dörner 1989, S.106).

Bei Modellbildung und Informationssammlung entsteht, wie Dörner schreibt, durch die Eigendynamik der Situation oft das Problem, nicht genügend Informationen sammeln zu können oder die Informationen nicht integrieren zu können (vgl. Dörner 1989, S.69f.). Zudem gilt es, das System, in das der Mißstand eingebettet ist, zu berücksichtigen. Hierbei spielen kritische Variabeln (die von vielen anderen Variablen abhängen und auch viele beeinflussen) und Indikatorvariablen (die von vielen anderen abhängen aber kaum andere beeinflussen) eine wesentliche Rolle. Sie können Hinweise für die Informationssammlung geben. Für den Umgang mit einem System ist es wichtig, das Wirkungsgefüge der Zielvariablen, seine Struktur und die Zerlegungsmöglichkeiten zu kennen. Das sollte nach Dörner durch Simulationsspiele trainiert werden um die zahlreichen Fehler zu vermeiden (vgl. Dörner 1989, S.109-128):

So neigen Menschen zu reduktiven Hypothesen, die Welterklärungen aus einem Guß bieten und so zur Angstreduktion beitragen. Ein sicheres Mittel zur Stabilisierung solcher Hypothesen ist die "'hypothesengerechte' Informationsauswahl" (Dörner 1989, S.135). Zudem kann aus der notwendigen Generalisierung in solchen Situationen leicht eine Übergeneralisierung werden, denn Menschen neigen dazu, "eher auf Ähnlichkeiten als auf Unterschiede zu reagieren" (Dörner 1989, S.139). Konsequenz:

"Mit der Bildung abstrakter Konzepte muß man selbst 'strategisch' verfahren. Man muß wissen, wann sie angebracht sind und wann nicht" (Dörner 1989, S.144).

Informationen können eine Entscheidung auch erschweren: sie können die Unsicherheit erhöhen. Sie kann nicht auftreten, wenn der Bereich erschöpfend erkennbar ist. Aber: Wenn der Mensch eine Entscheidung getroffen hat, ist er meist froh, die Unsicherheit los zu sein. Neue Informationen stören da nur. Zwei Reaktionen lassen sich beobachten:

"Je nachdem wird Unsicherheit durch Informationssammlung bekämpft (was erfolglos bleiben und sogar dazu führen kann, daß die Unsicherheit sich erhöht!) oder durch blinden (weil kaum auf Informationen gestützten) Aktionismus" (Dörner 1989, S.153).

Ein Zeitproblem gibt es bei Prognose und Extrapolation. Die des Menschen Umgebung besteht aus Raum- und Zeitgestalten. Raumgestalten bereiten ihm wenig Probleme, Zeitgestalten umso mehr. Bei diesen neigt er dazu, momentane Entwicklungen linear fortzuschreiben (Momentanexploration) oder eine Tendenz als zentral anzunehmen (reduktive Hypothesenbildung). Exponentielle Verläufe können hier leicht eine Fehleinschätzung bewirken, doch ist der Umgang mit solchen Problemen trainierbar (vgl. Dörner 1989, S.160-170).

"Unsere Annahme ist, daß die ständige Bildung von 'kleinen' Erwartungen über die Zukunft, die uns vernünftiges Handeln überhaupt erst ermöglicht, im wesentlichen automatisch erfolgt und nach dem Mechanismus der Strukturextrapolation funktioniert" (Dörner 1989, S.195).

Nach Zielformulierung, Modellkonstruktion, Informationssammlung und Prognose ist der nächste Schritt, Maßnahmen zu planen und durchzuführen. Auch Planungen lassen sich in Teilschritte zerlegen: Einen Bedingungsteil, einen Aktionsteil und einen Ergebnisteil (vgl. Dörner 1989, S.235).

Auch hier verursacht die Komplexität und die oft unvermeidliche Unvollständigkeit erhebliche Probleme: der Suchraum muß eingeengt werden. Techniken dazu sind z.B. das Rückwärtsplanen oder das Hill-Climbing, bei dem Menschen nur Aktionen in Betracht zieht, die einen Fortschritt zum Ziel bedeuten. Individuen müssen wissen, wann sie welches Verfahren anzuwenden haben. Und wann der Suchraum erweitert werden muß (vgl. Dörner 1989, S.239f.).

Planen kann aber auch die Unsicherheit erhöhen. Die Flucht in formale Methoden oder zu Patentrezepten kann ein Ausweg sein. Ähnlich beim Handeln: die Komplexität von Situationen macht eine Berücksichtigung der individuellen Konfiguration erforderlich. Doch Menschen neigen dazu, einmal erfolgreiches Handeln immer wieder zu versuchen (vgl. Dörner 1989, S.250-258).

Geht etwas trotz Planung schief, dann können Menschen aus ihren Fehlern lernen. Doch das läßt sich auch vermeiden: Nichtkontrolle der Konsequenzen bietet die Möglichkeit, die eigene Kompetenzillusion aufrechtzuerhalten. Eine Technik dazu ist die Fremdattribution. Das vorgestellte Modell soll nun keinen zwangsläufigen Ablauf darstellen (vgl. Dörner 1989, S.269-273).

"So kann die tatsächliche Planung eines komplizierten Maßnahmenpaketes aus einem vielfältigen Hin- und Herspringen zwischen diesen verschiedenen Stationen bestehen. [...] Die fünf abgebildeten Stationen sind eine mögliche und, wie ich meine, sinnvolle Aufteilung der verschiedenen Anforderungen, die eine komplizierte Situation an jemanden stellt, der sich über das richtige Verhalten und die richtigen Maßnahmen in dieser Situation ein Bild machen möchte" (Dörner 1989, S.73).

Was tun? Die Darstellung des Problemlösevorgangs zeigt reichlich Ansatzpunkte: Zielkonkretisierung, Ablaufcharakteristika etc. gilt es zu berücksichtigen. Doch dem stehen einige Hindernisse entgegen:

"Die Langsamkeit des Denkens und die geringe Zahl gleichzeitig zu verarbeitender Informationen, die Tendenz zum Schutz des Kompetenzgefühls, die geringe 'Zuflußkapazität' zum Gedächtnis und die Fixierung der Aufmerksamkeit auf die gerade aktuellen Probleme: das sind sehr einfache Ursachen für die Fehler, die wir beim Umgang mit komplexen Systemen machen" (Dörner 1989, S.295).

Das Denken in komplexen Situationen scheint lehr- und lernbar. So waren Manager Studierenden in den Tests überlegen. Doch nützte das Training von Versuchspersonen beim Lohausen - Versuch nur subjektiv. Es läßt sich ein Auseinanderfallen von Handlungskompetenz und Verbalintelligenz beobachten (vgl. Dörner 1989, S.300-304). Computersimulationen bieten hier einen Ansatzpunkt: Sie stellen einen Zeitraffer dar und liefern damit eine unmittelbare Rückmeldung der Fehler.

"Wir meinen daher, daß man solche Simulationsszenarien sehr gut als Belehrungsmittel verwenden kann" (Dörner 1989, S.305).

Dazu sind aber auch Rückmeldungen und Nachgespräche mit Experten zum Bewußtmachen der Denk- und Handlungsfehler erforderlich. Ziel dabei:

"Es kommt eigentlich nur auf eines an, nämlich auf die Förderung des 'gesunden Menschenverstands'" (Dörner 1989, S.307).

Ob eine derartige 'Belehrung' tatsächlich einen Effekt hat, prüft Dörner nicht. Er vermutet, daß durch Simulationsspiele der Umgang mit komplexen Situationen eingeübt werden kann. Diese Vermutung konnte er aber durch seine Experimente nicht bestätigen. Ob und wie der Umgang mit komplexen Situationen trainiert werden kann, ist damit unklar.

Dörner weist in seiner Interpretation der Experimente auf eine Schwierigkeit hin: Komplexe Situationen, und eine solche liegt mit der Umweltkrise - wie wir bei Meadows et al. gesehen haben - vor, begünstigen bestimmte Denkmuster. Problemen komplexer Situationen, insbesondere ihrer Komplexität, Vernetztheit, Dynamik und Intransparenz, stehen Reaktionen wie mangelnde Berücksichtigung von Neben- und Fernwirkungen, Fluchttendenzen, blinder Aktionismus oder Selbstschutz gegenüber, die den Umgang mit solchen Situationen erheblich erschweren und so Grenzen einer ökologischen Bildungsarbeit aufzeigen können. Dörner arbeitet aus den Reaktionen der in den Simulationen erfolgreichen Versuchspersonen bestimmte Denk- und Verhaltensmuster heraus, die einen erfolgreicheren Umgang mit komplexen Situationen ermöglichen. Das ist das Bilden von Zwischenzielen, die Dekomponierung von Zielen, die Berücksichtigung Kritischer- oder Indikatorvariabeln und das Herstellen von Rückkoppelungen. Ob solche Fähigkeiten trainiert werden sollten, ist aber wegen einiger Probleme bei Dörners Experimenten zu bezweifeln.

So gibt er keine Gründe dafür an, warum das Denken in komplexen Situationen gelernt werden sollte. Dadurch werden die Versuchspersonen an einem von Dörner durch Vorgaben in den Simulationen unbegründet gesetzten Maßstab gemessen. Die gewählten Situationen versetzen die Versuchspersonen dann in Rollen mit diktatorischen Vollmachten. Das ist aber in zweifacher Hinsicht problematisch. Zum einen sind hier keine Aussagen über Verhalten in demokratischen Entscheidungsprozeßen zu erwarten. Denn hier ist mit einem anderen Verhalten als in streng hierachischen und autoritären Situationen zu rechnen. Wenn die experimentellen Situationen zum Training von Entscheidungskompetenz eingesetzt werden, würden sie zugleich die diktatorischen Implikationen mitvermitteln. Dies reflektiert Dörner aber nicht.

Zum anderen kann vermutet werden, daß hier von Dörner eine unbegründete Perfektionierung der Naturbeherrrschung durch den Menschen impliziert wird. Die Simulationsmodelle erlauben es den Versuchspersonen, Natur nach Gutdünken zu kontrollieren. Und in den Simulationen ist dies ja auch möglich, da sie ja darauf ausgelegt sind, daß die Situationen stabilisiert werden können. Es ist fraglich, ob so eine Kontrolle von Natur tatsächlich möglich und sinnvoll ist.

Dörner legt nahe, die Ursache der Umweltkrise im mangelhaften Umgang mit komplexen Situationen zu sehen. Damit werden von ihm Denkfehler des Individuums als Auslöser für die Umweltkrise dargestellt. Politische Aspekte des Ökologiebegriffs bleiben außen vor.

Dörners Vorschlag, Denken in komplexen Situationen durch Simulationsspiele zu üben, favorisiert also autoritäres und hierachisches Denken. Er fragt aber nicht danach, ob Umgang mit komplexen Situationen nicht z.B. durch demokratisches Vorgehen möglich ist. Da damit bestimmte Wertvorstellungen unreflektiert übernommen werden und zudem politische Aspekte nicht berücksichtigt sind, ist Dörners Vorschlag als Ziel für eine ökologische Bildungsarbeit nicht akzeptabel. Denkbar wäre allerdings, das Training des Umgangs mit komplexen Situationen im Hinblick auf Implikationen zu überprüfen und dann zu modifizieren.

Ein Ansatz, um die Implikationen zu erkennen, könnte sein, daß Dörner hier Denken als durch Lernvorgänge veränderbar ansieht. Solche Lernvorgänge können von der Umwelt, z.B. der Gesellschaft, ausgelöst werden. Damit liegt nahe, den bei den bisher dargestellten Überlegungen zugrundeliegenden Ansatz, daß der Mensch durch sein Denken die Umwelt bestimmt, zu ergänzen durch den umgekehrten, daß die Umwelt das Denken bestimmt. Eine mögliche Herangehensweise einer solchen Perspektive ist die historische Entwicklung.

3.5 Geschichtliche Entwicklung der Naturwahrnehmung

Einen Überblick über die Entwicklung ökologischen Denkens gibt Hermand. Er analysiert politische und literarische utopische Werke. Dabei stellt er zugleich die Bedeutung von gesellschaftlichen Interessen für Umweltwahrnehmung und den Umgang mit Umwelt dar, weshalb ich mich bei dieser Darstellung im wesentlichen auf seine Arbeit beziehen werde.

Ökologisches Bewußtsein ist nach Hermand in Antike und Mittelalter, ja auch in der frühen Neuzeit nicht zu finden. Der Mensch galt in der christlichen und antiken humanistischen Tradition als das einzig beseelte Wesen, die übrige Welt als minderwertige Forschungs- und Nutzobjekte (vgl. Hermand 1991, S.21). Ausgehend von England und Frankreich sieht er dann im 18. Jahrhundert ein neues Verhältnis zur Natur mit drei neuen ideologischen Konzeptionen aufkommen:

"1. zu einer Rechtfertigung des Aufstiegs des Bürgertums im Zeichen naturbedingter Wachstumsvorstellungen,

2. zu einer damit verbundenen Biologisierung bisher theologisch überformter Denkmodelle und

3. zu einer scharfen Ablehnung des in Gang gesetzten Fortschritts als einer Korrumpierung des naturgegebenen Urzustandes der Welt, die in ihren antizivilisatorisch-naturutopischen Reaktionen auch ökologische Gesichtspunkte berücksichtigte" (Hermand 1991, S.22f.).

Bürgertum, Kaufmannsstand und Intellektuelle verstehen nach Hermand Freiheit als Ausweitung ihrer Freizügigkeit und rechtfertigen so eine zunehmende Naturausbeutung. Als Gegenposition zeigt sich eine positive Naturwahrnehmung in der Reiseliteratur, der Ausbreitung des naturnahen englischen Gartens und der neuen Hochachtung vor Tieren, besonders dem Hund. Aus einer solchen Sicht heraus wird auch der Fortschrittsanspruch des Bürgertums angegriffen. Als wichtigsten Sprecher dieser Bewegung sieht Hermand Rousseau, der den "Edlen Wilden" in den Mittelpunkt stellt und vor allem als Kontrapunkt zum Stadtmenschen sieht. Jakobiner und andere benutzen während der Französischen Revolution Rousseaus Naturvorstellung, um gegen die unnatürliche Herrschsucht des Adels vorzugehen. Doch setzt sich, wie Hermand schreibt, nach 1794 mit dem Sieg der Gironde die großbürgerliche Sichtweise durch, die eine Befreiung in den Kapitalismus bedeutet (vgl. Hermand 1991, S.24-31).

"Während in dieser Gesellschaft das Bewußtsein der individuellen Freiheit mehr und mehr zu sich selber kam, mußten in ihr alle anderen positiv gesetzten Werte religiöser, sozialer oder ethischer Art, die auf dem Anspruch der Solidarität mit allen anderen Lebewesen beruhten und die subjektive Freiheit einschränken sollten, notwendig verblassen" (Hermand 1991, S.8).

Deutschland verharrt nach Hermands Darstellung während dieser Zeit im Feudalabsolutismus. Die utopische Literatur wird jedoch vom christlichen Bescheidenheitsethos bestimmt. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dringen dann die Ideen aus England und Frankreich nach Deutschland vor und es enstehen auch hier die Gruppierungen der liberalen Reformer und der Rousseau'schen Radikalen (vgl. Hermand 1991, S.33f.). Doch finden sich nach 1794 nur einige klein- und mittelbürgerliche Autoren, die die "ausbeuterische Verschwendungssucht der Fürsten" (Hermand 1991, S.38) angreifen.

Das 19. Jahrhundert bringt dann auch in Deutschland Industrialisierung und Verstädterung sowie im Zuge der Modernisierung Zentralisierungs- und Rationalisierungsprozesse. Doch von Anfang an gibt es nach Hermand Kritiker, die dieser Entwicklung, nun nicht mehr mit dem Roussous'schen Ideal, sondern mit skeptischer Besorgtheit, entgegentreten. Dabei läßt sich eine aufgeklärt-humanistische Sichtweise, z.B. von Wilhelm von Humboldt, eine romantisch-naturphilosophische Sichtweise, z.B. bei Schelling, und eine national-demokratische Bewegung unterscheiden. Von 1800 - 1850 findet Hermand also schon ökologisch orientierte Reaktionen auf die beginnende Industrialisierung (vgl. Hermand 1991, S.39-50). Einer der wichtigsten Kritiker der hemmungslosen Industrialisierung ist wohl Goethe, der eine organische Sichtweise der Natur vertritt.

"Sowohl in seinen zahlreichen naturwissenschaftlichen Schriften als auch in seinen poetischen Werken polemisierte darum Goethe unablässig gegen das Zerlegen und Zerstückeln von Natur und einen streng mathematischen oder diskursiv-analytischen Umgang mit ihr" (Hermand 1991, S.51).

Nach dem Ende der Metternich'schen Restauration 1848 kommt die Industrialisierung dann richtig in Schwung. Bis 1913 arbeitet sich Deutschland auf den zweiten Platz der Weltrangliste vor, Verstädterung und Naturausbeutung beherrschen das Bild. Damit ändert sich auch die Naturwahrnehmung, die nun vor allem von Städtern als Ort ihrer Selbstentfaltung gesehen wird. Dies wird durch einen platten Materialismus unter Berufung auf Darwin legitimiert. Gleichzeitig wird die Tierschutzbewegung stärker. Als wirkliche Tierfreunde treten vor allem die Gegner der Vivisektion und die Verfechter eines Vegetarismus, wie Darwin, Shaw, Wells und Wagner auf (vgl. Hermand 1991, S.6ß-67).

Es entsteht nach Stipproweit eine aktive Bewegung. Die Forderung nach Mitteln zur Schaffung von Naturdenkmälern führt zur Einrichtung der staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen, die lange Zeit die privaten und staatlichen Konzepte bestimmt. Damit beginnt staatlicher Naturschutz, der zunächst den Beginn der ehrenamtlichen Naturschutzarbeit in Deutschland bewirkte. Die staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege führte auch umfangreiche Bildungstätigkeiten durch (vgl. Stipproweit 1987, S.29-33).

Die politischen Reaktionen sind durchaus unterschiedlich. Innerhalb des industriefreundlichen liberalen Lagers gibt es die stärker ökologisch engagierten Monisten. Wichtigster Vertreter ist hier Haeckel.

"In diesem Buch [Generelle Morphologie der Organismen 1866] fällt erstmals das Wort 'Ökologie', worunter Haeckel 'die gesamte Wissenschaft von den Beziehungen der Organismen zur umgebenden Außenwelt' [...] verstand. Wenige Jahre später erweiterte er diese Definition, indem er als 'Ökologie' oder 'Ökonomie der Natur' die Wechselbeziehung aller Organismen bezeichnete, 'welche an einem und demselben Ort miteinander leben, ihre Anpassung an ihre Umgebung sowie ihre Umbildung durch den Kampf ums Dasein'" (Hermand 1991, S.72).

Im Sozialismus, der als Resultat von Verstädterung und Industrialisierung angesehen werden kann, findet Hermand kaum ökologische Ansätze. Die industriellen Produktionsbedingungen sollen zur Grundlage des Gesellschaftssystems gemacht werden.

Marx erkennt in seinem späteren Leben den naturausbeuterischen Charakter des Kapitalismus und sieht Erde und Arbeiter gleichermaßen ausgebeutet. Bebel fordert daran anschließend einen geregelten Stoffwechsel mit der Natur sowie eine schonende Landwirtschaft und schlägt vor, auf Sonnenenergie zu setzen (vgl. Hermand 1991, S.80). Doch haben diese Ideen, wie Hermand schreibt, keinen praktischen Einfluß.

Die völkische Opposition sieht nach seiner Darstellung ihr Leitbild im 'mit seiner Scholle verbundenen Bauern' oder dem kleinstädtischen Handwerker. Heimatschutz ist hier zugleich Schutz vor dem Modernisierungsprozeß und damit vor 'undeutscher Überfremdung'. Solche Überlegungen sind vor Ausbruch des ersten Weltkriegs vor allem aus dem reaktionären oder präfaschistischen liberalen Lager zu hören. Damit wird zugleich dem Faschismus der Weg bereitet (vgl. Hermand 1991, S.82). Doch machen diese Bewegungen eines deutlich:

"Sie beweisen, daß ein konsequent ökologisches Denken letztlich nur aus einem heimatlichen oder regionalistischen Verantwortungsbewußtsein hervorgehen kann, während subjektivistische oder internationalistische Ideologien in dieser Hinsicht oft einen blinden Fleck aufweisen" (Hermand 1991, S.91).

Um 1900 kommt die Lebensreformbewegung auf. Sie führt auf ihrem Höhepunkt zu Landkommunen und Koloniebildungen mit antistädtischem und antitechnologischem Charakter. Am bekanntesten ist heute noch die anthroposophische Gesellschaft Steiners, die sich auf Goethes Weltanschauungen gründet und z.B. die Demeter-Produkte auf den Markt bringt (vgl. Hermand 1991, S.92ff.).

Durch die Industrialisierung kommt es gleichzeitig zu Spannungen zwischen Selbstbewußtsein und Materialismus bei der jungen Intelligenz. Sie ist zwar von der rasanten Verstädterung mitgerissen, versucht aber der Entwicklung mit einer intensivierten Innerlichkeit oder einer neuen Natürlichkeit entgegenzutreten. Diese Tendenzen nennt Hermand expressionistisch. Doch von Ausnahmen abgesehen findet sich hier nur weniges, was einer ökologischen Gesinnung entspringt (Hermand 1991, S.100-104).

1929 ist die Weimarer Republik auf Platz zwei der industriellen Weltrangliste. Taylorisierung führt zu massiver Produktionssteigerung. Besorgtheit um die Natur weicht der Hoffnung auf saubere Industrialisierung durch Elektrizität. In der Literatur herrschen Wunderwaffen- oder technologiebegeisterte Science-Fiction-Romane vor, die Zahl der Bedenkenträger ist, wie Hermand schreibt verschwindend gering, und nur wenige üben Protest und kehren der industriellen Produktion den Rücken. Dies geschieht vor allem in Siedlungsprojekten wie der Kolonie "Freie Erde" bei Düsseldorf, wenn auch mit geringem Erfolg (vgl. Hermand 1991, S.104-106).

"Doch alle diese Siedlungsprojekte scheiterten. Weder die Gewerkschaften noch die Sozialdemokraten oder Kommunisten waren für solche Ideen zu gewinnen" (Hermand 1991, S.106).

Im frühen Dritten Reich hegen viele der Nationalsozialisten Mißtrauen gegen den Kapitalismus, vor allem in Anlehnung an die Heimatschutzbewegung.

"Ähnliche Affekte gegen den Kapitalismus hegten viele der frühen Nationalsozialisten, wobei sie sich weitgehend auf die Programme der älteren Heimatschützer, Lebensreformer und Siedlungsaktivisten stützten" (Hermand 1991, S.112).

Nach der Machtergreifung am 30.1.33 hoffen diese Gruppen auf einen Umschwung - vergeblich. Dem Nationalsozialismus kommt es, wie Hermand feststellt, lediglich auf die Macht an. Dazu setzt Hitler von Anfang an auf Industrialisierung zur Arbeitsbeschaffung und Aufrüstung. Eine Kritik an der Technik und der Industrialisierung ist lediglich ausnahmsweise bei vereinzelten Biologen und Physikern wie Werner Heisenberg zu finden.

"Selbst Martin Heidegger und Ludwig Klages, die es sich noch am ehesten leisten konnten, ihre Stimme zum Schutze der Natur zu erheben, taten dies lediglich in Metaphern oder mit seltsam verstellter Stimme. Um so rühmenswerter sind Biologen und Physiker, die im Laufe des Zweiten Weltkriegs, als die verhängnisvollen Wirkungen der Kriegsmaschinerie immer augenfälliger wurden, den Mut aufbrachten, ein Plädoyer für die bedrohte Natur vorzubringen" (Hermand 1991, S.117).

Der Vereinsarbeit wird durch die Gleichschaltung ein schwerer Schlag versetzt und an vielen Stellen werden wesentliche Persönlichkeiten ausgetauscht (vgl. Stipproweit 1987, S.39).

In der Nachkriegszeit herrschen Hunger und Arbeitslosigkeit. Der Schock über Auschwitz und Hiroshima ist frisch, und daher finden sich zahlreiche Ausfälle gegen eine Technikbegeisterung, deren Folgen die Menschen im 2. Weltkrieg eben noch miterlebt hatten. Theologen machen für diese Übel der Moderne vor allem den Abfall von Gott verantwortlich. Weniger radikal, aber dennoch technikkritisch, sind die Positionen, die sich besonders an der veränderten Interpretation von Goethes Faust zeigen. Hier wird, wie Hermand zeigt, jetzt vor allem die ausgedrückte Lebensehrfurcht und der Respekt vor der Natur gesehen (vgl. Hermand 1991, S.118ff.).

"Ebenso verantwortungsbewußt verhielten sich damals einige bundesdeutsche Naturwissenschaftler. Ihre Hauptsorge galt den Konsequenzen der von ihnen mitentdeckten und mitentwickelten Atomenergie, durch welche die Menschheit plötzlich ein Mittel zur Verfügung habe, alles Leben auf Erden mit einem Schlag vernichten zu können" (Hermand 1991, S.120).

Im Laufe der 50er Jahre werden mit dem Wirtschaftwunder und dem aufkommenden Technikkult die warnenden Stimmen leiser, verstummen aber, wie z.B. Robert Jungk, nie ganz. Einer der wenigen Warner war interessanterweise Ludwig Erhard, der sich mit Maßhalteappellen an die Öffentlichkeit richtet, allerdings kein Gehör findet (vgl. Hermand 1991, S.122-129). Auch die Naturschutzverbände arbeiten wieder, und bei der Gründung des Deutschen Naturschutzringes 1950 bringen sie bereits 500.000 Mitglieder zusammen (vgl. Stipproweit 1987, S.39). Nach der Rezession von 1966/67 werden die warnenden Stimmen wieder lauter. 1972 schlagen 'Die Grenzen des Wachstums' von Meadwos et.al. regelrecht ein:

"Genau besehen, wurde mit diesem Bericht das Ende aller technikorientierten Fortschrittsutopien eingeläutet und die Menschheit nur mit einer wenig angenehmen Alternative konfrontiert: dem Untergang oder der drastischen Reduzierung der bisherigen Wohlstandserwartungen" (Hermand 1991, S.33).

Durch den Bericht des 'Club of Rome' brechen Umweltthemen in die Massenmedien ein. Die Liberalen, die ihre Wohlstandsüberlegungen gefährdet sehen, reagieren alarmiert. Doch wird die Frage nach den Ursachen der Krise nach Hermands Darstellung nicht auf ökonomischer Ebene gestellt. Mit den zunehmenden Gefahren muß zwar auch hier umgedacht werden, das bestehende System des Konkurrenz- und Profitstrebens wird aber nicht als Gefahrenursache erkannt. Wer sich hier zu ökologischen Reformvorstellungen bekennt, hat meist einen anderen ideologischen Hintergrund. Hier nennt Hermand vor allem Frederic Vester, der für kybernetisches Denken eintritt, ohne die gesellschaftliche Realisierung zu konkretisieren (vgl. Hermand 1991, S.134-137).

"Doch lieber als derartige Reformvorschläge, die ihnen viel zu repressiv erschienen, waren den Liberalen der siebziger Jahre jene theoretischen Forderungen eines sanfteren Umgangs mit der Natur, die überhaupt keine konkreten Konsequenzen nach sich zogen, sondern lediglich 'Denkwenden' implizierten" (Hermand 1991, S.38).

Hier sind Carl Friedrich von Weizsäcker, Hans Jonas, Carl Amery und Herbert Gruhl zu nennen. In Parteien findet sich ein ähnliches Bild. So ist z.B. nach Meinung der SPD eine Reduzierung des Konsumverhaltens gegenüber ihren Wählern nicht zu vertreten. Es werden daher lediglich systemimmanente Reparaturen gefordert. Zwar findet Hermand bei Joachim Steffen und Erhard Eppler kritische Beipiele. Doch möchte die SPD auf die Wachstumskonzepte nicht verzichten (vgl. Hermand 1991, S.140ff.). Ähnlich reagieren die Gewerkschaften.

Wesentlicher für die Diskussion sind Stimmen aus der 68er-Bewegung, die dem Staatssozialismus wie dem Staatskapitalismus gleichermaßen mißtrauisch gegenüberstehen und sich einem alternativen Lebensstil zuwenden, wie z.B. Hans Magnus Enzensberger. Sozialistische Ideen werden dadurch zurückgedrängt. Die meisten Umweltschützer finden sich auch als außerparlamentarische Opposition, in Bürgerinitiativen und bei Protestdemonstrationen (vgl. Hermand 1991, S.147-150). Es entstehen auch Öko-Kommunen, die allerdings meist in Selbstfindungsprozeßen gefangen bleiben.

"Alle diese Phänomene, ob nun die Landkommunen oder die sie begleitenden Schriften und Romane, belegen deutlich, daß es eher das Anarchisch-Aufmüpfige als ein respektvolles Verhältnis zur Natur war, das diese Gruppen motivierte" (Hermand 1991, S.156).

1980 findet die Bewegung einen Höhepunkt in der Gründung der 'Freien Republik Wendlandt'. Die Vielfalt ändert sich erst mit dem Ausbau der Atomkraftwerke und der Hochrüstung seitens der USA. In Whyl, Gorleben und Kalkar kommt es zu heftigen Protesten, die aber weitgehend folgenlos bleiben. Daraus entsteht das Bedürfnis nach einer politischen Organisation. In den Siebzigern kommt es zu einer Reihe von Parteigründungen. Anfang der Achtziger wird die Bundespartei "Die Grünen" gegründet. Grüne Utopik findet sich auch bei gesellschaftkritischen Autoren wie Böll und Wallraff (vgl. Hermand 1991, S.157-163). Es entsteht eine Kritik an der instrumentellen Vernunft der Moderne.

"Von hier aus war es nur noch ein kleiner Schritt zu jener New Age- oder Wendezeit-Philosophie, in der das Denken mehr und mehr von Gefühlen oder religiösen Anwandlungen abgelöst wird" (Hermand 1991, S.164).

Wesentlich ist hier vor allem Capra. Doch das Interesse am persönlichen Wohlstand bleibt vorherrschend, und die Grünen, die diesen, wie es die unternehmerfreundlichen Massenmedien darstellen, zu gefährden scheinen, erreichen im Laufe der 80er-Jahre keinen nennenswerten Stimmenzuwachs (vgl. Hermand 1991, S.172f.).

1980 erscheint das 'Katastropheszenario' Global 2000, das z.B. Hoimar v. Ditfurth zu dem Buch 'So laßt uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen. Es ist soweit' veranlaßte, in dem er den bereits stattfindenden Zusammenbruch der Biosphäre diagnostiziert. Auch die weiteren Studien von Meadows sind nicht ermutigender.

Doch viele reagieren mit Nichtbeachtung, so die Liberalen und Sozialdemokraten, die, wie C.F. von Weizsäcker oder Meyer-Abich "alle radikalen Eingriffe in das herrschende Gesellschafts- und Wirtschaftssystem als unrealistisch" (Hermand 1991, S.178) abtun. Auch die Engagierteren setzen mehr und mehr auf einen wohlwollenden Reformgeist. Auf Seiten der Konservativen treten vehement lediglich einige Christen, wie Drewermann oder Rock, gegen die Naturzerstörung ein.

Mit der ökologischen Bewegung geht es dann nicht recht weiter. Gründe sind nach Hermand:

"1. die von breiten Schichten der Bevölkerung als äußerst positiv empfundene wirtschaftliche Konjunktur, die sich in neuen Konsumorgien entlud,

2. die damit verbundene Welle des Yuppietums und der Postmoderne unter den vom 'Zeitgeist' ergriffenen Intellektuellen,

3. die vieles andere überschattende Problematik der 'nationalen' Frage,

4. die trotz aller Aufbruchsbemühungen weiterwirkenden resignativen Züge innerhalb der Literatur dieser Jahre und

5. das immer größer werdende Mißtrauen gegen Ideologien, die in ihrer Wahrheitssuche ins Ganzheitliche, Totale strebten. So verschieden diese Impulse waren, eins hatten sie gemeinsam: sie verhinderten die Entstehung eines neuen sozialen Verantwortungsbewußtseins und damit die Sehnsucht nach grundsätzlich anderer Wirtschafts- und Gesellschaftsformen" (Hermand 1991, S.184).

Eine Lösung der Krise muß nun nach Hermands Auffassung statt in einem subjektivistischen Ansatz des 'Bioladeneinkaufs' in einer Veränderung der gesellschaftlichen Strukturen gesucht werden. Eine Dezentralisierung der Macht und der Industrie sowie eine verstärkte Teilnahme und Mitverantwortung der Bürger täten ein übriges.

"Neben einer durch politische Maßnahmen herbeigeführten Umstrukturierung der Wirtschaft müßte daher, [...] nach der Regierungsübernahme einer ökologiebewußten Koalition auch eine aufklärerische Erziehung größten Ausmaßes einsetzen, ohne welche selbst die besten naturerhaltenden Maßnahmen zwangsläufig unwirksam blieben. Um bei solchen Programmen nicht sofort ins Grenzenlose auszuufern, sollte eine solche Erziehung stets mit dem Gedanken der regionalen Verantwortlichkeit beginnen" (Hermand 1991, S.194).

Hermand stellt den vorher dargestellten Perspektiven der Ressourcenverknappung, des vernetzten Denkens und des Umgangs mit komplexen Situationen, die den einzelnen Menschen und sein Denken als Ursache der Krise sehen, eine gesellschaftliche Perspektive aus historischer Sicht gegenüber. Die Bedeutung der gesellschaftlichen Interessen legt es für Hermand nahe, zur Lösung der Umweltkrise eine Veränderung dieser gesellschaftlichen Strukturen im Sinne einer Dezentralisierung und Demokratisierung zu fordern. Einen Weg solche Forderungen umzusetzen sieht Hermand in der Erziehung.

Damit wird deutlich, daß die Umweltkrise nicht nur vom individuellen Verhalten ausgelöst wird. Gesellschaftliche Interessen und gesellschaftliche Bedingungen spielen eine ebenso bedeutende Rolle, so z.B. das Interesse des Bürgertums an Naturausbeutung zum Gewinn persönlicher Freiheit. Hermand zeigt, daß die Stimmen, die einen schonenderen Umgang mit der Natur vorschlagen, seit der Industrialisierung kaum gesellschaftlichen Einfluß fanden. Er vernachlässigt hier aber psychologische Gesichtspunkte, d.h. die individuelle Perspektive. Eine Kombination der gesellschaftlichen und der individuellen Perspektive scheint sinnvoll zu sein. Da die Gesellschaft aus Individuen besteht und Individuen die Gesellschaft bilden ist eine Wechselwirkung zwischen Individuum und Gesellschaft anzunehmen.

Für die Umweltkrise können also neben individuellen auch gesellschaftliche Faktoren als Auslöser angenommen werden. Die Bedeutung der geschichtlichen Entwicklung gesellschaftlicher Interessen für Bildungsarbeit läßt Hermand offen. Die Bedeutung kann über das Wechselverhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft aufgeschlossen werden. Bei der Klärung der Grundbegriffe habe ich dargestellt, daß sich Ziele von ökologischer Erwachsenenbildung an Dozentinnen und Dozenten und Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Bildungsveranstaltungen richten. Die Gesellschaft kann durch solche Ziele nicht direkt angesprochen werden. Ziele von Erwachsenenbildung richten sich an Individuen. Gesellschaftliche Bedingungen können daher durch Bildung nicht unmittelbar geändert werden. Dennoch kann Bildungsarbeit auf die gesellschaftlichen Bedingungen wirken. Denn nicht nur die Gesellschaft wirkt auf das Individuum, sondern auch das Individuum auf die Gesellschaft. So ist eine mittelbare Wirkung von ökologischer Erwachsenenbildung auf gesellschaftliche Bedingungen durch Vermittlung des Individuums anzunehmen.

Wir haben es hier aus Sicht der Erwachsenenbildung mit einer Wechselwirkung zwischen Individuen, Gesellschaft und Bildungsarbeit zu tun. Dabei setzt die Gesellschaft Bedingungen für die Bildungsarbeit. Ziele ökologischer Erwachsenenbildung müssen also die gesellschaftlichen Bedingungen berücksichtigen und sich an Individuen richten.

In der historischen Betrachtung wird deutlich, daß das Verhältnis zur Natur nicht ein gegebenes, sondern ein vom Menschen auf eine bestimmte Weise gedachtes ist. Das derzeitige Naturverhältnis ist geprägt von den Ansprüchen der Aufklärung sowie der sich damit durchsetzenden bürgerlichen Befreiungsbewegung. Dabei hat sich die Sichtweise von Natur als vom Menschen auszubeutendes Objekt durchgesetzt und drückt sich auch in der verwendeten industriellen Technik aus. Gegenbewegungen wie Naturschutz-, Tierschutz- oder Lebensreformbewegung verfügten nie über ausreichende politische Macht, um diese Entwicklung in eine andere Richtung zu lenken. Viel stärker als diese Bewegungen ist die Wohlstand-durch-Technik-Position, die die damit verbundene Naturausbeutung in Kauf nimmt. Wenn das Naturverhältnis nun ein vom Menschen gedachtes ist, dann ist es durch Bildungsarbeit auf individueller Ebene direkt und auf gesellschaftlicher Ebene mittelbar veränderbar. So wäre ein Ziel ökologischer Erwachsenenbildung denkbar. Allerdings muß dann auch geklärt werden, welches Naturverhältnis anzustreben ist.

Daß Hermand ökologisches Denken nur aus einem heimatlichen Verantwortungsbewußtsein heraus für möglich hält, überrascht, da er damit die globale Perspektive der Umweltkrise, die wohl kaum als Ideologie gesehen werden kann, ausblendet (vgl. Hermand 1991, S.91).

Nun muß Hermands Kritik, z.B. an Vester, auch für Hermand selbst gelten. Wie wir gesehen haben, macht Vester in der Tat keine Vorschläge für eine gesellschaftliche Realisierung seiner Ideen. In der Forderung nach Dezentralisierung der Macht oder nach einer umfangreichen aufklärerischen Erziehung bei Hermand kann ich aber auch keinen Vorschlag für eine gesellschaftliche Realisierung erkennen, der angibt, wie Macht dezentralisiert werden könnte. Eine Begründung für die Forderung nach Dezentralisierung findet sich ebensowenig wie eine Begründung für die Annahme, Erziehung könnte einen Beitrag zur Veränderung gesellschaftlicher Strukturen leisten oder ein Hinweis darauf, wie eine solche Erziehung z.B. institutionalisiert und damit gesellschaftlich umgesetzt werden könnte. Hermand scheint ein Verhältnis zur Natur, das Natur einen Eigenwert zuschreibt, zu bevorzugen. Warum er das so sieht, begründet er allerdings nicht. Hier entsteht für ökologische Erwachsenenbildung ein besonderes Problem: Wenn mit solcher Bildungsarbeit ein Beitrag zur Lösung der Umweltkrise geleistet werden soll und die Gesellschaft nicht dazu in der Lage zu sein scheint, diese Krise zu lösen, dann kann ökologische Erwachsenenbildung ihre Ziele nicht in den gesellschaftlichen Bedingungen finden.

Aspekte der gesellschaftlichen Bedingungen wurden in Hermands Darstellung deutlich. Ein Aspekt ist die Einstellung zur Technik, d.h. die Frage ob eher ein 'Technikkult' oder eine 'Technikkritik' vertreten wird. Weitere Aspekte sind die Einstellung zur Natur, d.h. ob sie als dem Menschen dienlich oder mit einem Eigenwert versehen betrachtet wird, oder bestimmte ökonomische Sichtweisen, wie z.B. unbegrenzter Konsum oder Konsumverzicht. Solche Einstellungen werden von gesellschaftlichen Interessengruppen vertreten, z.B. von Parteien, Kirchen, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen.

Ob allerdings eine bestimmte Einstellung zu bevorzugen ist, wird hier nicht deutlich. Zwar scheint Naturzerstörung vor allem mit einer Industrialisierung im Sinne bürgerlicher Freiheitsbewegung und liberaler Interessen einherzugehen. Doch ist so ein gleichzeitiges Auftreten noch kein Beweis für einen bestimmten Zusammenhang und damit auch kein Beweis für ein anders gedachtes Naturverhältnis.

Aus der geschichtlichen Sichtweise wurde klar, daß gesellschaftliche Bedingungen einen Rahmen für ökologische Erwachsenenbildung setzen. Ökologische Erwachsenenbildung kann mittelbar auf die gesellschaftlichen Bedingungen einwirken. Ziele für eine ökologische Erwachsenenbildung konnten hier aber nicht gefunden werden.

3.6 Risikogesellschaft

Ein differenziertere Sicht der gesellschaftlichen Bedingungen kann sich aus einer aktuellen Analyse ergeben. Eine solche Analyse versucht Beck. Er sieht einen Wandel von der Industriegesellschaft zu einer Risikogesellschaft. Die alles beherrschende Reichtumsproduktion der Industriegesellschaft wird seiner Meinung nach von der Risikoproduktion an Bedeutung übertroffen (vgl. Beck 1986, S.14-17).

Wie haben wir uns die Risiken vorzustellen, die dazu in der Lage sind, eine neue Gesellschaft zu schaffen? Sie sind nach Beck global und entziehen sich typischerweise der Wahrnehmung, sind aber gleichzeitig wissensabhängig. Die mit den Risiken verbundenen Gefährdungslagen sind kommunikativ vermittelt und enthalten theoretische oder normative Komponenten. Damit werden Risiken sozial definiert. Ethische Fragen bekommen ein neues Gewicht. Risiken können, wie Beck schreibt, ganz anders als die ungleiche Verteilung von Gütern, dadurch legitimiert werden, daß ihre Entstehung nicht gewollt ist. Und sie sind klassenunspezifisch, wodurch eine Einheit von Opfer und Täter entsteht (vgl. Beck 1986, S.30-45). Die Risiken sind, im Gegensatz zu den sozialen Ungleichheiten, unsichtbar. Die Kraft der Klassengesellschaft "Ich habe Hunger" wird in der Risikogesellschaft zu "Ich habe Angst" (Beck 1986, S.67). Die Folge ist:

"In Klassen - und Schichtlagen bestimmt das Sein das Bewußtsein; während in Gefährdungslagen das Bewußtsein das Sein bestimmt" (Beck 1986, S.31).

Die soziale Definierbarkeit von Risiken läßt nach Beck die Bedeutung der Medien steigen, die Risikogesellschaft ist eine Wissenschafts-, Medien- und Informationsgesellschaft.

Durch die Abhängigkeit vom Wissen sieht er die besser Gebildeten eher betroffen. Das Bewußtsein entwickelt sich vor allem dort, wo es wenig Elend gibt. Zugleich erzeugt das Ausgeliefertsein an die Risiken einen Souveränitätsverlust über die Einschätzung der Risiken. Diese wird in hohem Maße abhängig von der öffentlichen Wahrnehmung, was sich in einer Verwissenschaftlichung der Risiken, einem wachsenden Geschäft mit dem Risiko und einer symptomatischen und symbolischen Risikobewältigung zeigt (vgl. Beck 1986, S.62-75).

Zwei Aspekte aus Becks Argumentation möchte ich hier vertiefend darstellen: die veränderte Rolle der Wissenschaft und die Individualisierung. Zur Rolle der Wissenschaft:

Beck sieht in der Risikogesellschaft eine Konkurrenz der Rationalitäten entstehen. Auslöser ist die Werthaftigkeit wissenschaftlicher Urteile über Risiken. Sie bewirkt ein Versagen der wissenschaftlichen Rationalität gegenüber Risiken, z.B. bei Atomwaffen, 'Mittelwertsberuhigungen' oder 'Grenzwertspielereien'.

"Grenzwerte für 'zulässige' Schadstoff- und Giftspuren in Luft, Wasser und Nahrung haben im Zusammenhang der Risikoverteilung eine vergleichbare Bedeutung wie das Leistungsprinzip für die ungleiche Reichtumsverteilung: Sie lassen den Giftausstoß zugleich zu und legitimieren ihn in eben dem eingeschränkten Umfang. Wer die Verschmutzung begrenzt, hat der Verschmutzung auch zugestimmt" (Beck 1986, S.85).

Gegen Grenzwerte spricht die fragliche Übertragbarkeit von Tierversuchen und fehlender Schwellenwertcharakter besonders von kanzerogenen Stoffen - d.h. auch kleinste Dosen können gesundheitsschädlich sein. Dies hat zur Folge, daß die Stoffe trotz unbekannter Auswirkungen auf den Menschen freigesetzt werden. Das aber hat Experimentcharakter. Diese Überlegung führt bei Herbold zur Beschreibung der Gesellschaft als Experimentiergesellschaft:

"Das wesentliche Kennzeichen der modernen Experimentiergesellschaft ist die Kopplung von Implementation und Invention in einer expliziten und strategischen Weise, die das kontrollierte Experiment in immer stärkerem Maße zu dem Standardinstrument macht, mit dessen Hilfe technische Innovationen erzeugt werden" (Herbold 1991, S.27).

Die Gesellschaft nimmt demnach an einem Großversuch zur Erprobung neuer technischer Verfahren teil (vgl. Herbold 1991, S.29). Die dabei vorhandenen Risiken fangen nach Becks Auffassung erst mit ihrer wissenschaftlichen Anerkennung an zu existieren. Das wissenschaftliche Wahrheitsmonopol zwingt die Betroffenen, sich wissenschaftlicher Methoden zu bedienen. Doch auch das bringt kein Wissen im Sinne von 'Erfahren haben'. Spekulation gewinnt an Bedeutung (vgl. Beck 1986, S.95ff.). Neue Fähigkeiten sind gefragt:

"Wesentliches Gewicht gewinnt hier die Fähigkeit, Gefahren zu antizipieren, zu ertragen, mit ihnen biographisch und politisch umzugehen" (Beck 1986, S.101).

Das könnte sich nach Becks Auffassung zu einer Schlüsselqualifikation entwickeln. Doch durch die Gefährdung wird auch die Möglichkeit einer autoritären Lösung nahegelegt. Das ist seiner Meinung nach eine wesentliche Herausforderung für demokratisches Denken (vgl. Beck 1986, S.102-106).

Naturzerstörung wird nach Beck zum Bestandteil gesellschaftlicher Prozesse. Damit wird die Trennung zwischen Natur und Gesellschaft, die Grundlage der Industriegesellschaft ist, aufgehoben. Wissenschaftliche Fragen werden zu gesellschaftlichen Fragen und damit zu Wertfragen (vgl. Beck 1986, S.108-111). Risiken sind dann wissenschaftlich und sozial konstruiert. Der Wissenschaft kommt dabei eine dreifache Bedeutung zu:

"Wissenschaft wird (Mit)Ursache, Definitionsmedium und Lösungsquelle von Risiken und öffnet gerade dadurch neue Märkte der Verwissenschaftlichung" (Beck 1986, S.254).

Hier unterscheidet Beck einfache von reflexiver Wissenschaft: Einfache Verwissenschaftlichung beschäftigt sich mit Natur und der vorgegebenen Welt, die reflexive ist mit ihren eigenen Produkten konfrontiert. Die reflexive Wissenschaft ist nicht nur Quelle für Problemlösungen, sondern auch Problemursache. Damit unterzieht sich für Beck die wissenschaftliche Zivilisation einer Selbstkritik. Es kommt zu einer Demystifizierung von Wissenschaft (vgl. Beck 1986, S.254ff.).

"Wissenschaft wird immer notwendiger, zugleich aber auch immer weniger hinreichend für die gesellschaftlich verbindliche Definition von Wahrheit" (Beck 1986, S.256).

Hier werden nach Beck nun andere Medien und Akteure charakteristisch. In der einfachen Verwissenschaftlichung können Wissenschaftler sich auf die sozial organisierte Überlegenheit der Wissenschaft berufen. Diese ist an geringe Überschneidung der Disziplinen und Organisation der eigenen Fehlerquellen gebunden. Fehler können dann sogar in neue Entwicklungsschübe umgemünzt werden (vgl. Beck 1986, S.260).

Dies wird, wie Beck schreibt, unterhöhlt, wenn sich Wissenschaft auf Wissenschaft richtet, womit auch Wissenschaft als Problemursache in den Blick gerät und Skepsis sowie Verachtung der Disziplinen untereinander hervorbricht. Damit wird nicht nur Glaubwürdigkeit eingebüßt, sondern es werden auch neue Wirkungs- und Anwendungsfelder erschlossen. Wissenschaft sieht er dreifach an der Entstehung von Gefährdungslagen und Risikobewußtsein beteiligt: Die industrielle Nutzung wissenschaftlicher Ergebnisse schafft die Probleme, sie ermöglicht ihre Erkenntnis und stellt Möglichkeiten für die Bewältigung zur Verfügung. Die Ökologiebewegung erscheint hier für Beck als Vorbotin einer neuen Moderne, die eine perfektere, effizientere und umfassendere Verwissenschaftlichung und Technisierung der Natur bringen wird (vgl. Beck 1986, S.263-266).

Unter der reflexiven Verwissenschaftlichung wachsen die mitproduzierten und mitzudefinierenden Risiken, und damit die Einbindung in gesellschaftliche Reflexivität. Sozial- und Umweltverträglichkeit kann so forschungsleitend werden, in jedem Fall aber werden Hypothesen abhängig von der gesellschaftlichen Akzeptanz (vgl. Beck 1986, S.272).

Am damit verbundenen Verlust des Wahrheitsmonopols zeigt sich die Funktionsänderung von Wissenschaft. Politik wird zwar abhängiger von Wissenschaft, aber unabhängiger vom einzelnen Befund. Die Rückwirkung davon: Wenn die Wissenschaft Wahrheit nicht produziert, wird ihr vorgeschrieben, was Wahrheit sein soll. Soziale Akzeptanz wird zum Selektionskriterium. Persönlichkeitseigenschaften und persönliche Netzwerke gewinnen an Bedeutung (vgl. Beck 1986, Fußnote S.277). Wissenschaft könnte nun durch Unabhängigkeit politische Stoßkraft gewinnen. Dazu müßte nach Beck das Tabu der Entpolitisierung gebrochen werden, denn:

"Nicht der Klapperstorch bringt die Folgen - sie werden gemacht" (Beck 1986, S.284).

Sollen die Nebenfolgen von Forschung nicht länger hingenommen werden, muß die wissenschaftliche Entwicklung Lernfähigkeit gewährleisten und müssen Irreversibilitäten vermieden werden. Forschung muß dann nach Becks Auffassung von der Theorie der Fehlerhaftigkeit des Denkens und Handelns ausgehen (vgl. Beck 1986, S.293). Technischer Fortschritt, gleichgesetzt mit sozialem Fortschritt, bleibt damit der politischen Legitimation entzogen.

Doch nicht nur die Funktion von Wissenschaft in der Gesellschaft unterliegt einem Wandel, auch die Situation der Menschen in der Gesellschaft ist im Umbruch. Leitgedanke für Beck ist hier die Individualisierung:

Die Veränderungen der Verteilungslogik durch die Risiken werden überlagert von Veränderungen in der gesellschaftlichen Struktur. Dies führt zu Enttraditionalisierung der Klassengesellschaft, Auflösung von Geschlechtsrollen und Kleinfamilie, Auflösung der Grenzen zwischen Arbeit und Nichtarbeit, Demystifizierung von Wissenschaft und Halbierung des Geltungsradius von Demokratie durch Wirtschaft, Wissenschaft und Technik (vgl. Beck 1986, S.18f.)

Das bezeichnet Beck als Individualisierung. Die Menschen werden aus den Sozialformen der industriellen Gesellschaft freigesetzt. Es entsteht ein Kapitalismus ohne Klassen, was sich z.B. in der Auflösung der Grenze zwischen Arbeit und Nichtarbeit niederschlägt. Gesellschaftliche Krisen erscheinen als individuelle und werden daher kaum noch als gesellschaftliche Probleme wahrgenommen. Die Freisetzung aus Klassen wird überlagert durch die Freisetzung aus Geschlechtslagen. Die Individualisierung greift damit auch innerhalb der Familie.

"Individualisierung wird dementsprechend hier als ein historisch widersprüchlicher Prozeß der Vergesellschaftung verstanden" (Beck 1986, S.119).

Das ist für Beck eine zu der Globalisierung und gleichmachenden Wirkung der Risken entgegengesetzte Entwicklung. Die Individualisierung bewirkt seiner Einschätzung nach keine Auflösung der Ungleichheiten der Klassengesellschaft, sondern eine Verschiebung der Ungleichheiten um eine Etage nach oben. Dadurch werden Klassenidentitäten aufgelöst und die Individuen damit aus den Klassen freigesetzt.

"Der soziale Klassencharakter der Lebensbedingungen und Lebensformen kann also bei konstanten Ungleichheitsstrukturen durch Niveauverschiebungen verlorengehen" (Beck 1986, S.122).

Wesentliche Triebfeder für diesen Vorgang ist der Ausbau der Wohlfahrtstaates. Der Verkauf der Arbeitskraft führt nach Beck wegen der Errungenschaften des Wohlfahrtstaates nicht mehr zur Klassenbildung. Darin sieht er einen Erfolg der Arbeiterbewegung, die sich dadurch allerdings in ihren Voraussetzungen und möglicherweise in ihrem Bestand gefährdet hat.

Bei konstanten Einkommensunterschieden löst der Wohlfahrtstaat die Klassen auf, die Auflösung der Schichten kann bei Massenarbeitslosigkeit soziale Ungleichheit verschärfen. Die Menschen sind nun lebensphasenspezifisch von ihr betroffen. Sie erleben den Abstieg nicht mehr in einer armutserfahrenen Großgruppe, sondern als Individuum.

"Die Gegensätze sozialer Ungleichheit tauchen als Gegensätze zwischen Lebensabschnitten innerhalb einer Biographie wieder auf" (Beck 1986, S.149).

Damit werden die Systemprobleme zu individuellen Problemen. Drei Entwicklungen sieht Beck dabei: Die Klassen emanzipieren sich aus regionalen und partikularen Beschränkungen; Betrieb und Arbeitsplatz sind nicht mehr zentral für Identitätsbildungen, es bilden sich neue soziale Netzwerke aus, wobei Selbsterfüllung in den Mittelpunkt rückt und ein Wertsystem der Individualisierung schafft, und es kommt zu einer Abspaltung eines Vollbeschätigungs- von einem Unterbeschäftigungssystem durch Flexibilisierung von Arbeitsmarktbeziehungen, Arbeitszeitregelungen und Informations- und Kommunikationstechnologie (vgl. Beck 1986, S.150-157).

Diese Entwicklung schlägt sich in der Familie nieder. Die nichterfüllten Gleichheitserwartungen der Frauen, die steigende Zahl von Scheidungsziffern und Ehen ohne Trauschein und die zunehmende Zahl der Singlehaushalte sind für Beck Ausdruck dieser Entwicklung (Beck 1986, S.162-165). Beck stellt nun drei zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten gegenüber: Entwicklungen zurück zur Kleinfamilie, eine Egalisierung nach dem Vorbild der Männer, damit eine Durchsetzung der Prinzipien der Moderne und Schaffung der vollmobilen Single-Gesellschaft oder die Erprobung neuer Lebensformen jenseits von Frauen- und Männerrolle sind mögliche Entwicklungen (vgl. Beck 1986, S.196-201). Beck bezeichnet diese Entwicklungen

"als Anfang eines neuen Modus der Vergesellschaftung [...], als eine Art 'Gestaltwandel' oder 'kategorialer Wandel' im Verhältnis von Individuum und Gesellschaft" (Beck 1986, S.205).

Individualisierung zeigt sich für Beck als Herauslösung, Stabilitätsverlust und Wiedereinbindung. Die bisherige Beschreibung der objektiven Lage geht nun einher mit subjektiven Veränderungen.

Beck beschreibt Individualisierung als Veränderung von Biographiemustern und Lebenslagen. Die freigesetzten Individuen werden dadurch abhängig von Institutionen. Ständische, klassenkulturelle oder familiäre Biographien werden ersetzt durch institutionalisierte Biographien. Individualisierung bedeutet Marktabhängigkeit in allen Dimensionen und damit Auslieferung der Menschen an eine Außensteuerung. Die Folge ist für Beck: Es muß ein ich - zentriertes Weltbild entwickelt werden (vgl. Beck 1986, S.211-217).

Zugleich sieht er den Arbeitsmarkt im Umbruch. Die sich ausbreitende Massenarbeitslosigkeit verändert das Bildungssystem: der berufsorientierten Ausbildung wird die Sinngrundlage entzogen, es wächst die Neigung, in Zusatz- oder Weiterbildungen auszuweichen, d.h. labile Übergangsphasen weiten sich aus (vgl. Beck 1986, S.237-241).

"Unterscheidet man zwischen 'Bildungsorganisation' und 'Bildungsbedeutung', und meint mit Organisation: den institutionellen Rahmen, die Ordnungen, das Zertifikatswesen, die Lehrpläne und -inhalte, und mit Bildungsbedeutung: den Sinn, den die Individuen mit ihrer Ausbildung verbinden, dann kann man sagen: Organisation| und Bedeutung von Ausbildung haben sich voneinander abgelöst und gegeneinander verselbstständigt" (Beck 1986, S.242f.).

Auch die Umverteilung sozialer Chancen, die das Bildungssystem nicht mehr leistet, muß neu diskutiert werden. Nur die Negativauswahl, d.h.: keine Ausbildung, kein Job, ist deutlich (vgl. Beck 1986, S.245).

Beck erörtert weitere Veränderungen des gesellschaftlichen Systems, wie die Umkehrung politischer Einflußpotentiale und die Veränderung des Ortes der Politik in Subpolitik, die veränderte Bedeutung des Wohlfahrtstaates, die veränderte Bedeutung von Demokratie und die damit entstehende neue politische Kultur im Rahmen von ausgebauter Partizipation und die Veränderungen der Arbeitswelt durch Kommunikationstechnologien. Daraus entwickelt er drei Zukunftsszenarien, von denen ich hier das nach Beck wahrscheinlichste darstellen möchte: die differentielle Politik.

Der Ansatz ist für Beck hier die Entgrenzung von Politik, in der sich eine neue Epoche der Moderne ankündigt und deren Merkmal die Reflexivität ist. Gegen Zentralisierung und Bürokratisierung tritt Flexibilität in Kraft. Neue Formen der fremdkontrollierten Selbstkoordination werden nötig. Eine Strukturdemokratisierung, die nach der Gewaltenteilung die Pressefreiheit brachte, trifft nun Wirtschaft und Privatleben. Beck sieht Monopole wie die Rationalität der Wissenschaft oder das Berufsmonopol der Männer aufbrechen, aber es stürzen keine Welten ein. Denn die Entwicklung bedeutet eine Fortsetzung der Moderne (Beck 1986, S.369f.). Beck folgert daraus:

"Die Politik muß die Selbstbegrenzung, die historisch vollzogen wurde, nachvollziehen" (Beck 1986, S.371).

Umgekehrt sollte seiner Meinung nach von Wirtschaft, Wissenschaft usw. Politik gemacht werden. Wichtig dafür sind eine unabhängige Justiz und unabhängige Medien, aber auch Selbstkritik z.B. durch institutionalisierte Kritik an eigenen Entwicklungen. Politik selbst könnte dann die Rahmenbedingungen festlegen (vgl. Beck 1986, S.372f.).

Beck hat hier eine verschiedene Beobachtungen der Gesellschaft zusammengstellt, die er unter der These der Risikogesellschaft zusammenfasst und die für die ökologische Erwachsenenbildung eine differenziertere Sichtweise von Gesellschaft ermöglichen. In der Risikogesellschaft erlangen Risiken, insbesondere Risiken der Umweltzerstörung, zentrale Bedeutung. Diese Risiken sind global, nicht wahrnehmbar, sozial definiert und abhängig von Werturteilen.

In der historischen Entwicklung haben wir gesehen, daß die Umweltkrise abhängig ist von den gesellschaftlichen Verhältnissen. Becks Beschreibung hat deutlich gemacht, daß auch die gesellschaftlichen Verhältnisse abhängig von der Umweltkrise sind. Wir haben es bei der Umweltkrise also nicht nur mit Veränderungen der Umwelt zu tun, sondern auch mit einer immanenten Krise des Gesellschaftssystems. Damit muß der politische Aspekt des Ökologiebegriffs erweitert werden: Es besteht eine Wechselwirkung zwischen Umwelt und Gesellschaft. Die gesellschaftlichen Bedingungen wirken durch einen bestimmten Umgang mit Natur auf die Umwelt, die Veränderungen der Umwelt verändern die gesellschaftlichen Bedingungen. Letzteres ist vermittelt über die Wahrnehmung von Umwelt, insbesondere durch die Wissenschaft.

Die gesellschaftlichen Veränderungen erscheinen für das Individuum nicht als gesellschaftliche, sondern als individuelle Probleme. Die Individualisierung wird ausgelöst durch Veränderungen der Familie, durch Veränderung der Grenze von Arbeit zu Nichtarbeit usw. Diese Veränderungen stellen eine Herausforderung für das Individuum dar, das in seiner Biographie mit diesen Veränderungen umgehen muß. Sie lassen nach Beck ein Wertsystem der Individualisierung entstehen. Für das Individuum besteht damit eine Konkurrenz zwischen verschiedenen Problemen. Die Umweltkrise, die in den bisher dargestellten Ansätzen als 'die' Krise für das Individuum gesehen wurde, ist für das Individuum aus Becks Sicht nur noch eine Schwierigkeit von vielen. Sie wird daher, wenn sie in der Wahrnehmung des Individuums in Konkurrenz z.B. zur Arbeitslosigkeit tritt, kaum eine besondere Bedeutung erlangen. Dadurch stellt die Veränderung der gesellschaftlichen Situation eine Grenze der Möglichkeiten ökologischer Bildungsarbeit dar.

Nicht nur die Situation des Individuums, auch die Situation der gesellschaftlichen Funktionssysteme, z.B. der Wissenschaft, verändert sich. In der Konkurrenz der Rationalitäten in den Wissenschaften wird die Werthaftigkeit wissenschaftlicher Urteile offensichtlich. Mit dieser Unklarheit müssen Individuen umgehen, was nach Becks Meinung zu einer Schlüsselqualifikation werden könnte. Die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen ist eine Aufgabe von Erwachsenenbildung, die durch diese neue Qualifikation erweitert werden könnte. Beck sieht hier als wesentliche Fähigkeiten die Vorwegnahme und das Ertragen von Gefahren sowie den biographischen und politischen Umgang mit ihnen an. Dabei macht er aber nicht deutlich, daß diese Schlüsselqualifikation zur Lösung der Umweltkrise beitragen soll. Das Ertragen der Gefahren und die Fähigkeit zum biographischen Umgang mit ihnen bedeutet eher eine Anpassung an die Umweltkrise. Hier kann Becks Kritik an Grenzwerten gegen Beck gerichtet werden: So wie Grenzwerte zur Legitimation der Verschmutzung dienen, dient der Erwerb dieser Schlüsselqualifikation zur Gewöhnung der Individuen an die Umweltkrise. Ein Ziel ökologischer Erwachsenenbildung kann daher in der von Beck vorgeschlagenen Schlüsselqualifikation nicht gesehen werden, wenn ökologische Erwachsenenbildung einen Beitrag zur Lösung der Umweltkrise und nicht zur Normalisierung des Lebens mit der Umweltkrise leisten soll.

Mit den Veränderungen des Wissenschaftssystems entsteht noch ein Problem für Bildungsarbeit. Gerade die Spaltung der Urteile von Expertinnen und Experten ist angesichts der daraus resultierenden Ungewissheiten für eine traditionell an der Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse orientierte Bildungsarbeit als erhebliche Schwierigkeit zu sehen. Hier muß jetzt gefragt werden, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse denn nun zu vermitteln sind. Eine Antwort auf diese Frage, die auch die Wissenschaften nicht liefern, kann in der Bildung aber kaum geleistet werden. Die Spaltung der Urteile von Expertinnen und Experten ist damit eine weitere Grenze für eine ökologische Bildungsarbeit.

Beck sieht die Funktion des Bildungssystems geändert. Die berufsorientierte Ausbildung verliert durch die Massenarbeitslosigkeit ihre Sinngrundlage und das Bildungssystem verliert die Funktion der Verteilung sozialer Chancen. Die Konsequenzen dieser Veränderungen für eine ökologische Bildungsarbeit sind unklar. Sie könnten zum einen die Einbindung ökologischer Bildung in das Bildungssystem erleichtern, da in einer Umbruchsituation das Bildungssystem schon in der Diskussion und eine Veränderung unvermeidlich ist. Sie könnte aber auch das Vertrauen in das Bildungssystem schmälern und so die Glaubwürdigkeit und damit auch die Erfolgschancen einer ökologischen Bildungsarbeit verringern.

Die Umweltkrise, soviel wurde bei Beck deutlich, ist eine Herausforderung für die Demokratie, vor allem angesichts der mit der Umweltkrise verbundenen Verschiebungen der gesellschaftlichen Machtverhältnisse und des Wandels des Ortes von Politik in die politischen Subsysteme Wissenschaft, Politik und Wirtschaft. Becks Vorschlag ist, daß Politik die Selbstbegrenzung nachvollziehen soll und in Wirtschaft, Wissenschaft etc. Politik gemacht wird. Wie diese Subsysteme der an sie herangetragenen Aufgabe gerecht werden können, sagt Beck allerdings nicht.

3.7 Erneuerung der Wissenschaft?

Die Wissenschaft hat für ökologische Bildungsarbeit erhebliche Bedeutung. Zum einen ist eine Wahrnehmung der Umweltkrise ohne wissenschaftliche Beschreibungen nicht möglich. Wissenschaft liefert damit die Erkenntnisse, die in der Bildungsarbeit vermittelt werden sollen. Nun verliert Wissenschaft mit der Änderung ihrer gesellschaftlichen Funktion ihre Defintionsmacht.

Wie Wissenschaft mit dem Auseinanderfallen von Expertenurteilen und der zunehmenden Politikgestaltung durch Wissenschaft umgeht, möchte ich am Beispiel der systemischen Pädagogik von Huschke-Rhein darstellen. Huschke-Rhein nimmt eine erhebliche Bedeutung von Wissenschaft für pädagogische Fragen an, er sieht Wissenschaft als funktionales Erziehungsprogramm. Die Bedeutung von Wissenschaft sieht er bei Bacon entstehen. Bacon sah die unbedingte Verbesserung der menschlichen Verhältnisse durch die Wissenschaft. Ähnlich sagte auch Descartes: Wissenschaft werde die Menschen zu Herren und Eigentümern der Natur machen (vgl. Huschke-Rhein 1988, S.23-25).

Die Verfahren, mit denen Wissenschaft diese Machtansprüche umsetzte, waren Analyse und Experiment. Doch in diesen Verfahren zeigen sich grundsätzliche Nachteile: Das Experiment präpariert und idealisiert eine Situation durch die Schaffung eines geschlossenen Raums, in dem die Zeit angehalten werden kann (vgl. Huschke-Rhein 1988, S.43). Der damit verfolgte Anspruch ist, eine 1:1 Abbildung der Realität zu schaffen oder gar eine Weltformel zu finden. Diesen Anspruch verfolgen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch heute. So schreibt z.B. Hawking: "Wir haben kein geringeres Ziel vor Augen als die vollständige Beschreibung des Universums, in dem wir leben" (Hawking 1991, S.28).

Huschke-Rhein kritisiert nun diesen Anspruch. Der Versuch, alle Punkte des Universums abzubilden, scheitert seiner Darstellung nach schon daran, daß es diese isolierbaren letzten Punkte nicht gibt. Auch ein Symbolsystem, das eine solche Abbildung ermöglichen würde, sieht er nicht. Die vorhandenen Symbolsysteme können nur die uns zugängliche Realität in ein uns verständliches System transformieren. Die vorausgesetzte Trennung zwischen Geist und Materie kann so nicht nachvollzogen werden. Am Anspruch vollständiger Abbildung kann also nicht festgehalten werden (vgl. Huschke-Rhein 1988, S.47f.).

Exemplarisch verdeutlicht Huschke-Rhein seine Wissenschaftskritik an der Goethe-Newton-Kontroverse. Newton hatte bei einem Experiment die Spektralfarben entdeckt. Er hatte dazu einen Lichtstrahl in eine verdunkelte Kammer gelenkt und diesen mit Hilfe eines Prismas zerlegt. Daraus entwickelte er den Farbenkreis mit den drei Farben Gelbrot, Grün und Blaurot. Goethe variierte nun den Newton'schen Prisma-Versuch. Er nahm keine dunkle Kammer mit einem schwarzen Umfeld und weißen Teststreifen, sondern drehte die Verhältnisse um: das Experiment fand im hellen Tageslicht statt und Goethe benutzte ein weißes Umfeld und schwarze Teststreifen. Siehe da: Das Spektrum war ein anderes! Goethes Farben waren Gelb, Purpur und Blau. Hier wird deutlich:

"Goethe hatte ein Erkenntnisinteresse, das ihn bei seinen Versuchen geleitet hat" (Huschke-Rhein 1988, S.167).

Er interessierte sich nicht für physikalische Grundgesetze, sondern für die dem Menschen sinnlich und geistig erscheinende Natur. Goethe ist damit Anhänger einer phänomenologischen Wissenschaftsauffassung. Ihm war die Trennung von Körperlichem und Geistigem fremd. Er sah im Geistigen immer auch das Körperliche und umgekehrt. Die Annahmen oder Erkenntnisinteressen spielen also bei Experimenten ein erhebliche Rolle:

"Die Experimente drehen sich im wortwörtlichen Sinne im Kreise, weil sie nur das beweisen können, was sie beweisen wollen (oder sollen)" (Huschke-Rhein 1988, S.186).

In der Goethe- Newton- Kontroverse standen zwei Hauptthesen der neuzeitlichen Wissenschaft zur Debatte: Zum einen, daß Wahrheit nicht mit den Sinnen, sondern nur mit Theorie festgestellt werden kann, Wahrnehmung durch die Sinne also bloß subjektiv ist und objektive Wahrheit durch Wissenschaft festgestellt wird. Zum anderen, daß die allgemeingültige und höchste Form der Wahrheit mathematische Formeln darstellen. Durch diesen Anspruch hat Wissenschaft es geschafft, zur wichtigsten Autorität der Moderne zu werden. Sie ist immer im Recht, kann bestimmen was objektiv richtig ist und kann die Täuschungen der alltäglichen Erfahungen vermeiden. Durch Bau und Einsatz technischer Geräte kann sie erkennen, wie es wirklich ist (vgl. Huschke-Rhein 1988, S.134-139).

Kritik an solcher Wissenschaft ist schon bei Goethe ein wichtiges Thema. Auch heute wird Wissenschaft kritisiert. Als wesentliche Nachteile von heutiger Wissenschaft nennt Huschke-Rhein den Übergang des Wissens in die Hände von Experten, die Trennung der Wissenschaft von Leben, Natur und Subjekt, die Instrumentalisierung und Apparatisierung der Lebenswelt, die Trennung der gemeinsamen Lebensräume durch die Arbeitsteilung und nicht zuletzt die Übermacht von Männern in den entscheidenden Positionen (vgl. Huschke-Rhein 1988, S.26). Wie können wir uns nun eine veränderte Wissenschaft vorstellen?

Huschke-Rhein schlägt hier einen systemtheoretischen Ansatz vor. Dazu stellt er zunächst verschiedene Systemansätze vor:

- Der Verdienst des kybernetisch - informationstheoretischen Ansatzes, den wir bereits bei Vester kennengelernt haben, liegt in der Einführung der Prinzipien der Rückkopplung und der Kreisprozesse. Probleme sieht Huschke-Rhein in den von außen gesetzten und nicht mehr reflektierten Sollwerten, die dem System quasi verordnet werden.

- In biologischen Systemansätzen wird das System als Teil der Umwelt begriffen. Es handelt sich um ein offenes, dynamisches System, das mit anderen eine geordnete Ganzheit bildet. Dabei wird die Trennung von Beobachter und System aufgehoben. Mit der Aufhebung der Trennung von Beobachter und System ist zugeleich das Verständnis der selbstreferentiellen Systeme, der Selbstorganisation und der Autopoiese vorbereitet.

- Als soziologische Systemansätze kommen Parsons Beschreibung von Gesellschaft als homöostatisches System, das zwischen den Bedürfnissen und den Rollenerwartungen ihrer Mitglieder vermitteln muß und Luhmanns Theorie, die gesellschaftliche Systeme nur funktional analysieren möchte, in Frage. Grundsatz bei Luhmann ist nach Huschke-Rhein die These, daß Systeme der Reduktion von Komplexität dienen. Hier wird allerdings eine ausgrenzende technologische Rationalität favorisiert. Huschke-Rhein bezeichnet Luhmanns Theorie als rein abstrakt, die natürliche Umwelt wird also nicht einbezogen.

- Die allgemeine dynamische Systemtheorie wird hier anhand des Ansatzes von Jantsch vorgestellt. Grundprinzip sind dissipative Strukturen, das bedeutet selbstkreatives Hervorbringen neuer Strukturen aus einem gegebenen System. Pädagogisch ist vor allem der damit verbundene Begriff der Selbstorganisation relevant. Für Jantsch beinhaltet dies Integration in ein Gesamtsystem und zugleich Selbstsein durch Autonomie innerhalb dieser Gesamtstrukturen. Pädagogik muß dann zu einem entprechendem Bewußtsein erziehen.

- Der spirituelle Systemansatz möchte eine Bewußtseinserweiterung des verengten Bewußtseins der technisch-industriellen Moderne hin zu religiösen und spirituellen Dimensionen erreichen.

(vgl. Huschke-Rhein 1988, S.72-79)

Huschke-Rhein schlägt nun einen Systemansatz für die Pädagogik vor. Dabei legt er besonderen Wert auf die Praxisverbundenheit seines Ansatzes.

"Systemwissen in der Erziehungswissenschaft muß immer zugleich praktisches Wissen sein" (Huschke-Rhein 1988, S.56).

Ziel von Wissenschaft ist es für ihn, notwendige Bedingungen (keine hinreichenden!) für das Überleben festzustellen. Dazu gilt es, ein neues Denken zu erlernen, das in Systemen, also in Schleifen, Wechselwirkungen und Vernetzungen denkt, worin zugleich die Aufgabe für die Pädagogik ausgedrückt ist. Besonders wichtig ist dabei, daß nicht die Teile eines Systems, sondern die Beziehungen innerhalb des Systems im Mittelpunkt stehen: Der Kontext macht den Sinn (vgl. Huschke-Rhein 1988, S.55-60).

Das Zweck-Mittel-Denken der neuzeitlichen Wissenschaft berücksichtigt nach Huschke-Rhein keine Systemaspekte und führt dadurch oft zu unbeabsichtigten qualitativen Sprüngen und zur Zerstörung von Systemen. Die besondere Berücksichtigung der Systembeziehungen kann Handeln auch in komplexen Systemen möglich machen, da es sich vor allem an Schlüsseldaten orientiert. Konsequenz:

"Die wichtigste Bildungsaufgabe besteht heute in der Erziehung und Bildung zum systemischen Denken und Handeln" (Huschke-Rhein 1988, S.110).

Dadurch soll in einer zweiten Aufklärungsepoche das Verhältnis von Vernunft und Natur neu bestimmt werden. Vernunft umfasst dann nicht nicht nur Reflexion, sondern auch die antizipatorischen Fähigkeiten des Denkens. Huschke-Rhein schlägt damit ein neues Modell der Erziehung vor:

(vgl. Huschke-Rhein 1988, S.114)

Durch dieses Modell will Huschke-Rhein vor allem Praxis und Theorie verbinden. Der bildungstheoretische Grundsatz besteht für ihn darin, das partikulare Bewußtsein und die subjektive Praxis des Subjekts mit den anderen Systemen zu vermitteln. Wissenschaftstheoretisch wird von ihm die Bedeutung des Kontextes betont. Wissenschaft soll die Verbindung von Besonderem und Allgemeinen herstellen und damit Bewußtsein für die Einheit des Getrennten schaffen (vgl. Huschke-Rhein 1988, S.114-116).

"Sowohl die pädagogische Praxis als auch die pädagogische Theorie sind Subsysteme (Teilsysteme) in dem umfassenderen "System Erziehung". Die Frage nach dem "Vorrang" der Theorie oder der Praxis ist damit überholt" (Huschke-Rhein 1988, S.121).

Huschke-Rhein entwickelt nun Handlungsnormen als systempädagogische Prinzipien. Träger solcher Normen sind Subjekte, denn nur Subjekte können Normen verantworten. Sie können die Verantwortung von Normen nicht an Experten delegieren, dies würde eine Verantwortungslosigkeit der Subjekte bedeuten (vgl. Huschke-Rhein 1988, S.126ff.):

- Qualitatives Wachstum: Dies steht oft am Ende von quantitativen Wachstumsprozessen. Hier spielt die Bewertung des Verhältnisses von qualitativem und quantitativem Wachstum eine besondere Rolle.

- Diversität, d.h. eine hochkomplexe Struktur mit einer großen Zahl von Rückkoppelungen der Subsysteme. Daraus ergeben sich auch die Prinzipien der Dezentralität, Regionalität und Subsidiarität.

- Rezyklisierung, d.h. Verbund und Mehrfachnutzung, wobei hier die Wegwerfgesellschaft die pädagogischen Absichten zerstören kann.

- Energieminimierung: Alle Systeme benötigen für ihren Bestand und für ihre Beziehungen untereinander neben Materie und Information auch Energie. In der Form des Energieverbrauchs drücken sich auch ethische Fragen sowie ein mächtiges funktionales Erziehungsprogramm aus.

(vgl. Huschke-Rhein 1988, S.93-101)

Huschke-Rhein hat gezeigt, daß die Ergebnisse der Wissenschaft von den Einstellungen der Wissenschaftlerin und des Wissenschaftlers abhängig sind. Damit wird bestätigt, daß Wissenschaft keine allgemeingültigen Wahrheiten liefert. Der Absolutheitsanspruch der Wissenschaft auf die Feststellung von Wahrheiten wird damit auch innerhalb von Wissenschaft in Frage gestellt und ihre Abhängigkeit von Werturteilen offensichtlich. Diese Feststellung verbindet Huschke-Rhein mit dem Anspruch, durch die systemische Sichtweise eine bessere Beschreibung der Realität zu ermöglichen und handlungsrelevantes Wissen zu produzieren. Warum aber diese Sichtweise mit den Werturteilen, die Wissenschaft zugrunde liegen, besser zurecht kommen sollte, zeigt er hier nicht. Es kann sogar bezweifelt werden, ob dieser Ansatz überhaupt neue Aspekte eröffnet (vgl. Girgensohn-Marchand 1992, S.108-113). Sein Vorschlag kann damit kaum mehr Gültigkeit beanspruchen als der von ihm kritisierte.

Huschke-Rhein kritisert auch das Naturverhältnis von Wissenschaft. Bei Bacon, Descartes oder Newton wird nach seiner Darstellung Natur als durch Wissenschaft zu beherrschendes Objekt gesehen. Dadurch sieht Huschke-Rhein eine Trennung von Natur und Subjekt und damit eine Trennung von Wissenschaft und Leben vollzogen. Statt Naturbeherrschung schlägt Huschke-Rhein als Aufgabe für Wissenschaft die Erforschung der Bedingungen des Überlebens vor. Eine Begründung für dieses Ziel, die spätestens durch die von Huschke-Rhein gezeigte Werthaftigkeit von Wissenschaft erforderlich wird, liefert er aber nicht. Die von ihm aus diesem Ziel abgeleitete Aufgabe von Erziehung, die Vermittlung des Denkens in Schleifen, Wechselwirkungen und Vernetzungen, ist damit unbegründet.

Wissenschaft soll nach Huschke-Rhein Bewußtsein für die Einheit des Getrennten schaffen. Theorie und Praxis werden dabei als Teile des Systems Erziehung gesehen. Daran anschließend soll in einer zweiten Aufklärungsepoche das Verhältnis von Vernunft und Natur neu bestimmt werden. Vernunft umfasst dann nicht nicht nur Reflexion, sondern auch die antizipatorischen Fähigkeiten des Denkens. Dadurch, daß Huschke-Rhein die Trennung zwischen Theorie und Praxis als überwunden erklärt, ist diese Zusammenführung aber noch nicht vollzogen. Er hat die Stellung des Wissenschaftssystems in der Gesellschaft nicht bedacht und berücksichtigt daher auch keine Probleme der Umsetzung seiner Vorschläge in einer realen Gesellschaft. Damit hat er offenbar die Probleme vernetzten oder komplexen Denkens, die bei Meadows et al., Vester oder Dörner schon deutlich wurden, mit übernommen. Wie die postulierte Aufhebung der Trennung von Theorie und Praxis vollzogen werden sollte, bleibt also offen.

Die Wechselwirkung von Wissenschaft und Gesellschaft sowie die Wechselwirkung von Erziehung und Gesellschaft wird hier unterschätzt. Statt dessen scheint Huschke-Rhein zu beanspruchen, Realität, eben mit anderen Annahmen, richtig beschreiben zu können. Damit werden aber Konsequenzen aus der Werthaftigkeit von Wissenschaft nicht gezogen. Wissenschaft dient Huschke-Rhein immer noch als Maßstab für Aufklärung, von einer zweiten Aufklärung kann also kaum die Rede sein. So finden wir auch hier kein Ziel für eine ökologische Bildungsarbeit. Es wurde jedoch deutlich, daß ein Ansatz wie der hier vorgestellte die Veränderung der gesellschaftlichen Funktion von Wissenschaft nicht berücksichtigt. Der bei Beck gezeigte Verlust von Orientierungsfunktion der Wissenschaft für Bildung ist damit bestätigt worden.

Ein Wissenschaftsverständnis wie bei Huschke-Rhein kann die Orientierung in der Umweltkrise allenfalls erleichtern und die Relativität von Wissenschaft aufzeigen, das Fällen von Werturteilen aber nicht abnehmen. Es stellt sich die Frage, ob es Argumente gibt, bestimmte Werturteile gegenüber anderen zu bevorzugen.

3.8 Ethik und Umweltkrise

Die Frage nach einer Ethik in der bedrohten Umwelt ist für die Frage nach dem Ziel einer ökologischen Bildungsarbeit wesentlich. Die Analyse der Umweltkrise zeigt die Problematiken auf. Was aber nun zu tun ist, was also sein soll, wurde noch nicht deutlich. In der ethischen Diskussion wird nun der Übergang von der Analyse der Umweltkrise, die hier grundlegend ist, zum Sollen, und damit zu Zielen von Bildungsarbeit, geleistet. Hier werden theoretische, also vor allem ethische, Überlegungen mit der praktischen Anwendung verknüpft. Die Darstellung ethischer Ansätze nimmt daher in dieser Arbeit einen besonders breiten Raum ein.

Die ethische Diskussion über die Umweltkrise wurde entfacht durch die Arbeit von Jonas 'Prinzip Verantwortung'. Andere Ansätze sind z.B. der utilitaristische von Birnbacher und der naturphilosophische von Meyer-Abich, die ich hier ebenfalls vorstellen werde.

3.8.1 Metaphysische Ethik

Technik hat die Sphäre des Menschen und die Reichweite seiner Handlungen auf die gesamte Biosphäre erweitert. Sie trifft den Menschen nun auch selbst, weist zudem einen kummulativen und irreversiblen Charakter auf. Die Voraussetzungen bisheriger Ethik werden durch diese neuartige Situation in Frage gestellt. Eine neue, diesen Bedingungen entsprechende "[...] Ethik der Voraussicht und Verantwortung [...]" (Jonas 1984, S.47) wird nötig. Als Zwischenglied zwischen Ethik und Politik sind dabei nach Jonas Prognosen wichtig.

" Wir wissen erst, was auf dem Spiele steht, wenn wir wissen, daß es auf dem Spiele steht" (Jonas 1984, S.63).

Dazu kommt, daß eher das Ungewollte als das Gewollte gewußt wird. Die erste Aufgabe einer neuen Ethik ist es also, das zu Fürchtende zu suchen. Ihre zweite einleitende Aufgabe ist es, die Furcht zu beschaffen. Die Bedrohungen sind mit den Unsicherheiten der naturwissenschaftlichen Schadensanalysen behaftet. Konsequenz:

"Es ist die Vorschrift, primitiv gesagt, daß der Unheilsprophezeiung mehr Gehör zu geben ist als der Heilsprophezeiung" (Jonas 1984, S.70).

Besonders gilt das bei Technik, die das Ganze riskiert. Erst recht, wenn sie wegen der Geschwindigkeit ihrer Entwicklung keine Zeit mehr für Korrekturen läßt. Als Maßstab einer neuen Ethik schlägt Jonas daher vor:

"Die vorausgedachte Gefahr selber! [...] Dies nenne ich die 'Heuristik der Furcht'" (Jonas 1984, S.7f.).

Die Grundfrage der neuen Ethik ist nun, warum die Existenz der Menschen zu sichern ist (vgl. Jonas 1984, S.8). Dabei bleibt die anthropozentrische Ausrichtung bisheriger Ethik erhalten, da der Mensch von der Natur abhängig und also an ihrer Erhaltung ebenso wie an der seiner selbst interessiert ist. Das Menschenbild wird durch die Ausdehnung der Handlungen verändert, ebenso der Umfang der Verantwortung. Der "kollektive Täter und die kollektive Tat" (Jonas 1984, S.32) rücken in den Mittelpunkt der Ethik. Jonas' neuer Imperativ, der auf den neuen Typ menschlichen Handelns paßt und an den neuen Typ von Handlungssubjekt gerichtet ist, lautet:

"'Handle so, daß die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden' [...]" (Jonas, 1984, S.36).

Der Untergang der Menschheit darf nicht in Kauf genommen werden. Zudem richtet sich dieser Imperativ mehr an öffentliches als, wie noch der Kantsche, an privates Verhalten. Und er erweitert das moralische Kalkül um den Zeithorizont. Welche Theorie kann eine solche Ethik rechtfertigen? Für uns selbst kann nach Jonas die Angst als Grundlage ausreichen, sie versagt aber vor den sich eröffnenden Perspektiven.

Dabei stellen sich zwei Fragen: die nach den Grundlagen der neuen Ethik und die nach ihren praktischen Aussichten. Jonas sieht die erste als dringlicher an, da seine neue Ethik sich sonst dem Verdacht der Willkür aussetzt und erst die Begründung dem Imperativ einen verpflichtenden Charakter verleiht. Ansatz für die Begründung ist die Pflicht gegen Kinder:

"Hier ist der Archetyp alles verantwortlichen Handelns, der zum Glück keiner Deduktion aus einem Prinzip bedarf, sondern uns [...] von Natur aus mächtig eingepflanzt ist" (Jonas 1984, S.85).

Doch die Zukunftsverantwortung zeigt gegenüber der Verantwortung für das Kind einen erheblichen Unterschied: Beim Kind gibt es eine Verantwortung aus Urheberschaft, eine Pflicht zur Urheberschaft besteht jedoch nicht. Ähnlich ist es bei der zukünftigen Menschheit, gegen die wir eine Pflicht zu ihrer Existenz, und erst in zweiter Linie eine Pflicht zu der Qualität ihrer Existenz haben (vgl. Jonas 1984, S.86). Die Existenz der zukünftigen Menscheit sieht Jonas nicht gefährdet, also stellt er die Frage nach der Qualität ihrer Existenz.

"Dies ist dann die erste Pflicht gegen das Sosein der Nachkommen, die sich aus der Pflicht zu ihrem Dasein also erst ableitet, und unter ihr stehen dann auch die anderen Pflichten gegen sie, zum Beispiel gegen ihre Glücksmöglichkeiten. [...] Also ist der Imperativ, daß eine Menschheit sei, der erste, soweit es sich um den Menschen allein handelt" (Jonas 1984, S.90f.).

Danach führt Jonas das Element der Wette ein, durch das der Grundsatz des Handelns bestimmt werden kann. Beim Handeln kann verschiedenes riskiert und Gewinne erhofft werden. Doch es gibt Einsätze, die sich verbieten:

"Niemals darf Existenz oder Wesen des Menschen im Ganzen zum Einsatz in den Wetten des Handelns gemacht werden" (Jonas 1984, S.81).

Wir sind also der Idee des Menschen verantwortlich. Und diese sagt uns auch, wie die Menschen sein sollen. Die Idee erzeugt einen kategorischen Imperativ. Das erste Prinzip einer Zukunftsethik ist demnach in der Metaphysik zu suchen. Es stellt sich die Frage, ob der Mensch oder überhaupt etwas sein soll? Die zweite Frage ist dabei die wesentlichere. Sie verbindet sich mit der nach dem Wert. Jonas findet hier:

"Die Fähigkeit von Wert ist selber ein Wert, der Wert aller Werte, damit sogar auch die Fähigkeit zu Unwert, insofern die bloße Zugänglichkeit für den Unterschied von Wert und Unwert allein schon dem Sein die absolute Wählbarkeit über das Nichts sichern würde" (Jonas 1984, S.100).

Die Frage nach der Verpflichtung gegenüber zukünftigen Menschen wird so zu einer danach, ob der Wert seinem Begriff nach möglich ist. Werturteile sind nun aus der Sicht der Dinge ein Urteil über ihre Tauglichkeit zum Zweck.

Zunächst betrachtet Jonas die Frage nach dem Zweck für Kunstgegenstände. Ein Hammer z.B. ist durch den ihm vorausgehenden Zweck konstituiert. Der Zweck geht allerdings nicht auf den Hammer über, sein Dasein ist nicht vom Zweck abhängig. Anders beim Gerichtshof, der nur durch den Zweck erhalten wird. Hier ist der Zweck auch in den agierenden Teilen enthalten. Die Idee ist sogar das einzige, was die Identifikation eines solchen Werkzeugs erlaubt. Für die beschriebenen Gebilde gilt

"sowohl daß sie eindeutig Zweckgebilde sind, als auch, daß der Zweck von menschlichen Subjekten gesetzt und unterhalten wird" (Jonas 1984, S.114).

Wie steht es nun mit natürlichen Gegenständen? Hier wird der Unterschied zwischen willkürlich und unwillkürlich relevant, der sich mit dem Unterschied zwischen Mensch und Tier überkreuzt. Beim willkürlichen, bewußten Handeln nimmt Jonas das Vorhandensein von Zwecken an. Dabei beruft er sich auf vorausgehende Studien. Die Teleologie der Maschine hat ihre Ursache im Menschen, der also nicht ganz ohne Teleologie sein kann. Damit ist die Zweckhaftigkeit von Bewußtsein gezeigt, nicht aber von Unbewußtem.

Nun stellt sich die Frage nach Subjektivität im Unbewußten. Jedes Organ dient dem Organismus als Ganzen. Das Auftauchen von Subjektivität, und damit von Zweck, wird hier als die Wahrnehmung einer Chance in der Evolution gesehen. Auf der vorherigen Stufe, d.h auf der ohne Subjektivität, braucht nichts dergleichen angenommen zu werden. Damit entsteht ein radikaler Unterschied zwischen den Lebewesen mit und ohne Bewußtsein, ebenso wie einer innerhalb der Lebewesen mit Bewußtsein zwischen ihren bewußten und unbewußten Anteilen. Allerdings gibt es hier logische Probleme. So ist das Bewußtsein dazu in der Lage, das Physische zu verändern. Eine Kontinuität zwischen Bewußtsein und Unbewußtem muß also angenommen werden.

"Damit ist unsere eigene Position angezeigt. Das Sein, oder die Natur, ist eines und legt Zeugnis von sich ab in dem, was es aus sich hervorgehen läßt. Was das Sein ist, muß daher seinem Zeugnis entnommen werden, und natürlich dem, das am meisten sagt, dem offenbarsten, nicht dem verborgensten, dem entwickelsten, nicht dem unentwickelten, dem vollsten, nicht dem ärmsten - also dem uns zugänglich 'Höchsten'" (Jonas 1984, S.136).

Sowohl Bewußtes also auch Unbewußtes haben also einen Zweck (vgl. Jonas 1984, S.145).

Damit geht Jonas zur Wertfrage zurück. Er fragt nun, ob die Zwecke auch einen verpflichtenden Charakter haben. Die Verknüpfung zwischen Zwecken und der Verpflichtung, sich nach ihnen zu richten, sieht er in der Macht. Macht rückt gleichzeitig die Verantwortung in den Mittelpunkt der Moral (vgl. Jonas 1984, S.233).

Das 'Gute an sich' hat nun nach Jonas einen Anspruch auf Wirklichkeit. Das 'Gute an sich' sieht er in den Zielen der Natur, die damit einen Anspruch auf Wirklichkeit haben. Natur setzt damit Werte. Die Nichtbeachtung der Ziele von Natur ist damit verwerflich. Die Beachtung der Werte der Natur kann gefordert werden.

In der Zielstrebigkeit als solcher kann eine grundsätzliche Selbstbejahung des Seins gesehen werden, "[...] die es absolut als das Bessere gegenüber dem Nichtsein setzt" (Jonas 1984, S.155).

Damit ist ein Grundwert gefunden. Aus diesem Grundwert folgt direkt, daß er maximiert werden muß. Der Grundwert stellt einen Appell an das moralische Handeln dar. Der Appell muß den Menschen nun ansprechen:

"Und nun liegt es im Wesen unserer moralischen Natur, daß der Appell, wie die Einsicht ihn vermittelt, eine Antwort in unserem Gefühl findet. Es ist das Gefühl der Verantwortlichkeit" (Jonas 1984, S.162f.).

Jonas Theorie muß also sowohl den rationalen wie den emotionalen Grund der Verpflichtung berücksichtigen. Doch es gibt noch eine zweite Verantwortung:

"Das Heischen der Sache einerseits, in der Unverbürgtheit ihrer Existenz, und das Gewissen der Macht andererseits, in der Schuldigkeit ihrer Kausalität, vereinigen sich im bejahenden Verantwortungsgefühl des aktiven, immer schon in das Sein der Dinge übergreifende Selbst. [...] Diese Art Verantwortung und Verantwortungsgefühl, nicht die formal-leere 'Verantwortlichkeit' jedes Täters für seine Tat, meinen wir, wenn wir von der heute fälligen Ethik der Zukunftsverantwortung sprechen" (Jonas 1984, S.175).

Unverantwortlich handelt einer, wenn er der Verantwortung nicht gerecht wird. Dabei unterscheidet Jonas Verantwortung gegenüber einem 'Gut erster Ordnung', d.h. z.B. die unbegrenzte Verantwortung von Eltern gegenüber ihren Kindern, von einer Verantwortung aus Verträgen, die eingrenzbar und kündbar ist. Allgemeine Aspekte von Verantwortung sind:

- Totalität.
"Damit meinen wir, daß diese Verantwortungen das totale Sein ihrer Objekte umspannen, das heißt alle Aspekte desselben, von der nackten Existenz zu den höchsten Interessen" (Jonas 1984, S.189). Dadurch durchdringen sich die Pole Staat und Eltern, denn Eltern erziehen Kinder zu Staatsbürgern, der Staat sorgt sich um die Erziehung. Und: So wie Kinder aus den Eltern, so ist der Staatsmann aus der Gemeinschaft hervorgegangen.

- Kontinuität.
"Kontinuität ergibt sich aus der totalen Natur der Verantwortung zunächst in dem fast tautologischen Sinn, daß ihre Ausübung nicht aussetzen darf" (Jonas 1984, S.196). Totale Verantwortung aber fragt auch nach dem, was vorher war und dem, was danach kommt: "Totale Verantwortung muß 'geschichtlich' verfahren, ihren Gegenstand in seiner Geschichtlichkeit umgreifen, und dies ist der eigentliche Sinn dessen, was wir hier mit dem Element der 'Kontinuität' bezeichnen" (Jonas 1984, S.196f.).

- Zukunft.
Durch die Zeitlichkeit ist das Morgen in die Sorge des Heute eingeschlossen. "Da wird die Zukunft der ganzen Existenz [...] zum Mitgegenstand aller Einzelakte der Verantwortung, die jeweils immer das gerade Nächste besorgen" (Jonas 1984, S.198).

Verantwortung ist nichts anderes "[...] als das moralische Komplement zur ontologischen Verfassung unseres Zeitlichseins" (Jonas 1984, S.198).

Die Pflichten zum Erhalt von Natur und Menschheit sind identisch, denn in der Alternative 'Erhalt oder Zerstörung' fällt das Interesse des Menschen mit dem der Natur zusammen. Hier findet sich die verlorene Würde der Natur neu (vgl. Jonas 1984, S.245ff.).

Macht über den Menschen ist dem Menschen nichts neues. Die neue Verantwortung entsteht durch die Ausdehnung der Macht, vor allem die Macht der Zerstörung. Die Folgen der Zerstörung, die der Anlaß für die Suche nach einer neuen Ethik sind, machen es nötig, daß zunächst Zerstörung vermieden wird. Damit wird hier nur eine Erhaltung angestrebt, kein Ideal.

"Also ist das Nein zum Nichtsein - und zuerst zu dem des Menschen - im Augenblick und bis auf weiteres das Erste, womit eine Notstandsethik der bedrohten Zukunft das Ja zum Sein, das dem Menschen vom Ganzen der Dinge zur Pflicht wird, in kollektive Tat umsetzen muß" (Jonas 1984, S.250).

Erforderlich ist eine Macht über die Macht (vgl. Jonas 1984, S.253). Wo ist diese Macht zu erwarten? Die Größe der Aufgabe verlangt nach einer gesellschaftlichen Verantwortung. Jonas wirft hier die Frage auf, ob der Marxismus oder der Kapitalismus eine Lösung der Krise leisten kann.

Er kommt zu dem Schluß, daß nur der Marxismus eine Lösungsmöglichkeit bietet, "[...] wenn er seine Rolle vom Bringer des Heils zum Abwender des Unheils umdeutet, also mit Verzicht auf seinen Lebenshauch, die Utopie" (Jonas 1984, S.259). Eine Voraussetzung hat Jonas dabei gemacht:

"Es wäre anders, wenn sich unter den Alternativen die Demokratie befände [...]. Aber es war im Vorigen schon stillschweigend angenommen, daß in der kommenden Härte einer Politik verantwortlicher Entsagung die Demokratie [...] mindestens zeitweise untauglich ist, und unsere augenblickliche Abwägung ist, widerstrebend, zwischen verschiedenen Formen der 'Tyrannis' " (Jonas 1984, S.269).

Ein Kernproblem der Ethik der Verantwortung ist die Dialektik von Technik, die durch ihren Einsatz Umweltprobleme schafft, die nur durch eine neue Technik gelöst werden können. Jonas mahnt hier Behutsamkeit an und Vorsicht vor dem Zauber der Utopie (vgl. Jonas 1984, S.232f.).

Erreichbarkeit, Gefahrlosigkeit und sogar Wünschbarkeit einer Utopie wird von Jonas bestritten. Statt Utopien zu verfolgen, sollte das Bewahren und Schützen in den Mittelpunkt gestellt werden. Unvermeidbar, also schicksalhaft, ist die Zukunft nicht. Doch nicht machbar ist, was nicht versucht wird:

"Dem Prinzip Hoffnung stellen wir das Prinzip Verantwortung gegenüber, nicht das Prinzip Furcht" (Jonas 1984, S.390).

Jonas geht von der erweiterten Reichweite menschlicher Handlungen aus. Diese Erweiterung entzieht der bisherigen Ethik ihre Grundlage und macht damit eine neue Ethik erforderlich. Die mit der Erweiterung der Reichweite verbundene Bedrohung macht, wie wir gesehen haben, auch eine ökologische Bildungsarbeit erforderlich. Bisher wurde deutlich, daß es aus einer individuellen oder gesellschaftlichen Perspektive heraus kaum möglich ist, Ziele für eine ökologische Bildungsarbeit zu begründen. Hier kann uns die Ethik weiterhelfen, denn Jonas nimmt die Krise zwar als Anlaß für seine Argumentation, die Grundlegung seiner Ethik findet er aber nicht in der Analyse der Krise, sondern im Ja zum Sein und damit unabhängig von ihr.

Jonas hat eine Zukunftsverantwortung entwickelt, deren Imperativ die Menschen zur Verantwortung an die Zukünftigen verpflichtet. Er zeigt, daß mit einer Zukunftsverantwortung im Gegensatz zu bisheriger Ethik, vor allem durch die Einbeziehung der zukünftigen Menschen, eine Lösung der Umweltkrise möglich ist. Damit kann Zukunftsverantwortung, und zwar wegen der Unabhängigkeit der Begründung von der Analyse zunächst unabhängig von gesellschaftlichen Bedingungen und Realisierungsmöglichkeiten, als Ziel einer ökologischen Bildungsarbeit gesehen werden.

Jonas Imperativ soll über das Verantwortungsgefühl wirken. Dabei kann die oder der verantwortlich Handelnde sich keiner positiven Utopien, sondern lediglich einer 'Heuristik der Furcht' bedienen. Pflichten der Verantwortungsethik sind es dabei, die Bedrohung aufzuzeigen und die Furcht vor der Bedrohung zu beschaffen. Jonas bringt damit zum Ausdruck, daß die Gefahren der Umweltkrise nicht unmittelbar wahrgenommen werden können. Die Bedrohung muß zunächst zugänglich gemacht werden. Eine ökologische Bildungsarbeit, die auf eine Zukunftsverantwortung abzielt, muß sich also mit naturwissenschaftlichen Schadensbeschreibungen zur Wahrnehmung der Umweltkrise beschäftigen. Es rückt das Problem der Unsicherheit und Ungewißheit dieser Beschreibungen in den Blick. Ökologische Bildungsarbeit muß auf diese Unsicherheit und Ungewissheit hinweisen. Die Ethik der Zukunftsverantwortung zeigt dann eine Möglichkeit, mit dieser Unsicherheit umzugehen: Die 'Heuristik der Furcht'. Wenn die zugänglichen Informationen nicht ausreichen oder zu ungewiß sind, um eine abgesicherte Entscheidung zu treffen, dann können wir uns nach der Größe der Gefahr richten. Wenn z.B. bei einer Entscheidung die Wahl zwischen mehreren Alternativen erforderlich ist, und bei einer Alternative die Möglichkeit besteht, daß das Überleben der Menschheit auf's Spiel gesetzt wird, dann verbietet es sich wegen der Größe der Gefahr diese Alternative zu wählen, selbst wenn wir keine Gewissheit haben, daß das Gefürchtete tatsächlich eintritt.

Wie Jonas gezeigt hat, kann ein Gut unsere Verantwortung dann unmittelbar motivieren, wenn es in unserer Macht liegt. Daß die Umweltkrise in unserer Macht liegt, kann in ökologischer Bildungsarbeit dadurch gezeigt werden, daß aus historischer Perspektive das menschliche Verhältnis zur Natur und damit auch der Umgang mit Natur nicht als gegebenes, sondern als ein auf eine bestimmte Weise gedachtes erscheint. So treten zugleich die gesellschaftlichen Bedingungen individuellen Handelns in das Blickfeld, die dann als eine Begrenzung der individuellen Wahlmöglichkeiten gesehen werden müssen. Zukunftsverantwortung als Ziel ökologischer Bildungsarbeit kann also ohne die Berücksichtigung der gesellschaftlichen Bedingungen nicht auskommen. Mit diesen Bedingungen beschäftigt sich Jonas nicht. Das kann ihm aber nicht, wie Hermand das tut, vorgeworfen werden. Denn Jonas übersieht dieses Problem nicht, sondern beschäftigt sich hier ausdrücklich nur mit der Grundlegung seines Prinzips Verantwortung.

Allerdings hält Jonas nur eine 'tyrannische' Lösung der Umweltkrise für möglich. Er sieht angesichts der Größe der Gefahr den kollektiven Täter und die kollektive Tat in der Verantwortung. Für das Individuum hält er die Angst für ausreichend. Damit vernachlässigt er die Möglichkeiten von Individuen, Angst abzuleugnen. Bei Dörner haben wir verschiedene kognitive Reaktionen kennengelernt, die es dem Individuum ermöglichen, die Bedrohung nicht anzuerkennen. Das ist ein erster Grund, doch auch Individuen in die Zukunftsverantwortung einzubeziehen.

Jonas geht davon aus, daß die Macht über ein Gut die menschliche Verantwortung motiviert. Setzt er auf kollektive Verantwortung, dann muß er auch davon ausgehen, daß die Macht beim Kollektiv liegt. Daß das so ist, kann kaum bezweifelt werden. Aber daß die Macht ausschließlich beim Kollektiv liegt, ist eine zu einseitige Sichtweise. Gerade durch die technischen Möglichkeiten ist ja auch Einzelnen erhebliche Macht gegeben. Zudem kann ein autoritärer Staat seinen Bewohnerinnen und Bewohnern nicht alle Entscheidungen abnehmen.

Sobald aber selbst Entscheidungen getroffen werden müssen und damit die Freiheit der Wahl besteht, hat das Individuum auch die mit der Entscheidung verbundene Macht. So muß aber auch das Individuum Zukunftsverantwortung übernehmen. Damit ist nicht gesagt, wieviel Macht und damit Zukunftsverantwortung beim Staat oder beim Individuum liegen sollte, sondern nur, daß beide Verantwortung übernehmen müssen. Damit müssen auch Individuen eine Zukunftsverantwortung übernehmen, und es kann eine Aufgabe von ökologischer Bildungsarbeit sein, diese Verantwortung zu vermitteln.

Durch die Entstehung der Verantwortung aus Gefährdung zielt die Zukunftsverantwortung auf Erhaltung, nicht auf Vervollkommnung. Also strebt eine ökologische Bildungsarbeit mit dem Ziel Zukunftsverantwortung kein ideales Ziel an, sondern versucht, Schaden abzuwenden. Dabei ist zu vermuten, daß der bloße Appell an das Verantwortungsgefühl zu wenig ist, um Menschen von zukunftsgefährdendem Verhalten abzubringen. Grenzen sind in den gesellschaftlichen Bedingungen und in Hindernissen im Menschen zu sehen. Diese Grenzen sind nicht zu vermeiden. Sie müssen also in einer ökologischen Bildungsarbeit berücksichtigt werden.

Allerdings wäre durch solche Bildungsarbeit eine mittelbare Beeinflussung der gesellschaftlichen Grenzen und eine unmittelbare der Hindernisse im Menschen möglich. Vor allem die mittelbare Beeinflussung der gesellschaftlichen Grenzen ist aber unter 'tyrannischen' Bedingungen nicht denkbar. Jonas sieht Demokratien ungeprüft als nicht dazu geeignet an, die Umweltkrise zu bewältigen. Diese Einschätzung teile ich nicht. Vor allem die Möglichkeit einer an die geänderten Bedingungen angepassten Demokratie hat Jonas nicht geprüft. Wobei das Argument, daß die Krise schon so groß ist, daß sie nur noch durch ein 'tyrannisches' System gelöst werden kann, dennoch ernst zu nehmen ist. Ich möchte dies aber als Warnung und nicht als Feststellung auffassen.

3.8.2 Utilitaristische Ethik

Einen anderen Ansatz einer Zukunftsethik findet der Utilitarismus. Dieser soll hier anhand einer Arbeit von Birnbacher vorgestellt werden. Verantwortung wurde in der Geschichte lange ohne eine Ethik wahrgenommen, dann aber zum Gegenstand "[...] expliziter, methodisch verfahrender Vernunft" (Birnbacher 1988, S.10). In jüngerer Zeit änderten sich nun die Bedingungen: Die Tatsache, daß die Existenz der Menschheit auf dem Spiel steht, die zunehmende technische Verfügungsmacht und das zunehmende Wissen über die Folgen unseres Handelns schaffen neue Aspekte (vgl. Birnbacher 1988, S.12f.). Der Ausgangspunkt wird hier so wie bei Jonas bestimmt.

Birnbacher unterscheidet zunächst ideale und nicht-ideale Akteure und damit ideale Normen und Praxisnormen. Ideale Akteure entscheiden stets nach den höchsten moralischen Normen und setzen sie auch stets in Handeln um. Wenn die Norm bekannt ist, ist das Handeln vorhersagbar. Sie können dennoch widersprüchliche Normen befolgen, verfügen nicht über vollständiges Wissen und überblicken nicht die Zukunft. Ideale Normen werden nun so formuliert, als seien sie an ideale Akteure adressiert. Praxisnormen hingegen sind an fehlbare Akteure adressiert (vgl. Birnbacher 1988, S.16ff.).

Birnbacher will eine Zukunftsethik entwerfen, das heißt eine, die auch die zukünftigen Generationen umfaßt. Hier meint Generation die Gesamtheit aller in einer bestimmten Periode geborenen Menschen. Die Länge einer Periode ist die Zeit, in der aus Kindern Eltern und aus Eltern Großeltern werden. Verantwortung für zukünftige Generationen wird von Birnbacher schon für die jeweils nachfolgende Generation gesehen.

Dabei verfolgt er einen teleologischen Ansatz:

"Tun-Sollen hat seinen Grund in einem Sein-Sollen, Sein-Sollen hat seinen Grund in einem Gut-Sein. [...] Pflichten gegenüber der Zukunft bestehen danach in der positiven Bewertung von zukünftig Seiendem" (Birnbacher 1988, S.28).

Zukünftige Weltzustände gilt es also zu bewerten. Dabei können verschiedene Probleme auftreten:

- Minderschätzung des Zukünftigen wegen der Zukünftigkeit, hier unterschieden in positive Zeitpräferenz, d.h. der in Zukunft eintretende Schaden wird heute geringer bewertet als zum Zeitpunkt seines Eintretens; und reine Zeitpräferenz, wenn der Schaden nur darum geringer bewertet wird, weil er erst später eintritt;

- Präferenzen für Gegenwartspräferenzen, d.h. Minderschätzung des Zukünftigen aus Präferenzen, die wir gegenwärtig nicht teilen, d.h. wenn z.B. Jugendliche die Vorteile eines gesicherten Einkommens unterschätzen;

- Ego-Präferenz, d.h. der Schaden wird geringer bewertet, weil er andere trifft;

- Moralische Distanz, d.h. der Schaden uns Nahestehender betrifft uns eher als der uns Fernstehender.

(vgl. Birnbacher 1988, S.31-34)

Wie berücksichtigen ideale Akteure nun Zukunft in ihren Entscheidungen? Birnbacher unterscheidet zwei hypothetische Figuren, den rationalen Egoisten (R.E.) und den rationalen Kollektivisten (R.K.). Der R.E. überwindet bereits die Gegenwartspräferenz, die für ihn schon wegen der angestrebten Lebenszeitmaximierung nicht in Frage käme. Der R.K. maximiert den Nutzen einer Gruppe, der er angehört, und zwar den Nutzen aller in allen Generationen seines Kollektives (vgl. Birnbacher 1988, S.35-49). Da es um die Gesamtheit der Generationen des Kollektivs geht, können einzelnen Generationen hohe Kosten zugemutet werden.

Der Hauptunterschied besteht in der Identität. Der R.E. hat ein deutliches Kriterium: ob er betroffen ist oder nicht. Nicht so der Kollektivist, der die Reichweite seiner Loyalität fast unbegrenzt festsetzen kann. Doch sind der R.E. und der R.K. beide zukunftsvergessen (Birnbacher 1988, S.52). Die Zukunftsbewertung wird erst dem rationalen Universalisten (R.U.) möglich. Der R.U. behandelt alle Betroffenen gleich. Gegenwart und Zukunft machen für ihn deshalb keinen Unterschied mehr. Er ist auf ein summatives Bewertungsprinzip festgelegt, d.h. er wird immer den größten Nettonutzen, definiert als "die Differenz zwischen (außermoralischem) Wert und (außermoralischem) Unwert" (Birnbacher 1988, S.56), anstreben.

Birnbacher legt sich auf den Hedonismus als werttheoretische Basis fest. Dieser greift seiner Meinung nach auf ein Bewertungsprinzip zurück, daß problemlos für jedermann nachvollziehbar ist: den Wert von Glück und den Unwert von Leiden. Konsequenz aus der Akzeptanz des Hedonismus:

"Was für den NSU [Nutzen-Summen-Utilitarismus] allein zählt, ist die Summe des Nutzens über allen Individuen und Generationen" (Birnbacher 1988, S.84).

Eine Zukunftsethik an sich ist nun nichts neues. Zukunft ist immanenter Bestandteil moralischer Normen: Sie zielen auf das, was sein soll, und das liegt in der Zukunft; sie sind an die ganze Menschheit, auch an die zukünftige, adressiert; sie binden im Namen der ganzen Menschheit und sie enthalten typischerweise zeitlich unbeschränkte Begriffe. Auch Rechte von zukünftigen Menschen sieht Birnbacher als Implikation bisheriger Ethik (vgl. Birnbacher 1988, S.92-98). Dies mag überraschen, können doch Zukünftige ihre Rechte nicht einfordern. Dabei findet er vier allgemeine Bedingungen, um A ein moralisches Recht gegenüber B zuzusprechen:

"1. A existiert.

2. A hat Interessen.

3. B hat eine moralische Pflicht gegenüber A

4. A darf/soll bei B die Erfüllung der moralischen Pflicht einfordern, und/oder jeder andere darf/soll bei B die Erfüllung der moralischen Pflicht im Namen von A einfordern" (Birnbacher 1988, S.99).

Unter diesen Voraussetzungen sprechen nach Birnbacher keine ernsthaften Gründe dagegen, Zukünftigen moralische Rechte gegenüber den Gegenwärtigen zuzusprechen (vgl. Birnbacher 1988, S.101). Es stellt sich die Frage nach den Normen des Zukunftshandelns. Sie lassen sich nicht zwingend aus außermoralischen Werturteilen ableiten, doch sprechen plausible Gründe dafür, die zu den gleichen Ergebnissen führen:

"1. Die Tatsache, daß eine von je zwei verwirklichbaren Zukünften nach einer zugrunde gelegten Werttheorie besser ist als eine andere, ist zwar kein schlechthin zwingender| Grund, die bessere zu verwirklichen, ist aber dennoch der bestmögliche Grund, den man dafür haben kann, die bessere statt der schlechteren zu verwirklichen, wenn man überhaupt zu der Verwirklichung einer bestimmten Zukunft beitragen will.

2. Wenn wir überhaupt zu etwas verpflichtet sind, dann sind wir dazu verpflichtet, von je zwei verwirklichbaren Zukünften die aufs Ganze gesehen bessere zu verwirklichen bzw. nach Kräften zu ihrer Verwirklichung beizutragen." (Birnbacher 1988, S.102f.)

Diese Argumente sollten den Rationalen Universalisten davon überzeugen, daß er die Maximierung des verwirklichten Guten in der gesamten Welt anstreben sollte. Das Gute ist dabei als zeitlich unbegrenzte Größe zu denken (vgl. Birnbacher 1988, S.103). Damit legt Birnbacher die Grundnorm des 'intergenerationellen Nutzensummenutilitarismus' fest. Diese Norm enthält mit den Vorannahmen zwei Idealisierungen: daß es eine ideale Norm ist und daß wir Gewissheit über die zukünftige Entwicklung haben.

Birnbacher prüft nun verschiedene alternative Modelle, von denen ich hier nur das Maximin-Prinzip vorstellen möchte:

"In der Theorie der Entscheidung unter Risiko verlangt das Maximin-Prinzip, unter mehreren Optionen diejenige zu wählen, für die das schlechtestmögliche Ergebnis das vergleichsweise beste ist. Verallgemeinert und auf die Wahl zwischen intergenerationellen Verteilungen bezogen, favorisiert es eine intergenerationelle Verteilung, bei der die schlechtestgestellte Generation relativ am besten wegkommt" (Birnbacher 1988, S.125).

Das bringt eine Egalisierung mit sich, da alle Generationen dafür sorgen müßten, die schlechteste auf ihr eigenes Niveau zu bringen. Daher sieht Birnbacher in diesem Prinzip keine ernsthafte Alternative zu einem intergenerationellen Nutzensummenutilitarismus (vgl. Birnbacher 1988, S.130).

Es bleibt die Frage nach idealen Normen bei begrenztem Wissen über die Zukunft. Der R.U. muß dann Chancen und Risiken abwägen und braucht dazu weitere Prinzipien. Birnbacher geht hier noch von den Annahme aus, daß der R.U. nur mit Risikoelementen, nicht aber mit Ungewißheit konfrontiert ist. Er kann also die Handlungsfolgen überblicken, ihnen positive oder negative Nutzenwerte und Eintrittswahrscheinlichkeiten zuordnen. Mit dem "kann" ist gemeint, daß Schätzungen möglich sind, die nicht unbedingt theoretisch und statistisch abgesicherte sein müssen (vgl. Birnbacher 1988, S.141). Solche Fälle als Entscheidung unter Risiko und nicht unter Ungewißheit zu betrachten ist durchaus umstritten. Doch unter der Voraussetzung der idealen Norm und eines idealen Akteurs kann auf die unabhängige Urteilskraft des Akteurs vertraut werden. Für den R.U. läßt sich nun aus dem Prinzip der Nutzenmaximierung keine Handlungsoption ableiten.

"Man wird aber sagen können, daß unter Bedingungen, wie sie für R.U. gegeben sind, ein risikoneutrales Entscheidungsprinzip wie das Prinzip der Maximierung des Erwartungswerts (der Maximierung der Summe aus den Produkten von Nutzen und Eintrittswahrscheinlichkeit aller möglichen Handlungsfolgen) mit dem utilitaristischen Prinzip, auf das er ansonsten verpflichtet ist, bedeutend besser harmoniert als ein risikoscheues oder risikofreudiges Entscheidungsprinzip" (Birnbacher 1988, S.144).

Das bedeutet, ein hohes Risiko auch einzugehen, wenn andere betroffen sind, was einer Sicherheitsorientierung widerspricht. Doch dieser Widerspruch ist auflösbar. Denn eine gewisse Risikoscheu ist bei Maximierung des langfristigen Erwartungswerts durchaus möglich. Dennoch:

"Versteht man das Entscheidungsprinzip der Maximierung des Erwartungswerts als eine ideale Norm, d.h. als eine Norm, die dann vernünftigerweise zu befolgen wäre, wenn man [...] von den Folgen der Geltung der Norm absehen könnte, so ist es durchaus denkbar, daß die Norm ihre eigene Anwendung als Praxisnorm verbietet" (Birnbacher 1988, S.146).

Dies ist besonders bei großer Unsicherheit der Fall. Bei einer umfassenden Berücksichtigung von Nutzen und Kosten kann damit eine praktische Risikoscheu das zugrundeliegende risikoneutrale Prinzip verdecken.

Nun geht Birnbacher einen Schritt weiter und betrachtet das 'Handeln unter Ungewißheit'. Ungewißheit entsteht für den R.U., wenn er annehmen muß,

"1. daß er alle möglichen Handlungen überblickt, ihnen aber keine Wahrscheinlichkeiten zuordnen kann,

2. daß er alle möglichen Handlungen überblickt, ihnen aber keine Nutzenwerte zuordnen kann,

3. daß er Grund zu der Annahme hat, er überblicke die möglichen Handlungsfolgen nicht erschöpfend, sondern es gebe positiv oder negativ signifikante Folgen, über deren genaue Beschaffenheit er ex ante nichts aussagen kann" (Birnbacher 1988, S.152).

Wenn Ungewißheit vorliegt, kann das Prinzip der Maximierung des Erwartungswertes kaum angewandt werden. Statt dessen sollte dann dem Maximin-Prinzip gefolgt werden.

Zukunftsverantwortung erstreckt sich nun so weit, wie die Folgen des Handelns reichen. Bei Schäden wie dem Waldsterben kommen hier einige Generationen in Betracht, bei Atommüll und chemischen Rückständen tausende. Bei solchen Zeiträumen müssen irreversible Gefahren vermieden werden. Hier kommt Jonas 'Heuristik der Furcht', die Birnbacher bei Risikosituationen im engeren Sinne für einen schlechten Ratgeber hält, zum Zug (vgl. Birnbacher 1988, S.154-157).

Eine Generation wird ein generationenübergreifendes Projekt nur dann beginnen, wenn sie eine Chance dafür sieht, daß die folgenden Generationen es vollenden. Sie kann die Folgenden dazu verpflichten

- indem sie sie entsprechend erzieht,

- indem sie das Projekt so anlegt, daß die Folgenden ein Eigeninteresse daran haben,

- indem sie vollendete Tatsachen schafft, die einen Abbruch erschweren (vgl. Birnbacher 1988, S.158).

Allerdings ist es moralisch bedenklich, den Späteren ihre Wahlmöglichkeit zu nehmen. Doch ist eine solche moralische Despotie im Wesen der Moral angelegt. Strukturkonservativismus aber erweist sich wegen der fehlenden Anpassungsmöglichkeiten an sich ändernde Bedingungen selbst vom Standpunkt eines Wertkonservativismus aus gesehen als unsinnig (vgl. Birnbacher 1988, S.159-163).

Ist der Mensch nun dazu in der Lage, Zukunftsverantwortung zu übernehmen? Birnbacher diskutiert dies anhand von drei Komponenten:

Die erste ist die kognitive Dimension, hier als Zukunftsbewußtsein bezeichnet. Das der Mensch mit Zukunftsbewußtsein begabt ist, ist in der philosophischen Anthropologie unumstritten. Das Ausmaß variiert von einem gegenwartsverachtenden faustischen Charakter bis zu einem gegenwartsbezogenen carpe diem. Auch die überblickte Zeitspanne variiert stark. Gegenwartsorientierung interpretiert Birnbacher nicht ethisch, sondern als historische Erfahrung (vgl. Birnbacher 1988, S.175-179).

Die zweite Komponente ist die affektive Dimension, die Zukunftsbewertung. Dabei erscheinen zeitlich nähere Ereignisse relevanter als die entfernteren. Birnbacher sieht hier evolutionäre Gründe: Für Ereignisse, die wegen der Entfernung nicht beeinflußt werden können, Energie aufzuwenden, würde näherliegende Ziele gefährden (vgl. Birnbacher 1988, S.179ff.).

Die dritte Komponente ist die volitive Dimension, die Zukunftsorientierung im Handeln. Für die Umsetzung in eine Handlung muß zur Bewertung die Handlungsmotivation treten. Faktoren für eine ausreichende Motivation sind die Beeinflußbarkeit der Zukunft, die Ähnlichkeit der Betroffenen und die zeitliche Nähe (vgl. Birnbacher 1988, S.187f.)

Zukunftsverantwortung scheint also möglich. Doch sie hat deutliche Grenzen: Diese lassen sich wegen der gedanklichen Motivierung menschlichen Verhaltens nicht biologisch begründen. Als relevant sieht Birnbacher hier psychologische Grenzen. So muß die Identifikationsgruppe relativ stabil und weder zu groß noch zu klein sein (vgl. Birnbacher 1988, S.192f.). Wenn jemand gegen sein Wohl handelt, dann sind mit den drei Komponenten drei Defizite denkbar: Vorstellungsdefizit, Bewertungsdefizit oder Willensdefizit (vgl. Birnbacher 1988, S.174).

Der zukunftsorientierte Akteur muß damit drei Arten von Problemen lösen: Er muß das richtige Maß und die richtige Art an Zukunftsvorsorge finden sowie für sich klarstellen, wie er die Leistungen erbringen will. Solchermaßen gefundene Praxisnormen müssen sich in zwei Hinsichten von idealen Normen unterscheiden:

"1. Sie müssen die Komplexität der nach den idealen Normen anzustellenden Erwägungen reduzieren, also wesentlich einfacher und auf konkrete Situationen anwendbar sein.

2. Sie müssen sich mit Wertvorstellungen verknüpfen lassen, die eine hohe eigenständige Motivationskraft besitzen" (Birnbacher 1988, S.199).

Birnbacher nennt nun einen Katalog von Praxisnormen: Dazu gehören kollektive Selbsterhaltung, keine Gefährdung einer zukünftigen menschenwürdigen Existenz, Wachsamkeit, Bebauen und Bewahren, Subsidiarität und Erziehung der nachfolgenden Generationen im Sinne der Praxisnormen (vgl. Birnbacher 1988, S.202-229). Zu dieser hier besonders relevanten (und daher einzig hier näher erläuterten) Praxisnorm führt Birnbacher weiter aus:

Durch Erziehung können die Erfolgsaussichten für eigene generationsübergreifende Planungen erhöht werden: die nachfolgenden Generationen werden zu den verpflichtenden Normen erzogen. Die Pflicht dazu besteht schon durch das Vertreten einer Norm, es sei denn, es wird ein Moralprinzip vertreten, das genau das verbietet:

"Jede Generation übernimmt Verantwortung für die Zukunft auch dadurch, daß sie ihre Kinder zur Verantwortung für die Zukunft erzieht. Die Forderung nach einer Pädagogik der Zukunftsorientierung [...] ergibt sich insofern unmittelbar aus der Anerkennung von Zukunftsverantwortung" (Birnbacher 1988, S.234).

Für die genannten Praxisnormen ergeben sich einige Anwendungsprobleme: In einem Marktsystem kann eine Zukunftsverantwortung nur dann funktionieren, wenn es einen Markt für zukunftsrelevante Güter gibt. Hier können nur Auflagen helfen, womit Marktsysteme in der gleichen Lage wie Systeme zentraler Planung sind. Doch auch bei Eigentumsrechten wird das Marktsystem wegen der Zeitpräferenz keine Zukunftsverantwortung entwickeln. Ausnahme: die Ressourcen sind wiederverwendbar und es existiert ein Markt für weiter verwendete Ressourcen. Dazu muß die Nachfrage groß genug und sicher genug prognostizierbar sein, und es bedarf einiger Nachfrager mit weiterem Zeithorizont (vgl. Birnbacher 1988, S.242-246).

Es bestehen auch einige Zweifel, ob eine Zukunftsethik in der Demokratie durchsetzbar ist. So wird behauptet, eine demokratische Entscheidung könne nicht zukunftsorientierter sein als private ökonomische Entscheidungen, zudem dächten Politiker nicht über den nächsten Wahltermin hinaus (vgl. Birnbacher 1988, S.259-262).

Autokratische Regierungsformen sind keineswegs aufgeschlossener für langfristige Aufgaben als demokratische. Zudem sind es in Demokratien eher die Gebildeten, die, z.B durch Zugang zur Presse, solche Entscheidungen beeinflussen, und die Berücksichtigung zukunftsbezogener Anliegen ist vom Bildungsstand abhängig. Auch bei indirekten Demokratien oder bei einer Delegation zukunftsorientierter Entscheidungen an unabhängige Instanzen greift das Argument nicht. Es ist also möglich, und mehr behauptet Birnbacher auch nicht, daß Zukunftsverantwortung auch in einer Demokratie für das politische Gegenwartshandeln relevant werden kann. Um diese Möglichkeit zur Realität werden zu lassen, bedarf es einer Institutionalsierung, z.B. in Form einer Advokatenplanung (Birnbacher 1988, S.263-266). Deutlich wird für die Zukunftsverantwortung:

"Nirgendwo wird so evident wie hier, daß die Forderungen einer abstrakten idealen Ethik mit den anthropologischen und psychologischen Realitäten vermittelt werden müssen, wenn sie auch in der Praxis Wirksamkeit entfalten sollen" (Birnbacher 1988, S.269).

Birnbacher wählt wie Jonas die zunehmende technische Verfügungsmacht und das zunehmende Wissen über die Folgen dieser Verfügungsmacht als Ausgangspunkt für seine Argumentation. Er begründet dann aber nicht die Notwendigkeit einer Zukunftsethik, sondern prüft, die Möglichkeit voraussetzend, ihre Chancen. Als Hauptproblem sieht Birnbacher dabei die Bewertung zukünftiger Weltzustände. Diese Bewertung kann über die Einschätzung des Nettonutzens als Differenz zwischen Wert und Unwert erfolgen. Das setzt Bekanntheit der Handlungsfolgen und Zuordnungsfähigkeit von Nutzenwerten zu den Handlungen voraus. Ist das nicht möglich, dann ist das Maximin-Prinzip, das wir bei Jonas als 'Heuristik der Furcht' kennengelernt haben, gegenüber einer utilitaristischen Kosten-Nutzen-Abschätzung zu bevorzugen. Birnbacher weist darauf hin, daß es umstritten ist, Umweltprobleme mit ihren kaum zuzuordnenden Nutzenwerten als Entscheidungen unter Risiko zu sehen. Beim Treibhauseffekt haben wir schon gesehen, daß auch die Handlungsfolgen als nicht vollständig bekannt angesehen werden können. Das würde für eine weitgehende Anwendung der 'Heuristik der Furcht' sprechen. Es muß aber im Einzelfall entschieden werden, ob eine Entscheidung unter Risiko oder unter Ungewißheit getroffen wird. Die Berücksichtigung der 'Heuristik der Furcht' als Entscheidungskriterium bei ökologischer Bildungsarbeit kann damit um die Alternative der Kosten-Nutzen-Abwägung erweitert und das Kriterium der Entscheidung unter Risiko oder unter Ungewißheit erweitert werden.

Birnbacher benennt eine Reihe von Schwierigkeiten der Zukunftsverantwortung. Wesentlich ist die Frage, ob der Mensch überhaupt Zukunftsverantwortung übernehmen kann. Birnbacher sieht den Menschen als mit Zukunftsbewußtsein begabt an und dazu in der Lage, eine Zukunftsbewertung vorzunehmen. Wichtig ist die Motivation zukunftsverantwortlichen Handelns durch Beeinflußbarkeit der Zukunft, Ähnlichkeit der Betroffenen und zeitliche Nähe. Hier gilt wie auch bei Jonas, daß uns die geschichtliche Entwicklung zeigen kann, daß die Zukunft beeinflußbar ist. Damit kommen auch hier die gesellschaftlichen Bedingungen ins Spiel. Birnbacher hält eine Anpassung der gesellschaftlichen Struktur an sich ändernde Bedingungen selbst bei Wertkonservativismus für nötig. Er übersieht hier aber, daß vor einer Betroffenheit oder Beeinflußbarkeit die Gefährdung bekannt sein muß. Ohne daß eine Gefährdung bekannt ist, kann auch keine Betroffenheit empfunden oder eine Beeinflussung versucht werden. Die Wahrnehmung der Schäden an der Umwelt kann damit auch als Voraussetzung für eine Motivation zukunftsverantwortlichen Handelns gesehen werden.

Birnbacher zeigt, daß eine Berücksichtigung von Zukunftsverantwortung auch in einem marktwirtschaftlichen und demokratischen System möglich ist. Damit ist die Entscheidung von Jonas zwischen 'tyrannischen' Alternativen um eine demokratische Alternative erweitert. Doch allein die Möglichkeit einer demokratischen Lösung spricht meines Erachtens dafür, bei den Alternativen Kapitalismus, Kommunismus und demokratischer Marktwirtschaft letztere zu bevorzugen. Ein Grund dafür ist, daß auch in einem 'tyrannischen' System noch eine Wahlfreiheit des Individuums besteht, auch wenn diese im Vergleich zur Demokratie sehr stark eingeschränkt wird. Sie macht es erforderlich, daß auch das Individuum zukunftsverantwortlich handelt. Diese Freiheit des Individuums kann aber eher in einem demokratischen System berücksichtigt werden, da hier nicht nur dem Staat Macht über das Individuum, sondern auch dem Individuum Macht über den Staat gegeben ist. Individuen wird in einem demokratischen System ausdrücklich Verantwortung zugesprochen. Zur Motivation zukunftsverantwortlichen Verhaltens beim Individuum ist also ein demokratisches System eher in der Lage als ein 'tyrannisches'. Mit der Entscheidung für den Versuch einer demokratischen Lösung ist das Ziel für eine ökologische Bildungsarbeit damit die demokratische Zukunftsverantwortung.

Birnbacher nennt die Erziehung zukünftiger Generationen zur Zukunftsverantwortung als Mittel der Umsetzung dieser Norm. Es überrascht, daß er damit nicht auch die Erziehung der heutigen Generation zur Zukunftsverantwortung für notwendig hält. Er scheint sich auf die Motivierung von Handeln durch seine gefundenen Praxisnormen zu verlassen. Allein die Unmöglichkeit der unmittelbaren Wahrnehmung der Umweltkrise macht aber schon deutlich, daß auch die heutigen Generationen zur Zukunftsverantwortung erzogen werden müssen. Demokratische Zukunftsverantwortung ist damit auch als Ziel für eine ökologische Bildungsarbeit zu sehen.

Birnbacher stellt fest, daß eine Einbeziehung von anthropologischen und psychologischen Realitäten in die Ethik notwendig ist. Er übersieht hier aber, daß auch eine Einbeziehung der gesellschaftlichen Realitäten erforderlich ist. Das gilt vor allem für eine ökologische Bildungsarbeit, da sie sich an Individuen und nicht an Gesellschaft richtet und die gesellschaftlichen Realitäten zwar nicht der Gesellschaft, aber durchaus Individuen vermittelt werden müssen. Die Berücksichtigung der Wechselwirkung von Individuum und Gesellschaft ist für eine solche Bildungsarbeit unverzichtbar. Dabei sind zwei Aspekte wichtig: Die Einflüsse der gesellschaftlichen Bedingungen auf das individuelle Handeln und die Einflüsse individuellen Handelns auf die gesellschaftlichen Bedingungen. Bei demokratischer Zukunftsverantwortung als Ziel ökologischer Bildungsarbeit müssen also anthropologische, psychologische und gesellschaftliche Aspekte berücksichtigt werden. Bei den gesellschaftlichen Aspekten wurde bereits deutlich, daß eine Wechselwirkung zwischen Individuum und Gesellschaft besteht.

Offen ist noch die Frage des Naturverhältnisses, die ich bei den Grundbegriffen als eine Frage der Ethik genannt habe. Jonas geht von einem Anthropozentrismus aus, d.h. Natur wird weiterhin als reines Objekt gesehen, daß der Mensch aus reinem Eigennutz heraus schützen muß. Diesen Standpunkt hat auch Birnbacher. Beide Autoren halten Zukunftsverantwortung also ohne eine radikale Veränderung des Verhältnisses des Menschen zur Natur für möglich.

3.8.3 Naturzentrierte Ethik

Meyer-Abich kritisiert an der bisherigen Ethik, und mit ihr an Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, daß sie ausschließlich an den Interessen des Menschen orientiert und damit anthropozentrisch ist. Hierin sieht er auch den Grund für das Scheitern der Umweltpolitik in den 70er Jahren. Es wurde kein Konzept für eine Umweltpolitik gefunden, das Natur als Maßstab annimmt (vgl. Meyer-Abich 1988, S.12). Meyer-Abich schlägt deshalb ein neues Naturverständnis vor. Dazu führt er den Begriff der Mitwelt ein:

"Unsere natürliche Mitwelt ist alles, was von Natur aus mit uns Menschen in der Welt ist. Um dies zu betonen, spreche ich von unserer Mitwelt statt von unserer Umwelt" (Meyer-Abich 1988, S.20).

Dabei sieht er Probleme in der Beweisführung für ein nicht-anthropozentrisches Weltbild, weil eben auch die Wissenschaft auf einem anthropozentrischen Weltbild basiert (vgl. Meyer-Abich 1988, S.21). Das Welt- und Menschenbild ist daher neu zu bestimmen. Meyer-Abich kennzeichnet den Mensch als Teil der Natur:

"Wir sind mit unserer natürlichen Mitwelt, mit den Tieren und Pflanzen, mit Erde, Wasser, Luft und Feuer naturgeschichtlich verwandt. Im Ganzen der Natur sind sie unseresgleichen und wir sind ihresgleichen. Im Frieden mit der Natur haben wir die natürliche Mitwelt nicht zu unserem Nutzen, sondern in ihrem Eigenwert oder um ihrer selbst willen zu respektieren" (Meyer-Abich 1988, S.24).

Zentrale Stellung nimmt der Frieden mit der Natur ein. Er soll kein Schritt zurück, sondern ein Schritt in die Zukunft sein; bei Bejahung der industriegesellschaftlichen Lebensformen und der technologischen Möglichkeiten soll die Wirtschaft naturalisiert werden. Natur darf nicht länger als Ressource betrachtet werden, da diese Sichtweise weder Mensch noch Natur gerecht wird. Der Mensch, der Natur als Ressource sieht, sieht sich selbst als das Maß aller Dinge. Stattdessen sollte die Wirtschaftsordnung dem Wesen der Natur entsprechen. Die Frage ist dann, wie die Naturordnung, an der menschliches Verhalten sich orientieren soll, bestimmt werden kann (vgl. Meyer-Abich 1988, S.117-126).

Meyer-Abich schlägt eine Bestimmung über den Unterschied von Machen und Wachsenlassen vor. Beim Wachsenlassen ist nicht mehr der Mensch der Maßstab, sondern das, was im Menschen wirkt. Natur ist dann kein Gegenstandsbereich mehr (Meyer-Abich 1988, S.128f.).

"Aus dem Gegenstandsbereich der Dinge der Natur tritt hier sozusagen die Natur der Dinge hervor. [...] Die wirkende Natur ist die Natur der Dinge der Natur" (Meyer-Abich 1988, S.129).

In diesem Sinn können auch Kunstprodukte natürlich sein, da die Natur als menschliche Natur im Menschen wirkt, doch ist das nicht immer der Fall. Kriterien für diese Unterscheidung sind zwar möglich, doch ist dazu eine grundsätzliche Erneuerung des ästhetischen Gefühls unverzichtbar (vgl. Meyer-Abich 1988, S.130ff.). Dadurch kann Frieden mit der Natur gefunden werden.

"Frieden mit der Natur bedeutet dann, daß das Verhalten der Menschheit gegenüber der natürlichen Mitwelt in einer über die Menschheit hinausgehenden, natürlichen Rechtsgemeinschaft verfassungsmäßig geregelt wird" (Meyer-Abich 1988, S.138).

Es sollte im Verhältnis zur Natur gleichsam ein Übergang von den derzeitigen absolutistischen Verhältnissen zu einem modernen Rechtsstaat vollzogen werden. Das bedeutet, der Natur Rechte zuzuerkennen. Das kann z.B. durch das Grundgesetz geschehen, in dem Natur bisher nicht berücksichtigt wird. Meyer-Abich schlägt darum eine Ergänzung vor:

"Der Mensch ist mit den Tieren und Pflanzen, mit Erde, Wasser, Luft und Feuer aus der Naturgeschichte hervorgegangen. Er vermag die Welt, von der er selbst ein Teil ist, in besonderem Maß zu erkennen und zu verändern. Dabei fällt ihm (im Sinne der Präambel: vor Gott) eine besondere Verantwortung zu, das Interesse des Ganzen der Natur stellvertretend zu wahren. Im Naturzusammenhang des menschlichen Lebens ist auf unsere natürliche Mitwelt (im Sinne der Präambel: als ein Teil der Schöpfung) nicht nur aus menschlichem Interesse, sondern auch um ihrer selbst willen (in ihrem Eigenwert) Rücksicht zu nehmen" (Meyer-Abich 1988, S.53).

Leben ist ohne Naturverbrauch nicht möglich. Es ist eine Abwägung der Interessen von Mitwelt und menschlichen Interessen erforderlich (vgl. Meyer-Abich 1988, S.148). Prinzipien dabei sind:

- das Abwägungsprinzip vor Entscheidungen zu bevorzugen;

- die Rechtfertigungspflicht bei Entscheidungen zur Schärfung der Wahrnehmung;

- die Rechtsgemeinschaft von Menschheit und natürlicher Mitwelt zum Schutz der Mitwelt um ihrer selbst willen (vgl. Meyer-Abich 1988, S.151);

- der Wirtschaftsfrieden vor allem durch Begrenzung des Wachstums;

- das Mitgefühl, durch das Menschen sich in die Mitwelt einfühlen können;

- die Gewaltlosigkeit als Voraussetzung für Mitgefühl;

- die Schönheit, die den Menschen die Zerstörung der Sinnenwelt zeigen kann, denn Umweltprobleme sind auch Wahrnehmungsprobleme.

(vgl. Meyer-Abich 1988, S.151-158)

Der Frieden mit der Natur ist dabei nicht als Zustand zu verstehen, sondern als Suchvorgang.

"Ihn suchend zu vergegenwärtigen und dies nicht zu unterlassen, ist diejenige Verwirklichung des Friedens, die wir vermögen. Dies ist unsere Aufgabe [...]" (Meyer-Abich 1988, S.159).

Woher wissen wir nun, ob wir den Frieden wirklich suchen? Damit sieht Meyer-Abich die Frage nach einer Naturabsicht angesprochen.

"In der Umweltkrise ist die Frage nach der Naturabsicht in der Menschengeschichte nun so zu beantworten, daß die Natur sich mit uns zu einer verfassungsmäßig geordneten Rechtsgemeinschaft aller Dinge forttreiben will" (Meyer-Abich 1988, S.161).

Grundsätze einer solchen Rechtsgemeinschaft sollten sein:

- Mitwelt kann ihre Rechte nicht persönlich vertreten. Doch ist das bei juristischen Personen ja nicht anders, und auch Mitwelt könnte vertreten werden, z.B. duch Naturschutzverbände;

- der Staat kann weder die Interessen jeder und jedes Einzelnen noch die jedes Teils der Mitwelt vertreten;

- Eigenrechte der Mitwelt bedeuten nicht, ihr die gleichen Rechte wie dem Menschen zuzuerkennen.

(vgl. Meyer-Abich 1988, S.165f.)

Der Grundgedanke ist dabei der der Gleichheit. Das kann als eine historische Kontinuität der bürgerlichen Emanzipation und ihrer Ausdehnung gesehen werden. Es wirft das Problem der Vergleichbarkeit auf. Doch für den Menschen als Naturwesen gelten unausweichlich dieselben Gesetze wie für die übrige Biosphäre. Welche Gleicheiten können wir nun finden? Es sind das Schmerzempfinden, die Leidensfähigkeit, die Interessensgleichheit und das Vermögen, den Dingen einen Wert zuzuschreiben (vgl. Meyer-Abich 1988, S.172-180).

In der Wirtschaft sieht Meyer-Abich allerdings nicht einmal die Stufe der Anthropozentrik erreicht. Hier stehen bisher nur Teile der Menschheit, und nicht die ganze Menschheit im Mittelpunkt. Der Mensch erscheint lediglich als Ressource, er soll gleichzeitig Ziel und Mittel des Arbeitsprozesses sein, obwohl beides im Arbeitsprozeß auseinanderfällt. Eine Angleichung von Ziel und Mittel ist in der Industriegesellschaft nur dadurch möglich, daß die Konsumenten den Produkten angepaßt und so selbst zu Produkten werden (vgl. Meyer-Abich 1988, S.75-79).

Der 'Neomarxismus' schlägt hier nach Meyer-Abich vor, daß die Natur ihren Status beibehält und daß der Mensch durch Technik nicht mehr als Ressource eingesetzt zu werden braucht. Doch das genügt nach seiner Auffassung nicht, denn es kommt darauf an, die Friedlosigkeit der Menschen als unversöhnte Natur zu erkennen (vgl. Meyer-Abich 1988, S.80). Naturzugehörigkeit muß dann anders verstanden werden:

"Es wird Zeit, so meine ich, das zur Anerkennung von Grundrechten führende Gleicheitsprinzip über die Gleicheit der Menschen hinaus auf die natürliche Lebensgemeinschaft zu erweitern" (Meyer-Abich 1988, S.84).

Ähnlich wie sich die Menschen im Wirtschaftsprozeß zwar selbst treffen, sich aber nicht zu treffen meinen, ist auch in der Physik der betrachtende Mensch im betrachteten Gegenstand nicht wiederzuerkennen. Physik vertrat lange Zeit einen Determinismus. Menschliche Freiheit ist dann schwer vorstellbar. Kant unterscheidet dazu zwischen den Erscheinungen und dem Ding an sich. Meyer-Abich bevorzugt eine andere Lösung, er entscheidet sich dafür,

"[...] auch die Natur unter Bestimmungen der Freiheit zu denken. Frei ist, was aus der Notwendigkeit seiner eigenen Natur da ist, sagt Spinoza. Ich halte diesen Weg für den richtigen und in der Umweltkrise für geboten. Die Vermittlung der zwei Reiche, in denen der Mensch lebt, ergibt sich dann so, daß das sinnliche Reich der Naturbestimmtheit als ein Ausdruck des übersinnlichen Reichs der Freiheit und so als Schöpfung erscheint" (Meyer-Abich 1988, S.88).

In der Physik ist Einheit des Erfahrenen mit den Bedingungen, unter denen es erfahren wurde, durch Bohrs Begriff von Komplementarität ausgedrückt. Er schafft die Möglichkeit, das anthropozentrische Weltbild zu wenden.

"Das Ganze ist einerseits die Gesamtheit alles Geschaffenen in seinen örtlichen Besonderheiten [...], andererseits die darin wirkende lebendige Kraft [...]. Diese Kraft Gottes ist die eine Natur, kraft deren alles Natürliche natürlich ist" (Meyer-Abich 1988, S.90).

So ersetzt Meyer-Abich das anthropozentrische durch ein physiozentrisches Weltbild. Die Freiheit ist nicht mehr die des Menschen, sondern die der Natur. Wenn wir Natur nun Freiheit zusprechen, dann müssen wir auch unser Verhältnis zur Natur neu bestimmen, den Frieden mit der Natur neu suchen. Ausgangspunkt ist für Meyer-Abich die Naturzugehörigkeit des Menschen (vgl. Meyer-Abich 1988, S.90-93).

Der Mensch erscheint, wie auch die übrigen Lebewesen, als aus der Naturgeschichte entstanden, was seine Bedeutung relativiert. Der Mensch verhält sich als Teil der Natur zur Natur und damit zu sich selbst, Natur wird hier als eigene Natur erfahren, und Natur wird im Menschen und der Mensch in der Natur selbstbezogen (vgl. Meyer-Abich 1988, S.95-98). Hier zeigt sich die Aufgabe des Menschen:

"Die Natur zu Wort und so zu sich kommen zu lassen, ist meines Erachtens die besondere Aufgabe des Menschen unter Millionen von Tier- und Pflanzenarten auf der Erde" (Meyer-Abich 1988, S.98).

Nach dem physiozentrischen Weltbild kann der Mensch nicht mit Menschen, sondern erst in der Gemeinschaft mit der Natur echt Mensch sein. Dabei ist es eine Forderung der Ethik, daß Menschen auf die natürliche Mitwelt Rücksicht nehmen. Den Frieden mit der Natur sieht Meyer-Abich als einen Ausdruck von Stärke, der dem Überleben dient. Bisher größte Errungenschaft der Kultur ist der dem Frieden dienende Rechtsstaat, der darum über die Menschen hinaus auf Natur ausgedehnt werden sollte (vgl. Meyer-Abich 1988, S.104-108).

Ein Problem dabei ist die Naturwahrnehmung mit naturwissenschaftlichen Methoden sowie die Diskrepanz zwischen Ökonomie und Ökologie. Eine Erneuerung der Wissenschaft kann dabei nach Meyer-Abich diese Diskrepanz überwinden helfen (vgl. Meyer-Abich 1988, S.167f.). Denn die Veränderung des Naturverhältnises bedeutet auch eine Änderung von Wissenschaft und Technik. Technik hängt von einem bestimmten Naturverhältnis ab. Dieses ist bisher bestimmt durch Herrschaftswissen über Natur, und auch die Wahrheit der Wissenschaft muß sich bisher durch Machtausübung bewähren (vgl. Meyer-Abich 1988, S.199ff.).

Die technische Macht kann die Spielregeln zwischen Menschen verändern. So erzwingen nach Meyer-Abich Atomwaffen den Frieden und ihre Möglichkeit erzwang ihren Bau. Die Verwendung von wissenschaftlicher Erkenntnis und Technik hängt aber auch vom sozialen Kontext und der historisch - politischen Situation ab. Die Forderung, den richtigen Umgang mit Technik zu lernen, drückt gerade die Veränderung der Situation durch die Technik aus. Diese Machtausübung durch Technik sieht Meyer-Abich als eine Folge des Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit. Politiker können so Entscheidungen nur noch hinnehmen (vgl. Meyer-Abich 1988, S.207-220). Wissenschaftsfreiheit wird seiner Meinung nach

"von viel zu vielen Wissenschaftlern in erster Linie als ein Privileg und nicht als eine Verantwortung verstanden" (Meyer-Abich 1988, S.221).

Wissenschaft ist hier zur Selbstkritik aufgerufen und muß ihre Verantwortung übernehmen, da die Alternative staatliche Reglementierung und damit das Ende der Wissenschaftsfreiheit wäre. Parteiische Wissenschaft ist inzwischen weit verbreitet, doch sieht Meyer-Abich die Widersprüche zwischen den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, nicht in der Wissenschaft (vgl. Meyer-Abich 1988, S.222ff.).

Gründe dafür sind die Fächervielfalt und der Paradigmenstreit. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Meinung sollten daher zusammenarbeiten und dadurch das wissenschaftlich Richtige vom politisch zu Erörternden trennen. Dazu muß die Organisation der Wissenschaften geändert werden. Das sieht Meyer-Abich wegen der historischen Entwicklung der Wissenschaften als eine Aufgabe für die Philosophie an (vgl. Meyer-Abich 1988, S.227-235).

Die Herausforderung sieht Meyer-Abich vor allem darin, zu bestimmen welche Fragen Wissenschaft verfolgen sollte. Das ist eine Wertentscheidung, und solche Wertentscheidungen gehen dem Forschen stets voraus, denn ein Handeln ohne Ziele ist nicht möglich. Die Entscheidung darüber, welche Fragen Wissenschaft verfolgt, sollte nach Meyer-Abich demokratisch und im Rahmen des Grundgesetzes getroffen werden (vgl. Meyer-Abich 1988, S.238f.).

Ich möchte hier bemerken, daß das Grundgesetz im Art. 5, Abs. 3 die Wissenschaftsfreiheit als Grundrecht ohne Gesetzesvorbehalt gewährleistet. Eine demokratische Abstimmung über Ziele der Wissenschaft ließe sich daher nicht mit dem Grundgesetz vereinbaren.

Bisherige Politik sah nun den Menschen neben bzw. über der Natur stehen: Natur diente dem Menschen. Daher ist ein komplettes Umdenken in der Politik erforderlich. Durch den technischen Fortschritt sind die Grenzen des Bevölkerungswachstums seit den ersten Befürchtungen, die Erde werde die vielen Menschen nicht verkraften, zwar weit hinausgeschoben, aber letztlich nicht überwunden worden (vgl. Meyer-Abich 1988, S.31f.). Es ist erforderlich, daß

"die sozioökonomische Organisation der Menschheit in Einklang mit der Naturordnung gebracht wird. Unter diesen Umständen sollten wir nicht zuerst über technische Lösungen unter den heutigen Voraussetzungen nachdenken, sondern auch über diese selbst" (Meyer-Abich 1988, S.34).

Meyer-Abich sieht nun bisherige Umweltpolitik daran scheitern, daß die wirtschaftlichen und politischen Interessen an Umweltzerstörung stärker sind als an Umweltschutz. Doch hat es bisher auch keine eigenständige Umweltpolitik gegeben. In einer wachtumsorientierten Industriegesellschaft ist eine solche Politik auch kaum vorstellbar.

"Mein Gegenvorschlag ist, der Umweltpolitik von vorneherein ein Eigengewicht zu geben, das sie auch dann nicht verlieren kann, wenn politisch anstelle der ganzen Menschheit schließlich doch nur die heutigen Mitbürger berücksichtigt werden. Die Umweltpolitik kann dieses Eigengewicht durch das Mandat gewinnen, auf die natürliche Mitwelt nicht nur um unseretwillen, sondern um ihrer selbst willen Rücksicht zu nehmen" (Meyer-Abich 1988, S.47).

Allerdings ist, wenn der politische Wille vorhanden ist, das anthropozentrische Weltbild schon heute zu durchbrechen. Wir würden die Mitwelt dann zwar nur um unseretwillen berücksichtigen, wir wären es uns aber schuldig, sie in ihrem Eigenwert zu berücksichtigen. Das bezeichnet Meyer-Abich als geläuterte Anthropozentrik. Sie läßt sich ästhetisch begründen:

"Es ist uns, wie mir scheint, sogar ein ästhetisches Bedürfnis, die natürliche Mitwelt von sich aus und nicht nur von uns aus schön zu finden" (Meyer-Abich 1988, S.66).

Doch nicht nur Wissenschaft, Technik und Politik, auch die Bildung muß nach Meyer-Abich verändert werden. Der Mensch lebt nicht nur in einer Umwelt, sondern in verschiedenen, wobei die natürliche Mitwelt in der Industriegesellschaft kaum noch eine Rolle spielt. Die Umwelt verändert sich schnell, wobei einige Entwicklungen Fehlentwicklungen darstellen.

"Wenn wir uns aber einer selbstverschuldeten Fehlentwicklung anpassen, unterstützen wir diese Entwicklung, statt ihr entgegenzuwirken" (Meyer-Abich 1988, S.248).

Eine solche Entwicklung ist die Anpassung der Wahrnehmungsfähigkeit an die Industriegesellschaft und die damit verkümmerte Wahrnehmung der natürlichen Mitwelt. Darum sollte nach Meyer-Abich Naturerfahrung geübt werden, um ein Mitgefühl zu gewinnen. Mit einer Wahrnehmung der Natur ist auch Selbstwahrnehmung verbunden.

"Wie ich berühre, so bin ich berührt" (Meyer-Abich 1988, S.252).

Der Mensch erfährt hier Natur als seine eigene Natur. Wahrnehmen meint dabei Ergreifen und Empfangen. Vor einer solchen Wahrnehmung, vor allem vor dem Berührtsein, schirmt uns das industriegesellschaftliche Energiesystem ab. Die Einschränkung des Tastsinns als Verlust von Naturwahrnehmung steht an zentraler Stelle (vgl. Meyer-Abich 1988, S.254-257). Meyer-Abich schlägt dazu vor, die '100 W - Grenze' des Energieverbrauchs nicht zu überschreiten.

"Ich halte die Mikroelektronik unter dem Gesichtspunkt eines gewaltlosen Verhältnisses zur natürlichen Mitwelt nicht nur für einen technischen Fortschritt, sondern für einen wirklichen Fortschritt" (Meyer-Abich 1988, S.259).

Meyer-Abich schlägt damit natürliche Technik und ästhetische Erziehung vor. Technik soll aus dem Gegensatz der Natur gelöst werden und vor allem die Wahrnehmung der natürlichen Mitwelt ermöglichen. Ästhetische Urteilskraft kann zur Beurteilung von Technik dienen (vgl. Meyer-Abich 1988, S.263ff.). Die Regel könnte dann sein:

"Technisch gut ist, was auch schön ist. Schön sind die Dinge, mit denen wir besser leben als ohne sie" (Meyer-Abich 1988, S.266).

Dabei muß nicht nur die Allgemeinheit, sondern es müssen auch diejenigen, die ästhetische Bildung vermitteln, aus der Verengung der Abschirmung befreit werden.

"Ästhetische Erziehung - als Bildung der Wahrnehmungs- und Erlebnisfähigkeit verstanden - ist die entscheidende Voraussetzung einer wahrnehmenden Verantwortung und verantwortlichen Wahrnehmung der natürlichen Mitwelt in unserer Umwelt" (Meyer-Abich 1988, S.269).

Nun scheinen die politischen Chancen für einen Frieden mit der Natur eher gering. Wesentlich ist für die Verbesserung der Chancen ein neuer Wirtschaftsstil, eine kulturelle Rückbindung der Ökonomie im Sinne eines Friedens mit der Natur und die regionale Willensbildung der Bürgerinnen und Bürger. Eine Einbindung der Wirtschaft in das Ganze der Natur, querliegend zum Gegensatz zwischen Markt- und Planwirtschaft, könnte uns helfen. Das ist in dem vorhandenen politischen und gesellschaftlichen System durchaus denkbar. Dazu bedarf es Mut, um gegen lokale Zerstörungen Widerstand zu leisten, wofür Meyer-Abich Heimatgefühl und entprechende Rechte für nötig hält (Meyer-Abich 1988, S.270-293).

Meyer-Abich sieht also bisherige Wirtschaft, Wissenschaft und Politik als höchstens anthropozentrisch an. Dies möchte er durch die Sicht von Natur als Mitwelt überwinden. Natur soll um ihrer selbst willen respektiert werden.

Wenn die Natur um ihrer selbst willen respektiert wird, dann wird sie immer noch von Menschen respektiert. Wenn Menschen, wie Meyer-Abich schreibt, als Teil von Natur aufgefaßt werden und wenn Natur im Menschen selbstbezogen wird, dann schützt meiner Meinung nach der Mensch, wenn er Natur aus Eigennutz schützt, zugleich Natur um ihrer selbst willen. Das Verhältnis zur Natur als Herrschaftsverhältnis kritisert Meyer-Abich zu recht. Doch ob es einen Unterschied macht, ob Natur um ihrer selbst willen oder um des Menschen willen geschützt wird, bleibt unklar.

Das Herrschaftsverhältnis zur Natur soll nach Meyer-Abich in der Wahrnehmung von Natur, in der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Politik geändert werden. Es soll durch einen Frieden mit der Natur abgelöst werden. Zentral ist dabei der Gedanke eines Rechtsverhältnisses mit der Natur. Meyer-Abich sieht es als Naturabsicht, daß sie sich mit dem Menschen zu einer verfassungsmäßig geordneten Rechtsgemeinschaft 'forttreiben' will. Wie ihm Natur diese Absicht mitgeteilt hat, eröffnet Meyer-Abich hier leider nicht. Er deutet allerdings an, daß, wenn Menschen als Teil der Natur gesehen werden, sich in den Menschen die Absicht der Natur ausdrückt, und somit die höchsten Errungenschaften des Menschen als Absicht der Natur gesehen werden können. Das überzeugt jedoch nicht. Denn das Urteil, welches die je höchsten Errungenschaften sind, liegt beim Menschen, der dann also entscheidet, welches die Absicht der Natur ist.

Aus den Dingen der Natur kann damit zwar die Natur der Dinge hervortreten, dem Menschen erscheint diese aber abhängig von seinen Werturteilen. So würde die Natur in einem anthroprozentrischen Weltbild anders beschrieben als in einem physiozentrischen Weltbild. Damit ist für den Menschen, der ja über ein anderes Naturverhältnis entscheiden soll, diese Entscheidung nur mit sich selbst als Mittelpunkt zu treffen.

Meyer-Abich sieht den Gedanken der Gleichheit mit der Natur als historische Kontinuität der bürgerlichen Emanzipation. In der historischen Sichtweise wurde deutlich, daß diese bürgerliche Emanzipation eine Selbstbefreiung der Bürger aus den feudalen Abhängigkeitsverhältnissen mit Hilfe der Naturausbeutung war. Wenn jetzt Natur aus der Ausbeutung befreit werden soll, dann kann das kaum als Kontinuität dieser Bewegung gesehen werden.

Meyer-Abich sieht, daß zur Umsetzung seiner Vorschläge auch die Wissenschaft, die Wirtschaft und die Politik geändert werden müssen. Einzig bei der Wissenschaft schlägt er dazu eine konkrete Umorganisation vor, und zwar angeleitet von der Philosophie. Meyer-Abich macht aber auch deutlich, daß Wissenschaft durch Technik bisher Macht gewonnen hat. Da Philosophie keine Technik produziert, ist demnach zu vermuten, daß sie auch wenig Macht hat. Wie sie nun die Macht gewinnen soll, die zur Änderung der Organsiation von Wissenschaft nötig ist, läßt Meyer-Abich offen. Damit ist eine Umorganisation auf diese Weise kaum denkbar, denn daß diejenigen, die die Macht haben, sie freiwillig abgeben, ist nicht zu erwarten.

Meyer-Abich schlägt ästhetische Bildung zur Überwindung der Fehlanpassung der Wahrnehmung an die Industriegesellschaft vor. Er sieht ästhetische Erziehung als Voraussetzung zur verantwortlichen Wahrnehmung der natürlichen Mitwelt in unserer Umwelt. Er möchte offenbar in der ästhetischen Erziehung eine Sichtweise von Natur als Mitwelt vermitteln. Die Entscheidung für diese Sichtweise wird aber den Erzogenen nicht zugebilligt. Wenn ihnen damit die Möglichkeit abgesprochen wird, für ihre Sichtweise der Natur selbst Verantwortung zu übernehmen, scheint es mir kaum möglich, zu einer verantwortlichen Wahrnehmung der natürlichen Mitwelt zu gelangen. Denn die Übernahme von Verantwortung setzt ja die Freiheit der Entscheidung voraus. Individuen zur Verantwortung erziehen zu wollen, ohne ihnen Verantwortung zu überlassen, macht die Erziehung unglaubwürdig. Ästhetische Erziehung kann also nur dann Verantwortung fördern, wenn die Erzogenen auch die Absicht dieser Erziehung mitverantworten.

Meyer-Abich schlägt als Grundgedanken für eine Bildung vor, die Abschirmung von Naturwahrnehmung durch das industriegesellschaftliche Energiesystem durch das Erleben von Natur in einem ästhetischen Zugang zu überwinden. Eine andere Technik, z.B. die energiesparende Mikroelektronik, soll dabei helfen. Das halte ich allerdings für mehr als bedenklich, ist es doch gerade die Mikroelektronik, die inzwischen nicht nur Menschen von Natur, sondern im perfektionierten Kommunikationssystem auch Menschen von Menschen abschirmt. Warum eine solche Technik einen neuen Naturzugang ermöglichen sollte, wird nicht deutlich. Es ist eher zu erwarten, daß die Mikroelektronik durch verbesserte Abschirmung eine Gleichgültigkeit gegenüber Natur fördert, als daß ein gewaltloses Verhältnis begünstigt wird.

Eine Verbesserung der politischen Realisierungschancen seiner Vorschläge hält Meyer-Abich durch die Einbindung der Wirtschaft in die Natur und regionale Willensbildung der Bürgerinnen und Bürger für möglich. Leider zeigt er nicht, wie diese Vorschläge realisiert werden konnten. Gerade aus Sicht einer ökologischen Bildungsarbeit, die demokratische Zukunftsverantwortung als Ziel anstrebt, wäre letzteres sicher interessant gewesen.

Da nicht deutlich wurde, daß Meyer-Abichs Vorschlag für den Schutzes der Natur um ihrer selbst willen gegenüber der bisherigen Position, Natur um des Menschen willen zu schützen, für eine ökologische Bildungsarbeit Vorteile hat und zudem in seiner Argumentation einige Widersprüche bestehen, kann die anthropozentrische Sichtweise, nach Meyer-Abich als geläuterte Anthropozentrik, beibehalten werden.

Hier wird ein wesentlicher Aspekt nochmals deutlich: Die Form der Technik wird bestimmt durch die Form der Wissenschaft, die wiederum von der Position der Wissenschaft in der Gesellschaft abhängt. Meyer-Abich berücksichtigt damit die Einflüsse gesellschaftlicher Interessen und ihre Wechselwirkungen mit den gesellschaftlichen Teilsystemen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung. Daß solche Zusammenhänge bestehen, haben wir schon bei Beck gesehen und finden hier eine Bestätigung. Eine genaue Aufklärung über diese Zusammenhänge wird zwar nicht geleistet und ist auch kaum vorstellbar. Ihr Vorhandensein macht dennoch ihre Berücksichtigung erforderlich und ermöglicht die Kritik von Ansätzen, die die gesellschaftlichen Zusammenhänge nicht berücksichtigen.

Ökologische Bildungsarbeit kann ebenso wie das Individuum, mit dem sie sich beschäftigt, in Abhängigkeit von und mit Wirkung auf Politik, Wirtschaft und Wissenschaft gesehen werden. Eine Lösung der Umweltkrise nur in einem dieser Teile anzusiedeln, vergibt die Chance, Schwierigkeiten, die durch das Zusammenspiel enstehen, zu erkennen und zu berücksichtigen. Ökologische Bildungsarbeit kann ohne eine Veränderung von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft kaum erfolgreich werden. Andererseits sind durch eine solche Bildungsarbeit auch positive Einflüsse möglich, und etwaige Änderungen des Rechts oder der Wirtschaft können ökologische Bildungsarbeit in ihren Bemühungen unterstützen. Ohne eine solche Unterstützung bleibt die Möglichkeit ökologischer Bildungsarbeit ungewiß.

3.9 Zusammenfassende Thesen

Ziel einer ökologischen Bildungsarbeit kann demokratische Zukunftsverantwortung sein.

Die Zukunftsverantwortung kann durch das Ja zum Sein begründet werden. Zukunftsverantwortung strebt kein ideales Ziel an, sondern verfolgt lediglich die Absicht, Schaden abzuwenden. Das Verhältnis zur Natur kann eine geläuterte Anthropozentrik sein.

Die demokratische Ausrichtung ist zum einen durch die Möglichkeit einer solchen Lösung, zum anderen durch die Unvermeidbarkeit individueller Verantwortungsübernahme begründet. Sie macht ökologische Bildungsarbeit möglich, da dann mittelbar auch die gesellschaftlichen Bedingungen beeinflußt werden können.

Demokratische Verantwortung macht es direkt erforderlich, daß die Verantwortung auch für das Ziel von Bildungsarbeit mit übernommen wird, daß also die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst über das hier vorgeschlagene Ziel entscheiden können. Damit ist demokratische Zukunftsverantwortung ein emanzipatorischer Ansatz.

Anlaß für die Suche nach einem Ziel sind naturwissenschaftliche Schadensbeschreibungen, die, werden sie in einem Systemzusammenhang gesehen, eine globale Bedrohung aufzeigen können. Sie sind die erste Voraussetzung für die Zukunftsverantwortung, da die Umweltschäden der unmittelbaren Wahrnehmung oft entzogen sind. Dabei entsteht das Problem der Unvollständigkeit und Interpretationsbedürftigkeit dieser Schadensbeschreibungen. Einen Umgang damit ermöglicht die 'Heuristik der Furcht' bei Entscheidungen unter Ungewißheit oder Kosten - Nutzen - Abwägungen bei Entscheidungen unter Risiko.

Eine zweite Voraussetzung für Zukunftsverantwortung ist die Möglichkeit der Einflußnahme. Daß Einflußnahme möglich ist, zeigen sowohl die Beschreibung der Ressourcenverknappung als auch die historische Perspektive. Nötig wird die Verantwortungsübernahme der oder des Einzelnen wegen der immer vorhandenen Entscheidungsfreiheit.

Damit wird zugleich deutlich, daß die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen eine erhebliche Rolle spielen. Auch sie haben einen Einfluß auf die Entscheidung des Individuums. Da die Gesellschaft sich unter anderem durch die globale Bedrohung selbst in einer Krise befindet, die zudem noch als individualisierte Krise erscheint, steht die Umweltkrise beim Individuum in Konkurrenz zu anderen Problemen. Darin ist in zweifacher Hinsicht eine Grenze der Möglichkeiten ökologischer Bildungsarbeit zu sehen:

- Zum einen können die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht direkt durch die Bildungsarbeit verändert werden, obwohl eine Änderung der Gesellschaft zur Lösung der Umweltkrise unverzichtbar ist. Zum anderen hat sich die Funktion von Wissenschaft in der Gesellschaft geändert, d.h. ihre Ergebnisse unterliegen sozialen Definitionsprozessen.

Wissenschaft ist aber zur Wahrnehmung der Umweltkrise unverzichtbar. Verantwortung muß aber auch zum Handeln führen. Denken und Handeln können in Wechselwirkung mit gesellschaftlichen Strukturen gesehen werden. Von einer Änderung des Denkens ohne Änderung gesellschaftlicher Strukturen sind keine Handlungsfolgen zu erwarten. Andererseits kann Verantwortung öffentliches Handeln motivieren und so zu einer Strukturveränderung beitragen. Für eine umfassende Änderung ist beides erforderlich.

- Bei der Untersuchung von Problemlöseverhalten in komplexen Situationen wurden bestimmte Denkmuster wie Fluchttendenzen, Aktionismus oder Selbstschutz deutlich, die im Umgang mit vernetzten Systemen auftreten. Damit ist eine zweite Grenze ökologischer Bildungsarbeit im Individuum deutlich geworden.

Die Änderung gesellschaftlicher Strukturen, z.B. durch die Einbeziehung zukunftsrelevanter Güter in das Wirtschaftssystem, ist unverzichtbar, um eine ökologische Bildungsarbeit erfolgreich zu machen. Solche Bildungsarbeit kann die Änderung gesellschaftlicher Strukturen unterstützen, sie aber nicht durchsetzen.

Technik wird kritisch gesehen. Industrielle Technik hat einen naturausbeuterischen Charakter. Das spiegelt, wie bei der historischen Entwicklung des Naturverhältnisses deutlich wurde, bestimmte gesellschaftliche Interessen wieder. Eine solche Technik muß aber aus der Position einer geläuterten Anthropozentrik heraus abgelehnt werden. So verfolgt ökologische Bildungsarbeit mit der Unterstützung einer Veränderung der gesellschaftlichen Bedingungen zugleich den Versuch, die naturausbeuterische Komponente der Technik zu verändern. Ökologische Bildungsarbeit hat also nicht industrielle Technik zur Basis, sondern die Kritik daran. Damit ist das Verständnis der Vermittlung von technokratischer und emanzipatorischer Bildung hier im Vergleich zu den Grundbegriffen verändert. Die Herrschaft der Technik über den Menschen soll durch Emanzipation überwunden werden. Die Herrschaft der Technik über Natur soll durch eine geläuterte Anthropozentrik überwunden werden.

Ökologische Bildungsarbeit steht in einem Zusammenhang mit individuellen und gesellschaftlichen Bedingungen. Für die Umweltkrise werden individuelle und gesellschaftliche Faktoren als Auslöser gesehen. Eine Lösung der Umweltkrise ist also nur bei Berücksichtigung beider Aspekte möglich. Bildungsarbeit kann sich dabei unmittelbar an Individuen und über Individuen mittelbar an Gesellschaft richten. Wir haben es hier aus Sicht der Erwachsenenbildung also mit einer Wechselwirkung zwischen Individuen, gesellschaftlichen Teilsystemen und Bildungsarbeit zu tun.

Die vorgeschlagene Sichtweise erlaubt eine Beurteilung von Ansätzen ökologischer Bildungsarbeit. Dabei kann zugleich das Konzept der demokratischen Zukunftsverantwortung als Ziel ökologischer Bildungsarbeit überprüft werden. Kann das Ziel beibehalten werden, kann es seinerseits mit den dargestellten Implikationen als Maßstab für die verschiedenen Ansätze benutzt werden.

4. Ökologie als pädagogisches Ziel

Die Ökologie als Ziel pädagogischer Bemühungen wird im dritten Schritt dieser Arbeit untersucht. Dies wird eine Darstellung von Ansätzen ökologischer Bildungsarbeit mit Blick auf die Erwachsenenbildung bringen.

Zunächst werde ich die Analyse der Umweltkrise in der Erziehungswissenschaft betrachten. Die dabei gefundenen Gründe und Vorschläge werden in Bezug zum Ziel demokratischer Zukunftverantwortung gesetzt.

Im zweiten Abschnitt dieses Kapitels werde ich dann Konzeptionen ökologischer Bildungsarbeit aus der erziehungswissenschaftlichen und besonders der erwachsenenpädagogischen Diskussion vorstellen. Auch dazu wird das Ziel demokratischer Verantwortung in Bezug gesetzt, und sowohl das Ziel an den Ansätzen als auch die Ansätze an dem Ziel geprüft.

Die beiden Kapitel sind nicht scharf zu trennen, da mit Analysen der Umweltkrise in der Regel auch Vorschläge für eine Bildungsarbeit gemacht werden, und umgekehrt Konzeptionen einer Analyse der Umweltkrise folgen. Im ersten Abschnitt finden sich Arbeiten, die eher die Analyse betonen, im zweiten Abschnitt solche, die ihren Schwerpunkt auf die Konzeption legen.

4.1 Analyse der Umweltkrise in der Erziehungswissenschaft

Konzeptionen, die eher die Analyse betonen, rezipieren meist Erkenntnisse aus benachbarten Disziplinen der Erziehungswissenschaft. Ich habe die Konzeptionen daher nach den Disziplinen geordnet, auf die sie sich berufen.

4.1.1 Anthropologie

Anthropologische Überlegungen gehen vom dem aus, was das Wesen des Menschen ist. Zeier sieht eine Divergenz zwischen unseren Lebensbedingungen und unserem biologischen und kulturellen Erbe, was zu Angst und Streß führt (vgl. Zeier 1988, S.79). Diese Reaktion erfordert eine "[...] Integration der kognitiven, motorischen, autonomen und endokrinen Komponenten [...]" (Zeier 1988, S.81). Wie dieser Streß erlebt wird, hängt nach seiner Sicht letztlich von angeborenen und erworbenen Faktoren ab, die einen physiologischen und kognitiven Verhaltensstil formen. Dieser beruht oft auf falschen Einschätzungen und Informationsdefiziten. Dabei ist ein wesentliches Problem:

"Die enorme Geschwindigkeit, mit der sich heute die Verhältnisse in unserer Umwelt und Gesellschaft verändern, führt zu schwerwiegenden Konflikten mit unseren biologischen Verhaltensnormen und unserem kulturellen Erbe. Es scheint, daß auch die Kultur über ein bestimmtes Wandlungstempo verfügt, das nicht gesteigert werden kann" (Zeier 1988, S.87).

Zeier hält es darum für notwendig, zunächst die Geschwindigkeit des Wandels durch einen weitgehenden Verzicht zu bremsen.

Dieser Gedanke ähnelt der Überlegung bei Meadows, daß unsere Kultur an die schnellen Veränderungen des technischen Wandels nicht angepasst sei. Technische Entwicklung wird losgelöst von der kulturellen Entwicklung gesehen. Das ist überraschend, entwickelt sich Technik doch nicht von selbst, sondern wird von Menschen entwickelt und ist daher in Verbindung mit Kultur zu sehen. Zeier fragt hier aber nicht nach den Ursachen für die schnellen Veränderungen. Ein differenziertes Bild, das erkennen ließe, welche Verhältnisse sich ändern und wodurch die Änderung ausgelöst wird, entsteht damit nicht. Die These aber, daß eine Anpassung an die Entwicklungsgeschwindigkeit, wie Meadows sie vorschlägt, überhaupt nicht möglich ist, legt nach der 'Heuristik der Furcht' den Versuch nahe, eher die Entwicklungsgeschwindigkeit zu bremsen als die kulturelle Entwicklung zu beschleunigen. Zeier sieht die Möglichkeit dazu in einem weitgehenden Verzicht. Wie Verzicht die Entwicklungsgeschwindigkeit bremsen soll, bleibt allerdings offen.

Von Cube hält es für unumgänglich, Verzicht zu üben, begründet dies aber anders als Zeier. Als einzige Möglichkeit, den Menschen zu Verzicht zu bewegen, sieht er die Einsicht in die eigene Bedrohung. Als Ziel der Umwelterziehung schlägt er vor, darüber aufzuklären, daß der Mensch durch sein Verhalten die Natur und damit letztlich sich selbst zerstört (vgl. v. Cube 1988, S.121).

Den unsachgemäßen Eingriff in vernetzte Systeme sieht v. Cube als Ursache der Umweltzerstörung. Diese wird, als Nebenwirkung der technischen Zivilisation, vor allem durch die wohlhabenden Anteile der Weltbevölkerung verursacht. Trotz inzwischen gewonnener Einsichten in Zusammenhänge wird die Zerstörung seiner Meinung nach - z.B. durch die Propagierung einer Risikogesellschaft - fortgesetzt, und es erfolgen nur technische, juristische und verhaltensmäßige Korrekturen, wie z.B. die Mülltrennung. Dabei werden nach von Cubes Auffassung die Korrekturmaßnahmen weder am Anspruchsverhalten des Menschen in der Wohlstandsgesellschaft, noch an der Bedrohung des Menschen orientiert. Wird Umwelterziehung daran orientiert, dann wird sie politisch (v. Cube 1988, S.123f.).

"Zusammenfassend ist zu kritisieren, daß sich die Korrekturmaßnahmen in erster Linie an den direkten Ursachen orientieren [...] und nicht an dem zugrundeliegenden Anspruchsverhalten des Menschen in der Wohlstandsgesellschaft. Weiterhin wird nicht immer gesehen, daß der Mensch selbst aufs höchste bedroht ist; es wird so getan, als ob es um die Rettung der Natur gehe oder um die Verantwortung gegenüber der Natur" (v. Cube 1988, S.124).

Die Ursache der Umweltkrise sieht v. Cube damit im Individuum. Dieses ist mit vorprogrammierten Verhaltensdispositionen ausgestattet, aber auch mit einem Großhirn, das Triebe kontrollieren kann. Triebhandlungen werden von äußeren Reizen und innerer Triebstärke bestimmt. Eines von beiden muß hoch sein, um Verhalten auszulösen. Dazu kommt Appetenzverhalten, d.h., daß bei steigender Triebstärke der auslösende Reiz aufgesucht wird. Dieses ist mit Anstrengung verbunden. Die Triebstärke wird nun immer so hoch, das es zum Überleben reicht. Der moderne Mensch aber kann Lust ohne Anstrengung haben, er ist verwöhnt.

"In unserer heutigen Wohlstandsgesellschaft ist Verwöhnung ein massenhaft auftretendes Phänomen, [...] eine massenhaft auftretende Störung des verhaltensökologischen Gleichgewichts" (v. Cube 1988, S.127).

Verwöhnung verursacht nach v. Cube Umweltzerstörung durch drei Reaktionsketten:

- "Da Triebverzicht unangenehm ist, und die Wohstandsgesellschaft über genügend hohe Reize verfügt, wird die Lust der Endhandlung gemäß dem Gesetz der doppelten Quantifizierung durch geringe Triebstärke und hohe Reizstärke gesucht" (ebd.). Da Reize sich abschleifen, müssen immer höhere Reize gesetzt und immer höhere Ansprüche befriedigt werden.

- "Die Vermeidung von Anstrengung führt zum Einsatz fremder Energie" (ebd.).

- "Werden die für Appetenzverhalten und Triebhandlungen vorgesehenen Aktivitäten nicht abgerufen, steigen die Trieb- und Aktionspotentiale aufgrund ihrer Spontaneität an" (ebd.).

Verwöhnung steigert so zugleich Aggression und Gewalt. Durch Moral sieht v. Cube nun keine Möglichkeit gegeben, einen vernünftigen Umgang mit Trieben zu erreichen, sondern nur mit vorurteilsfreier Erforschung menschlichen Verhaltens. Ziel von Umwelterziehung muß dabei das Überleben sein. Dazu ist das ökologische und das verhaltensökologische Gleichgewicht zu erhalten. Triebe müssen auf niedrigerer Reizebene befriedigt und das stammesgeschichtliche Anstrengungsprogramm erfüllt werden, also Ansprüche reduziert und fremde Energie eingespart werden (vgl. v. Cube 1988, S.128f.).

Dafür schlägt er Triebbefriedigung durch Fertigkeiten mit Funktionslust (Geschick), Exploration (Neugierde), Konkurrenz (Wettkampf) und Kooperation (Gemeinsamkeit) vor. Umwelterziehung kann dann auch die Gesundheit und das Wohlbefinden steigern. Naturbeobachtung und Erfahrung sind dazu angebrachte Lehrstrategien, und verhaltensökologische Zusammenhänge können ähnlich wie ökologische vermittelt werden. Zu dieser Strategie müssen nun auch Alternativen im Verhalten angeboten werden.

V. Cube sieht also anders als Zeier nicht die Geschwindigkeit des Wandels, sondern die Triebhaftigkeit des Menschen als Auslöser der Umweltkrise. Beide kommen zu dem Schluß, daß die Menschen Verzicht üben müssen. V. Cube sieht vor allem die Wohlhabenden in der Pflicht. Damit berücksichtigt er die gesellschaftlich ungleich verteilten Handlungsmöglichkeiten. Vor allem aber zeigt er, daß Verzicht ohne eine Alternative zu einem Triebstau führen würde. Die Befriedigung durch Energieverbrauch sollte durch Fertigkeiten mit Funktionslust ersetzt werden. Ob Einflüsse der gesellschaftlichen Strukturen die Wahl der Triebbefriedigung mitbeeinflussen können, fragt er nicht. Damit greift seine Analyse zu kurz. Problematisch ist außerdem sein Anspruch, menschliches Verhalten vorurteilsfrei zu erforschen. Denn Forschung ist ohne vorausgehende Urteile kaum denkbar.

Für Kastenholz ist die große Diskrepanz zwischen Umweltbewußtsein und Umweltverhalten Ausgang seiner Überlegungen. Umwelterziehung sollte diese Diskrepanz überwinden helfen. Dabei hält er eine "[...] ideologiefreie, ohne konfessionelle oder religiöse Gebundenheit auskommende Ethik [...]" (Kastenholz 1992, S.128) für unerläßlich. Dafür ist "[...] eine wissenschaftliche anthropologische Betrachtung unabdingbare Voraussetzung" (Kastenholz 1992, S.111). Eine solche Betrachtung menschlichen Handelns zeigt, daß

"[...] die Grundlagen für aktives soziales und damit auch für umweltverantwortliches Handeln, in frühester Kindheit gelegt [...] und in den weiteren Sozialisationsphasen vertieft werden müssen" (Kastenholz 1992, S.111).

Wahrnehmung, Urteile und Handeln der und des Einzelnen werden von seinem Welt- und Menschenbild bestimmt (vgl. Kastenholz 1992, S.112), und auch hinter jedem Erziehungsziel steht eine bestimmte Vorstellung vom Menschen. Darum sollte Pädagogik auf "empirisch gesicherten anthropologischen Forschungsergebnissen beruhen" (Kastenholz 1992, S.114). Solche Forschungsergebnisse zeigen nach Kastenholz den Mensch als Produkt der Evolution. Er ist aber nicht 'Marionette seiner Gene', sondern ein aktives schöpferisches Wesen. Seine Sozialnatur entsteht aus der natürlichen Soziabilität, der natürlichen Lern- und Erziehungsfähigkeit und der natürlichen Beziehungsfähigkeit (vgl. Kastenholz 1992, S.116f.). Kastenholz folgert:

"Ob ein Mensch die Fähigkeit entwickelt, sich verantwortlich für das Allgemeinwohl der Menschen und damit auch für die Umwelt einzusetzen, hängt in starkem Maße davon ab, inwieweit in seiner frühen Kindheit die gefühlsmäßige Grundlage gelegt worden ist, sich mit seinen Mitmenschen verbunden zu fühlen und wie dieses Gefühl im weiteren Sozialisationsphasen auf allen Ebenen gefördert wird" (Kastenholz 1992, S.128).

Wegen der Bedeutung der frühkindlichen Sozialisation für das Welt- und Menschenbild und die Prägung dieses Bildes durch die ersten Beziehungspersonen müssen diese Bedingungen in Lösungen der Menschheitsprobleme einbezogen und gesellschaftlich umgesetzt werden (vgl. Kastenholz 1992, S.128).

Kastenholz scheint wie v. Cube davon auszugehen, daß eine anthropologische Forschung ohne Vorurteile auskommt. Hier zeigt sich aber, daß sein Ansatz nicht auf empirisch gesicherten Forschungsergebnissen, sondern auf deren Interpretation beruht. Damit wird er seinem eigenen Anspruch nicht gerecht.

Leider nennt Kastenholz keine Wege der gesellschaftlichen Umsetzung seiner Vorschläge. Das ist nicht überraschend, denn er berücksichtigt schon die gesellschaftlichen Bedingungen frühkindlicher Prägung nicht.

So kann aus Sicht der demokratischen Zukunftsverantwortung vor allem die fehlende Berücksichtigung gesellschaftlicher Verhältnisse an den vorgestellten anthropologischen Ansätzen kritisiert werden.

Dennoch finden wir hier Hinweise, wie die Beachtung anthropologischer Voraussetzungen, wie sie Meyer-Abich vorschlägt, möglich ist. Dazu müssen allerdings die gesellschaftlichen Verhältnisse mitbedacht werden. Das ist z.B. bei dem Ansatz von Kastenholz möglich: Die gesellschaftlichen Verhältnisse setzen Bedingungen, die in die frühkindliche Sozialisation miteinfließen. Die hier geprägten Weltbilder der Individuen beeinflussen die gesellschaftlichen Verhältnisse. So gedacht, kann die frühkindliche Sozialisation als Grenze für ökologische Erwachsenenbildung gesehen werden, da die hier erlernten Weltbilder sich kaum, und wenn, dann nur langsam, ändern. Wenn sie sich aber ändern sollen, dann müssen sich die gesellschaftlichen Verhältnisse und die individuellen Weltbilder verändern.

Die langsame Änderung der Weltbilder kann als Grund für die von Zeier gezeigten Schwierigkeiten im Umgang mit dem schnellen technologischen und gesellschaftlichen Wandel vermutet werden. Dieser Wandel sollte also gebremst werden. Unklar bleibt aber, wie dies in der Gesellschaft umgesetzt werden kann. Der Verzicht allein dürfte hier wegen der fehlenden Berücksichtigung von gesellschaftlichen Bedingungen nicht ausreichen. Bevor die Reduktion der Geschwindigkeit des Wandels durch Verzicht als Ziel von Bildungsarbeit gesehen werden kann, müßten die gesellschaftlichen Bedingungen berücksichtigt werden.

Die höhere Triebbefriedigung setzt gesellschaftliche Bedingungen, die energiesparendes Verhalten begünstigen, voraus. Doch selbst bei den derzeitigen gesellschaftlichen Bedingungen könnte eine Bildungsarbeit, die Triebbefriedigung fördert, mit größerem Erfolg rechnen. Die Triebbefriedigung kann damit eine Veränderung individuellen Verhaltens auch bei gleichbleibenden gesellschaftlichen Verhältnissen begünstigen. Die Förderung von Triebbefriedigung müßte allerdings mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern abgesprochen werden. Ökologische Erwachsenenbildung kann dann zeigen, daß umweltfreundliches Verhalten zu größerer Zufriedenheit führen kann, die gesellschaftlichen Verhältnisse dem aber entgegenstehen. Das ist eine Entscheidung unter Risiko: Die möglichen Nachteile der Berücksichtigung von Triebbefriedigung halte ich für kleiner als die möglichen Vorteile. Das muß allerdings in der Praxis überprüft werden, die theoretischen Überlegungen lassen den Versuch lohnend erscheinen.

Für demokratische Zukunftsverantwortung als Ziel ökologischer Erwachsenenbildung hat sich hier also die frühkindliche Sozialisation als Grenze ihrer Möglichkeiten ergeben. Eine Möglichkeit hat die Bildungsarbeit in der vermuteten größeren Zufriedenheit durch bessere Triebbefriedigung bei umweltfreundlichem Verhalten.

4.1.2 Psychologie

Nahe an der Anthropologie ist der Ansatz von Haltner-Mylaeus und Mylaeus. Sie sehen Werte im Erziehungsprozeß bei der Tradierung von Kultur unbewußt vermittelt und auf diese zurückwirkend. Zur Etablierung umweltbewußten Handelns ist daher der individuelle Wertbildungsprozeß zu analysieren und zu fördern. Dazu muß eine 'humane Werthaltung' vermittelt werden. Das bedeutet die Förderung prosozialen Handelns und konstruktiver Kooperation (vgl. Haltner-Mylaeus/Mylaeus 1992, S. 151).

Haltner-Mylaeus und Mylaeus verwehren sich gegen "wissenschaftsfeindliche, ideologisch geprägte Ansätze der Neuen Linken" (a.a.O., S.152), die sie bei alternativer Pädagogik oder der Antipädagogik vertreten sehen . Hier zeige sich eine Feindschaft gegen empirische Ansätze, die zur "emotionalen Verwahrlosung und Vereinzelung" und zu "destruktiven Tendenzen und Devianz, Kriminalität und dem Konsum von Alkohol und illegalen Drogen" (a.a.O., S.153) bei Jugendlichen führe. Statt dessen sollte die emotionale Beziehung zwischen Eltern und Kind diesem eine naturbejahende Einstellung vermitteln. Wichtig ist dafür eine Bindungssicherheit, die Explorationsverhalten beim Kleinkind ermöglicht und als notwendig für mitmenschliche Anteilnahme und umweltbezogenes Interesse gesehen wird (vgl. Haltner-Mylaeus/Mylaeus 1992, S.159).

Hier wird nochmals die Bedeutung frühkindlicher Sozialisation betont. Überrascht hat mich dabei die fast peinliche Rhetorik. Gerade von einer wissenschaftlichen Arbeit, die ihre Wissenschaftlichkeit betont, würde ich ein durchdachteres und vor allem begründeteres Urteil erwarten. Eine solche Argumentation erschwert die notwendige gemeinsame Lösungssuche unnötig. Doch zu konstruktiveren Vorschlägen:

Legewie kritisiert die weitgehende Ignoranz akademischer Psychologie gegenüber der Umweltkrise (vgl. Legewie 1989, S.13ff.). Er sieht Schwierigkeiten in der Unübersichtlichkeit und Widersprüchlichkeit, der Dringlichkeit und Größe der Aufgabe, der Neuartigkeit, Komplexität und Dynamik der psychischen Phänomene, die im Zusammenhang mit der ökologischen Krise auftreten. Dadurch, daß die Thematik auch für den psychologischen Forscher in hohem Maße bedrohlich und angstauslösend ist, wird Vermeidung oder verzerrende Bearbeitung begünstigt (vgl. Legewie 1989, S.15ff.).

Dennoch gibt es , wie Kaminski in einem Überblick zeigt, eine umfangreiche ökopsychologische Umweltforschung. Umwelt bedeutet hier nicht nur die 'objektive' Umwelt, sondern kann auch einen Stadtteil, ein Zimmer, einen Arbeitsplatz u.ä. meinen. Die experimentelle Forschung wird dabei mit Beobachtung im Lebensvollzug ergänzt. Die erarbeiteten Beeinflussungsverfahren sind vergleichsweise harmlos und damit auch vergleichsweise ineffektiv. Guten Beschreibungsmöglichkeiten steht so eine eher geringe Eingriffsmöglichkeit gegenüber. Ökopsychologie kann aber neue Aspekte eröffnen, neue Fragen aufwerfen, bestimmte Kriterien für die Beurteilung von Mensch-Umwelt-Beziehungen geben und das Bewußtsein für Wertsetzungen schärfen. Zudem werden Methoden zur Erkenntnisgewinnung sowie Forschungsergebnisse angeboten. Dadurch kann sich die Ökopsychologie an der Lösung praktischer Probleme beteiligen (vgl. Kaminski 1987, S.129-134).

Sie kann für Umwelterziehung einen Orientierungshintergrund bieten, also Anregungen liefern und vor einer zu einseitigen Perspektive schützen. Umwelterziehung läßt sich als psychologischer Prozeß interpretieren, was für Evaluation und Planung unter Einbeziehung weiterer psychologischer Disziplinen von Vorteil sein kann (vgl. Kaminski 1987, S.137).

Amelang, Holzer und Schahn empfehlen die Einbeziehung sozialpsychologischer Ansätze. Sie weisen darauf hin, daß umweltschädliches Verhalten für die und den Einzelnen Vorteile hat, die Allgemeinheit aber schädigt. Daher sollten Veränderungen von Einstellungen und von Verhaltensweisen versucht werden (vgl. Amelang/Holzer/Schahn 1988, S.179). Graumann empfiehlt dazu die Kombination von Umwelterziehung, Verhaltenshinweisen, Informationen und Bekräftigungstechniken (vgl. Graumann 1988, S.205).

"Es muß eine Aufklärung über ökologische Zusammenhänge und die in die Augen springende ständig funktionale wie symbolische Erinnerung an umweltfreundliches Verhalten einhergehen mit dessen intermittierender Bekräftigung" (Graumann 1988, S.205).

Andere Autoren zeigen, daß verschiedene Bewältigungsstrategien die Wirksamkeit solcher Aufklärung erschweren. Nach der Katastrophe in Tschernobyl ließen sich Rückzug bzw. Resignation, persönliche Schutzmaßnahmen, umweltbewußtes Handeln, bewußte gedankliche Vermeidung, intellektuelle Auseinandersetzung, ins Grüne gehen, Bagatellisierung und Hoffnung auf Besserung als Strategien finden (vgl. Böhm 1989, S.85). Neue Formen der Angstabwehr in solchen Situationen sind Zynismus, Apathie oder Resignation; Delegation an Parteien; Aktionismus; Angstritualismus und Optimismus (Ensel 1989, S.186ff.). Bei den Formen fällt "ein erstaunlicher Mangel an Verleugnungstendenzen auf" (Ensel 1989, S.188). Böhm folgert:

"Nach unseren Ergebnissen ist die Angst vor weiterer Umweltzerstörung und vor Unfällen in Atomkraftwerken heute so weit verbreitet, daß sie statistisch als "normal" bezeichnet werden kann" (Böhm 1989, S.93).

Dabei werden die Erklärungen psychologisiert ("Ich verdränge das"). Das Risikobewußtsein führt dagegen kaum zu politischen Konsequenzen (vgl. Böhm 1989, S.95). Die Reaktion ist je nach Alter unterschiedlich und von den Identitäten der Lebensphasen abhängig (vgl. Faas 1989, S.105ff.). Die Normalität der Umweltkrise bewirkt auch einen Umbau der inneren Lebenswelt. Das zeigt sich in normalen Distanzierungen (Umweltprobleme als Wetterprobleme) und voluntaristischen Wahrnehmungsstörungen ("harmlose" Radioaktivität und "nichtexistierendes" Waldsterben). Es wird deutlich, daß die Belastungen nicht realitätsgerecht wahrgenommen werden können und so Entfremdungsgefühle erzeugen (vgl. Cramer 1989, S.51). Dies gilt besonders für Erwachsene. Kinder verfügen noch nicht über die komplizierten Anpassungs- und Abwehrmechanismen. Dadurch zeichnet sich ein neuer Generationenkonflikt ab (vgl. Cramer 1989, S.54). Umweltberatung stellt dabei oft das individuelle Schutzdenken in den Mittelpunkt. Sie verbessert so die Bewältigungskompetenzen und führt andererseits zu einer Anpassung an die Umweltbelastungen (vgl. Cramer 1989, S.40).

Bei all diesen Überlegungen fällt auf, daß die Einflüsse der Gesellschaft auf das Individuum kaum berücksichtigt werden. Zudem haben wir es fast nur mit Beschreibungen zu tun. Doch diese Beschreibungen können für eine ökologische Erwachsenenbildung fruchtbar sein. Insbesondere Reaktionen der Angstabwehr können Bildungsbemühungen zunichte machen und sollten daher berücksichtigt werden. Hier wären Strategien für ihre Umgehung zu prüfen. Vorgeschlagen werden sie aber leider nicht. Eine Zusammenarbeit von Ökopsychologie und Umweltbildung, wie Kaminski sie vorschlägt, scheint vielversprechend und hebt sich wohltuend von einer Abgrenzung wie bei Haltner-Mylaeus und Mylaeus ab.

Den Vorschlag von Graumann, die Methode der intermittierenden Verstärkung zu verwenden, erscheint bedenklich, wenn die Betroffenen nicht informiert sind. Das würde einer Manipulation gleichkommen. Es wäre interessant zu prüfen, ob die Verstärkung auch bei Kenntnis der Betroffenen funktioniert. Eine Möglichkeit besteht dabei im sozialpsychologischen Ansatz, auf den ich bei der Darstellung sozioökonomischer Überlegungen zurückkommen werde.

Hier findet sich für die demokratische Zukunftsverantwortung also eine Bestätigung der Begrenzung durch die Reaktion der Angstabwehr, die wir schon bei Dörner kennengelernt haben. Allerdings werden keine Vorschläge gemacht, wie mit dieser Grenze umgegangen werden kann.

4.1.3 Soziologie

Die vorgestellten Ansätze aus Anthropologie und Psychologie stellen das Individuum in den Mittelpunkt. Umgekehrt stellen die soziologischen Überlegungen die Gesellschaft in den Mittelpunkt.

So betrachten Michelsen und Siebert die Umweltkrise als Teil einer umfassenden Gesellschaftskrise. Sie sind der Meinung, daß die kapitalistische Ordnung diese Krise nicht lösen kann. Die Umweltkrise macht dadurch, ähnlich wie die Computerisierung, eine Neuorientierung der Pädagogik erforderlich. Umweltbildung sollte dann politische, wissenschaftliche, ästhetische, gesundheitliche, personale, allgemeine und berufliche Bildung umfassen. Michelsen und Siebert sehen die Krise damit politisch bedingt. Das Individuum ist davon betroffen und verursacht sie zugleich (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.9ff.).

Eine Antwort auf die Umweltkrise kann Pädagogik allerdings nicht geben. Pädagoginnen und Pädagogen müssen dies zum Erhalt ihrer Glaubwürdigkeit offenlegen. Dennoch können Maßstäbe für eine ökologische Wirtschaft, Wissenschaft und Politik gefunden werden. Michelsen und Siebert schlagen Dezentralisierung, Lebensqualität, Mitbestimmung, Offenhaltung von Zukunft und ökologische Rücksichtnahme vor (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.14-17).

Eine so verstandene Politik ist aber trotz zahlreicher Versuche in den letzten Jahrzehnten nicht zustande gekommen. Somit ist ein Bewußtseins-Defizit bei Politikerinnen und Politikern zu vermuten, und es wird die Frage aufgeworfen, ob Politikerinnen und Politiker eine besondere Ziel- und Problemgruppe der Erwachsenenbildung sein können (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.24ff.). Doch selbst wenn Bewußtsein vorhanden ist, reicht es nicht aus, um ökologisches Verhalten durchzusetzen.

"Nur wenn die Bevölkerung und die gesellschaftlichen Organisationen ökologische Interessen artikulieren und wenn die derzeitige Politik auch nach kapitalistischen Kriterien kontraproduktiv wird, kann sich eine Ökologiepolitik entwickeln" (Michelsen/Siebert 1985, S.30).

Das Individuum wird hier als Teil von Gesellschaft und als von der Umweltkrise betroffen und sie verursachend gesehen. Damit wird die Wechselwirkung von Individuum und Gesellschaft einbezogen. Die politisch verstandene Umweltkrise soll durch Interessenwahrnehmung von Individuen und gesellschaftlichen Organisationen angegangen werden. Naheliegend ist dann, daß das Individuum Interessenwahrnehmung erlernen müßte. Leider wird dieser Gedanke von Michelsen und Siebert nicht entwickelt. Sie schlagen aber Maßstäbe als Kriterien vor, die als Leitfaden für eine solche Bildung gesehen werden könnten. Allerdings werden diese Kriterien nicht begründet. Und es wird auch nicht erklärt, wann Politik nach kapitalistischen Kriterien kontraproduktiv wird. Ebenso prüfen Michelsen und Siebert nicht, ob eine marktwirtschaftliche Lösung, die ja mit der Übernahme von Birnbachers Ansatz in der demokratischen Zukunftsverantwortung impliziert ist, möglich ist. Die Analyse von Michelsen und Siebert, die Umweltkrise als durch die kapitalistische Gesellschaft verursacht und damit nur durch die Überwindung des Kapitalismus lösbar zu sehen, vernachlässigt damit gesellschaftliche Alternativen.

Eine Beschreibung der gesellschaftlichen Veränderungen liefert Rönsch. Er sieht die Einhelligkeit der Nachkriegszeit mit dem ersten großen Konjunkturrückschlag in den 60ern aufbrechen. Das führt zu einer hedonistischen Entwicklung. Mißtrauen gegen Staat und Gesellschaft, geringere Leistungsbereitschaft und Solidarität sowie zunehmende Konsumorientierung und Anspruchsmentalität im Gesellschaftlich-Politischen sind Ausdruck dieser Entwicklung. Gleichzeitig stellt Rönsch einen Trend zu den höheren Werten Selbstverwirklichung und Partizipation, die er als Ausdruck einer alternativen Rationalität interpretiert, fest. Ökonomische Werte werden gering, spirituelle und ästhetische Werte hoch geachtet. Diese beiden Wertsysteme koexistieren und können auch gleichzeitig politisch bedeutsam sein (vgl. Rönsch 1987, S.119f.). Diesen Wandel erklärt Rönsch mit dem wachsenden Anteil von Dienstleistungstätigkeiten. Es zeigt sich, daß die Verhaltens- und Wertänderungen mit einer dienstleistungs-typischen Orientierung übereinstimmen (vgl. Rönsch 1987, S.120f.).

Rönsch sieht in der Soziologie damit Möglichkeiten, Erklärungswissen zu wesentlichen gesellschaftlichen Fragen zu liefern. Er zweifelt aber an ihrem Vermögen, operativ verwertbare Aussagen zur Gestaltung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen für die Erreichung umweltpolitischer Ziele zu formulieren. Auch die langfristige Beeinflussung von Umweltverhalten sollte sie seiner Meinung nach den Fachleuten überlassen (vgl. Rönsch 1987, S.123). Dies vor allem wegen der Unkalkulierbarkeit kollektiver Randbedingungen, der zunehmenden Resistenz gegen makropolitische Datensetzung und der Steuerungsprobleme durch einen fragmentierten Werthaushalt (vgl. Rönsch 1987, S.124).

Wenn keine Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt werden können, dann kann die Analyse in ökologischer Erwachsenenbildung dennoch dazu verwendet werden, gesellschaftliche Veränderungen im Zusammenhang der Umweltkrise bewußt zu machen. Die Ursache für die Veränderungen im wachsenden Dienstleistungs-Anteil zu sehen, ist in diesem Zusammenhang ein neuer Gedanke.

Hier scheint eine Verknüpfung mit psychologischen Ansätzen möglich: Die Offenlegung der gesellschaftlichen Entwicklung ohne das Aufzeigen von individuellen Handlungsmöglichkeiten verlagert das Problem, keine Handlungsmöglichkeiten zeigen zu können, auf das Individuum. Es ist zu vermuten, daß das in der Regel eine Überforderung darstellt. Angstabwehr und Resignation sind dann naheliegende Reaktionen. Das könnte bei demokratischer Zukunftsverantwortung als Ziel ökologischer Erwachsenenbildung, z.B. durch das Aufzeigen von demokratischer Interessenwahrnehmung als Handlungsmöglichkeit, vermieden werden.

Ebenso wie Rönsch beschäftigt sich Lübbe mit den gesellschaftlichen Veränderungen. Er vermutet, daß die Gefährdungswahrnehmung sich unabhängig von realen Gefährdungen intensiviert und die Bereitschaft zur Akzeptanz solcher Risiken schwindet (vgl. Lübbe 1991, S.30). Gründe dafür sieht er in der Zunahme des Anteils an Lebensvoraussetzungen, die unsere eigenen Hervorbringungen sind; in der Intensivierung von Risikoerfahrung durch die Zunahme der naturalen und sozialen Eingriffstiefe unseres technisch instrumentierten Handelns; in der Zunahme unseres Wissens über das, was wir, Technik nutzend, außerdem noch anrichten und in der Zunahme von Unsicherheitserfahrungen durch die größer werdenden zivilisationsspezifischen Erfahrungsverluste. Gleichzeitig nimmt die Vorhersehbarkeit der Zukunft durch die Ausweitung des Informationsraumes über die individuellen oder kollektiven Handlungsmöglichkeiten hinaus ab (vgl. Lübbe 1991, S.31).

Lübbe hält dabei fachliche Kompetenzen für notwendig zur Erkenntnis ökologischer Probleme (vgl. Lübbe 1991, S.27). Expertenwissen und moderne Wissenschaft haben die Probleme erst gezeigt, und nur durch sie können auch Versuche der Gegensteuerung erfolgen.

Welche Konsequenzen aus seiner These, daß die Gefährdungswahrnehmung sich unabhängig von der realen Gefährdung intensiviert, folgen, zeigt Lübbe nicht. Erst diese Konsequenzen aber würden die Ergebnisse für eine ökologische Erwachsenenbildung fruchtbar machen. Somit wird nochmals die Bedeutung von Wissenschaft für die Wahrnehmung der Umweltkrise deutlich.

Eine Analyse der Analyse der Umweltkrise in der erziehungswissenschaftlichen Literatur hat Kahlert vorgenommen. Er geht davon aus, daß erzieherisch Tätige zur Orientierung auf Literatur zurückgreifen. In der engen Verbindung von Umwelt und Gesellschaft sieht er eine Versuchung für Autorinnen und Autoren, mehr auszusagen, als sich wissenschaftlich belegen läßt. Wesentlich sind dabei Alltagsvorstellungen, die eine entlastende Funktion für das Individuum haben, allerdings zur Aufklärung nicht taugen, da sie implizite Annahmen über Gesellschaft enthalten (vgl. Kahlert 1990, S.2-7). Beim Blick in umweltpädagogische Literatur

"[...] gewinnt man jedoch nicht den Eindruck, daß man sich dort um eine sorgfältige Absicherung von Aussagen über die Gesellschaft bemüht" (Kahlert 1990, S.8).

Es finden sich oft unklare Begriffe mit unzulässigen Verallgemeinerungen. Zudem wird das Individuum ebenso wie die ganze Gesellschaft mit Veränderungsansprüchen überzogen, ohne die Bedingungen für diese Veränderung mit anzugeben. Der technisch-materielle Fortschritt hochentwickelter Industriegesellschaften wird sehr einseitig beurteilt (vgl. Kahlert 1990, S.11). Kurz:

"Eine theoretisch angeleitete Analyse der inhaltlichen Aussagen in der umweltpädagogischen Literatur sucht man vergebens" (Kahlert 1990, S.12).

Kahlert vermutet also in der umweltpädagogischen Literatur implizit vorhandene Annahmen über Gesellschaft, die nicht offengelegt werden und darum nur verkürzte Alltagstheorien transportieren anstatt neue Einsichten anzustoßen (Kahlert 1990, S.14). Seine Analyse bestätigt diese Vermutung: So findet er häufig die Vortäuschung gesicherten Wissens, statt des Hinweises, das eindeutige Aussagen kaum möglich sind oder einer Beschreibung der Gefährdung unter Berücksichtigung der Aussagegrenzen. Zudem wird der Umweltzustand oft wertend als nicht einem bloß unterstellten Ideal von natürlichen Lebensbedingungen entsprechend dargestellt (vgl. Kahlert 1990, S.63-69).

Aussagen, die die Begriffe Natur und Ökologie kritisch sehen und die soziokulturellen Einflüsse auf die Umweltbewertung deutlich machen, findet Kahlert aber eher selten (vgl. Kahlert 1990, S.81). Ebenso selten ist eine Relativierung von Pauschalurteilen durch methodenkritische Betrachtung sowie Hervorhebung der Erkenntnisgrenzen und Einbeziehung geschichtlicher Informationen (vgl. Kahlert 1990, S.99).

Schuldzuschreibungen an individual-psycholgische oder anthropologische Ursachen, marktwirtschaftliche Konkurrenzprinzipien oder Naturwissenschaft greifen nach Kahlert zu kurz, ebenso die Zuschreibungen an undifferenzierte Kollektivsubjekte. Damit wird die Umweltkrise spekulativ Eigenschaften und Handlungen der Gesellschaft zugeschrieben und so aus singulären Tatbeständen auf die gesamte Gesellschaft geschlossen, womit Gesellschaft als einheitlich handelndes Subjekt aufgefasst und gesellschaftlichen Strukturen die Umweltkrise angelastet wird, was nicht falsch, sondern tautologisch ist (vgl. Kahlert 1990, S.118-147).

Die Konstitution der hochindustriellen Gesellschaft aus Systemen mit eigenen Funktionsrationalitäten läßt keine Gewißheit über die Effekte von Maßnahmen zu. Gründe sind nach Kalhert in begrenzten Informationen, Gegenwartsinteresssen und unterschiedlichen Wertvorstellungen zu sehen (vgl. Kahlert 1990, S.185ff.). Über diese Zusammenhänge sollte aufgeklärt werden, um deutlich zu machen,

"[...] daß Verbesserungen im Umweltschutz (ebenso wie andere erwünschte gesellschaftliche Veränderungen) sich nur als Kompromiß zwischen verschiedenen Interessen durchsetzen lassen" (Kahlert 1990, S.196).

Doch die Vorschläge zur Überwindung der Krise in der umweltpädagogischen Literatur sind nicht nur im Adressaten oft ungenau. Sie vernachlässigen auch Widerstände, die zwar nicht unüberwindbar, aber in komplexen Gesellschaften unvermeidlich sind. Solche Widerstände sind z.B. die unterschiedliche Informations- und Machtverteilung. So sieht Kahlert Ansprüche an die und den Einzelnen oder an Kollektive gestellt, ohne Möglichkeiten und Bedingungen der Umsetzung zu erörtern (Kahlert 1990, S.201-206).

Es finden sich also vereinfachende Erklärungsmuster (vgl. Kahlert 1990, S.176f.), die neben einer unzureichenden Beschreibung der Umweltkrise eine sorglose Erklärung ihrer Ursachen zeigen (vgl. Kahlert 1990, S.180f.). Dadurch wird die Chance zur Aufklärung über Möglichkeiten und Grenzen von wissenschaftlichen Umweltbeschreibungen vertan und einer gesinnungsorientierten Verständigung Vorschub geleistet (vgl. Kahlert 1990, S.106).

"Statt den Horizont zu erweitern, das Denken zu differenzieren, an die Komplexität gesellschaftlicher Probleme heranzuführen und damit auch deutlich zu machen, daß ein fundiertes Urteil über gesellschaftliche Gegebenheiten und Entwicklungen Einsicht in die Grenzen der eigenen Urteilskraft voraussetzt, bietet die umweltpädagogische Literatur weitgreifende Erklärungen - die sich bei näherer Analyse als oberflächlich und kurzschlüssig erweisen" (Kahlert 1990, S.183).

Statt dessen sollte nach Kahlert versucht werden, die Erwartungen an kollektive Verhaltensaufforderungen zu korrigieren und die soziokulturelle Wahrnehmung von Umweltproblemen zu fördern. Die Unmöglichkeit, mit den Begriffen Natur oder Ökologie klare Verhaltenserwartungen zu formulieren, und die Theoriegebundenheit von Wahrnehmung und Erfahrung sollten verdeutlicht werden (vgl. Kahlert 1990, S.218).

Es kann so von einer gesinnungsorientierten zu einer verständigungsorientierten Kommunikation übergegangen werden (vgl. Kahlert 1990, S.266). Schwierig ist dabei, daß die Umweltkrise eine gesinnungsorientierte Kommunikation begünstigt.

"Statt sich Erziehungsziele zu setzen, deren Verwirklichung von der Pädagogik nur unzureichend beeinflußt und kontrolliert werden kann, sollten sich Umweltpädagogen fragen, was ein konkretes Unterrichtsmaterial, ein Stundenaufbau, ein Unterrichtsinhalt, eine Exkursion oder ein Unterrichtsgang zur Anregung einer verständigungsorientierten Kommunikation schon im Unterricht beitragen kann" (Kahlert 1990, S.279).

Pädagogik sollte nach Kahlert also versuchen:

- "Wahrnehmungen der Umweltkrise aufzuarbeiten [...],

- in die Schwierigkeiten der Theoriebildung über Gesellschaft einzuführen [...],

- Schwierigkeiten der Gestaltung von Gesellschaft deutlich machen [...]" (Kahlert 1991, S.117).

Kahlert kritisiert die Darstellungen der Umweltkrise in der umweltpädagogischen Literatur aus der Perspektive von Luhmans Systemtheorie. Diese Theorie hinterfragt er aber nicht. Deutlich wird, daß eine differenziertere Sicht von Gesellschaft und die Einbeziehung von gesellschaftlichen Bedingungen für eine ökologische Erwachsenenbildung nötig ist. Diese Sichtweise, die ja auch an bestimmte Vorannahmen gebunden ist, wird als nicht hinterfragter Maßstab gesetzt. Allerdings tut Kahlert das offen und ermöglicht damit eine bewußte Auseinandersetzung mit dieser Voraussetzung. Der Anspruch intersubjektiver Überprüfbarkeit ist ein Kriterium für Wissenschaftlichkeit. Doch Wissenschaft ist selbst in den Verdacht geraten, die Umweltkrise zu erzeugen, was Kahlert nicht bedenkt.

Bei seinen Vorschlägen vernachlässigt Kahlert das Individuum. Für seine Ablehnung anthropologischer und individual-psychologischer Erklärungen findet sich aber keine Begründung und keine Prüfung ihrer eventuellen Berechtigung. Es gibt wohl Individuen, aber näheres erfahren wir über sie nicht. Gerade in Bildungskonzeptionen sollten aber auch die Voraussetzungen im Individuum einbezogen werden.

Für demokratische Zukunftsverantwortung wurde damit die Bedeutung der gesellschaftlichen Bedingungen bestätigt. Da sich Bildung an Individuen richtet, Kahlert hier aber keine individuellen Aspekte von Bildungsarbeit berücksichtigt, kann in der Förderung verständigungsorientierter Kommunikation kaum ein Ziel ökologischer Erwachsenenbildung gesehen werden, zumal Kahlert zwar die meist nicht vorhandenen umweltpolitischen Gestaltungsvorschläge in der umweltpädagogischen Literatur kritisiert (vgl. Kahlert 1990, S.259), aber selbst keine Hinweise auf solche Möglichkeiten gibt.

4.1.4 Wissenschaftskritik

Wissenschaft kommt wegen der fehlenden unmittelbaren Wahrnehmbarkeit der Umweltkrise eine besondere Bedeutung zu. Wissenschaft ist durch die Umweltkrise aber auch selbst in die Kritik geraten. Dabei wird der Denkweise der klassischen Physik besondere Bedeutung beigemessen. Demuth sieht die Begriffe "Berechenbarkeit, Determinismus und Reversibilität" (Demuth 1991, S.106) als kennzeichnend für diese Denkweise an. Er bezeichnet diesen Ansatz als einen in der modernen Naturwissenschaft bereits überwundenen. Die modernen Naturwissenschaftler sollten sich seiner Meinung nach ihrer Verantwortung stellen. Damit ist eine innere Verantwortung gemeint, d.h. "[...] daß er die von ihm angestellten Untersuchungen nach den Regeln seines Faches unternommen hat" (Demuth 1991, S.111) und eine äußere Verantwortung, d.h. daß "[...] Kenntnisse aus anderen Disziplinen mit herangezogen werden" (Demuth 1991, S.116f.).

Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der äußeren Verantwortung gerecht werden können, welche Methoden sie zum interdisziplinären Arbeiten verwenden sollen und wie solch eine Vorgehensweise institutionalisiert werden könnte, erläutert Demuth nicht. Demuth vernachlässigt auch die Wirkungen von Gesellschaft auf Wissenschaft. Er verläßt sich offenbar auf den Appell an Verantwortung, was ohne die Berücksichtigung gesellschaftlicher Strukturen kaum Wirkung zeigen dürfte. Und auch die Strukturen der Wissenschaft werden vernachlässigt.

Michelsen und Siebert gehen weiter: Sie sehen die traditionelle Wissenschaft vor allem an Beherrschung der Natur interessiert. Das Verstehen, Bewahren und Fördern sehen sie dabei vernachlässigt. Wissenschaft sei technologische Verfügungswissenschaft, die sich an ökonomischen Maßstäben orientiert (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.36ff.). Das gilt es zu überwinden. Sie sehen dazu die Berücksichtigung von Vernetzung und die Rückbesinnung auf eine ganzheitliche Betrachtungsweise der Natur als wesentliche Schritte an. Eine solche Wissenschaft sollte den Menschen als Teil der Natur sehen, wertbezogen und selbstkritisch sein und Gemeinwohl und Überlebensinteresse ins Auge fassen (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.42ff.). Dabei muß die Abhängigkeit der Wissenschaft von den gesellschaftlichen Verhältnissen berücksichtigt werden. Grundzüge einer so verstandenen Wissenschaft sollten Komplementarität und Dialektik sein (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.56). Wissenschaft muß dann das ökologische Lernen aller Bevölkerungsschichten ermöglichen, wodurch Bewußtsein und Handlungskompetenz gefördert werden sollen (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.47f.).

Michelsen und Siebert sehen also die Wissenschaft abhängig von gesellschaftlichen Interessen. Das soll durch ein anderes Wissenschaftsverständnis berücksichtigt werden. Leider werden die Forderungen an die Wissenschaft weder begründet noch Möglichkeiten der Realisierung dieser Forderungen gezeigt. Deutlich wird allerdings, daß ein solches Wissenschaftsverständnis auch gelernt werden muß. Michelsen und Siebert übersehen aber, daß auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dies erst lernen müssen.

Hier geht Hickel noch einen Schritt weiter: Auch sie sieht das Problem der Wissenschaft im Herrschaftsverhältnis. Und zwar zum einen in der Herrschaft über Natur, und zum anderen in der Herrschaft gegenüber Menschen. Dabei werden sowohl Menschen, die nicht der eigenen Klasse (weißer Mann) angehören, als auch solche, die in der Hierarchie niedriger gestellt sind, beherrscht. Oft entsteht sogar der Eindruck, daß den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Herrschaft wichtiger ist als die Erkenntnis. Dazu tritt die fehlende Verantwortung, die sich auch durch Appelle nicht ändern wird, vor allem, da die Forschung industrialisiert wurde, also wie ein kapitalistischer Betrieb arbeitet (vgl. Hickel 1991, S.93ff.).

"Für einen Angehörigen der wissenschaftlich- technischen Institutionen ist es außerordentlich schwierig, diese Grundüberzeugungen - wenn er sie sich überhaupt klar macht - infragezustellen. (Hier läge eine wichtige Aufgabe der Bildungswissenschaften)" (Hickel 1991, S.96).

Ein Lösung ist von den ebenso in Herrschaftsstrukturen verstrickten Geisteswissenschaften nach Hickel nicht zu erwarten. Sie schlägt statt dessen ein Aufklärungsprogramm vor, daß alle Bürgerinnen und Bürger und auch alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu befähigen sollte, sich am öffentlichen Leben zu beteiligen, ohne zu manipulieren. Dann kann auch Wissenschaft sich ändern und Ehrlichkeit, Öffentlichkeit und 'radikale Selbstkritik' zurückgewinnen (vgl. Hickel S. 97ff.).

Eine wissenschaftskritische Sichtweise ist also angebracht. Zum einen wegen der Maßstäbe, die Wissenschaft an sich selbst stellt, zum anderen wegen ihrer Abhängigkeit von gesellschaftlichen Interessen. Hickel macht deutlich, daß dies für Geistes- und Naturwissenschaften gilt. Überraschend ist es, wenn Michelsen und Siebert die Wissenschaft hart kritisieren, sich selbst aber offenbar ausnehmen, indem sie ihre Ansicht, für die sie offenbar Wissenschaftlichkeit beanspruchen, als Maßstab setzen.

Anscheinend ist nicht nur eine Wissenschaftskritik, sondern auch eine Vermittlung dieser an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Sinne einer Ermutigung zur Selbstkritik erforderlich. Das scheint aber unerwünscht. So versucht keine bzw. keiner der dargestellten Autorinnen und Autoren, Wissenschaft an den genannten Maßstäben zu beurteilen. Nur Selbstkritik zu fordern, ohne dabei zu sagen, wer sie üben soll oder sie an sich selbst zu üben, ist zu wenig.

Demokratische Zukunftsverantwortung als Ziel ökologischer Erwachsenenbildung sollte auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ansprechen. Für die Wissenschaftskritik gilt ähnlich wie für soziologische Ergebnisse, daß diese Kritik bewußt gemacht werden sollte. Dadurch können die Grenzen der wissenschaftlichen Erkenntnisse bei Betonung ihrer Bedeutung für die Erfahrung der Umweltkrise deutlich gemacht werden. Doch auch hier müssen Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen in die Lage versetzt werden, eigenständig Beurteilungen wissenschaftlicher Ergebnisse vorzunehmen. Dabei kann die Berücksichtigung der Aussagegrenzen zugleich als Beurteilungskriterium dienen. Wissenschaftliche Aussagen könnten daran geprüft werden, ob sie ihre Aussagegrenzen berücksichtigen. Ein andere Möglichkeit besteht in der Prüfung des Naturverhältnisses. Hier kann daran entschieden werden, ob die Natur als zu beherrschende gesehen wird, oder als, z.B. im Sinne einer geläuterten Anthropozentrik, zu schützende. Der Umgang mit den Problem der Wissenschaft kann also über ethische Fragen ermöglicht werden.

4.1.5 Ethik

Grunow-Erdmann und Erdmann sind der Meinung, daß Ethik, die etwas erreichen will, sich mit Entstehung von Werthaltungen und ihrer Vermittlung im zwischenmenschlichen Bereich beschäftigen muß (vgl. Grunow-Erdmann/Erdmann 1992, S.133). Dabei sehen sie alle Werte, die der menschlichen Natur entsprechen, als positive Werte an.

Als kennzeichnend für die menschliche Natur stellen sie dar, daß der Mensch stark instinktreduziert ist und eine soziale Lebensform aufweist. Die soziale Natur kann als anthropologische Grundlage gesehen werden. Der Mensch ist damit ein soziales, lern- und beziehungsfähiges sowie erziehbares und erziehungsbedürftiges Wesen. Das zeigt den Ausweg aus dem derzeitigen Dilemma zwischen Wissen und Handeln: Es gilt, die ethischen Defizite durch pädagogische und psychologischen Anstrengungen zu überwinden (vgl. Grunow-Erdmann/Erdmann 1992, S.136f.).

"Ein wirkliches Engagement für diese [Umwelt] wird nur von demjenigen zu leisten sein, der auch die Belange des Menschen empathisch empfinden kann" (Grunow-Erdmann/Erdmann 1992, S.138).

Als wesentlich wird dabei die Persönlichkeit der Erzieherin und des Erziehers, besonders in der Familie, angesehen. Doch auch anderen Erziehungs- und Lehrpersonen sowie peer-groups kommt erhebliche Bedeutung zu (vgl. Grunow-Erdmann/Erdmann 1992, S.139f.)

Positive Werte sehen Grunow-Erdmann und Erdmann in der Lernfreude zur ständigen lebenslangen Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und Umsetzung dieser in umweltfreundliches Handeln, sowie Aneigung systemorientierten Denkens nach Dörner. Dazu müssen Eltern geschult werden, die Bereitschaft zur Kooperation auf der Basis eines gewaltfreien Diskurses zu vermitteln. Die Lernatmospähre ist dazu entscheidend, und das Anstreben gewaltfreier Konfliktlösungen, das nicht an den repressiven gesellschaftlichen Verhältnissen sondern an frühkindlichen Lernprozessen scheitert, muß daher auch schon früh einsetzen. Dabei halten Grunow-Erdmann und Erdmann vor allem Modellernen nach Bandura für wichtig. Nachteilig ist die Gewaltdarstellung der Medien als schlechtes Vorbild (vgl. Grunow-Erdmann/Erdmann 1992, S.141ff.).

Es bleibt offen, welche ethischen Defizite überwunden werden sollen. Die zu vermittelnden positiven Werte sind nur unzureichend begründet. Daß z.B. in Dörners Ansatz eine Ethik gesehen wird, ist überraschend. Ich konnte dort keine ethische Argumentation, die systemorientiertes Denken als Wert rechtfertigen würde, erkennen. Eine Begründung für den Wert der lebenslangen Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Erkenntnissen fehlt völlig. Die vorgeschlagenen Werte können nicht als Ziel einer ökologischen Erwachsenenbildung gesehen werden.

Interessant ist aber die Betonung der Persönlichkeit der Erzieherin und des Erziehers. Eine Bedeutung der Persönlichkeit besteht im Modellernen. Modellernen legt nahe, die Ziele der ökologischen Erwachsenenbildung gleichermaßen als Ziele für die Dozentinnen und Dozenten wie für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu sehen. Die Dozentinnen und Dozenten sollten sich die Ziele selbst aneignen und sie durch ihre Persönlichkeit ausdrücken, damit sie das Modellernen nutzen können.

Auch Baumgartner nimmt die Anthropologie als Grundlage für seine Ethik. Dabei geht er von der Ausdehnung der Handlungswirkungen des Menschen auf die ganze Erde aus. Das schafft das Problem einer universalgültigen verbindlichen Normenbegründung. Einzigen Ansatzpunkt dafür sieht er im Menschen, in seinen allgemeinen Fähigkeiten oder zumindest in dem, was von jedem erwartet werden kann. Dabei sollte nach Baumgartner der Mensch nicht wie bei anthropozentrischen Ethiken in den Mittelpunkt gestellt werden. Doch eine 'pathozentrische' oder 'biozentrische' Ethik krankt seiner Meinung nach an dem Problem, zu erklären, warum ausgerechnet der Mensch für andere Wesen Verantwortung übernehmen soll. Eine physiozentrische Ethik wie bei Meyer-Abich übersieht, das nur der Mensch, nicht aber die Natur als Subjekt begriffen werden kann (vgl. Baumgartner 1992, S.21-24).

Baumgartner sieht als Ansatzpunkt für die gesuchte kulturinvariante Ethik das, was uns allen als Naturwesen gemeinsam ist, wobei der Mensch nicht gegenüber der Natur in den Vordergrund gestellt werden dürfte. Für eine solche Ethik müßten dann Anschlußmöglichkeiten für verschiedene Kulturen gefunden werden. Ein Prinzip für diese Ethik sieht er in der Diskursethik (vgl. Baumgartner 1992, S.25f.). Es folgt:

"Nämlich, daß wir im Blick auf das konkrete Handeln heute Diskurse einrichten müssen, um in ihnen und mit ihrer Hilfe eine gemeinsame ökologische Strategie zu finden" (Baumgartner 1992, S.26).

Baumgartner favorisiert also wie Grunow-Erdmann und Erdmann eine Diskursethik auf anthropologischer Grundlage. Zum einen wird diese Ethik aber absolut gesetzt und nicht als möglicher Gegenstand des Diskurses gesehen, zum anderen erscheint mir der Vorschlag, Anschlußmöglichkeiten in Kulturen zu finden, angesichts der Notwendigkeit einer konkreten gesellschaftlichen Vermittlung, zu dürftig.

Dabei könnte die Einrichtung von Diskursen im Sinne einer demokratischen Zukunftsverantwortung zur möglichen Wahrnehmung demokratischer Handlungsmöglichkeiten durchaus sinnvoll sein. Dann muß aber deutlich werden, wie solche Diskurse eingerichtet werden können und welche Fähigkeiten zur Beteiligung daran nötig sind. Dabei scheint mir vor allem letzteres von Bedeutung zu sein. Denn Diskurse bestehen durchaus, die Teilnahme an diesen ist aber beschränkt. So sind z.B. die Möglichkeiten des Zugangs zu Medien nicht gleichmäßig auf die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen verteilt. Damit ist für das Individuum, das sich an Diskursen beteiligen möchte, eher die Frage relevant, wie es Zugang zu solchen Diskursen finden kann.

Eine andere Frage ist es, ob ein bestimmtes Naturverhältnis als Ursache für die Umweltkrise gesehen werden kann. Storch sieht die Umweltkatastrophen als in der Menschheitsgeschichte nichts neues und lehnt daher pauschale Schuldzuweisungen an Industrie oder Gesellschaft ab. Neu ist für ihn aber, daß die Verursacher und Entstehungsmechanismen der Umweltkrise zwar bekannt sind, aber keine Konsequenzen gezogen werden (Storch 1988, S.13).

Umweltkatastrophen sieht Storch nun nicht ausschließlich anthropogen bedingt, sondern in der Evolution regelmäßig vorkommend (vgl. Storch 1988, S.14). Der Mensch erscheint aber als wissender globaler Zerstörer. Als Ziel sieht Storch deshalb die Ablösung eines anthropozentrischen Naturverständnisses durch eine ökoethische Sichtweise. Dazu muß seiner Meinung nach Selbstverantwortung übernommen und die Anspruchshaltung des Individuums eingeschränkt werden (vgl. Storch 1988, S.20).

Leider liefert Storch weder eine Begründung für seinen Ansatz noch macht er Vorschläge, wie dieser realisiert werden könnte. Auch vernachlässigt er die gesellschaftlichen Bedingungen umweltverantwortlichen Handelns. Die Ablehnung pauschaler Schuldzuschreibungen begründet aber noch keine Ablehnung jeglicher gesellschaftlicher Ursachen für die Umweltkrise.

Einen anderen Ansatz findet die theologische Diskussion, die die besondere Bedeutung des Menschen für die Umweltkrise hervorhebt. Die Auseinandersetzung entzündet sich an der Auslegung des Bibelwortes 'Macht euch die Erde untertan'. Schon bei Augustinus findet Kürzdörfer eine mitweltethische Interpretation. Thomas von Aquin ergänzt diese Sichtweise durch eine Auslegung von Herrschaft als eine Verpflichtung auf überindividuelles Gemeinwohl. Ähnliches findet sich bei Franz von Assisi oder Jan Komensky (Comenius), der schon auf das Mißverhältnis von Macht und Weisheit hinweist. Schweitzer sieht den Herrschaftsauftrag als Aufgabe, die menschliche Schuld an die Kreatur abzutragen (vgl. Kürzdörfer 1991, S.273-279).

"Der Biblische Herrschaftsauftrag präsentiert sich somit in Form der "Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben" "(Kürzdörfer 1991, S.279).

Die moderne Weltbemächtigung ist also nicht als Folge des Christentums zu sehen, sondern als Spannung zu ihr. Das Herrschen ist auf keinen Fall im Sinne einer Ausbeutung gemeint, es ist eher als eine Rückbesinnung auf das Eingefügtsein des Menschen in die Schöpfung und damit eine Inpflichtnahme für die Bewahrung der Schöpfung zu denken (vgl. Kürzdörfer 1991, S.279-282).

So positiv sieht Kampits die Rolle des Christentums nicht. Er hält Ethik für nötig, um die Umweltkrise zu lösen, ohne jedoch einen Absolutheitsanspruch zu erheben (vgl. Kampits 1988, S.96f.). Als Ansatz für Ethik schlägt er das in der Neuzeit vernachlässigte Verhältnis zur Natur vor. Die Pflege der Natur wurde nach seiner Darstellung mit der Aufhebung der Vorläufigkeit von Herrschaft aus der Heilsgeschichte zu Despotie und Ausbeutung. Damit zusammen fällt die Sicht des Menschen als Subjekt des Seins, Erkennens und Handelns, von Natur aber als Objekt. Diese Wende wird vom Christentum miteingeleitet (vgl. Kampits 1988, S.99). Die anthropozentrische Grundhaltung gilt es nun durch eine Selbstverwirklichung des Menschen in der Besinnung auf die Natur, in der wir leben, zu überwinden. Die Grundhaltung könnte dabei durch die Liebe zur Natur, die Bescheidenheit und das Maß gekennzeichnet sein (vgl. Kampits 1988, S.103ff.). Dabei ist zu beachten:

"Den Vollzug selbst kann keine Ethik, kein System, keine Instanz uns abnehmen, wir haben ihn ebenso auf uns zu nehmen wie die Verantwortung dafür" (Kampits 1988, S.105).

Leider zeigt Kampits nicht, wie der Vollzug vom Individuum auf sich genommen werden kann. Ohne Umsetzungsmöglichkeiten zu zeigen, ist die Forderung nach Vollzug durch die und den Einzelnen aber unglaubwürdig.

Auch Rock sieht Genesis 1,28 (Macht euch die Erde untertan) als zentral für das Naturverhältnis an. Seiner Meinung nach wird hier die Aufgabe einer Verwaltung eines anvertrauten Gutes (vgl. Rock 1989, S.108) zum Ausdruck gebracht. Doch das will gelernt sein.

"Damit der Mensch die Fähigkeit gewinnt, den richtigen Kurs zu fahren, muß er so etwas wie eine ökoethische Lenkungslizenz erwerben. Erst dann, wenn er einen "Führerschein" gemacht hat, besitzt er die echte Berufung zur gottbildlichen Herrschaft über die Natur" (Rock 1989, S.109).

Auch Rock hält eine moralische Wende für unverzichtbar, um eine ökologische Wende zu erreichen (vgl. Rock 1989, S.110). Dazu beschreibt er Mensch und Natur als gleichwertige Partner, eine Beziehung, die durch die nur ökonomische Sicht von Natur gestört wird. Doch ohne Beziehung zur Natur findet der Mensch seine Identität nicht, er geht ohne Ziel und Sinn durchs Leben. Natur kann Anhaltspunkte und Sinn geben. Das kann vor allem durch ästhetische Wahrnehmung geschehen (vgl. Rock 1992, S.55-58).

Durch ästhetische Bildung kann nach Rock technologisches und bürokratisches Umgehen mit Natur überwunden und ein prophylaktischer Umweltschutz angeregt werden. Das Schöne wird dann aus Bewunderung heraus geschützt. Dabei empfiehlt Rock Gemeinwohl, d.h. Umweltbewußtsein als globales Bewußtsein, die Verantwortung des Menschen für die ihn umgebenden Ökosysteme und den Dienst am Zukünftigen als Generationenbewußtsein und die Überwindung nationalen Identitätdenkens zu betonen. Gemeinwohl sieht Rock als Leitfaden für eine Erziehung zum Umweltbewußtsein. Als Kardinaltugenden umweltbewußter Menschen benennt er Klugheit (Gelehrigkeit, Entscheidungsfähigkeit), Gerechtigkeit (Menschenrecht auf Natur), Tapferkeit (Mut zum Handeln) und Maßhalten (schonender Umgang mit Natur) (vgl. Rock 1992, S.59-65).

Trotz der verschiedenen Geschichtsinterpretation kommen Kürzdörfer, Kampits und Rock zu ähnlichen Schlußfolgerungen: Der Mensch hat sich auf sein Dasein als Teil der Natur zu besinnen und dabei Verantwortung für die Schöpfung zu übernehmen. Doch wie der Mensch dazu befähigt werden soll, eine solche Verantwortung zu übernehmen, das wird hier ausgeklammert. Dem bloßen Appell werden wir aber nicht vertrauen können.

Beer schlägt dazu einen Diskurs vor. Ausgangspunkt ist hier die Verantwortung des Menschen für die Schöpfung Gottes. Erwachsenenbildung soll Menschen dazu befähigen,

"[...] ihre Interessen offensiv und wirksam in ihrem jeweiligen Lebensalltag gemeinsam mit anderen zu vertreten" (Beer 1991, S.140).

Ein wesentliches Problem sieht Beer in der ökonomischen Orientierung der Erwachsenenbildung. Ökologische Erwachsenenbildung grenzt er deshalb zur 'realistischen Wende' ab und sieht sie als 'ethische Wende' (vgl. Beer 1991, S.141).

Ziele einer so verstandenen Erwachsenenbildung sollen sein: Das Erlernen der kritischen Beurteilung von wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklung; das Erkennen des Zusammenhangs der Grenzen des Wachstums der Industrieländer mit den Entwicklungsländern und der Gefahr der apokalyptischen Stimmungsmache; ferner die gesellschaftliche Vermittlung individuell erfahrener Probleme und die Förderung der Beteiligung an der Diskussion über den Unterschied von Lebensqualität und Lebensstandard. Dabei gilt es, die christliche Verantwortung für die Schöpfung zu betonen (vgl. Beer 1991, S.142).

"Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel evangelischer Erwachsenenbildung, einen Beitrag zu leisten zur Befähigung der Betroffenen zu einer im christlich- ethischen Kontext begründeten wirksamen Partizipation an den Entscheidungsprozessen über die gesellschaftlich- technologische Entwicklung" (Beer 1991, S.147).

Dabei muß Erwachsenenbildung auf politisches Handeln bezogen sein, eine neutrale Bildung hält Beer für unmöglich und allenfalls eine politisch motivierte Verschleierung für denkbar (vgl. Beer 1991, S.147). Die Aufgabe sieht er in diesem Sinne in einer Information über unterschiedliche fachliche Zusammenhänge, die Befähigung zu einer autonomen Werturteilsbildung und der Reflexion konkreter gesellschaftlicher Strategien oder Handlungskonzepte. Dabei kommt es darauf an,

"unter Offenlegung und offensiver Vertretung der eigenen christlichen Grundposition, die im jeweiligen Kontext zur Debatte stehenden Wertentscheidungsalternativen so herauszuarbeiten und zu vermitteln, daß auch die fachwissenschaftlichen Laien in die Lage versetzt werden, eine eigene Werturteilsentscheidung zu treffen, die dann Grundlage für eigenes politisches Handeln sein kann" (Beer 1991, S.148).

Beer möchte also nicht nur die gesellschaftliche Vermittlung ethischer Entscheidungen berücksichtigen, er konkretisiert den Appell der Ethik auch zum Erlernen eigenverantwortlicher Werturteilsentscheidungen und zum politischen Handeln. Die Bedeutung der Ethik für die ökologische Erwachsenenbildung wird hier klar: Durch die Auseinandersetzung mit Ethik können Wertentscheidungen offen gemacht und das Erarbeiten einer eigenen Position möglich werden. Soweit entspricht diese Position dem Ziel einer demokratischen Zukunftsverantwortung. Warum Beer aber einerseits die Fähigkeit zum Fällen eigenständiger Werturteile vermitteln möchte, andererseits aber christliche Ethik als Maßstab setzt und sie nicht auch dem Urteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer überläßt, bleibt unklar.

Einen anderen Ansatzpunkt findet Kammasch. Ausgehend von der 'Yamoussoukro-Deklaration' der UNESCO sieht sie Frieden und Partnerschaft unter den Menschen und mit der Natur als Ziel von Bildungsarbeit. Der Mensch ist nun frei in der Entscheidung, an welcher Ethik er sein Handeln orientiert. Damit ist er auch verantwortlich für sein Tun. Dabei zeigt sich beim Geschlechterverhältnisses die Störung des Friedens und der Partnerschaft durch Vorurteile (vgl. Kammasch 1992, S.165ff.).

"Angesichts der Notwendigkeit, das Bewußtsein für die eingangs genannten Ziele zu stärken, ist es unabdingbar, das Geschlechterverhältnis, die Beziehung zwischen Man und Frau, zu untersuchen. Daran kann aufgezeigt werden, daß ein teiferes gegenseitiges Verständnis, die Voraussetzung für ein friedliches Kooperieren, durch Bewertungen und Vorurteile gestört wird" (Kammasch 1992, S.167).

Die Annahme eines determinierten Unterschieds im Naturzugang zwischen Mann und Frau ist nach Kammasch in seiner historischen Entwicklung schon bei Moses, Platon oder Aristoteles zu finden, aber auch bei Basedow oder Rousseau.

Eine andere Sicht nahm z.B. Stöcker 1928 ein, die die politischen Verhältnisse als Ausdruck einer Einstellung und nicht einer Determiniertheit sah. Auch Adler sah die Frau gleichwertig, doch eine Weitergabe seiner Resultate blieb aus. Horkheimer und Adorno kritisieren die Bacons Bild der Ehe als mit Mythen beladen. An solchen kritischen Auseinandersetzungen zeigt sich für Kammasch, daß ein vorurteilsfreies Verständnis füreinander, das gewaltfreie Konfliktlösungen zwischen Mann und Frau oder verschiedenen Kulturen ermöglicht, auf der Grundlage der Erziehung in Familie, Kindergarten, Schule und Hochschule möglich ist und Vorurteile menschliches Handeln eben nicht determinieren (vgl. Kammasch 1992, S.175-183).

"Eine solche "Erziehung des Menschengeschlechts" [..] ist der erfolgversprechende Weg, die Menschheit zu befähigen, sich ihrer Verantwortung bewußt zu werden und aus ihr heraus zu handeln - aus der Verantwortung für die Welt von heute wie auch für die Welt von morgen [..]" (Kammasch 1992, S.184).

Kammasch macht damit klar, daß Werte durch Erziehung der Veränderung zugänglich sind. Eine solche Werterziehung sollte auch das Geschlechterverhältnis, in dem derzeit eine Störung des Friedens zum Ausdruck kommt, berücksichtigen. Ein Frieden mit der Natur ist demnach nicht ohne Frieden zwischen den Menschen machbar. Kammasch behauptet zwar, daß gewaltfreie Konfliktlösung auf der Basis von Erziehung möglich ist, eine Begründung dafür findet sich aber nicht.

Frieden mit der Natur hat auch, wie wir bereits gesehen haben, Meyer-Abich vorgeschlagen. Durch die geläuterte Anthropozentrik ist der Frieden mit der Natur auch Ziel der vorgeschlagenen ökologischen Erwachsenenbildung. Mit dem Frieden mit Natur sollte nun auch der Frieden zwischen Menschen gefördert werden. Ökologische Erwachsenenbildung wird damit erweitert. Eine Möglichkeit zur Berücksichtigung des Friedens unter Menschen ist die Problematisierung des Geschlechterverhältnisses. Dabei ist offensichtlich, daß das allein kaum Frieden bringen wird, besonders, da hier die gesellschaftlichen Bedingungen für Frieden nicht berücksichtigt werden.

Einen speziellen Vorschlag macht Krope mit dem Konstruktivismus. Er unterscheidet soziale Normen als Alltasgsnormen von technischen Normen, normative Aussagen als vorschreibende Aussagen von deskriptiven Aussagen als beschreibenden Aussagen und bei normativen Aussagen die kulturellen Aussagen als Moral und die wissenschaftlichen Aussagen als Ethik (vgl. Krope 1991, S.233). Er stellt dann die Frage, ob die Legitimität von Alltagsnormen diskutiert werden kann. Dies vor allem angesichts der Unverträglichkeiten von ökologischen, ökonomischen oder kulturellen Alltagsnormen.

Das Problem besteht dabei seiner Meinung nach in den Grenzen axiomatischer Ethiken. Ob Jonas Axiom, der das Recht der Menschheit zum Selbstmord bestreitet und von einer unbedingten Pflicht zum Dasein ausgeht, oder ob Küngs Axiom, der den Willen Gottes über alles setzt, zu folgen ist, läßt sich nicht wissenschaftlich entscheiden. Bestimmte Zweifelsfälle können daher in der Ethik nicht entschieden werden (vgl. Krope 1991, S.236). Der Konstruktivismus versucht, analog zum wissenschaftlichen Wahrheitsbegriff, der Wahrheit dann annimmt, wenn ihrer Feststellung ein objektiver Beratungsprozeß vorhergegangen ist, auch der Rechtfertigung von Normen ein Transsubjetivitätsprinzip zugrunde zu legen. Als kulturelle Phänomene verstandene Alltagsnormen werden so einer Diskussion zugänglich und zum Gegenstand von argumentativen Entscheidungen (vgl. Krope 1991, S.243ff.).

"Eine Erziehung zur Umweltethik, die diesen Grundgedanken aufnimmt, wird die Fähigkeit und die Bereitschaft vermitteln, neben ökologischen Kenntnissen und Fertigkeiten jene sprachlichen Mittel, Grundbegriffe und Prinzipien einzusetzen, die der Konstruktivismus für die Argumentation zur Verfügung stellt" (Krope 1991, S.245).

Ob allerdings konstruktivistische Argumentationen zur Beteiligung an einem gesellschaftlichen Diskurs geeignet sind, prüft Krope nicht. Krope macht deutlich, daß zum einen ethische Prinzipien erst in einem Diskurs geklärt werden müssen, zum anderen die Fähigkeit zur Beteiligung an so einem Diskurs erst gelernt werden muß. Die gesellschaftlichen Bedingungen berücksichtigt Krope aber nicht. So sagt er nichts darüber aus, wer wie an so einem Diskurs beteiligt werden sollte.

Wenn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die der ökologioschen Erwachsenenbildung zugrundegelegte Ethik reflektieren würden, ließe sich die Gefahr die Indoktrination reduzieren, die Apel sieht. Er beurteilt die Aufgabe der Verantwortungs-Bildung durch Volkshochschulen kritisch. Denn schon die Frage, wem gegenüber wir verantwortlich sind, kann seiner Meinung nach sehr verschiedene Antworten finden. Auch ist es vom Konzept der Ausbildungsträger abhängig, wer als Subjekt der Verantwortung gesehen wird. In der Struktur der Volkshochschulen, die durch freie Angebotsgestaltung, Nutzerorientierung und Ergänzung anderer Bildungszweige gekennzeichnet ist, sollte das Angebot von Marktzwängen, Religion oder Lobbyisten frei gehalten werden. Das wird schon durch das Mißtrauen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gegen Indoktrinationsversuche verhindert. Doch wie z.B. eine Diskussion zwischen unterschiedlich orientierten Adressatenkreisen angeregt werden soll, hält Apel für unklar (vgl. Apel 1991, S.129-132). Handlungsanweisungen aber sind auf jeden Fall zu vermeiden:

"Wer will, daß die Bürger umweltpolitisch 'richtig' handeln, soll sich für entsprechende Gesetze oder ökonomische Sanktionssysteme einsetzen, nicht aber die Bildung als Handlungsanweisungsvehikel benutzen" (Apel 1991, S.132).

Doch viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer hätten nach Apel gerne eine Unterweisung im ökologisch richtigem Verhalten. Das ist abzulehnen. Statt dessen sollten sie dazu angeleitet werden, sich durch Interaktion eine eigene Wirklichkeitssicht zu erarbeiten und so unter Berücksichtigung ihrer Erfahrungen und Vorstellungen eine neue Orientierung erarbeiten, die dann eben nicht von der Kursleiterin oder dem Kursleiter vorgegeben wird (vgl. Apel 1991, S.134f.).

Eine Ausnahme sieht Apel nur bei "[...] 'Ökologieeinsteigern' mit geringem Bildunghintergrund [...]" (Apel 1991, S.135), als Umsetzung von gesellschaftlich akzeptierten aber noch nicht umgesetzten Normen . In Veranstaltungen mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus verschiedenen Bildungsschichten kann es leicht dazu kommen, daß die höher Gebildeten die Diskussion bestimmen und ihre Lebenswelt damit zum Maßstab machen (Apel 1991, S.136).

Daß Apel bei Ökologieeinsteigern mit geringem Bildungshintergrund das, was vorher als Indoktrination abgelehnt wurde, für legitim hält, ist widersprüchlich. Wenn auf die Erarbeitung einer eigenen Wirklichkeitssicht durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und damit auf Eigenverantwortung gesetzt werden soll, dann sollte das auch für alle gelten. Sonst kann der Verdacht einer Indoktrination und Manipulation nicht ausgeräumt werden. Die Notwendigkeit, hinter den Anspruch der Gleichberechtigung zurückzugehen, legitimiert Apel hier jedenfalls nicht. Das Problem der heterogenen Gruppen sollte aber ernst genommen werden. Ich möchte das vor allem als Herausforderung an die Dozentin und den Dozenten verstehen.

Einen umfassenden Ansatz versucht Berger. Er sieht als Ursache der Umweltkrise die Kombination aus Technik, anthropozentrischem Weltbild und Eigennutzmaximierung (vgl. Berger, 1991, S.11). In der Erwachsenenbildung ist einer ethischen Bildung auf jeden Fall der Vorzug gegenüber einer technischen Bildung zu geben, denn als tiefere Ursachen der Krise sieht Berger Geisteshaltungen, deren Ausdruck die Technik ist (vgl. Berger, 1991, S.21f.).

Als Perspektive für die angestrebte Änderung nennt er Jonas 'Prinzip Verantwortung' (vgl. Berger, 1991, S.16). Die neue Ethik soll eine Ethik der Voraussicht und Verantwortung sein, sie braucht Mitgefühl und Opferbereitschaft. Dabei zieht Berger Meyer-Abichs geläuterte Anthropozentrik vor, da diese nicht die Gefahr einer Überforderung des Adressaten mit sich bringe (Berger, 1991, S.18f.). Die ethischen Überzeugungen in der Erwachsenenbildung in Frage zu stellen, scheint ihm dabei sehr schwierig, da sie im wesentlichen in der frühen Kindheit angeeignet werden.

Berger schlägt dazu die Unterteilung von Verantwortung in Selbstverantwortung und Mitverantwortung für das öffentliche Handeln vor (vgl. Berger, 1991, S.12). Im Mensch als Konsumenten findet er beide Verantwortungsperspektiven. Die und der Einzelne kann selbst handeln, er kann aber auch von Politikern Verantwortung einfordern (vgl. Berger, 1991, S.26). Zur Umsetzung von Verantwortung stellt Berger das Konzept des qualitativen Konsums vor. Beim qualitativen Konsum geht es um politische, soziale und ökologische Folgen von Konsumverhalten.

"Dieses Konzept fordert also die Einbeziehung sozialer und ökologischer Wertvorstellungen und die Übernahme gesamtgesellschaftlicher Verantwortung" (Berger 1991, S.34).

Solche Entscheidungen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern hängen von emotionalen, rationalen, sozialen und ethischen Faktoren ab. Damit ethische Faktoren und Werte handlungsrelevant werden, müssen sie nach Berger durch die psychische Kraft aus persönlicher Betroffenheit motiviert werden (vgl. Berger 1991, S.36). Das kann durch ästhetische Erziehung vermittelt werden (vgl. Berger 1991, S.57).

Verantwortung ist nach Berger ohne Macht nicht zu denken, und verantwortliches Konsumentenverhalten setzt auch eine Macht der Verbraucher voraus. Mit der Unterscheidung von Selbstverantwortung und öffentlicher Verantwortung lassen sich dabei individuelle und öffentlichkeitswirksame Handlungsmöglichkeiten unterscheiden. Dabei haben die Konsumenten für öffentliches Handeln marktbezogene und politische Einflußmöglichkeiten (vgl. Berger 1991, S. 42-45). Doch nicht nur den Menschen, auch die Gesellschaft gilt es zu verändern. Bildung zielt dabei auf die Änderung von Bewußtsein, die Strukturen müssen von den Adressatinnen und Adressaten selbst verändert werden (vgl. Berger, 1991, S.25).

Hindernisse für umweltbewußtes Verhalten sieht Berger in der Konkurrenz von Werten wie Naturverbundenheit und Selbstverantwortung mit Ehrgeiz und Selbstverwirklichung, sowie objektiven (z.B. Wissen, Preise), psychischen (z.B. Ängste) und gesellschaftlichen (z.B. Verhaltenserwartungen) Handlungshemnissen (vgl. Berger 1991, S.39f.).

Zudem hält er ein realistisches Bild von Adressatinnen und Adressaten für nötig. Er beschreibt sie als unvollkommen, fehlerhaft und in einem geschichtlichen Zusammenhang stehend. Sie sind aber auch willens, andere zu beachten und zu respektieren und die Folgen ihres Tuns zu bedenken. Für solche Adressatinnen und Adressaten sind Praxisnormen nach Birnbacher angebracht (vgl. Berger, 1991, S.23). Verantwortung sollte dann so entstehen: Politiker, Pädagogen, Kirchenvertreter etc. entwickeln ethische Konzepte, diese werden zum gesellschaftlichen Wertsystem und den persönlichen Lebenswerten der und des Einzelnen ins Verhältnis gesetzt und die Wechselwirkung mit wahrnehmungspsychologischen Aspekten berücksichtigt (Berger, 1991, S.28f.). Dann könnten die ethischen Konzepte vermittelt werden. Das versteht Berger im Sinne einer Diskursethik, die keine objektiven Werte vermittelt, sondern zu einer begründeten Berücksichtigung von Werten anleitet (vgl. Berger 1991, S.60)

Dazu müßte gesichertes Wissen treten, was bei widersprüchlichen Expertenaussagen problematisch ist. Vernetzung müßte berücksichtigt werden, was die Komplexität erhöht und es müßte Freiheit der Wahl und Macht, Handlungsmöglichkeiten zu realisieren, vorhanden sein (vgl. Berger 1991, S.32f.). Auch Technik muß dem Prinzip Verantwortung unterworfen werden (vgl. Berger 1991, S.47).

Pädagogische Möglichkeiten bestehen daher für Berger in einer umweltpsychologische Bildung (Bewußtmachung des Zusammenhangs von Wissen, Werten und Verantwortung), einer moral-kognitiven Erziehung, einer politische Bildung als Erweiterung von Handlungsmöglichkeiten und in einer Verwirklichung ökologischer Verantwortung durch umweltpsychologische Werterziehung (Berger 1991, S.53f.). Mögliche Methoden sind dabei das Mediationsverfahren oder die Zukunftswerkstätten (vgl. Berger 1991, S.64f.).

Bei seinem Konzept sieht Berger das Problem,

"daß eine durch Bildung angestrebte Veränderung des Wertsystem in Richtung auf ein ökologisch angemessenes Ethos im Bukett der umweltpolitischen Instrumente diejenige Maßnahme ist, die nur sehr langsam greift und in ihrer Effizienz nur sehr schwer evaluierbar sein dürfte" (Berger 1991, S.48).

Zudem wirkt eine Werterziehung dann besonders gut, wenn kulturell der Boden für sie bereitet ist. Bildung zu ökologischer Verantwortung müßte also das gesellschaftliche Klima für ihre Wirkung erst mitschaffen (vgl. Berger 1991, S.57).

Bergers Konzept ist, wie deutlich wurde, weitgehend identisch mit dem der demokratischen Zukunftsverantwortung. Das ist nicht überraschend, denn Berger legt weitgehend die gleichen Quellen zugrunde, die hier verwendet wurden. Vor allem das Verhältnis von Gesellschaft und Bildung wird von Berger ähnlich gesehen. Er berücksichtigt allerdings nicht, daß die gesellschaftlichen Bedingungen auch Grenzen für eine ökologische Erwachsenenbildung darstellen können, wohingegen er anthropologische und psychologische Grenzen durchaus sieht. Wie mit diesen Grenzen umgegangen werden kann, bleibt aber offen.

Berger übersieht allerdings, daß Jonas Verantwortungsbegriff, auf den er sich bezieht, für kollektive und nicht für individuelle Täter gilt. Die Ausdehnung auf individuelle Täter begründet er nicht.

Nicht akzeptabel scheint mir auch der Weg der Vermittlung von Werten zu sein. Zwar sieht Berger nicht die Vermittlung von objektiven Werten als Ziel. Er schlägt vor, daß sich Eliten auf Werte einigen sollten, nicht aber, daß die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich diese Werte selbst erarbeiten können. Das widerspricht aber dem Anspruch von Verantwortungsübernahme. Denn Verantwortung muß dann auch für die Wertentscheidungen übernommen werden können.

Zudem unterschätzt er die Bedeutung von Wissen. Eindeutiges Faktenwissen hält Berger für kaum möglich. Aber das kann ja bewußt gemacht und so vorhandenes Wissen kritisch aufgenommen werden. Denn wie die Umweltkrise ohne solches Wissen überhaupt wahrgenommen werden kann, zeigt Berger nicht.

Er entscheidet sich bei der Unterscheidung von emanzipatorischer und technokratischer Bildung klar für emanzipatorische. Die Bedeutung von technischer Bildung scheint mir angesichts der durchtechnisierten Gesellschaft, in der wir leben, unterschätzt. Auch das Problem der Eingennutzmaximierung wird nur benannt, nicht berücksichtigt.

Bei der Unterscheidung von öffentlichem und privatem Handeln fehlt dabei ein Aspekt. Er deutet sich in der von Berger gezeigten Begrenzung von ökologischer Erwachsenenbildung durch gesellschaftliche Handlungshemmnisse in Form von Verhaltenserwartungen an. Diese Erwartungshaltungen könnten ja auch umgekehrt wirken. Verantwortung müsste dann nicht nur selbst übernommen und von Politikern und Unternehmen verlangt werden, sondern auch von Freunden und Bekannten. Erwartungshaltungen würden dann ökologisch orientiertes Verhalten motivieren und nicht bremsen.

Wertentscheidungen gehen auch der Bildung voraus. Die ethischen Überlegungen haben gezeigt, daß die derzeitige Situation mit einer Tradierung gesellschaftlicher Werte nicht zu lösen ist, sondern daß eine Veränderung dieser Werte und damit des Naturverhältnisses Not tut, was als eine Aufgabe von Bildungsarbeit gesehen werden kann. Doch wird das durchaus kontrovers diskutiert.

So sieht Heid die Natur für den Menschen als grundsätzlich nur in seinem Wissen über Natur erscheinend, somit den Menschen als Subjekt von Interpretation der Natur und damit außerstande,

"[...] in der Gestaltung seines unaufhebbaren Weltverhältnisses die permanente Gestaltung auch "der Natur" zu suspendieren" (Heid 1992, S.114).

Eine Distanzierung von Natur bedeutet daher noch lange nicht ein Lösen aus dem Naturzusammenhang. Ebenso ist ein Eigenrecht der Natur kaum zu denken. Denn nur Menschen kommen auch als Adressaten eines Rechts-Anspruchs in Frage. Dazu kann ein Recht des Menschen auf Existenz nicht einfach auf die Bedingungen der Existenz übertragen werden, denn als Lebensgrundlage braucht der Mensch nicht die Natur, sondern nur einen bestimmten Zustand von Natur (vgl. Heid 1992, S.114ff.). Und auch die gesellschaftliche Umsetzung eines Eigenrechts der Natur erscheint kaum machbar. Ein Handeln gegen die Naturgesetze, landläufig, wie Heid bemerkt, als Wunder bezeichnet, ist auch eher selten. Ebenso kann es kein unnatürliches Lernen geben, und auch Technik kann Natur kaum zerstören. Denn Technik ist kaum als Handlungssubjekt vorstellbar (vgl. Heid 1992, S.116ff.).

"Aus all diesen Überlegungen folgt, daß Menschen für die Bestimmung, Begründung und Regelung ihres Umgangs mit "der Natur" selbst zuständig bleiben" (Heid 1992, S.123).

Wissen über Natur ist daher unersetzlich, und da menschliches Handeln immer auch gesellschaftliches Handeln ist, ökologische Probleme immer auch soziale Probleme sind, ist soziales Wissen ebenso unersetzlich (vgl. Heid 1992, S.123).

Die Möglichkeiten sind aber sehr begrenzt. Zum einen unterscheiden sich konkrete Menschen ihren Möglichkeiten und ihrer Betroffenheit. Zum anderen werden ethische Entscheidungen kaum einmal

"[...] auf ihre machtstrukturellen Realisierungsvoraussetzungen und Konsequenzen analysiert" (Heid 1992, S.125).

Das zeigt sich darin, daß eher die Betroffenen, weniger die Verursacherinnen und Verursacher von Umweltproblemen Adressatinnen und Adressaten ökologischer Erwachsenenbildung sind. Eine bloße Moralpredigt, die die realen gesellschaftlichen Verhältnisse und die Möglichkeiten von Menschen ignoriert, darf sich über Folgenlosigkeit nicht wundern. Auch die Herstellung von Betroffenheit, die übersieht, daß das Ausmaß der Schäden nicht mit der Betroffenheit identisch ist und wegen der bloß affektiven Komponente davon abhält, die Gründe für die Notwendigkeit des Handelns zu hinterfragen, ist nicht sehr aussichtsreich (vgl. Heid 1992, S.126ff.).

Auch Bewußtmachung der angeblich unbeabsichtigten Nebenwirkungen wird kaum Erfolg haben, denn den für die Produktion Zuständigen sind die Nebenwirkungen oft bekannt (vgl. Heid 1992, S.128ff.).

"Wenn das bisher Ausgeführte zumindest prinzipiell zutrifft, dann stellt sich die Frage, ob der von Menschen auf interpersonal sehr unterschiedliche Weise beförderte Zustand der Natur, der als Umweltkatastrophe bewertet wird, nicht eigentlich Thema pädagogischen, sondern allenfalls politischen Denkens und Handels sein müsse" (Heid 1992, S.130).

Was kann Umweltpädagogik nun? Sie kann versuchen,

"[...] zu einer kritisch sondierenden Aufklärung über die komplexen Gründe für das Erfordernis umweltpädagogischen Handelns und deren Beeinflußbarkeit beizutragen" (Heid 1992, S.132f.).

Diese Aufklärung ist durch eine Politisierung, die scheinbare Sachzwänge in Frage stellt, zu ergänzen. Dabei darf kein bestimmtes Tun vorgeschrieben werden, denn das würde nur eine Instrumentalisierung des Gebildeten bedeuten (vgl. Heid 1992, S.133).

"Das "Pädagogische" in einer an sich nicht pädagogischen Praxis ist die Entfaltung der Kompetenz, die zur kritischen Reflexion, Überprüfung, Revision und permanenten Erneuerung dieser Praxis befähigt" (Heid 1992, S.133).

Heid sieht die oben dargestellten ethischen Ansätze sehr kritisch. Besonders interessant scheint mir zu sein, daß er Grenzen für ethisches Handeln in den konkreten gesellschaftlichen Verhältnissen sieht. Ethische Vorschläge sollten daher auch zeigen, wie sie befolgt werden können. Die Entfaltung kritischer Kompetenz ist dabei ein wichtiger Schritt. Doch muß auch hier gesehen werden, daß die kritische Kompetenz ein Umfeld zur Entfaltung benötigt, d.h. daß die gesellschaftlichen Strukturen an die Beteiligung kompetenter Bürger angepasst werden müssen. Diese Position entspricht der der demokratischen Zukunftsverantwortung.

Heid überbetont hier aber die gesellschaftlichen Bedingungen. So sieht er die Adressaten von Bildungsarbeit als Betroffene, nicht als Verursacher von Umweltverschmutzung. Damit unterschätzt er die Möglichkeiten des Individuums, durch sein Handeln die Umwelt zu zerstören. Vom Autofahren bis zur Länge eines Duschbades gibt es hier eine Vielzahl von Möglichkeiten. Denn konkrete Handlungsmöglichkeiten bestehen nicht nur im politischen, sondern auch im privaten Raum.

4.1.6 Zusammenfassung

Die Analyse der Umweltkrise zeigte einige Grenzen ökologischer Bildungsarbeit. Zeier macht aus anthropologischer Sicht deutlich, daß die Geschwindigkeit des kulturellen Wandels nicht beliebig erhöht werden kann. Die hohe Bedeutung frühkindlicher Prägung, die Kastenholz betont, wird Bildung bei Erwachsenen besonders in ethischen Fragen erschweren. Böhm, Ensel und Cramer finden in der Angstabwehr ein wesentliches Problem. Legewie sieht dadurch selbst Forscher von der Beschäftigung mit der Umweltkrise abgehalten. Auf ein anderes Problem weisen Amelang, Holzer uns Schahn hin: Solange umweltschädliches Verhalten für die und den Einzelnen von Vorteil ist, wird auch Einsicht ihn kaum zu umweltfreundlichem Verhalten bewegen.

Rönsch bezweifelt, daß Soziologie überhaupt operativ verwertbare Aussagen zur Lösung der Umweltkrise liefern kann, und auch Kahlert hebt die Ungewissheit der Wirkung von Maßnahmen hervor. Ob die notwendigen Änderungen der gesellschaftlichen Struktur durch Erwachsenenbildung oder überhaupt erreicht werden können, ist also ungewiß. Michelsen und Siebert schlagen zwar vor, genau dieses Problem offen zu machen. Doch gelöst wird es dadurch ja nicht.

Diesen engen Grenzen stehen hohe Ziele einer ökologischen Bildungsarbeit gegenüber. Nach Michelsen und Siebert sollen Bevölkerung und gesellschaftliche Organisation ihre ökologischen Interessen formulieren können. Lübbe hält Kenntnisse von Expertenwissen für unverzichtbar. Kahlert stellt die Berücksichtigung der Theoriegebundenheit von Wahrnehmung und eine differenziertere Sicht der Gesellschaft in den Mittelpunkt und schlägt vor, eine verständigungsorientierte Kommunikation anzustreben. Zudem sollten nach Hickel vorhandene Herrschaftsstrukturen überwunden werden. Michelsen und Siebert sehen bei Politikerinnen und Politikern und der ganzen Bevölkerung Bildungsbedarf. Aber nicht nur Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen weitergebildet werden, die nach Grunow-Erdmann und Erdmann große Bedeutung der Persönlichkeit von Dozentinnen und Dozenten und die nach Apel zu erwartenden Probleme heterogener Teilnehmergruppen stellen hohe Anforderungen an Dozentinnen und Dozenten und machen so auch bei ihnen eine Weiterbildung nötig.

An alle sollte ökologische Bildungsarbeit nach Einschätzung von Baumgartner aus anthropologischer, von Krope aus konstruktivistischer und von Beer aus theologischer Sicht eine Diskursethik vermitteln, und die kritische Stellungnahme von Heid macht deutlich, daß hier auch die Fähigkeit zum Hinterfragen ethischer Grundsätze und die Berücksichtigung gesellschaftlicher Aspekte mitgemeint sein sollte. Dabei kann nach Kürzdörfer die Vermittlung des Bewahrungsauftrags der Bibel oder nach Rock die Kardinaltugenden Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maßhalten im Mittelpunkt stehen, und nach Kammasch ist auch das Geschlechterverhältnis zu berücksichtigen. Berger schlägt die Aneignung qualitativen Konsums vor. Die Einzelne Konsumentin und der Einzelne Konsument soll Selbstverantwortung und Mitverantwortung lernen, dadurch marktbezogene und politische Einflußmöglichkeiten geltend machen und die Gesellschaftsstruktur ändern.

Die dargestellten Ansätze sind meist nur auf einzelne der in Kapitel 3 beschriebenen Ansätze zur Analyse der Umweltkrise bezogen. Die meisten der in der Kritik der Ansätze gezeigten Probleme lassen sich auf diese verkürzte Perspektive zurückführen. Zum Umgang mit der Umweltkrise ist zunächst eine Analyse aus einer interdisziplinäre Perspektive unverzichtbar. Ich habe hier die verschiedenen Fächer nebeneinandergestellt, da mir ein theoretisches Modell, daß es erlaubt, eine Verbindung zwischen den paradigmatisch nebeneinanderstehenden Ansätzen herzustellen, nicht bekannt ist. Aus der Analyse alleine folgt aber noch kein Handeln. Für den Übergang von der Theorie zur Praxis sind ethische Überlegungen notwendig. Erst die Verbindung von Analyse und Ethik ermöglicht es, Empfehlungen auszusprechen. Um konkrete Praxisprojekte zu entwerfen, wäre dann noch ein Blick auf die aktuellen gesellschaftlichen Bedingungen notwendig, der hier nicht mehr geleistet werden kann. Der Vergleich von Kapitel drei und vier macht deutlich, daß sich die meisten Ansätze mit Ausschnitten aus der hier skizzierten Vorgehensweise begnügen. Der Versuch, die Ergebnisse aus verschiedenen Disziplinen zusammenzustellen, hat damit die Probleme der meisten Bidlungsansätze deutlich gemacht. Der Grund für die Probleme kann in der Beschränkung auf jeweils nur eine oder wenige Disziplinen bei der Analyse gesehen werden.

Es wird deutlich, daß weder eine einheitliche Analyse der Umweltkrise noch ein geschlossenes Konzept ökologischer Bildungsaufträge vorliegt. Es handelt sich eher um eine Sammlung unterschiedlicher Ideen. Dabei erscheinen die individuelle und die gesellschaftliche Sichtweise hier fast als Antinomien. Unvereinbar sind sie aber meines Erachtens nicht. Da die Grundlage beider Sichtweisen die Betrachtung des Menschen ist, können sie es auch nicht sein. Um ein umfassendes Verständnis zu ermöglichen, scheint es mir daher sinnvoll, beide Perspektiven zu berücksichtigen und so verschiedene Vorschläge zusammenzufügen. Beide Perspektiven können für eine ökologische Erwachsenenbildung wertvolle Hinweise geben, die sich nicht ausschließen müssen, sondern durchaus vereinbar sein können. Dabei bedeutet die bloße Möglichkeit noch nicht die Realisierbarkeit. So geht ja auch Kahlert, der schon eine verständigungsorientierte Kommunikation fordert, nur von der gesellschaftlichen Sichtweise aus und wird so seiner eigenen Forderung nicht gerecht.

Damit kann die demokratische Zukunftsverantwortung als Ziel bestehen bleiben. Die Notwendigkeit zur Berücksichtigung individueller und gesellschaftlicher Aspekte ist nochmals deutlich geworden. Vor allem durch das erweiterte Konzept des qualitativen Konsums ist ein Ansatz für eine Konkretisierung einer Bildungskonzeption gefunden.

Der Rahmen für eine Vermittlung zwischen verschiedenen Ansätzen in der Bildungsarbeit könnte das Verhältnis sein, das in der Erwachsenenbildung zwischen Dozentin und Dozent, Teilnehmerin und Teilnehmer und gesellschaftlich-historischen Bedingungen der Bildungssituation gesehen werden könnte und die Berücksichtigung von Grenzen in den Persönlichkeiten der Beteiligten und der Gesellschaft ermöglichen und verschiedenste Zielvorschläge integrieren könnte. Dabei wäre das Ziel, eine demokratische Lösung der Umweltkrise zu versuchen, als Leitfaden denkbar.

4.2 Konzeptionen ökologischer Bildungsarbeit

In diesem Abschnitt beschäftige ich mich mit Ansätzen, die eher eine Konzeption vorschlagen. Auch hier werden die Vorschläge in Relation zur demokratischen Zukunftsverantwortung gesetzt werden. Besonders die Frage nach dem Verhältnis von individueller und gesellschaftlicher Perspektive wird hier von Interesse sein.

4.2.1 Umweltbewußtsein

Verschiedene Ansätze beschäftigen sich mit dem Umweltbewußtsein. Es wird vor allem in empirischen Untersuchungen erforscht. Dabei gibt es verschiedene Vorschläge. So versteht Urban Umweltbewußtsein als mehrdimensionales Einstellungskonstrukt. Dabei betont sein Modell die kognitiven Komponenten:

(vgl. Urban 1986, S.365)

Umweltbewußtsein setzt sich nach Urbans Modell zusammen aus Wertorientierungen, Einstellungen und Handlungsbereitschaft. Diese werden wiederum bestimmt von der personalen und sozialen Institutionalisierung. Personale Institutionalisierung meint, daß z.B. Manager mit marktkonformem Wertbild und umweltbewußten Einstellungen kein hochgradig personal institutionalisiertes Umweltbewußtsein haben. Soziale Institutionalisierung meint, daß die Strukturen einer Gesellschaft umweltbezogene Ausrichtungen erhalten und so z.B. Personen von Rechtfertigungszwängen entlasten können (vgl. Urban 1986, S.366). Urban unterzieht dieses Modell nun einer empirischen Überprüfung. Das Ergebnis:

(vgl. Urban 1986, S.372)

Die Pfadkoeffizienten geben die direkten Einflußstärken an und die R2 den Anteil erklärter Varianz, wobei diese durch Korrektur hinsichtlich der Anzahl der unabhängigen Variablen vergleichbar sind (vgl. Urban 1986, S.372). Im oberen Teil finden sich demographische Faktoren, unten die wahrgenommenen ökologischen Belastungen und die wahrgenommene Normativität, das meint die Umsetzungen auf gesellschaftlicher Ebene und die gesellschaftlichen Verhaltensangebote.

Urban sieht hier eine Bestätigung für die angenommene Hierarchie: Werte sind die handlunsgfernste kognitive Instanz, Einstellungen sind handlungsnäher angesiedelt und zwischen Aktions- und Einstellungsebene vermittelt vor allem die Handlungsbereitschaft. Zudem wird Umweltbewußtsein von sozio-demographischen Variablen und sozio-ökologischen Variablen beeinflußt (vgl. Urban 1986, S.273f.). Das Modell, daß Faktoren innerhalb der Person und in der Gesellschaft zur Erklärung umweltbewußten Verhaltens berücksichtigt, kann damit bestätigt werden.

Urban weist nach, daß ökologisches Verhalten von verschiedenen Faktoren, und zwar von personalen und gesellschaftlichen Faktoren, abhängig ist. Dabei fällt allerdings auf, daß die gefundenen Korrelationen und aufgeklärten Varianzen eher gering sind. Eine Bewertung der Korrelationen nimmt Urban nicht vor. Urban begründet hier auch nicht, warum welches Verhalten als ökologisch richtig angenommen wird. An dieser Setzung wird aber gemessen, ob die Probanden sich umweltgerecht Verhalten. Und Urban zieht keine Konsequenzen aus seinen Ergebnissen. Zudem gibt er nicht an, an welcher Stichprobe seine Untersuchung durchgeführt wurde, so daß die Bedeutung der Aussagen schwer zu beurteilen ist.

Braun nimmt an, daß zur Realisierung umweltpolitischer Maßnahmen eine "geistige Umorientierung der Bürgermehrheit" (Braun 1983, S.1) erforderlich ist. Das ist Aufgabe umwelterzieherischer Maßnahmen. Dazu soll Umwelterziehung einer breiten Bevölkerung Einsichten in Zusammenhänge, die über das engere Fachwissen hinausreichen, vermitteln, für Umweltprobleme sensibilisieren und zur Mitwirkung befähigen. Das schließt nach Braun die Bereitschaft ein, sich im eigenen Lebensbereich umweltschonend zu verhalten, Informationen einzuholen und an umweltpolitischen Aktionen teilzunehmen. Diese Fähigkeiten werden von ihm als kognitive Problemlösekompetenz bezeichnet, die zum einen eine Lageanalyse ermöglicht und zum anderen Lösungswege und Gegenmaßnahmen aufzeigt. Wegen der Interessenkonflikte in der politischen Praxis soll zudem die Fähigkeit zu Fällen von Werturteilen vermittelt werden (vgl. Braun 1983, S.2-15)

Oberstes Lehrziel ist also der Erwerb von Qualifikation, die zu umweltbewußtem Handeln befähigen. Wesentlich ist dafür neben persönlichem Handeln auch das Informationsverhalten und das politische Handeln (Demos, Unterschriftenlisten, Leserbriefe) (vgl. Braun 1988, S.134f.).

"Umweltbewußtes Handeln vollzieht sich auf drei Ebenen, die man als eigenes umweltbewußtes Verhalten, als Informationsverhalten sowie als umweltpolitische Aktion kennzeichnen kann" (Braun 1983, S.18).

Umwelterziehung legitimiert sich aus dem Erfordernis einer Steigerung der Anzahl ökologischer Experten und der Notwendigkeit zur Mitwirkung einer großen Bevölkerungsmehrheit an der Lösung der Umweltprobleme als eigenes Verhalten und politische Partizipation. Dabei sind kognitive und affektive Lernziele zu Berücksichtigen (vgl. Braun 1983, S.19). Braun führt nun auf der Grundlage dieses Modells eine Untersuchung an Schülern der Jahrgangsstufe 10 durch. Er findet,

"daß die Versuchspersonen allein bei den Einstellungsvariablen zufriedenstellende Meßresultate erzielten, wohingegen die kognitive Problemlösungskompetenz sowie das umweltbewußte Handeln mehr oder weniger deutlich mit Defiziten behaftet sind" (Braun 1983, S.47).

Dabei findet sich in vielen Fällen geringe Sachkenntnis und hohe Gefühlsbeteiligung. Die direkte politische Betätigung ist gering. Braun hält daher eine Verschlichtung der Debatte und einen Konsens über ökologisches Basiswissen für erforderlich (vgl. Braun 1983, S.48ff.).

Braun zeigt durch seine Untersuchung die Notwendigkeit von Umweltbildung. Wissen über die Umweltkrise und politische Handlungsmöglichkeiten sind dabei wesentliche Defizite. Er schlägt vor, daß die Fähigkeit zum eigenständigen Beurteilen, also das Fällen von Werturteilen gelernt werden sollte. Dazu sollen Fähigkeiten vermittelt werden, die auf Basis solcher Urteile eine Beteiligung am gesellschaftlichen Diskurs erlauben. Braun stellt fest, daß solche Fähigkeiten bei Schülern kaum anzutreffen sind. Damit stellt er zwar Defizite der Umwelterziehung fest. Das ihre Möglichkeiten begrenzt sein könnten, folgert er aber nicht. Er berücksichtigt in seinem Modell die mögliche Wirkung individuellen Handelns auf den gesellschaftlichen Kontext. Das Modell wurde aber nicht durch die Untersuchung geprüft, sondern es liegt der Untersuchung zugrunde. Eine Begründung für das Modell findet sich ebensowenig, wie eine Legitimation für das Ziel einer 'geistigen Umerziehung' der Bürgermehrheit. Daß eine große Bevölkerungsmehrheit an der Lösung der Probleme beteiligt werden muß belegt noch nicht, daß eine 'geistige Umerziehung' erforderlich ist. Der Versuch einer Legitimation könnte hier die Bedeutung einer Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger nicht nur an Politik, sondern auch an der Entscheidung zu einer solchen Erziehung zeigen.

Das Braun angesichts der vorher herausgestellten unterschiedlichen Expertenmeinungen einen Konsens über ökologisches Basiswissen für möglich hält bleibt mir unverständlich.

Für diese Arbeit sind nun vor allem Untersuchungen an Erwachsenen interessant.

Mayr geht bei seiner Untersuchung davon aus, daß vor allem biologische Formenkenntnisse wesentlich für umweltgerechtes Handeln ist. Grundlage ist die Überlegung, daß Menschen nur schützen, was sie kennen (vgl. Mayr 1991, S.195). Er hat eine curriculare Delphi-Studie durchgeführt, d.h. eine Befragung wurde mehrfach wiederholt und die Ergebnisse jeder Befragung vor der nächsten Befragung den Befragten mitgeteilt. Die 77 Interviewpartnerinnen und Interviewpartner sahen dabei vor allem den emotionalen Bezug durch Formenkenntnisse zur Motivation umweltfreundlichen Verhaltens und zum Schutz bedrohter Lebewesen als wesentlich an. Die formal-kognitiven Fähigkeiten wurden kaum erwähnt (Mayr 1991, S.199). Mayr hat damit gezeigt, daß Wissen für wesentlich zur Motivation ökologischen Handelns für wesentlich gehalten wird.

Zu einem anderen Ergebnis kommen Gerds und Lehmann, die untersuchen, welche Eigenschaften, die den Umweltproblemen zugeschrieben werden, einen Einfluß auf aktives ökologisches Handeln haben. Es werden anthropologische, psychologische, ökonomische und mediale Merkmale mitbefragt. Dabei können sie zeigen, daß Gesundheitsgefährdung, Tier- und Pflanzengefährdung, Kenntnisse über Umweltprobleme, Bedrohung des Lebensstandards, die Dauer eines Problems, der tatsächliche politische und ökonomische Aufwand und die Gefährdung der Wirtschaftskraft keine Auswirkungen auf das Verhalten haben. Eine Wirkung auf das konkrete Verhalten konnten sie nur von geographischer Nähe nachweisen (vgl. Gerds/Lehmann 1991, S.33f.).

Gerds und Lehmann zeigen damit, daß Umwelthandeln von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren nicht abhängig ist. Das damit Grenzen von Umwelterziehung aufgezeigt werden, und z.B. die von Mayr angenommene Wirkung von Kenntnissen kritisch gesehen werden muß, sagen Gerds und Lehmann nicht.

Langeheine und Lehmann haben 1000 Personen im Alter von 16 bis 40 Jahren in Berlin und Schleswig-Holstein befragt. Sie finden beim Handeln ein Auseinanderfallen von konkreten und symbolischen Handlungen, wobei sich Alter, positive Naturerlebnisse in der Kindheit und durch Massenmedien positiv auswirken. Wissen über Umwelt hängt vor allem von der Schulbildung ab (vgl. Lehmann/Langeheine 1989, S.18). Gefühle zeigen dabei keinen Zusammenhang mit Ausbildung oder Medien, und Medien vermitteln kaum Umweltwissen:

"Wir wissen auch aus anderen Studien, daß die meisten Menschen meinen, ihre Kenntnisse vornehmlich von den Massenmedien bezogen zu haben. Aber diese tragen offensichtlich zum Aufbau systematischen Wissens bei der Person nichts bei" (Langeheine/Lehmann 1989, S.19).

Im Handlungs- und Gefühlsbereich finden sich starke Wirkungen der Einordnung in normative Strukturen und der Konfrontation mit Modellpersonen, weniger von direkter Betroffenheit oder Massenmedien (vgl. Lehmann/Langeheine 1989, S.19).

Das stützt meine Überlegung, daß auch Verantwortung gegenüber Freunden und Bekannten eingefordert werden sollte. Diese oder andere Konsequenzen aus ihrer Untersuchung schlagen Langeheine und Lehmann nicht vor. Interessant ist aber, daß Massenmedien nicht zum Wissen über Umwelt beitragen.

Die Untersuchung ökologischer Wertvorstellungen im Kontext allgemeiner gesellschaftspolitischer Auffassungen führen Kessel und Tischler durch. Sie vergleichen die Entwicklung des Umweltbewußtseins in England, den USA und in Deutschland (vgl. Kessel/Tischler 1984, S.11). Dazu werden von ihnen 1980 und 1982 repräsentative Stichproben der erwachsenen Bevölkerung zuzüglich bestimmter Zielgruppen befragt. Kessel und Tischler finden, daß die Mehrheit an Industriegesellschaften ein hohes Maß an Lebensqualität schätzt, moderne Technik positiv beurteilt und in technischen und wissenschaftlichen Weiterentwicklungen große Chancen sieht. Diese Einstellung hat sich jedoch von 1980 nach 1982 deutlich abgeschwächt, besonders bei Umweltschützern. Rohstoff- und Energieprobleme werden als gravierend angesehen und die Grenzen des Bevölkerungs- und Industriewachstums erkannt werden. Die Mehrheit sieht auch die Notwendigkeit, im Einklang mit der Natur zu leben (vgl. Kessel/Tischler 1984, S.14ff.)

Kessel und Tischler finden, daß Natur in der BRD und in England als Wert an sich und nicht nur als dem Menschen nützlich gesehen und dem Umweltschutz gegenüber dem Wirtschaftswachstum der Vorzug gegeben wird. Risiken für den wirtschaftlichen Wohlstand werden aber nicht akzeptiert (vgl. Kessel/Tischler 1984, S.20). Dabei wird zur Durchsetzung von Umweltschutz in den USA und in England eine stärkere Kontrolle durch den Staat gefordert, was in der BRD nicht in dem Maße gegeben ist. Das gleiche gilt für zentrale Planung vs. Marktwirtschaft, ersteres wird in England und den USA befürwortet, in der BRD nicht so deutlich (vgl. Kessel/Tischler 1984, S.22).

Die große Mehrheit sieht die Umwelt gefährdet und ihr Gleichgewicht als empfindlich und leicht störbar an, in der BRD noch deutlicher als in den USA und England. Verschiedene mediale Probleme werden dabei in ihrer Dringlichkeit ähnlich eingeschätzt, eine Lösung aber kaum erwartet (vgl. Kessel/Tischler 1984, S.27ff.).

"In allen untersuchten sozialen Gruppen ist die Einstellung gegenüber den Umweltproblemen geprägt von einer großen Sorge um die gegenwärtige Situation und von einer pessimistischen Einschätzung der zukünftigen Entwicklung" (Kessel/Tischler 1984, S.29).

Vor die Alternative technische Entwicklung oder Änderung der Gesellschaft gestellt, zeigte sich in der BRD eine geteilte Meinung (Wirtschaftsleute und Politiker pro Technik), in England und USA ist die Mehrheit für Änderungen in der Gesellschaft (vgl. Kessel/Tischler 1984, S.33). Die Bürgerbewegung wird dabei überwiegend positiv beurteilt (vgl. Kessler/Tischler 1984, S.36).

Eine Faktorenanalyse ergab vier Leititems:

- die Einstellung zu Wissenschaft und Technik, bei der Kessel und Tischler eine positive, aber rückläufige Einstellung finden, wobei die Technikfreunde nur leicht pessimistisch, die Technikfeinde aber sehr pessimistisch sind (vgl. Kessler/Tischler 1984, S.42-47);

- die Einstellung zu den Rohstoff- und Energieprobleme, bei der sich eine große Sorge um die Begrenztheit der Rohstoff- und Energievorräte zeigt (vgl. Kessler/Tischler 1984, S.52);

- die Einstellungen zur Kernkraft, die eher negativ eingeschätzt wird, vor allem wegen der damit verbundenen Risiken. Umweltschützer lehnen sie extrem ab, Wirtschaftler und Politiker befürworten sie (vgl. Kessler/Tischler 1984, S.57ff.);

- die Einstellungen zu den Grenzen des Wachstums, bei denen in Deutschland ein Zusammenhang mit der Frage nach Einklang von Mensch und Natur besteht, während sie in England und USA eher als ökonomischer Begrenzungsfaktor gesehen werden (vgl. Kessler/Tischler 1984, S.65).

Bei den Dimensionen umweltbezogener gesellschaftlicher Einstellungen fanden Kessel und Tischler Materialismus/Postmaterialismus, die Bewertung der Leistungsgesellschaft und die Einstellung zu staatlicher Kontrolle als Leititems. Dabei wird ein Absinken der Tendenz zum Postmaterialismus erkennbar (vgl. Kessler/Tischler 1984, S.73-77).

Bei der Bewertung der Leistungsgesellschaft zeigen sich erhebliche Unterschiede. Befürworter haben größeres Vertrauen in Wissenschaft und Technik und sind weniger skeptisch gegenüber Kernenergie. Bei den Rohstoff- und Energievorräten ist kein Unterschied mehr feststellbar, Umweltprobleme werden gleich dringlich beurteilt. Staatliche Kontrollen werden eher neutral beurteilt (vgl. Kessler/Tischler 1984, S.85-91).

Kessel und Tischler zeigen Einstellung der Bevölkerung zu unterschiedlichen ökologische Fragen. Gründe für die hohe Bedeutung von Kernkraft, Wachstumsgrenzen, Wissenschaft und Technik und Rohstoff- und Energieproblemen werden nicht untersucht. Konsequenzen aus ihren Ergebnissen schlagen sie nicht vor.

Für eine ökologische Erwachsenenbildung böten sich hier verschiedene Möglichkeiten. Das z.B. Natur in der BRD als Wert an sich gesehen wird, läßt einen anderen Ansatz von ökologischer Erwachsenenbildung zu, als wenn die Vorstellung von Natur als Ausbeutungsobjekt vorherrschend wäre. Auch eine vorhandene Akzeptanz für gesellschaftliche Änderungen kann Bildungsmaßnahmen, die auf solche Änderungen abzielen, stützen. Allerdings müßte dann auch die Möglichkeit gesehen werden, durch die Forderung nach gesellschaftlichen Veränderung die individuelle Verantwortung auf die Gesellschaft abzuschieben und so die mit der Umweltkrise verbundene Angst abzuwehren.

Kahlert sieht Deutungsmuster als wichtig zum Verständnis von Umwelterziehung an. Dies vor allem angesichts der hohen Erwartungen an Lehrerinnen und Lehrer (Kahlert 1991a, S.66), die wegen der Unvereinbarkeit zwischen Unüberschaubarkeit des Problems und notwendiger Behandlung im Unterricht einem permanenten Konflikt ausgesetzt sind. Sie werden daher zu Reduktionsmustern greifen, die hier als Deutungsmuster bezeichnet werden (Kahlert 1991a, S.68f.). Dabei unterscheidet Kahlert fünf Grundpositionen:

Typ 1: Urteilsgewißheit als Ausdruck richtiger Gesinnung;

Typ 2: abwägende Nachdenklichkeit;

Typ 3: warnende Selbstgewißheit;

Typ 4: wissensgestütze Vorsicht;

Typ 5: philosophierende Distanz.

(vgl. Kahlert 1991a, S.81)

Kahlert findet in einer Untersuchung an Lehrerinnen und Lehrern nun 22 Personen bei Typ 1, 14 bei Typ 2, zehn bei Typ 3, vier bei Typ 4 und fünf bei Typ 5. Der Typ vier, den Kahlert als das wünschenswerte Interpretationsmuster von Lehrenden ansieht, wird also kaum vertreten (Kahlert 1991a, S.82). Umwelterziehung sollte den Schüler anleiten, unterschiedliche Risiken zu vergleichen und abzuwägen und die Aussagesicherheit von Risikoabschätzungen zu beurteilen. Doch muß dazu anscheinend die Ausbildung und Weiterbildung Lehrerinnen und Lehrer zu einer solchen Vermittlung befähigen (Kahlert 1991a, S.83).

Damit zieht Kahlert eine Konsequenz aus seiner Untersuchung: Lehrerinnen und Lehrer müssen für eine Umweltbildung weitergebildet werden. Ich vermute, daß das gleiche auch für Dozentinnen und Dozenten der Weiterbildung zutrifft. Allerdings werden von Kahlert mögliche Grenzen einer solchen Weiterbildung nicht berücksichtigt, und seine Bevorzugung des Typs vier begründet er nicht.

Bisher wurde bei Urban deutlich, daß gesellschaftliche und personale Faktoren für das Umweltbewußtsein relevant sind. Wie Umweltbewußtsein aber entsteht ist nach den widersprüchlichen Ergebnissen von Mayr bzw. Gerds und Lehmann unklar. Braun zeigt die Möglichkeit, eventuelle Defizite festzustellen. Dabei zeigte sich auch, daß die theoretische Begründung des zugrundeliegenden Modells zu kurz greift. Dabei könnten die Untersuchungen durchaus Möglichkeiten einer ökologischen Erwachsenenbildung zeigen. Solche Konsequenzen werden aber nur von Kahlert gezogen. Allerdings zeigen die Konsequenzen auch hier einen Mangel an theoretischem Konzept.

Das das kein Einzelfall ist, zeigt der Überblick von Dierks und Fietkau über empirische Untersuchungen. Sie konstatieren ein theoretisch-konzeptionelles Defizit, ein allgemein hohes Umweltbewußtsein und ein geringes Umweltverhalten. Sie sehen es daher als politische Aufgabe, für die und den Einzelnen handlungsrelevantes Wissen bereitzustellen (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.1-5).

Dierks und Fietkau sehen deutliche Grenzen für die Erforschung von Umweltbewußtsein. Umweltbewußtsein bei Experten und Laien fällt oft auseinander. Dabei halten sie unterschiedliche Informationsstände und unterschiedliche Rationalitäten als Bewertungsmaßstäbe für wesentlich. Umweltbewußtsein ist für Dierks und Fietkau somit Folge von Informationsstand und psychischem Verarbeitungsprozeß. Dies gilt nun auch für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, worin eine Grenze der Erforschung von Umweltbewußtsein besteht. Bei Beschreibungen des Umweltbewußtseins erfolgen immer theoretische Vorannahmen und Festlegungen. Das Wechselspiel von alltäglichen und wissenschaftlichen Umweltkonstruktion ist aber kaum analysiert (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.17-21). Dies ist ein erhebliches Defizit, denn:

"Zur Lösung der Umweltproblematik ist es offensichtlich erforderlich, Erfahrungen und Handlungsmuster aus Alltag und Wissenschaft in ein geeignetes wechselseitiges Ergänzungsverhältnis zu setzen. In diesem Zusammenhang könnte umweltbezogenen Alltagsängsten eine Frühwarnfunktion zukommen" (Dierks/Fietkau 1988, S.24).

Die Entstehung von Umweltbewußtsein wird nun nach Dierks und Fietkau in der Literatur häufig als Wertewandel interpretiert. Wert ist dabei nicht klar definiert. Es wird ein Übergang von materialistischen zu postmaterialistischen Werten festgestellt. Dies wird durch die Knappheitshypothese (Menschen richten ihr Augenmerk auf knappe Güter) und die Sozialisationshypothese (Werte werden früh erworben und bleiben relativ stabil) theoretisch erklärt. Wertewandel findet daher vor allem durch einen Generationswechsel statt. Die Umweltschutz- und Friedensbewegung wird nun als Beleg für das Aufkommen neuer Werthaltungen gesehen. Dabei sind vor allem gesellschaftliche Innovationseliten Träger postmaterialistischer Werthaltungen. Doch kann die Interpretation von Umweltbewußtsein als Wertewandel das Phänomen nicht vollständig erklären (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.28-35)

Eine weitere Komponente neben dem Wertewandel ist die Handlungsunsicherheit, die vor allem durch den schnellen Wandel und den Komplexitätszuwachs entsteht (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.35f.). Auf diese Handlungsunsicherheit finden sich verschiedene Reaktionsmöglichkeiten:

"1. Resignation: [...] Man kann onehin nichts machen. Man ist allem ausgeliefert. Man versucht, sein Leben so gut es eben geht zu leben. [...]

2. Kompensation: [...] Wenn der Verlust der natürlichen Umwelt schon nicht aufzuhalten ist, so will man wenigstens in seinem eigenen Leben einen Restbestand an Lebensqualität sichern. [...].

3. Protest, Suche nach Alternativen, Postmaterialismus: Während resignative und kompensatorische Reaktionen Versuche einer individuellen Bewältigungsstrategie darstellen, handelt es sich hierbei um den Versuch, auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen Einfluß zu nehmen, die man für die als bedrohlich erlebte Entwicklung verantwortlich macht" (Dierks/Fietkau 1988, S.37).

Welche Reaktion wann bevorzugt wird ist unklar (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.37f.). Werte lassen nur bedingt eine Erklärung von individuellem Verhalten zu. Dierks und Fietkau vermuten eher, daß das Individuum versucht, die aus seiner Sicht "[...] subjektiv rational [...]" (Dierks/Fietkau 1988, S.39) beste Möglichkeit zu wählen. Dabei halten sie Kosten-Nutzen-Abwägungen für wesentlich. Unvollständiges Wissen über die Folgen des Handelns, eine nichtmögliche Gewichtung oder eine falsche Abschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeiten, kann die Entscheidung erschweren (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.40ff.). Folge:

"Die vermeintliche Maximierung des eigenen Nutzens führt damit über die aggregierten Negativwirkungen letztlich zu einem für den Einzelnen im Saldo negativen Ergebnis" (Dierks/Fietkau 1988, S.43).

Unklar ist, wie Fehlentscheidungen in Dilemma-Situationen vermieden werden können. Wichtig ist die zuverlässige Information über die Handlungsabsichten der anderen und die korrekte Bewertung positiver und negativer Handlungsfolgen (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.43).

Doch auch die Einschätzung der persönlichen Betroffenheit ist von Bedeutung: So werden Risiken, denen das Individuum sich freiwillig aussetzt, die vom eigenen Handeln abhängen, die mit vertrauten Technologien verbunden sind, die denen nutzen die sie tragen, die nur wenige bedrohen oder die in der Vergangenheit schon erfahren wurden unterschätzt (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.51).

Demoskopische Untersuchungen zeigen nach Dierks und Fietkau, daß der Umweltzustand durch die Vermittlung in den Massenmedien eher negativ beurteilt wird. Auch gegenüber der zukünftigen Entwicklung ist Mißtrauen verbreitet (Dierks/Fietkau 1988, S.68f.). Dabei fühlen sich nur wenige persönlich betroffen, die Mehrheit sieht die Umweltkrise als gesellschaftliches Problem und Umweltschutz wird auch als eine der wichtigsten politischen Aufgaben gesehen (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.75). Viele sind auch bereit für Umweltschutz zu zahlen, die Handlungsabsichten sind aber eher gering (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.82f.).

Umweltbewußtsein ist allerdings auch an gesellschaftliche Grundüberzeugungen gebunden. Hier zeigen sich Umweltbewußtsein und Technikeuphorie als Gegenüberstehend, der Versuch einer Vermittlung wird von beiden Gruppen nicht unternommen (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.93).

Die Bedeutung der Umweltprobleme ist nach Dierks und Fietkau unstrittig, nicht aber die Art der zu ergreifenden Maßnahmen. Wissenschaftlich-technische Entwicklungen oder Änderungen der gesellschaftlichen Struktur werden je von etwa der Hälfte der Bevölkerung unterstützt. Umweltschutzorganisationen favorisieren dabei die Strukturveränderung, Politiker und Industrievertreter den technischen Weg (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.122f.).

Einen ökologischer Konsumstil finden Dierks und Fietkau vor allem in Anknüpfung an traditionelle Werte. Voraussetzung ist aber, daß Angebote zur Verfügung stehen, keine gravierenden ökonomischen Nachteile oder Zielkonflikte entstehen und der positive Umwelteffekt dem Verbraucher deutlich gemacht werden kann (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.133ff.).

Dierks und Fietkau schlagen Konsequenzen für die und den Einzelnen und die Gesellschaft vor. Gesellschaftlich sollten Technikfolgenabschätztungen etabliert werden. Solche Abschätzungen untersuchen die Bedingungen und potentiellen Auswirkungen der Einführung von Technologien (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.153). Für die und den Einzelnen sollte das Umweltlernen forciert werden.

"Umweltlernen setzt die Vermittlung von Wissen, die Ausformung von Werthaltungen, die Schaffung von Gelegenheiten zur unmittelbaren Erfahrung mit der Umwelt und die Einübung von ökologisch verträglicheren Handlunsgformen voraus" (Dierks/Fietkau 1988, S.161).

Hier sollte mit Modellversuchen weitergearbeitet werden (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.162). Dabei sollten vier Ziele verfolgt werden:

"1. Das Verständnis ökologischer Zusammenhänge und medialer Probleme [...],

2. die Orientierung des eigenen Verhaltens an ökologischen Gesichtspunkten,|

3. die Unterstützung umweltpolitischer Forderungen und Maßnahmen auf der politischen Ebene und

4. die Bereitschaft, sich in politischen Organisationen aktiv für umweltpolitische Gesichtspunkte zu verwenden" (Dierks/Fietkau 1988, S.162f.).

Die bisher vor allem betonte Wissensvermittlung muß in Handlungen umgesetzt werden. Wissen ist dazu Voraussetzung, es müssen aber auch entsprechende Wertvorstellungen und die infrastrukturellen Möglichkeiten nebst Rückkoppelungen der Handlungsmöglichkeiten (z.B. durch öffentliche Anzeigegeräte über die Luftverschmutzung) vorhanden sein (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.164f.).

Zur Stärkung des Umweltlernens muß nach Dierks und Fietkau vor allem der Lehrerausbildung verstärkt Rechnung getragen werden, aber auch die Organisation des Schulalltags ist überarbeitungsbedürftig (Dierks/Fietkau 1988, S.170). Dabei ist wesentlich:

"Eine Konzeption zur Hebung von Umweltbewußtsein und zur Beeinflussung ökologisch relevanter Verhaltensweisen darf nicht als Manipulation gestaltet und auffaßbar sein. Es ist erforderlich, die Ziele und Methoden eines derartigen Vorgehens öffentlich transparent zu machen. [...] Es muß eine Auseinandersetzung darüber erreicht werden, wo der einzelne einen Beitrag zur Erhaltung der Umwelt leisten kann. Eine derartige öffentliche Diskussion muß auch die Grenzen der Einflußmöglichkeiten des einzelnen aufzeigen. Sie muß auch deutlich machen, wo die Verantwortung von Institutionen, vor allem von Politik beginnt" (Dierks/Fietkau 1988, S.171).

Doch Umwelterziehung kann nur dann wirksam werden, wenn die Rahmenbedingungen der und des Einzelnen Ökologisiert werden. Dabei sind die Maßnahmen höchst komplex verbunden, eine einheitliches Konzept daher kaum zu erwarten (vgl. Dierks/Fietkau 1988, S.174f.). Hier ist eher ein Programm der vielen kleinen Schritte angebracht. Dierks und Fietkau zielen auf eine Experimentiergesellschaft ab.

"Ziel der "Experimentiergesellschaft" ist die Förderung von Lernprozessen und die Initiierung eines gesellschaftlichen Klimas und sozialer Mechanismen, die die Entstehung und Erprobung neuer Problemlösungsstrategien begünstigen" (Dierks/Fietkau 1988, S.175).

Daher sollte die Umweltforschung sich verstärkt darum bemühen, "[...] soziale Technologien [...]" (Dierks/Fietkau 1988, S.9) zu entwickeln und ihre Erfolge zu überprüfen.

Dierks und Fietkau ziehen umfassende Folgerungen aus den Untersuchungen. Sie berücksichtigen dabei sowohl gesellschaftliche Einflüsse auf das Individuum, Einflussmöglichkeiten des Individuums auf Gesellschaft und Grenzen des Umwelthandelns. Auch die von ihnen kritisierte mangelnde Berücksichtigung von Vorannahmen in der Forschung hat sich in dieser Arbeit bisher bestätigt.

Leider benennen auch Dierks und Fietkau ihre theoretischen Vorannahmen nicht. Eine Möglichkeit dazu wäre gewesen, die Werthaltungen, deren Entstehung sie für nötig halten, zu diskutieren. Wie ich gezeigt habe sind solche Wertentscheidungen dazu geeignet, eine Umwelterziehung zu legitimieren und den Versuch einer demokratischen Lösung zu begründen. Das auch hier eine demokratische Lösung angestrebt wird zeigt sich z.B. in der Forderung nach öffentlicher Transparenz der Erziehungsziele. Nur so ist eine demokratische Einigung auf solche Ziele denkbar. Auch die Vermittlung zwischen technischen und gesellschaftlichen Zielen wäre auf einem demokratischen Wege vorstellbar. Allerdings berücksichtigen Dierks und Fietkau die Möglichkeit der politischen Einflußnahme Individuums nicht. Technikfolgenabschätzung und Umweltlernen stellen keine ausreichende Berücksichtigung gesellschaftlicher Aspekte der Umweltkrise dar, denn wie eine Technikfolgenabschätzung ausreichenden gesellschaftlichen Einfluss erhalten sollte, bleibt hier offen. Individuelle Einflußmöglichkeiten auf gesellschaftliche Interessen werden ignoriert.

Damit zeigt sich, daß empirische Untersuchungen dazu geeignet sind, Aspekte der Persönlichkeiten und der Gesellschaft einzubeziehen, Hinweise für Ansatzpunkte einer ökologische Erwachsenenbildung zu geben und Grenzen einer solchen Bildung aufzuzeigen. Dazu ist es erforderlich, daß theoretische Vorannahmen berücksichtigt und Konsequenzen aus den Untersuchungen gezogen werden. Von den hier dargestellten Untersuchungen ist die von Dierks und Fietkau die einzige, die versucht, diese Möglichkeiten zu nutzen. Eine Vermittlung zwischen individuellen und gesellschaftlichen Aspekten findet sich hier, wie auch in den übrigen Untersuchungen, nicht.

4.2.2 Psychologie

Auf psychologischer Basis entwickelt Götte einen Ansatz für Umweltlernen. Basis ist für ihn eine lernpsychologische Analyse der umwelterzieherischen Aufgaben. Damit schlägt er die Berücksichtigung von Lernzielen, Lernproblemen und von Lehr- und Lernmethoden vor (vgl. Götte 1987, S.43).

Die Lernziele ergeben sich bei Götte aus Sektoren (Konsum, Fortbewegung etc.) und Aktivitäten (Einflußnahme, Verhalten in Gruppen etc.). Die Problemanalyse fragt nach Stör- und Stützfaktoren (vgl. Götte 1987, S.43ff.). Diese Ziele sollen dann im Lernen umgesetzt werden:

"Lernen ist konstruktive Umprogrammierung des Verhaltens durch Kognition und Aktion" (Götte 1987, S.45).

Dimensionen des Lernens sind Signal-Lernen, Lernen an den Folgen und Imitationslernen. Verhalten wird dann durch Wahrnehmen, Denken und Erinnern bestimmt und Ziele des Verhaltens durch die Motivation gesetzt (Götte 1987, S.46f.).

Umwelterziehung muß daher nach Götte das Positive im Mensch- Umwelt- Verhältnis intensivieren, Anwendungshinweise zu kognitiven Einstellungen und Fertigkeiten geben und soziales Lernen zur Motivation und Lernerfolgssicherung nutzen. Der Ansatz des Mensch-Umwelt-Verhältnisses muß das Urvertrauen zur ersten Beziehungsperson und zu Gott sein (vgl. Götte 1987, S.48). Dabei sieht er auch beim Kind Defizite, die es zu Überwinden und die Vorzüge zu wahren gilt. Eine ökologische Denkerziehung sollte daher korrespondierendes Denken "[...] das mit den ökologischen Regelprozessen korrespondiert" (Götte 1987, S.50) und vernetztes Denken durch die Grundrelationen der boolschen Algebra vermitteln. Das kann durch experimentierendes Lernen, das oft auf mentale Experimente (Brainstorming) angewiesen sein wird, geschehen (vgl. Götte 1987, S.51f).

Dabei schlägt Götte wegen der Nichtpraktizierbarkeit individueller Verhaltensmodifikation, d.h. Therapie, vor, das Lernen in der Gemeinschaft zu bevorzugen (vgl. Götte 1987, S.53). Das kann durch Gruppenentscheidungen, Arbeitsgemeinschaften, Kommunikationsgemeinschaft, Nutzungs- und Haftungsgemeinschaft, Gemeinsamkeit der Interessen und ökologische Finalisierung des Verhaltens (statt egozentrischer Umfinalisierung) geschehen (vgl. Götte 1987, S.53f.).

Götte vernachlässigt hier die Wirkung von gesellschaftlichen Strukturen. Zudem sieht sein Lernbegriff mit der Forderung nach konstruktiver Anpassung eine von Lernerin und Lerner nicht zu hinterfragende Anpassung an von Götte unbegründet vorgegebene Ziele vor. Ein solches Lernen bedeutet eine autoritäre Lösung der Umweltkrise. Aus demokratischer Sicht ist es daher abzulehnen.

4.2.3 Umwelterziehung

Die Diskussion über Umwelterziehung wurde von dem von Peccei herausgegebenen Club-of-Rome Bericht 'Zukunftschance lernen', der auch als 'Lernbericht' bezeichnet wird, angeregt. Ausgangspunkt ist dabei das menschliche Dilemma:

"Mit dem Begriff menschliches Dilemma bezeichnen wir die Dichotomie zwischen einer wachsenden selbstverschuldeten Komplexität und der nur schleppenden Entwicklung unserer eigenen Fähigkeiten" (Peccei 1980, S.25).

Lernen im weitesten Sinne soll die Überwindung des Dilemmas ermöglichen. Es wird hier verstanden als Annäherung an Wissen und Leben, als Erwerb neuer Verhaltensweisen und neuer Werte durch bewußte oder unbewußte Aneignung oder durch Erfahrung des täglichen Lebens und in simulierten oder vorgestellten Situationen. Dabei können nicht nur Individuen, sondern auch Gruppen und Gesellschaften lernen (vgl. Peccei 1980, S.28). Es wird unterschieden zwischen tradiertem Lernen,

" [...] das wir als den Erwerb festgelegter Auffassungen, Methoden und Regeln definieren, um bekannte, sich wiederholende Situationen zu bewältigen [...]" (Peccei 1980, S.30),

dem Lernen nach Schock, das kurzzeitige Innovationen hervorrufen kann und dem innovativem Lernen, daß

"[...] Individuum und Gesellschaft auf gemeinsames Handeln in neuen Situationen vorbereiten kann, besonders in Situationen, die durch die Menschheit selbst herbeigeführt werden" (vgl. Peccei 1980, S.34).

Merkmale innovativen Lernens sind Antizipation im Sinne einer Orientierung, die auf mögliche Ereignisse vorbereitet und Alternativen für die Zukunft berücksichtigt, und Partizipation, die die Forderung nach Rechten mit der Übernahme von Verpflichtungen verknüpft. Dabei ist der Zusammenhang beider wesentlich (vgl. Peccei 1980, S. 35f.). Antizipation meint dabei zeitliche Zugehörigkeit, Partizipation räumliche Zugehörigkeit (vgl. Peccei 1980, S.57).

Innovatives Lernen ist nach Meinung des Lernberichts erforderlich, da Lernen durch Schock das Ende der Menschheit bedeuten könnte und globale Prozesse irreversible Folgen haben können (vgl. Peccei 1980, S. 82). So verstandenes Lernen kann nun nicht Wertfrei sein, es muß das System in Frage stellen und als primäres Ziel das Überleben der Menschheit verfolgen (vgl. Peccei 1980, S.37).

"Das Lernverhalten des Menschen muß sich von der Form der unbewußten Adaptation auf die Form der bewußten Antizipation verlagern, oder, wie wir bereits in der Einführung gesagt haben, das innovative Lernen muß an die Stelle des tradierten Lernmusters oder des Lernen nach Schock treten." (Peccei 1980, S.40)

Dazu wird es hier als wichtig angesehen, die Sinnbezüge zu erweitern und sie im Dialog auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Für die Antizipation gilt es, zukünftige Ereignisse zu erforschen und zu einem Stützpfeiler des Lernens zu machen. Dann können wir Verantwortung übernehmen und die Zukunft bestimmen. Partizipation kann nicht erzwungen werden, sie muß sich freiwillig vollziehen. Im Frontalunterricht, im Sprachlabor oder beim Lernen am Bildschirm ist laut Lernbericht keine Partizipation vorstellbar, denn Partizipation meint, aktiv eine Rolle zu übernehmen (vgl. Peccei 1980, S.51-62). Ziele des innovativen Lernens sind

- Autonomie, das heißt Urteils und Entscheidungsfähigkeit für freies Handeln zu erreichen, die nur durch autonomes Lernen erreicht werden kann (vgl. Peccei 1980, S.65ff.);

- Integration, das bedeutet den Mensch als Teil eines Ganzen zu sehen und zum Verständnis übergeordneter Systeme zu führen (vgl. Peccei 1980, S.68).

Elemente innovativen Lernens sind Sprache, die befähigt Botschaften zu senden und zu verstehen; Werkzeuge, die uns zu physischer und geistiger Macht verhelfen; Werte, die für Entscheidungsfindung von entscheidender Bedeutung sind und durch die Spannung der Wahl zwischen verschiedenen Wertsystemen Lernen anregen; zwischenmenschliche Beziehungen, die bei ungleichförmigen Interaktionen oder ungleichen Machtbeziehungen Barrieren bilden können und bildliche Vorstellungen, die das Finden allgemeiner Lösungen bei begrenzten Informationen ermöglichen und gesellschaftliches mit individuellem Lernen verbinden. Ein Gleichgewicht zwischen diesen Elementen ist Voraussetzung für innovatives Lernen (vgl. Peccei 1980, S.70f.)

Gegenströmungen sind adaptives Lernen, das Anpassung an die vom Menschen verursachten Veränderungen bewirkt und damit in einen Teufelskreis führt, und kybernetisches oder automatisiertes Lernen, das unhinterfragt die Wertvorstellungen der Systemplaner transportiert (vgl. Peccei 1980, S. 86ff.). Die wesentlichsten Widerstände sind aber im Mißbrauch der Macht zu sehen, der sich im Rüstungswettlauf und in der Telekommunikation zeigt (vgl. Peccei 1980, S.95ff.), und in strukturellen Barrieren, die sich im Stadt-Land-Gefälle und in Schulen zeigen, die global ungerecht und lokal starr sind und dringend reorganisiert und auf die gesamte Lebensdauer ausgedehnt werden sollten (vgl. Peccei 1980, S.111).

Lernprozesse haben nicht nur Schwierigkeiten, mit der wachsenden Komplexität Schritt zu halten, sondern ihr Versagen erhöht auch die sozio-kulturellen Spannungen. Intensivierung globaler Probleme wird also durch schnelle Veränderungen und Stagnation im Lernen verursacht (vgl. Peccei 1980, S.136).

Das innovative Lernen kann nun durch einen Kontext begünstigt werden, der die Beseitigung der Armut, das Bewußtsein für Manipulationen, die Achtung vor kultureller Identität und die Schaffung neuer Partizipationsmöglichkeiten beinhaltet. Innovatives Lernen muß daher auch für jede Gesellschaft besonders angepaßt und umgesetzt werden (vgl. Peccei 1980, S.140-145). Wichtig ist dazu eine Intensivierung der Lernforschung (vgl. Peccei 1980, S.161).

Das menschliche Dilemma besteht nach Auffassung des Club of Rome zwischen Komplexität und mangelnder Entwicklung eigener Fähigkeiten. Dies soll durch eine neue Lernkonzeption überwunden werden. Ihre Grundlagen sind Antizipation und Partizipation. In der Antizipation wird Zukunft berücksichtigt, in der Partizipation kann Verantwortung im Sinne der Übernahme von Pflichten und Wahrnehmung von Rechten gesehen werden. Damit strebt diese Lernkonzeption eine demokratische Übernahme von Zukunftsverantwortung, und zwar mit ihren Rechten und Pflichten an. Dabei werden auch Änderungen der gesellschaftlichen Struktur für nötig gehalten. Das kommt besonders in dem Hinweis auf Armut als Lernbarriere zum Ausdruck. Es wird nicht mehr, wie in dem Club-of-Rome Bericht 'Grenzen des Wachstums', eine Anpassung an die technische Entwicklung gefordert. Vorschläge einer konkreten Umsetzung finden sich hier aber nicht. Es wird lediglich auf die notwendige Anpassung für unterschiedliche Kulturen verwiesen. Auch eine Reflexion auf zugrundeliegende Wertentscheidungen findet nicht statt. Die Lernziele sind damit, anders als bei demokratischer Zukunftsverantwortung, nur durch das Vorhandensein der Umweltkrise begründet, ohne die damit verbundenen Probleme, wie z.B. bei der Wahrnehmung der Umweltkrise oder beim Naturverhältnis, zu reflektieren. Der 'Lernbericht' berücksichtigt auch nur gesellschaftliche und keine individuellen Grenzen der ökologischen Bildungsarbeit.

Diese Vorschläge des Club of Rome werden in Deutschland vor allem von Kern und Wittig aufgegriffen. Sie sehen keine Konzeption der Pädagogik, die dem hier zugrundeliegenden Lernbegriff gerecht werden kann. Eine Pädagogik, die dies versäumt, wird aber unserer geschichtlichen Verantwortung nicht gerecht.

"Hier liegt ein erstes schwerwiegendes Defizit moderner Pädagogik vor, das als weltpolitisches Defizit bezeichnet werden könnte" (Kern/Wittig 1991, S.136).

Das Defizit trifft nach ihrer Meinung auch den Lernbericht, denn eine ausgearbeitet Theorie stellt er nicht dar. Zudem zeigt sich ein anthropologisches Defizit, denn die Ursachen von politischen oder ökonomischen Lernbarrieren werden nicht erfragt (vgl. Kern/Wittig 1991, S.136).

Kern und Wittig schlagen nun mit dem Lernbericht statt dem vorherrschenden Krisenmanagement eine humane Lösung vor, wie sie Gandhi entwirft. Dabei sind ökonomische und kulturelle Befreiung der armen Länder von den Industrienationen, gewaltfreie Konfliktaustragung und demokratische Selbstregulierung die wesentlichen Grundgedanken. Macht sollte ihrer Meinung nach abgebaut werden. Dafür aber müssen sich die Haltungen der und des Einzelnen ändern, und damit hängen Politik und Pädagogik zusammen. Das innovative Lernen wird als Schritt in diese Richtung gesehen (vgl. Kern/Wittig 1984, S.19f.).

Eine neue Pädagogik muß sich nach Kern und Wittig zunächst der durch Atomzeitalter und Ökokrise gegebenen neuen Ausgangslage stellen und die Machtkonkurrenz und die europäisch-neuzeitliche Zivilisation als Ursachen der Krise erkennen. Dann können Vernunft und Solidarität als Grundlagen des Weiterlebens erkannt und gewaltfreier Widerstand und ökologische Selbstbegrenzung als Einzelziele angestrebt werden (vgl. Kern/Wittig 1984, S.20).

Die Krise wird von Kern als Folge der mit dem Atomzeitalter aufgekommenen neuen Ebene des Wissens und neuer Macht gesehen, mit der wir noch nicht verantwortlich umgehen können. Als Basis einer Pädagogik schlägt er eine Öko-Ethik vor, die von der theoretischen Vernunft (Wahrnehmungsfähigkeit des Ganzen) und praktischen Vernunft (für das Ganze einsetzen) ausgeht. Dabei soll eine Solidarität mit allem Lebendigen geübt werden. Neu an der Öko-Ethik ist ihre Ausweitung auf alles Lebendige und auf die Zukunft (vgl. Kern 1987, S.17-22). Neben einer neuen Ethik hält Kern eine Änderung des Wirtschaftsbereichs zu dezentralen Strukturen für nötig. Entscheidend ist dabei eine "ökologische Selbstbegrenzung" (Kern 1987, S.25). Dabei hält er einen schnellen Wandel durch Erziehung für kaum denkbar:

"Doch schon beim einzelnen erfolgt die Änderung seiner Lebensweise in der Regel viel langsamer als der sie auslösende Bewußtseinswandel. Erst recht gilt das für ganze Gesellschaften. Nichts haben wir weniger zu fürchten, als daß schlagartig alle vernünftig handeln, nichts mehr, als daß viele sich hinter dieser vorgeschobenen Furcht verstecken" (Kern 1987, S.25).

Hier wird also die langsame Änderung der und des Einzelnen als Grenze für Umweltbildung gesehen. Woher diese Langsamkeit kommt, wird aber nicht bedacht. Problematisch scheint mir der Vorschlag zu sein, daß eine Öko-Ethik von theoretischer und praktischer Vernunft ausgehen sollte. Denn hier nicht deutlich, was Vernunft ist. Mit einem bestimmten Vernunftbegriff sind aber Werturteile einer Ethik vorausgesetzt, die erst ihr Ergebnis sein können.

Warum die Ursache der Umweltkrise in der europäisch-neuzeitlichen Zivilisation zu sehen ist und welche Merkmale dieser Zivilisation für die Umweltkrise verantwortlich sind, bleibt unklar. Auch die Forderung nach Dezentralisierung der Wirtschaftsstrukturen wird weder begründet, noch durch Vorschläge verdeutlicht. Damit entsteht der Eindruck, daß hier ein diffuses und unklares Bild der Gesellschaft zugrunde liegt.

Neben der Rezeption durch Kern und Wittig finden sich verschiedene kritische Stellungnahmen zum Lernbericht. So hält Treml die Sicht, daß die Krise nur durch Lernen überwunden werden kann, für falsch. Erziehung habe noch nie die gesellschaftliche Strukturen geändert, vielmehr war sie immer Folge des gesellschaftlichen Ausdifferenzierungsprozesses (vgl. Treml 1981, S.140). Gleichwohl ist Lernen eine notwendige Bedingung für die Überwindung der Krise. Die im Lernbericht vorgeschlagene Kontingenzformel dafür ist das lernen Lernen. Sie hat offenkundige Vorzüge.

"Aber sie besitzt den Nachteil, der erst seit kurzem zum Problem wird, ihr Zeitbedarf" (Treml 1991, S.142).

Die knappe Zeit aber macht innovatives Lernen zum Lernmodell einer Krisengesellschaft. Damit würde nach Treml die Krisengesellschaft nicht überwunden, sondern perfektioniert (vgl. Treml 1981, S.143).

Treml stellt also fest, daß Erziehung die gesellschaftlichen Strukturen nicht verändert. Das kann nach dem der demokratischen Zukunftsverantwortung zugrundeliegenden Verhältnis von Individuum und Gesellschaft auch nicht ihre Aufgabe sein. Aufgabe kann aber sein, Adressatinnen und Adressaten von ökologischer Erwachsenenbildung zur Änderung der Strukturen zu im Sinne einer Wahrnehmung demokratischer Rechte und Übernahme demokratischer Pflichten befähigen. Ob dadurch auch tatsächlich eine Veränderung der gesellschaftlichen Strukturen erreicht wird, kann zwar unwahrscheinlich sein, aber es ist möglich. Die Möglichkeit aber reicht der hier zugrundeliegenden Einschätzung nach aus, eine demokratische Vorgehensweise zu versuchen. Die Chancen dieser Vorgehensweise sollten aber in engen Grenzen gesehen werden.

Knoll findet im Lernbericht kein neues Konzept. Er sieht ihn im Kontext einer langen kulturpessimistischen Tradition. Das kann seiner Meinung nach auch das geringe Interesse an dem Bericht erklären. So ist laut Knoll die Idee, von den Grenzen des Wachstums zur Unbegrenztheit des Lernens überzugehen, auch schon an anderer Stelle formuliert worden. Und wo die Studie konkret werden sollte bleibt sie vage. Die Chance der Zukunftskultur bleibt für ihn damit unersichtlich (vgl. Knoll 1981, S.113ff.). Alterativen zum Umgang mit der Umweltkrise zeigt Knoll aber nicht.

Einen Überblick über verschiedene Vorschläge der Umwelterziehung gibt Fingerle. So sieht die Kultusministerkonferenz 1979 Umwelterziehung als fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip. In der Wissenschaft werde sie als Programm einer Schulreform verstanden, die UNESCO sehe in ihr eine bildungspolitische Innovation und der Club of Rome die Chance zur Überwindung des menschlichen Dilemmas (vgl. Fingerle 1981, S.145f.).

Umwelterziehung sieht Fingerle damit gekennzeichnet durch disziplinübergreifende Themen, die Konzentration auf lokale Probleme und die Forderung nach aktiver Auseinandersetzung (vgl. Fingerle 1981, S.147). Zur Beachtung der lokalen Ebene merkt Fingerle an:

"In der Geschichte der Pädagogik in Deutschland ist die Konzentration auf lokale Probleme mit den Begriffen der Heimatkunde und der Heimaterziehung verbunden. [...] Ihr Anspruch war, Fächer- und Schulformübergreifend, eine didaktische Konzentration verschiedener Fächer unter einer orts- und zeitgebundenen Perspektive" (Fingerle 1981, S.149).

Fingerle wirft damit einen hier noch nicht berücksichtigten Aspekt auf: Umweltbildung kann auf zwei Wegen realisiert werden. Zum einen als Unterrichtsprinzip, d.h. daß verschiedene Fächer Umweltaspekte berücksichtigen, zum anderen als Unterrichtsfach, d.h. daß Umwelt Thema des Unterrichts ist. Angesichts der Bedrohung sind beide Aspekte zu berücksichtigen.

Ob Heimatkunde und Heimaterziehung dabei hilfreich sein können, ist fraglich. Denn gesellschaftliche oder politische Probleme werden von Fingerle nicht einbezogen.

Dick und Seybold schlagen auf Basis der UNESCO-Deklaration von Tiflis für die Erwachsenenbildung vor, die Lebenssituation als Ausgangspunkt zu wählen. Dadurch soll Betroffenheit gewährleistet werden. Das Leben in der Gemeinde, besonders Verwaltungs- und Entscheidungsprozeße, sollte im Mittelpunkt stehen. Für Gewerkschaften und Unternehmen bietet sich die Lage am Arbeitsplatz als Ausgangspunkt an. Dabei ist vor allem Entscheidungswissen, das so knapp wie möglich, aber so umfassend wie erforderlich ist, und das Denken in Zusammenhängen von komplexen Systemen wesentlich (vgl. Dick/Seybold 1979, S.206).

"Umwelterziehung in der Erwachsenenbildung hat den Bürger zu befähigen, mit Hilfe politischer Einflußnahme dazu beizutragen, Umweltprobleme zu lösen" (Dick/Seybold 1979, S.207).

Ansatzpunkte sind die Nutzung von Betroffenheit, die Berücksichtigung von Interessen und die Betonung von Handeln und Erleben. Betroffenheit läßt sich durch Anknüpfung an vorhandene Interessen schaffen. Die Betonung von Handeln und Erleben sprengt aber die Möglichkeiten der Seminarform. Eine Alternative ist das Angebot von Planungszellen (vgl. Dick/Seybold 1979, S.208-212). Dick und Seybold schlagen als Lernzielkatalog vor:

- Einführung in die ökologische Betrachtungsweise des Umweltschutzes;

- Erkenntnis der Notwendigkeit, Systemzusammenhänge zu berücksichtigen, Beachtung des "Ganzheitsprinzips";

- Kennenlernen von Konfliktfeldern unterschiedlicher Interessen, Fördern des Problembewußtseins;

- Einsicht in die Notwendigkeit und Förderung der Bereitschaft, das eigene Verhalten zu ändern;

- Erkenntnis einiger Grundvoraussetzungen fruchtbarer Diskussion.

(vgl. Dick/Seybold 1979, S.213)

Dick und Seybold sehen zwar die Notwendigkeit, Wissen mit lokalem Bezug mit politischer Handlungsfähigkeit zu verknüpfen. Sie versäumen aber, ihre Vorstellungen zu legitimieren. So setzen sie sich dem Vorwurf der Manipulation aus. Sie machen aber deutlich, daß eine ökologische Erwachsenenbildung kaum in Seminarform zu leisten ist. Andere Möglichkeiten, wie die hier genannte Planungszelle, werde ich noch vorstellen.

Einen anderen Begriff von Umwelterziehung schlagen von Cube und Storch vor. Sie sehen die begrenzten Möglichkeiten technischer und juristischer Maßnahmen und schlagen eine Ergänzung dieser Maßnahmen durch Erziehung vor (vgl. v. Cube/Storch 1988, S.7). Dabei halten sie es für deutlich, daß nur eine systematische und effektive Umweltpädagogik die Katastrophe verhindern kann.

"Umweltpädagogik muß auf ein umweltgerechtes Handeln zielen, das aus der Erkenntnis ökologischer Zusammenhänge, dem Erleben von Natur, dem Betroffensein des einzelnen und einer reflektierten Umweltethik heraus erfolgt" (Cube/Storch, 1988, S.8).

Die institutionelle Situation halten sie dabei für unbefriedigend. Der Hinweis auf die notwendige Verknüpfung von technischen und juristischen Maßnahmen mit Erziehung erscheint zwar prinzipiell richtig. Da sie aber politische und wirtschaftliche Aspekte übersehen und von Cube und Storch zudem keine Vorschläge dazu machen, wie eine reflektierte Umweltethik aussehen könnte, greift das Argument zu kurz.

Die Umwelterziehung hat damit für die ökologische Erwachsenenbildung eine Unterscheidungsmöglichkeit gebracht: Sie kann als Unterrichtsfach und als Unterrichtsprinzip verstanden werden. Dabei sollten beide Aspekte berücksichtigt werden.

Bisher ist es nach Treml noch nie gelungen, mit Erziehung gesellschaftliche Strukturen zu verändern. Treml zeigt aber nicht, daß das prinzipiell nicht möglich ist und schließt einen Erfolg auf individueller Ebene nicht aus. Damit bleibt der Versuch lohnend, große Hoffnungen dürfen damit aber nicht verbunden werden.

4.2.4 Umweltlernen

In Abgrenzung zur Umwelterziehung, die sie auf schulische und außerschulische Bildungsarbeit eingeschränkt sehen, schlagen Fietkau und Kessel den Begriff des Umweltlernens vor:

"Er bezieht sich auf alle Lebenssituationen, in denen ein Mensch Erfahrungen mit seiner - natürlichen - Lebensumwelt gewinnt" (Fietkau/Kessel 1987, S.311).

Dabei unterscheiden sie unmittelbare Umwelterfahrung (Realität), (medial) vermittelte Umwelterfahrung und interaktive Umwelterfahrung als Erfahrungsquellen (vgl. Fietkau/Kessel 1987, S.311). Umweltgerechtes Handeln sehen sie durch verschiedene Faktoren bestimmt:

(vgl. Fietkau/Kessel 1987, S.312)

Ansatzpunkte für die Veränderung des Umweltverhaltens sind durch die römischen Ziffern gekennzeichnet:

"I. Vermittlung umweltrelevanten Wissens

II. Vermittlung umweltrelevanter Werte

III. Schaffung von Möglichkeiten umweltgerechten Verhaltens

IV. Schaffung von Rückkoppelungsmöglichkeiten (Wahrnehmungsverbesserung)" (Fietkau/Kessel 1987, S.213).

Ziel des Umweltlernens ist das umweltgerechte Handeln. Wegen der Schwierigkeit festzulegen, was umweltgerecht ist, muß solches Lernen Umweltwerte nach Fietkau und Kessel in den Kontext anderer Werte und Handlungsgewohnheiten integrieren.

Sie halten Entscheidungsfehler für unvermeidlich. Die Folgen der Fehler können aber durch kleinräumige Implementation, reversible Entscheidungen und kollektive Lernprozesse minimiert werden. Fietkau und Kessel schlagen hier als Ziel die schon bei Dierks und Fietkau vorgestellte Experimentiergesellschaft vor (vgl. Fietkau/Kessel 1987, S.314).

Ihr Vorschlag der Vermittlung von Wissen und Werten ist sicher richtig, allerdings muß dann auch gesagt werden, welche Werte und welches Wissen vermittelt werden soll. Die vorgeschlagene Schaffung von Möglichkeiten umweltgerechten Verhaltens und von Rückkoppelungsmöglichkeiten kann keine Aufgabe von Bildungsarbeit sein, die sich ja nicht unmittelbar an Gesellschaft wendet. Hier sind z.B. politische Entscheidungen gefragt. Bildungsarbeit kann allerdings zur Beteiligung an politischen Entscheidungen befähigen. Aus der Sicht der demokratischen Zukunftsverantwortung kann der Vorschlag des Umweltlernens damit abgelehnt werden.

4.2.5 Ökologisches Lernen

Dauber entwickelt den Ansatz ökologischen Lernens aus der Unterscheidung von Erziehung und Pädagogik. Erziehung stelle den Versuch dar, die Menschen zum Überleben zu erziehen, Pädagogik dagegen versuche, die Rahmenbedingungen für ein menschliches Leben zu definieren. Allerdings sieht er dabei auch das Erziehungssystem als in einer Krise befindlich, denn die erwachsene Gesellschaft verliert ihre Zielfunktion für Erziehung, und das Bildungssystem verliert seine chancenverteilende Funktion (vgl. Dauber 1987, S.92f.). Auf dem Hintergrund des 'Lebensmodells Industrialismus' sieht Dauber das Bildungssystem damit kontraproduktiv werden.

"Ökologische Rationalität setzt also da an, wo dieses System in sich selbst über bestimmte Schwellenwerte hinausgegangen ist und kontraproduktiv geworden ist" (Dauber 1987, S.94).

Gleichzeitig findet ein wissenschaftlicher Paradigmenwechsel statt, der im neuen Paradigma der Selbstorganisation zum Ausdruck kommt. Unter diesen Bedingungen ist ökologisches Lernen für Dauber die politische Gestaltung der eigenen Umwelt und das Befremden lassen durch eine andere Kultur. Ökologie sollte damit als soziale Ökologie begriffen werden und neben der Herrschaft über Natur auch die Herrschaft über Menschen in Frage stellen. Ökologisches Lernen hat dann den Kontakt von Organismus und Umwelt zum Thema (Dauber 1987, S.97f.)

Diese Formen ökologischen Lernens formuliert Dauber nun nicht pädagogisch, sondern als Rechte, die seiner Meinung nach die Voraussetzung für ökologisches Lernen erst schaffen würden (Dauber 1987, S.99):

- Recht auf Gemeinheit, d.h. "selbst die Kontrolle in der eigenen Umwelt zu haben" (Dauber 1987, S.99);

- Recht auf Befremdung, d.h. mich als Fremder in der Fremde erleben oder auch meine Kultur als etwas fremdes erleben (vgl. Dauber 1987, S.99f.);

- Recht auf Ungezogenheit, denn wir müssen ungezogen werden in Bezug auf Elternfiguren in Politik und Wissenschaft (vgl. Dauber 1987, S.100);

- Recht auf Eigensinn, d.h. den eigenen Sinnen vertrauen und dem Leben Sinn geben (vgl. Dauber 1987, S.100).

Zukunft läßt sich zwar nicht planen, wir können aber dafür Sorge tragen, daß sie möglich bleibt. Das spricht vor allem gegen technische Sackgassenentwicklungen. Doch auch in der Pädagogik finden sich Sackgassen: die pädagogische Ohnmachtsphantasie, die Angewiesenheit auf immer schrecklichere Katastrophenszenarios, die Prophezeiung: alles wird tausendmal schlimmer als wir es uns vorstellen können und die pädagogische Allmachtsphantasie (vgl. Dauber 1987, S.100-103).

Praktische Konsequenzen der Ökopädagogik ist das Aufgeben dieser Hierarchie, die mit dem Lehren und Lernen verbunden ist, zugunsten einer Analyse der historischen Bedingungen nebst Eigenengagement in den Bewegungen, eine positive Bewertung schöpferischer sozialer Aggression, die Verbreiterung von Wahrnehmung auf Gefühle und den Körper, das Kennenlernen der eigenen Risikobereitschaft, freien Zugang zu den Lerninstituionen und Respekt vor der Wirklichkeit (vgl. Dauber 1987, S.105ff.).

Daubers Hinweise auf die Funktionsänderung des Bildungssystems in der Gesellschaft und den Verlust der Zielfunktion der erwachsenen Gesellschaft sind sicher richtig. Leider versäumt Dauber es einen Vorschlag zu machen, wie das Bildungssystem verändert werden soll, wenn es denn nun kontraproduktiv geworden ist. Dabei könnte meines Erachtens gerade hier eine Möglichkeit für eine ökologische Erwachsenenbildung gesehen werden. Denn aus einer Umbruchsituation heraus ist ein Wandel einfacher vorstellbar als aus einer gefestigten Situation heraus. Und ökologische Erwachsenenbildung könnte einen Beitrag dazu leisten, daß die erwachsene Gesellschaft ihre Zielfunktion zurückgewinnt.

Mit dem Anspruch, ungezogen zu werden gegen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wird Dauber widersprüchlich. Denn das würde bedeuten, daß seinen hier gemachten Vorschlägen nicht gefolgt werden kann, ohne den Vorschlägen zu widersprechen. Bei Begriffen wie 'schöpferischer sozialer Aggresion' bleibt hier auch sehr unklar, was damit gemeint sein könnte.

4.2.6 Ökopädagogik

In kritischer Auseinandersetzung mit Ansätzen der Umwelterziehung und des ökologischen Lernens entwickelt de Haan die Ökopädagogik. Er stellt dazu Ansätze in der Erziehungswissenschaft zur Umweltkrise gegenüber und unterscheidet zwischen Umwelterziehung, ökologischem Lernen und Ökopädagogik.

Umwelterziehung will nach den Haan Problembewußtsein für die ökologischen Krise schaffen, Wissen über Ursachen und Maßnahmen vermitteln und Handlungsfähigkeit und Handlungswillen fördern (vgl. de Haan 1984, S.78). Auch wirtschaftliche und politische Veränderungen sieht er hier gefordert. Das herrschende Naturverständnis und die sozioökonomischen Grundlagen werden kritisiert. Doch Achtung vor der Natur erscheint hier nur als Mittel zum Überleben der Menschheit erforderlich.

"Solange aber der Erhalt der Natur bloßes Mittel des Menschen zur Verbesserung seiner (Über-) Lebenschancen ist, handelt es sich um ein mediatisierendes Interesse, wird das Eigenrecht der Natur gänzlich verfehlt" (de Haan 1984, S.79).

Einerseits wird die herrschende Naturausbeutung nach de Haan in der Umwelterziehung zwar kritisiert, andererseits aber daran festgehalten (vgl. de Haan 1984, S.80). Es wird also mit den Mitteln, die die Zerstörung verursacht haben versucht, die Zerstörung zu stoppen und die totale Naturbeherrschung doch noch zu realisieren. Damit wird deutlich, daß

"Antizipation nicht mehr ist als ein auf-der Stelle-treten, als ein Diskurs der Bestandssicherung technisch-rechnerischen Denkens und Handelns gegenüber der Natur und sich selbst" (de Haan 1984, S.82).

Umwelterziehung hat, wie de Haan findet, zwei gravierende Mängel: Sie sieht Natur mit naturwissenschaftlichen Mitteln und wendet Sozialtechnik und Selbsttechnisierung gegenüber Individuen an. Weiter geht hier die Ökopädagogik. Ihr Ziel ist:

"Naturgemäße Wissenschaft und Technik und natürliche Lebensformen sollen ein natürliches Lernen erlauben, besonders für die nachwachsende Generation, denn in diesen neuen Gemeinschaften soll die gute Natur der Kinder richtig zur Entfaltung kommen können" (de Haan 1984, S.83).

Hier sieht de Haan eine andere Gesellschaft als Ziel. Dazu kann seiner Meinung nach nicht erzogen werden, denn würde die Gesellschaft vorgegeben, würde die Erziehung dazu nur noch als Akt der Manipulation erscheinen. Der Schwerpunkt muß also im nicht-Erziehen liegen. Landkommunen, Kleingärtner oder Hauskreise stehen hier nach de Haan als Idealbilder einer natürlichen Erziehung im Raum. Er sieht damit das Rousseausche Wachsenlassen durchscheinen. Die Einflüsse von Gesellschaft auf die Triebstruktur werden aber übersehen. Und die Verlagerung von Erziehung in Enklaven scheint auch fragwürdig (vgl. de Haan 1984, S.83f.).

"Völlig unbegründet wird so im Regreß auf das Natürliche aus dem, was ist (die alternativen Lebensformen), gewonnen, was auch in Zukunft sein soll" (de Haan 1984, S.85).

Zudem wird nach de Haan in der Ökopädagogik übersehen, daß Natur durchaus Abfälle produziert (z.B. Erdöl) und auch sanfte Technik noch Natur beherrscht. Die Frage sollte hier eher die nach der Beherrschbarkeit der Technik durch den Menschen sein (vgl. de Haan 1984, S.86).

De Haan versucht nun eine Neufassung der Ökopädagogik. Sein Entwurf wendet sich gegen sozialtechnische Erziehungskonzeptionen und sieht die Ursache der Krise in unseren Denk- und Handlungsstrukturen begründet. Sie möchte ein dialogisches Verhältnis im Unterricht und keine Hierarchie erreichen (vgl. Beer/de Haan 1984, S.9). Ausgangspunkt dazu ist eine Wissenschafts- und Technikkritik, die die Paradoxie aufzeigt, die darin liegt, daß die Erfahrung der Naturzerstörung mit den gleichen Methoden wie ihre Zerstörung arbeitet (vgl. de Haan 1984, S.84), und die die Prinzipien von neuzeitlicher Naturwissenschaft und Technik, ihre Zusammenhänge und Absichten darstellt (vgl. de Haan 1984, S.87f.). Zu dieser Kritik muß eine historische Sichtweise kommen. Dadurch möchte de Haan Natur, Wissenschaft und Technik als Gewordenes ausweisen.

"Und indem es als Gewordenes ausgewiesen wird, ist denkmöglich, daß das, was ist, so nicht bleiben muß" (de Haan 1984, S.88).

Für ein zukünftiges Naturverständnis hält de Haan einen Bruch zwischen Gegenwart und Zukunft für erforderlich.

"Der Anspruch auf Kontinuität der herrschenden Gesellschaft im pädagogischen Verhältnis gegenüber den Nachwachsenden scheint obsolet zu sein" (de Haan 1984, S.89f.).

Verfolgt werden sollen nun nicht Utopien der herrschenden Gesellschaft,

"sondern die utopischen Vorstellungen, die Phantasien und Tagträume, die die Lernenden schon bei sich haben" (de Haan 1984, S.90).

Damit kann wenigstens der Selbstbestimmung genüge getan werden (vgl. de Haan 1984, S.90). Doch auch hier bleibt zu fragen, ob das herrschende Verhältnis zur Natur überwunden ist. Darin ist die Aufgabe von Ökopädagogen zu sehen: Kritik von Zukunftsentwürfen, die das fortsetzten, was zur Umweltkrise geführt hat (vgl. de Haan 1984, S.91).

Hier wird nicht deutlich, wie ein Eigenrecht von Natur denkbar wäre und wie das Verhältnis von Mensch und Natur dann zu denken ist. Heids Kritik, die zeigt, daß der Mensch für sein Verhältnis zur Natur selbst zuständig bleibt, wird hier nicht entkräftet. Es könnte sogar vermutet werden, daß hier die Verantwortung für einen schonenden Umgang mit Natur auf die Natur abgewälzt werden soll.

Eine kritische Darstellung von Wissenschaft ist zwar berechtigt. Doch wird eine Darstellung, die nur die Kritik aufzeigt, ohne einen Umgang mit der veränderten Situation zu ermöglichen, allenfalls Angstreaktionen begünstigen, nicht aber zu umweltbewußtem Verhalten anregen. De Haan zeigt hier aber nicht, wie mit der Begrenzung wissenschaftlicher Erkenntnisse umgegangen werden soll.

Warum bei der zunächst kritisierten Ökopädagogik die gesellschaftlichen Verhältnisse auf die Triebstruktur wirken sollen, die Lernenden dann aber bei de Haans Vorschlag keine Utopien der herrschenden Gesellschaft, sondern davon wohl unabhängige Tagträume entwickeln, bleibt unklar. Selbstbestimmung kann zwar so Genüge getan werden, sie kann aber auch in Tagträumen nicht unabhängig von den gesellschaftlichen Verhältnissen gesehen werden.

Unter den Aspekten der Vereinnahmung durch politisches Krisenmanagement, der Kritik am herrschenden Naturumgang, des Verhältnisses zur Zukunft und des institutionellen Rahmens nehmen Beer und de Haan einen Vergleich von Umwelterziehung, ökologischem Lernen und Ökopädagogik vor.

Die Umwelterziehung verliert, wie sie finden, die Distanz zu dem, was bloß nützlich für den Fortbestand der Gesellschaft ist. Auch das ökologische Lernen verliert diese Distanz, allerdings zur konkreten Situation in der alternativen Gemeinschaft. Ökopädagogik beansprucht nach Beer und de Haan dagegen Distanz zur Industriegesellschaft, zur Herrschaft über Natur und Mensch und gegenüber alternativen Lebensformen. Zudem impliziert Ökopädagogik auch Distanz zu sich selbst, also Selbstkritik (vgl. Beer/de Haan 1987, S.33ff.).

Nach Beer und de Haan hält Umwelterziehung auch am neuzeitlichen Verhältnis zur Natur fest. Ökologisches Lernen begnügt sich hier mit einer alternativen Technik, das Naturverhältnis wird nicht kritisiert. Ökopädagogik setzt nach ihrer Darstellung auf die kritische Distanz durch Wissenschafts- und Erkenntniskritik und Wissenschafts- und Technikgeschichte (Beer/de Haan 1987, S.35f.).

In der Frage nach dem Verhältnis zur Zukunft gerät Umweltlernen in ein Dilemma. Denn sie setzt auf Zukunft als aus kybernetischen Modellen bestimmbar. Doch läßt sich die Entwicklung nicht voraussehen.

"Antizipation tendiert nicht auf Neues, sondern darauf, das Unvorhersehbare in den Griff zu bekommen, was nichts anderes ist, als die Gegenwart in  die Zukunft hinein zu verlängern" (Beer/de Haan 1987, S.38).

Die Position des ökologischen Lernens entspricht hier dem der Ökopädagogik: Positive Zukunftsplanung ist unmöglich (vgl. Beer/de Haan 1987, S.38).

Umwelterziehung ist nach Beer und de Haan den Institutionen der Regelschule und den verschulten Bereichen der Erwachsenenbildung zuzuordnen. Das gelernte wird hier ihrer Meinung nach, lebensfern gelernt, kaum handlungsrelevant. Dagegen wird in selbstorganisierten Lernprojekten sehr handlungsnah gelernt. Ökopädagogik liegt hier quer. Ökopädagogik als Reflexionskonzept bezieht sich auf formales wie selbstorganisiertes Lernen (vgl. Beer/de Haan 1987, S.39ff.).

Die Kritik von Beer und de Haan an der Antizipation als Teil des Konzept des innovativen Lernens trifft nicht. Antizipation will versuchen, mit dem Unvorhersehbaren zu rechnen. Das läßt sich im weitesten Sinne so auslegen, daß hier die Beherrschung von Zukunft gemeint ist. Es läßt sich aber auch so auslegen, daß Zukunft als nicht beherrschbare gedacht ist und daher mit Ereignissen gerechnet werden muß, die wir eben nicht vorhersehen können. Die mit der Antizipation verbundene Idee, auf mögliche - nicht auf bekannte - Ereignisse vorzubereiten (vgl. Peccei 1980, S. 35f.), läßt nur die zweite Interpretation zu. Beers und de Haans Fehlinterpretation läßt sich aus der Behauptung erklären, bei der Antizipation werde auf kybernetische Zukunftsmodelle gesetzt. Das ist zwar in den 'Grenzen des Wachstums' der Fall, der acht Jahre später erschienene 'Lernbericht' greift aber auf die Konzeption nicht zurück. De Haan hat hier offenbar die beiden Berichte 'in einen Topf geworfen'.

Ökopädagogik soll sich nun nicht an der herrschenden Gesellschaft orientieren, sondern zu einer anderen Gesellschaft erziehen. Eine Legitimation dafür liefert die Ökopädagogik allerdings nicht. Und wie Erziehung zu einer anderen Gesellschaft möglich sein soll, bleibt hier offen.

Siebert greift die Konzeption von Beer und de Haan kritisch für die Erwachsenenbildung auf. Er sieht bei der für die Umweltkrise verantwortlichen Erwachsenengeneration einen Verlust von Legitimation zu Erziehung. Darum müssen seiner Einschätzung nach Erwachsene sich erst selbst bilden, bevor sie beanspruchen können, Jüngere zu erziehen. Pädagogik und Erwachsenenbildung brauchen daher ein gemeinsames Konzept für ökologische Bildung (vgl. Siebert 1987, S.122). Die bisherigen Ansätze sieht er dabei allerdings recht kritisch:

"Ich habe den Eindruck, daß sowohl H. Dauber wie auch G. de Haan aus der Tradition der Aufklärung aussteigen, ohne daß mir ganz klar ist, welches Wirklichkeitsverständnis und welches Denken an deren Stelle treten kann. Zwar ist die Kritik an der aufklärerischen Erziehung zur Industriosität (d.h. zum beruflichen Fleiß) und zur Glückseligkeit einleuchtend, aber können wir auf Ideen wie Vernunft, Mündigkeit, kritische Rationalität, Bildung verzichten?" (Siebert 1987, S.124)

Deutlich ist für Siebert damit, daß es noch keine zusammenhängende Theorie der ökologischen Bildung gibt, daß aber in ähnliche Richtungen gedacht wird.

"Dabei geht es nicht primär um eine Didaktik des Ökologieunterrichts, sondern um eine Kritik und Standortbestimmung der Pädagogik und Erwachsenenbildung aus ökologischer Sicht" (Siebert 1987, S.124).

In der Ökopädagogik wird Kritik zum Prinzip erhoben. Beer und de Haan machen aber nicht klar, wie Kritik Handeln motivieren kann. Zudem versäumen sie es bei ihrer Konzeption, ethische Fragen zu berücksichtigen. Ihre Kritik an antizipatorischem Lernen kann ich nicht nachvollziehen. Das hier Natur im Interesse des Menschen geschützt werden soll ist zwar richtig, doch wie ein Eigenrecht der Natur denkbar oder gesellschaftlich durchsetzbar wäre, sagen sie hier nicht. Mehr als Sieberts Bemerkung, daß hier in ähnliche Richtungen gedacht wird, bleibt damit kaum übrig.

4.2.7 Naturnahe Erziehung

In kritischer Auseinandersetzung mit Umwelterziehung und Ökopädagogik schlägt Göpfert die naturnahe Erziehung vor.

"Naturnahe Erziehung versucht, dem jungen Menschen einen Zugang zur Natur zu schaffen, indem sie diese als etwas Interessantes und Schönes erfahrbar macht; sie erschließt Natur in der Weise, daß Kinder und Jugendliche diesen Bereich der Wirklichkeit zu ihrer täglichen Erfahrung gehörig empfinden, als einen Lebensbereich, in dem sie sich erholen und stets Neues beobachten und erleben können" (Göpfert 1987, S.21).

Durch einen solchen Naturzugang soll sich eine neue Identität entwickeln, die nicht ichbezogen ist sondern ein "Mitleben mit der Natur" (Göpfert 1987, S.22) beinhaltet. Göpfert sieht die Notwendigkeit einer unmittelbaren Begegnung mit Natur auch bei der Umwelterziehung und der Ökopädagogik gegeben. Durch eine solche Begegnung kann das Objektivitätsverhältnis zur Natur überwunden werden, was die wissenschaftsorientierte Auseinandersetzung in der Schule nicht leisten kann (vgl. Göpfert 1987, S.23-26). Naturbezogene Pädagogik hat nach Göpfert in erster Linie die Erwachsenen im Blick. Sie sollen sich ihrer natürlichen Lebensgrundlage und ihrer natürlichen Lebensumwelt bewußt werden.

"Ziel ist es also, daß der Erwachsene zu einem neuen Selbstverständnis kommt und ein neues Verhältnis seinen Mitmenschen und allen Mitgeschöpfen gegenüber findet" (Göpfert 1987, S.27).

Naturnahe Erziehung bedeutet dann, daß Erwachsene Natur an Kinder vermitteln, so daß beide neue Einsichten gewinnen und sich auf politisches Handeln einlassen können (Göpfert 1987, S.27).

Damit verläßt Göpfert sich darauf, daß die Erfahrung der Natur politisches Handeln motiviert. Doch mehr als Appellcharakter kann Naturerfahrung dabei kaum haben. Das Naturerfahrung ein anderes Verhältnis zur Natur vermitteln und Handeln motivieren kann ist sicher richtig. Doch müssen die gesellschaftlichen Bedingungen für dieses Handeln und die Widerstände im Individuum dabei berücksichtigt werden. Naturerfahrung allein wird daher kein politisches Handeln bewirken.

Aus anthropologischer Sicht wird auf die Bedeutung von frühkindlicher familiärer Sozialisation für das Naturverhältnis hingewiesen (vgl. 4.1.1.). Wenn ökologischer Erwachsenenbildung Erwachsene zu einer Auseinandersetzung mit ihren Naturverhältnis anregen will, dann kann sie damit auch das in der frühkindliche Sozialisation vermittelte Naturverhältnis mit berücksichtigen. In diesem Sinne kann ökologische Erwachsenenbildung auch Gegenstand der Familienbildung sein.

4.2.8 ökologische Bildung

Auch in der ökologischen Bildung steht das Mensch-Natur-Verhältnis im Mittelpunkt. Mikelskis sieht es als Aufgabe der ökologischen Bildung an, dieses Verhältnis neu zu gestalten (vgl. Mikelskis 1988, S.108). Als Elemente ökologischer Bildung nennt er Lernen aus Betroffenheit, das meint über reine Kenntnisvermittlung hinauszugehen; unsere heutige Situation in ihrer Geschichtlichkeit zu begreifen; Entwicklung der Sinne und Schulung der Wahrnehmungen; ganzheitlich Lernen; Ausbildung von Urteilskraft; Handeln lernen, und zwar auch Handeln außerhalb der Lerninstitution, d.h. gesellschaftliches und politisches Handeln; und Orientierung auf eine phantasievolle Gestaltung der Zukunft (Mikelskis 1988, S.111ff.).

Zur Umsetzung dieser Elemente ist vor allem eine erweitertes Methodenrepertoire ist erforderlich: Vortrag/Unterrichtsgespräch, Projekte, Erkundungen/Exkursionen, Fallstudien, Öko-Spiele, Rollen- und Planspiele und Workshops (vgl. Mikelskis 1988, S.114f.). Durch die sieben Elemente ökologischer Bildung, die Umweltthemen und die Methoden entsteht dann der "Raum praktischer Möglichkeiten ökologischer Bildung" (Mikelskis 1988, S.115).

Mikelskis Raum pädagogischer Möglichkeiten sieht zwar politisches und gesellschaftliches Handeln vor. Die gesellschaftlichen Bedingungen und die Schwierigkeiten bei einer Interessenwahrnehmung berücksichtigt er aber nicht. Eine Legitimation von ökologischer Bildung, z.B. durch eine Begründung der Notwendigkeit zur Neugestaltung des Mensch-Natur-Verhältnisses, findet hier überhaupt nicht statt.

Michelsen und Siebert benutzen den Begriff ökologische Bildung, da sie ökologisches Lernen als mißverständlich ansehen. Mit Lernen wird nur ein kognitiver Prozeß angesprochen, der im Sinne des Lernens ökologischer Inhalte und Probleme auch zur ökologischen Bildung gehört, aber erweitert werden muß (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.160). Umwelterziehung sehen sie im Rahmen technisch-naturwissenschaftlicher Reperaturmöglichkeiten oder als Natur-, Landschafts- oder Tierschutzbewegung; ihr Verständnis ökologischer Bildung dagegen stellt gesellschaftliche Strukturen in Frage (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.129). Als Ursache der Umweltkrise sehen sie die vom Menschen geschaffenen gesellschaftlichen Verhältnisse (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.161).

"Dieses Lernen erfordert ein dialektisches Lernen, denn nur eine dialektische Wirklichkeitssicht vermag die Widersprüchlichkeit und Ambivalenz, aber auch die Negation und Überwindung des Bestehenden in unserer Krisenlage progressiv und produktiv zu erfassen" (Michelsen/Siebert 1985, S.160).

Das Problem wird verschärft durch die Krise der Pädagogik, die sich nicht mehr auf die Weitergabe von Verhaltensregeln der älteren an die jüngere Generation beschränkten kann und zudem ihre Selektionsfunktion einbüßt (Michelsen/Siebert 1985, S.160f.).

Das macht Erwachsenenbildung als organisierte Selbstbildung erforderlich, vor allem da Erwachsene in der Umweltkrise nicht nur Opfer, sondern auch Täter sind. Dazu ist eine kritisch betrachtete Wissenschaft, aber kein neues Menschenbild nötig. Doch sollte nach Michelsen und Siebert eine Rückbesinnung auf die Vernunftnatur versucht werden, um den Anthropozentrismus zu überwinden (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.161ff.). Der Beitrag der Pädagogik ist dabei nur in begrenztem Umfang zu sehen:

"Es ist oft genug gesagt worden, auch in diesem Buch: Die Ökologiekrise ist politisch, ökonomisch, technisch, psychologisch bestimmt, und eine Pädagogisierung verkürzt und verschiebt das Problem" (Michelsen/Siebert 1985, S.163f.).

Doch hat Pädagogik die Möglichkeit, Widersprüche offen zu machen und den Wertewandel unterstützen (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.164). Erwachsenenbildung kann dabei von den sozialen Bewegungen nicht erreichte Teilnehmerinnen und Teilnehmer ansprechen. Bei einer so verstandenen Erwachsenenbildung geht es Michelsen und Siebert um eine Aufklärung:

"Wir benötigen einen ökologischen Vernunftbegriff in der Tradition der Aufklärung, wenngleich atomare Aufrüstung und Umweltzerstörung eher Beweise für das Scheitern der Aufklärung sind" (Michelsen/Siebert 1985, S.166).

Dabei ist ihnen vor allem um die Förderung vernetzten Denkens wichtig. Appelle an die Vernunft genügen aber nicht, obwohl ihre Möglichkeiten nicht unterschätzt werden sollten. Ökologische Bildungsarbeit sollte informieren und aufklären, reflexives Lernen fördern, ökologische Erfahrungen ermöglichen, sowie politische Handlungsmöglichkeiten reflektieren und erproben. Die Pädagogen müssen dazu über Sprachkenntnisse, Authentizität, eigene Lernbereitschaft und Humor im Sinne von Heiterkeit verfügen (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.167f.). Eine so verstanden ökologische Bildung muß nach Michelsen und Siebert im Rahmen der Lebenswelt gesehen werden. Dazu gehört die Umwelt und die Wirklichkeit, wie wir sie wahrnehmen.

"Dementsprechend ist ökologische Bildung sowohl politische als auch wissenschaftliche als auch lebensweltliche Bildung" (Michelsen/Siebert 1985, S.58).

Wird ökologische Bildungsarbeit im traditionellen Sinn nur als politische Bildung verstanden, kommt das reflexive und selbstkritische Lernen zu kurz (Michelsen/Siebert 1985, S.60).

"Unsere moderne Lebenswelt ist eine hochgradig industrialisierte und somit technisierte Welt, deren Entwicklung weder wertneutral noch zwangsläufig verlaufen ist, sondern stets im Zusammenhang mit ökonomischen Markt- und politischen Machtinteressen zu sehen ist" (Michelsen/Siebert 1985, S.62).

Schule und Erwachsenenbildung sollten in dieser Lebenswelt mangels konkreter Zukunftsperspektive Reflexionsräume schaffen und zur Selbstaufklärung der Lebenswelt anregen (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.64f.).

"Die pädagogische Bedeutung der Kategorie Lebenswelt besteht darin, daß sie einmal selbst ein Lernfeld ist, aber auch eine Bedingung und zugleich ein Ziel des Lernens in Schule und Erwachsenenbildung" (Michelsen/Siebert 1985, S.69).

Damit sehen Michelsen und Siebert die Notwendigkeit zum Kenntniserwerb, zur Berücksichtigung gesellschaftlicher Strukturen und der Krise der Pädagogik durch Erwachsene als Opfer und Täter und schlagen eine Rückbesinnung auf die Vernunftnatur in der Förderung vernetzten Denkens, reflexiven Lernens, ökologischer Erfahrungen und politischer Handlungsmöglichkeiten vor. Vor allem die Vermittlung und Einübung politischen Handelns im Sinne von Fähigkeit zur Partizipation an Demokratie ist wesentlich. Demokratisches Handeln muß gelernt und geübt werden.

Michelsen und Siebert sehen auch die Anforderungen, die an die Persönlichkeit der Dozentin oder des Dozenten dadurch entsteht. Die gesellschaftlichen Bedingungen politischen Handelns werden aber kaum berücksichtigt und ein differenziertes Bild von Gesellschaft fehlt hier. Die Möglichkeit, daß Erwachsenenbildung Teilnehmerinnen und Teilnehmer anspricht, die nicht in sozialen Bewegungen engagiert sind, ist sicher richtig. Aber wie sie das machen soll oder wie sie mit den zu erwartenden Widerständen, die z.B. durch Angstabwehr zu erwarten sind, umgehen soll, bleibt hier offen. Vor allem aber fehlt hier eine Legitimation ökologischer Erwachsenenbildung, die offenbar nur aus dem Vorhandensein der Umweltkrise heraus begründet wird.

4.2.9 sozioökonomischer Ansatz

Die gesellschaftlichen Bedingungen in Form ökonomischer Überlegungen betrachtet Binswanger. Grundlage ist für ihn eine Erweiterung des Wirtschaftsbegriffs durch die Einbeziehung von Ressourcen und Abfällen. Aus einer solchen Sicht kritisiert er den nachträglichen Reperaturbetrieb der derzeit forcierten end-of-pipe-Technologien und schlägt eine rechtzeitige Einbeziehung von Ressourcenschonung und Abfallvermeidung vor. Wachstum erscheint dann nicht mehr als quantitatives, sondern als qualitatives Wachstum (vgl. Binswanger 1991, S.54-59), das nach Bathen z.B. statt Lohnerhöhungen mehr Freizeit bringen kann (vgl. Bathen 1984, S.18). Neben einer Änderung des Stabilitätsgesetzes, der Eigentumsordnung, der staatlichen Regulierungen (z.B. durch Umlage der Rentenbeiträge auf eine Energieabgabe) sieht Binswanger auch Unternehmen und Konsumenten als Akteure gefordert.

Sachs hält die Verbindung von Ökonomie und Pädagogik allerdings für nicht sehr glücklich:

"Denn in meinen Augen können wir die Pädagogik nicht als Lösung, sondern müssen sie als Teil des ökologischen Problems ansehen" (Sachs 1984, S.14).

Er zeigt an fünf Glaubenssätzen der Ökonomie und den Pedants der Pädagogik, daß Pädagogik zu sehr in ökonomische Kategorien verstrickt ist, um hier zu einer Lösung beitragen zu können.

Reichtum als Ergebnis von Arbeit findet ihr Pendant im produktivistischen Bild vom Lernen, nachdem der Mensch ohne Erziehung nicht zum Menschen werden kann; nur bezahlte Arbeit zählt ebenso wie nur institutionalisiertes Lernen in Unterrichtsstunden zählt; glücklich ist wer viel Produkte besitzt, oder in der Pädagogik: wer viele Abschlüsse besitzt; Produkte sind zu Wohlstand akkumulierbar, was sich auch in der Rede vom Humankapital für die Pädagogik ausdrückt; und: das Gute ist leider knapp, diese Knappheit im Überfluß gilt auch für Bildung,

" [...] vor allem weil durch die Bildungseinrichtungen natürliche Lernmöglichkeiten verloren gehen (Sachs 1984, S.15-23).

Sachs zeigt hier sehr deutlich Einflüsse der Ökonomie auf die Pädagogik. Einen Vorschlag, welche Konsequenzen für die Pädagogik aus diesen Einflüssen ziehen sollte, liefert Sachs hier leider nicht. Der Hinweis auf Reflexion ist zu wenig, es müßte auch gezeigt werden, wie eine solche Reflexion vorgestellt werden kann. Das aber findet nicht statt, und damit ist in diesem Argument eine weiter Einschränkung der Möglichkeiten ökologischer Erwachsenenbildung zu sehen.

Wie Binswanger sieht auch Simonis die Notwendigkeit, Umwelt als Marktfaktor zu berücksichtigen. Dazu hält er neben der Vermeidung und Verzögerung von Umweltschädigung, der Anhebung des Umweltbewußtseins und des Wissensgewinns über Umweltschäden die frühzeitige Beteiligung aller Betroffenen an einem diskursiven Politikdialog und eine dynamische Verschärfung der Emissions- und Imissionsstandards erforderlich (vgl. Simonis 1991, S.143). Für das Individuum bedeuten die existierenden Rahmenbedingungen,

"[...] daß es bei individuellem ökonomischen Rationalverhalten keine hinreichenden Anreize gibt, die Umwelt zu schützen" (Simonis 1991, S.132).

Diesen Aspekt hat Krol weiter ausgearbeitet. Er fragt nach möglichen Gründen für die Kluft zwischen Umweltbewußtsein und Umweltverhalten. Er schlägt einen sozialökonomischen Erklärungsansatz vor. Ausgangspunkt ist dabei der kostenlose Umweltverbrauch, den Krol als Konstruktionsfehler realer Marktwirtschaften sieht (vgl. Krol 1990, S.6). Dieser kostenlose Umweltverbrauch beeinflußt auch das individuelle Verhalten. Aus der Sicht der ökonomischen Verhaltenstheorie steht dabei für Krol das praktische Verhalten, das Kosten-Nutzen-Kalküle zur Grundlage hat, im Mittelpunkt. Verhaltensänderungen stellen sich nach seiner Sicht dann ein, wenn sie von Vorteil für die und den Einzelnen sind. Hier zeigt sich, daß die Kosten für die Gemeinschaft zwar sehr hoch sind, die und der Einzelne bei umweltschädlichem Verhalten zur Zeit aber Gewinne verbuchen kann (vgl. Krol 1990, S.9f.): die Rationalitätsfalle. Sie läßt sich anhand des Gefangenendilemmas verdeutlichen:




andere

Individuen



umweltverträglich

nicht umweltverträglich



Individuum

umweltver­träglich

Nutzen 20 EH

Kosten 10 EH

Nettonutzen 10 EH

Nutzen 0 EH

Kosten 10 EH

Nettonutzen - 10 EH


nicht umweltverträglich

Nutzen 20 EH

Kosten 0 EH

Nettonutzen 20 EH


(vgl. Krol 1990, S.13)

Der größte Nutzen entsteht bei der "Trittbrettfahrerposition": Einfordern und Nutzung umweltverträglicheren Verhaltens anderer bei eigenem umweltschädigendem Verhalten. Kritisiert wird von Krol damit nicht der Aufbau ökologischen Wissens und die Förderung von Umweltbewußtsein, sondern die Annahme, sie würden zu umweltverträglichem Verhalten führen. Um das zu erreichen, müßte der Staat die Rahmenbedingungen ändern (vgl. Krol 1990, S.16).

Während bisherige Umwelterziehung auf den Erwerb von Verhaltensdispositionen abstellt, werden in der ökonomischen Verhaltenstheorie Beschränkungen des Handlungsspielraumes in den Mittelpunkt gestellt, die für die Umsetzung dieser Dispositionen maßgebend sein können (vgl. Krol 1991, S.142). In der Umwelterziehung sollten sozioökonomische Aspekte berücksichtigt werden, d.h.

" [...] auch die Grenzen individueller Lösungsansätze verdeutlicht, ihre Ursachen erklärt und auf diese Weise die politischen Entscheidungen gefördert werden, die in parlamentarischen Demokratien für eine wirksamere, d.h. anreizkonforme Umweltpolitik unerläßlich sind" (Krol 1990, S.18).

Elemente einer sozioökonomischen Bildung sollten das Aufzeigen individueller Handlungsmöglichkeiten bei Relativierung anhand von Wirksamkeitsgrenzen; das Aufzeigen von Anreizstrukturen für Verhaltensalternativen; die Auseinandersetzung mit grundsätzlichen Ansatzpunkten staatlicher Umweltpolitik; die Verdeutlichung, daß eine wirksame Umweltpolitik und damit Umweltschutz nicht zum Nulltarif zu haben sind und die begrenzten Wirkungsmöglichkeiten einer nachsorgenden Umweltpolitik sein (vgl. Krol 1991, S.144). Mit einem solchen Ansatz kann ein "innovatorisches Verbraucherverhalten" (Krol 1991, S.137) erreicht werden.

Krol belegt hier die ökonomische Grenzen umwelfreundlichen Verhaltens, die eine wesentliche Grenze ökologischer Erwachsenenbildung darstellen. Er unterschätzt aber mögliche Einflüsse von Verbraucherinnen und Verbrauchern auf solche Grenzen. Denn eine Auseinandersetzung mit Möglichkeiten staatlicher Umweltpolitik kann, z.B. bei Politikerinnen und Politikern als Zielgruppe, durchaus auch auf diese Grenzen zurückwirken, ebenso wie in einer Demokratie für viele die Beteiligung am politischen Diskurs denkbar wäre.

4.2.10 Politische Bildung

Buschmeyer beschäftigt sich mit der Bedeutung von politischer Bildung im Zusammenhang ökologisch orientierter Veranstaltungen. Politische Bildung soll seiner Meinung nach die Menschen dazu anregen, an der Gestaltung und Regelung ihrer Umwelt mitzuwirken. Dazu gilt es, die Rolle der und des Einzelnen und die von Wirtschaft, Industrie, Staat und Interessenverbänden zu klären, das latent Politische sichtbar zu machen, Methoden zu seiner Bearbeitung zu finden und den gesellschaftlichen Austauschprozeß über für die Gesellschaft wichtige Fragen anzuregen. Die Möglichkeiten von Weiterbildung sieht er dabei in der Wahrnehmungsförderung, der Forumsfunktion und der Kenntnis- und Bewußtseinserweiterung (vgl. Buschmeyer 1991, S.74).

Das ökologische Bildung auch als politische Bildung zu verstehen ist wurde schon deutlich. Buschmeyer fordert hier eine differenziertere Sicht der gesellschaftlichen Einflüsse und unterscheidet dabei unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen. Leider berücksichtigt er weder die ethischen Implikationen der Umweltbildung, z.B. in der Naturwahrnehmung, noch macht er Vorschläge, wie denn eine Kenntnis- und Bewußtseinserweiterung zu leisten ist.

4.2.11 Verbraucherbildung

Etwas konkreter wird da Freitag, der Verbraucherbildung in den Mittelpunkt stellt. Dabei spielen für ihn wissensmäßige und handlungsbezogene Ansätze im Sinne einer politischen Bildung eine wesentliche Rolle. Der Verbraucher soll die Mittel erlernen, auf politischem, wissenschaftlichem und wirtschaftlichem Weg die Mechanismen der Industriegesellschaft mitzubestimmen. Sparsames Verhalten als umweltschonender Verbrauch, Recycling und der Kauf langlebiger Produkte sind dabei wichtig (vgl. Freitag 1984, S.25f.); oder, nach Schmidt, die Vermittlung abfallvermeidenden Verhaltens (vgl. Schmidt 1988, S.71). Wichtig ist für Freitag aber auch die Persönlichkeitsbildung. Sie sollte zur Teilnahme an gesellschaftlichen Kommunikationsprozessen befähigen.

"In diesem Rahmen hat die gesellschaftliche Bildung wohl ihre größten Reserven, in deren Ausschöpfung sich wahrscheinlich auch die größten Wirkungen erzielen lassen" (Freitag 1984, S.26)

Leerlauf zwischen Theorie und Praxis kann Bildung dabei durch Beziehungen zu gesellschaftlichen Gruppen, die sich mit dem jeweiligen Thema beschäftigen, vermeiden (vgl. Freitag 1984, S.26).

Freitag stellt damit die Bedeutung der Persönlichkeit im gesellschaftlichen Kontext heraus. Eine Begründung für seinen Ansatz liefert er aber nicht. Zur Verbraucherbildung hatte Berger mit seinem Konzept des qualitativen Konsums umfassendere und besser begründete Vorschläge gemacht.

4.2.12 Gesundheitsbildung

Ein mit ökologischer Erwachsenenbildung eng verbundenes Gebiet ist die Gesundheitsbildung. Ihr liegt nach Venth ein Wandel im Gesundheitsverständnis zugrunde: Der medizinische Gesundheitsbegriff wird durch einen sozialen ersetzt (vgl. Venth 1988, S.202). Dabei ist ein enger Zusammenhang zur Umweltbildung zu sehen:

"Spricht die Umweltbildung den Menschen in seinem Verhältnis zur äußeren Natur an, so macht die später einsetzende Gesundheitsbildung den Menschen selbst zum Thema" (Venth 1988, S.195).

Beides kann als sich Ergänzendes gedacht werden, denn zwischen Körper und Umwelt ist nicht eindeutig zu trennen. Die Grenze zwischen Subjekt und Objekt kann damit überbrückt werden (vgl. Venth 1988, S.196). Es können Zusammenhänge aufgezeigt, Wissenschaftsorientierung und Erkenntniskritik vermittelt, Sinnlichkeit, Ganzheitlichkeit und Solidarität erfahren und pfleglicher Umgang mit der Natur geübt werden (vgl. Venth 1988, S.197).

Für wesentlich hält Lenski dabei die kritische Auseinandersetzung mit dem Gesundheitsbegriff. Er schlägt vor, Gesundheit als Ware und die Taylorisierung des Körpers (nebst der des Geistes) zu hinterfragen. Dabei kann die Individualisierung sozialer Ursachen von Schäden offen werden (Lenski 1988, S.206). Wesentlich ist ihm dabei die Persönlichkeit der Dozentin und des Dozenten:

"Viel steht und fällt mit der Qualität | bzw. Integrität, d.h. Glaubwürdigkeit der Kursleiterin oder des Kursleiters: Kommt in seiner Persönlichkeit rüber, was sie oder er vermittelt und wie authentisch sie oder er ist?" (Lenski 1988, S.207f.)

Jede Kursleiterin und jeder Kursleiter muß daher bei sich selbst anfangen (vgl. Lenski 1988, S.208). Den besonderen Anforderungen an Einstellung und Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Gesundheitsbildung muß Rechnung getragen werden (vgl. Bielser 1988, S.201).

Gesundheitsbildung kann also ökologische Erwachsenenbildung ergänzen. Auch hier sind nach Venth das Naturverhältnis und nach Freitag die gesellschaftlichen Bedingungen zu berücksichtigen. Meiner Meinung nach liegt aus Sicht einer ökologischen Erwachsenenbildung die besondere Chance in der Gesundheitsbildung, daß sie den Kreis potentieller Teilnehmerinnen und Teilnehmer erweitert.

4.2.13 Zusammenfassende Thesen

Diese Arbeit fragt nach Zielen der Erwachsenenbildung im Zusammenhang ökologischer Bildungsarbeit. Im nächsten Abschnitt wurden nun verschiedene Konzeptionen und ihre Ziele vorgestellt.

Als wichtige Ziele werden die Wissensvermittlung im Sinne biologischer Formenkenntnisse (Mayr) oder als Selbstinformation (Braun), Kenntnis der ökologischen Betrachtungsweise und von Systemzusammenhänge sowie Kenntnis von Konfliktfeldern (Dick/Seybold) gesehen. Menschen sollen für Umweltprobleme sensibilisiert werden (Braun), Werthaltungen ausformen (Dierks und Fietkau), zur Mitwirkung befähigt werden, zu kognitiver Problemlösekompetenz, zum Fällen von Werturteilen, zu umweltbewußten und politischem Handeln (Braun), zum Risikovergleich und zur Abschätzung der Aussagesicherheit von solchen Vergleichen, zur wissensgestützten Vorsicht (Kahlert), zum vernetzten und korrespondierenden Denken (Götte), zu Antizipation und Partizipation (Peccei), zu Vernunft und Solidarität und zu gewaltfreiem Widerstand nebst ökologischer Selbstbegrenzung (Kern/Wittig). In ökologischer Bildungsarbeit sollen Anwendungshinweise gegeben (Götte), die Bereitschaft zu aktivem politischem Handeln (Dierks/Fietkau) und zur Veränderung des eigenen Verhaltens gefördert und die Bürger zur politischen Einflußnahme und fruchtbaren Diskussion befähigt werden (Dick/Seybold). Kenntnis ökologischer Zusammenhänge sind zu vermitteln und Rückkoppelungsmöglichkeiten und Rechte auf Gemeinheit, Befremdung, Ungezogenheit und Eigensinn zu schaffen (Dauber), Wissenschafts- uns Technikkritik nebst einem anderen Naturzugang und einer neue Identität sind zu vermitteln (Göpfert), usw. usw.

Die Liste der Forderungen an eine ökologische Bildungsarbeit und damit an eine ökologische Erwachsenenbildung ist lang. Die vielfältigen Begriffe machen deutlich, daß ein geschlossener Ansatz nicht vorliegt. Das wird auch in den zahlreichen Problemen deutlich:

Ökologisch richtiges Verhalten wird nicht begründet (Urban), eine geistige Umerziehung wird nicht legitimiert und die Unmöglichkeit ökologischen Basiswissens nicht bedacht (Braun), die Ergebnisse sind widersprüchlich (Gerds und Lehmann/Mayr), es werden keine Konsequenzen aus den Untersuchungen gezogen (Langeheine und Lehmann, Kessel und Tischler), die Grenzen von Bildungsarbeit werden nicht bedacht (Kahlert) oder die theoretischen Vorannahmen nicht berücksichtigt (Dierks und Fietkau), die gesellschaftlichen Strukturen werden nicht beachtet (Götte, Fingerle), die Ziele werden nicht begründet (Dick/Seybold) oder die Ansätze sind sogar widersprüchlich (Dauber).

Die Ansätze stellen also nicht nur eine lange Liste von Forderungen auf, die Konzepte beinhalten meist auch mehr oder weniger schwerwiegende Probleme. Probleme werden auch die Adressatinnen und Adressaten bekommen: Den hier vorgeschlagenen Ansprüchen kann allenfalls ein perfektes Publikum gerecht werden. Und für dieses Publikum bleibt sogar offen, ob es sich nach den Vorschlägen richten sollte.

Damit ist das konzeptionelle Defizit ein erstes Problem, daß für eine ökologische Erwachsenenbildung gelöst werden sollte. Die Möglichkeiten der Adressatinnen und Adressaten müssen in einem solchen Konzept beachtet werden.

In den dargestellten Konzeptionen sind eine Reihe von möglichen Grenzen ökologischer Erwachsenenbildung aufgeführt:

So hat weder die Gesundheits-, Tier und Pflanzengefährdung, die Bedrohung des Lebensstandards, oder die Gefährdung der Wirtschaftskraft Auswirkungen auf das Verhalten (Gerds und Lehmann), Medien vermitteln kaum Wissen über die Umweltkrise (Langeheine und Lehmann); die gesellschaftliche Rahmenbedingungen setzen der Bildungsarbeit Schranken (Dierks und Fietkau), z.B. durch Lernbarrieren wie Machtmißbrauch beim Rüstungswettlauf (Peccei), durch die Einflüsse der ökonomische Bedingungen auf die Pädagogik (Sachs) und in ihren Wirkungen auf das individuelle Handeln (Krol). Dabei Ändert sich die und der Einzelne nur langsam (Kern), und ob Erziehung gesellschaftliche Strukturen überhaupt beeinflussen kann und sich nicht nur an diese anpasst ist fraglich (Treml).

Diese Grenzen haben alle eines gemeinsam: Vorschläge, wie sie in einer ökologischen Bildungsarbeit oder einer ökologischen Erwachsenenbildung berücksichtigt werden können, finden sich nicht. Auch diese Grenzen sollten in einem Konzept berücksichtigt werden.

4.3 Praxis ökologischer Erwachsenenbildung

4.3.1 Didaktik

Eine didaktische Konzeption ökologischer Erwachsenenbildung entwickeln Michelsen und Siebert. Sie wollen damit das reflexive Lernen fördern (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.77). Mit dem Club of Rome unterscheiden sie dazu zwischen tradiertem und ökologischem Lernen. Ökologisches Lernen als Persönlichkeitsbildung zeichnet sich durch eine Schärfung der Umweltwahrnehmung, die Vermittlung von Einsichten in Zusammenhänge von Mensch, Natur, Technik und Gesellschaft, einer Orientierung zur Meinungs- und Urteilsbildung, durch Befähigung zum Handeln und zum Dialog und durch die Förderung sozialer Phantasie aus (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.79).

Didaktische Kriterien dieser Konzeption sind das Lernen aus Erfahrung als Lernanlaß, Lernen aus Betroffenheit als Lernförderung, ganzheitliches Lernen als Verbindung kognitiver und affektiver Lernelemente im Lebenszusammenhang, besinnen Lernen als reflexives Lernen zur Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsfindung und ökologisch Handeln Lernen als zielgerichtete Einwirkung auf die soziale und natürliche Umwelt und als kommunikatives Handeln (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.80-87).

Dabei ist tradiertes Lernen nicht auszublenden, sondern als Grundlage für innovatives Lernen zu sehen, daß sich durch Partizipation im Sinne einer Motivation der Lernenden zur Selbstbestimmung ihrer Lernziele und -methoden und Antizipation im Sinne einer Ergänzung zum Erfahrungslernen durch die Verknüpfung theoretisch - begrifflichen Lernens mit kreativ-entdeckendem Lernen auszeichnet. Didaktisch gesehen ist Ökologie daher ein Querschnittsfach, womit Ökologie als Unterrichtsfach und Unterrichtsprinzip zugleich erscheint (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.90-95).

Eine Didaktik ökologischer Erwachsenenbildung entwickelt Müller. Er sieht als Handlungsebenen einer Didaktik die gesellschaftliche Funktion, die institutionellen Bedingungen, die Didaktik der Erwachsenenbildung und die Kommunikation in Lehr- Lern- Prozeßen (vgl. Müller 1993a, S.72ff.). Bei der didaktischen Planung unterscheidet er zwischen der Festlegung der Ziele und der Festlegung der Inhalte (vgl. Müller 1993a, S.98). Dabei sieht er die Notwendigkeit, auch Handlungsanweisungen für die Praxis zu geben:

"Meines Erachtens ist dagegen solange nichts einzuwenden, als diese zum Zwecke praktischer Orientierung formulierten Sätze nicht unter dem Signum gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis und mit dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit vertreten werden" (Müller 1993a, S.99).

Didaktische Prinzipien sind für ihn die Betroffenheit, die Erfahrungsorientierung, die Handlungsorientierung, die biographische Orientierung, Ganzheitlichkeit und Reflexivität, exemplarisches Lernen, Wissenschaftlichkeit, Interdisziplinarität, Vernetzung, Gesellschafts- und Geschichtsbezug und Zukunftsorientierung (vgl. Müller 1993a, S.109-129). Dabei kommt der Kursleiterin und dem Kursleiter erhebliche Bedeutung zu. Müller lehnt aber die Formulierung eines Lernzielkatalogs ab und schlägt stattdessen verschiedene 'Suchbegriffe' vor, die von der Kursleiterin oder dem Kursleiter in konkrete Ziele umgesetzt werden müssen (vgl. Müller 1993a, S.148f.). Dabei unterscheidet er zwischen der:

- sensitiven Dimension (Sensibilisierung, Bewußtmachung von Wahrnehmung);

- kognitiven Dimension (Detaillwissen, Informationswissen, Ordnungswissen und Orientierungswissen; Strategien und Kreativität);

- affektiven Dimension (Genuß, Mitgefühl, Verantwortung, Engagement, Solidarisierung, Ermutigung);

- psychomotorischen Dimension (Handlungsalternativen, instrumentelle Fertigkeiten, Unterlassen, Identität).

(vgl. Müller 1993a, S.151-178)

Müller stellt dann Umsetzungsmöglichkeiten dieser Ziele anhand verschiedener Programme und Methoden ökologischer Erwachsenenbildung vor.

Seine umfassende Konzeption sieht dabei zwar die gesellschaftlichen Einflüsse auf Erwachsenenbildung, vernachlässigt aber die politischen Einflußmöglichkeiten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die Gesellschaft. Warum er nur die Kursleiterin und den Kursleiter und nicht auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die Ziele verantwortlich hält, bleibt unklar.

Müller bezieht Verantwortung bei der affektiven Dimension seiner Suchbegriffe auf Jonas. Er übersieht dabei, daß Jonas seinen Verantwortungsbegriff ausdrücklich für 'kollektive Täter' entwickelt. Müller versäumt zu zeigen, daß dieser Begriff auch auf Individuen anzuwenden ist. Das ist auch in anderen Ansätzen nicht zu finden.

4.3.2 Institutionen/Orte

Einen besonderen Ort für ökologisches Lernen hat die deutsche Vereinigung geschaffen. Der Einigungsvertrag sieht die Einheitlichkeit der ökologischen Lebensverhältnisse vor (vgl. Altvater 1991, S.8). Und in der Tat war angesichts der geringen ökomisch-technischen Sachzwänge, angesichts des erforderlichen Umbaus von Betrieben und Infrastruktur, der hohen Bereitschaft zu radikalen Veränderungen und den international vorhandenen Erfahrungen hier ein

"[...] historisch sehr seltenes Entscheidungsfenster mit einem breiten Spektrum an möglichen Entwicklungspfaden [...]" (Borner, 1991, S.14)

eröffnet.

Doch müssen Betriebe zwingend ökonomisch arbeiten. Ökologisches Vorgehen wird so oft unmöglich gemacht. Zudem favorisieren marktwirtschaftliche Systeme Individualisierungstendenzen, was zu Externalisierungstendenzen führt (vgl. Altvater 1991, S.11). Und so stellt Borner fest, daß die Chancen nicht genutzt werden. Er sieht vor allem politisches Versagen als Grund (vgl. Borner 1991, S.15)

Den Betrieb als Lernort zur ökologischen Orientierung schlägt Müller vor. Dabei sollen Kenntnisse vom Umweltrecht über Bezugsquellen bis zu ökologischem Controlling vermittelt werden, aber auch die Fähigkeit, Ökologie als Führungsaufgabe zu begreifen und die Umsetzung im Betrieb durch einen sozialen Prozeß zu erreichen, was vor allem Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Entscheidungen meint. Dazu müssen die Führungskräfte selbst motiviert sein und über Sozial- und Selbstkompetenz verfügen (Müller 1993b, S.124).

Ökologische Angebote sollten neue rechtliche und technologische Entwicklungen aufarbeiten, ökologische Inhalte in das bestehende Angebot integrieren und Anstöße zum Weiterdenken vermitteln. Eine Möglichkeit dazu ist der Dialog mit Kritikerinnen und Kritikern, z.B. Umweltverbänden und kritischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Als Methoden schlägt Müller die ökologische Betriebserkundung, die den Betrieb unter einer neuen Perspektive erfahrbar machen soll, die Zukunftswerkstatt ökologischer Betrieb, die zur Erarbeitung und Umsetzung von Zukunftsvorstellung geeignet ist und Outdoor-Trainings, die bei Natursportarten wie Kajakfahren, Segeln und Klettern an Führungskräften Freude, Inspiration und Erholung vermitteln können vor (vgl. Müller 1993b, S.125ff.).

Soziale Bewegungen, als Bürgerinitiativen, Umweltverbände oder örtliche Initiativen, werden oft als Vorbild für ein umweltgerechtes Lernen angesehen. Als Beispiele dafür können die von Oeser geschilderten Auseinandersetzungen um die Startbahn West in Frankfurt und die von Michelsen und Siebert dargestellten um das Atomkraftwerk Whyl gesehen werden.

1965 gründete sich die Interessengemeinschaft zur Bekämpfung des Fluglärms in Frankfurt. Dabei war ein Hauptproblem, den Protest über einen langen Zeitraum aufrechtzuerhalten. Doch bis 1978 wuchs das Umweltbewußtsein, so daß die Motivation zu neuen Aktionen besser wurde. 1980 wurde dann die Rundhütte auf dem Gelände gebaut, es entstand das Hüttendorf, motiviert auch durch den Hungerstreik der örtlichen Parteivorsitzenden. Die Öffentlichkeitsarbeit nahm deutlich zu (vgl. Oeser 1987, S.599f.).

Hier ergaben sich für die Beteiligten zahlreiche Lernfelder: So wurde von vielen praktische Demokratie erlernt, die Menschen beschäftigten sich mit dem Rechtsstaat und seinen Grundlagen, sie lernten die gesellschaftlichen Gruppen kennen und auch im traditionellen Sinn gab es reichlich Lernmöglichkeiten, von den Kinderbetreuungen bis zur Walduni (vgl. Oeser 1987, S.604ff.).

Bei der Volkshochschule Wyhler Wald, die im Rahmen des Protests gegen das Atomkraftwerk Whyl entstand, zeigte sich, daß der regionaler Bezug in Verbindung mit der Verdeutlichung der politischen Dimension, die Auseinandersetzung mit ökologischen Fragen, die Verbindungen zu anderen Initiativen und das Ziel, den Bau des Atomkraftwerks zu verhindern, ihre Entstehung motivierten (Michelsen/Siebert 1985, S.150).

Meiners sieht aber auch Grenzen der Wirkung solcher Bewegungen:

"Die Erziehung durch Konsumalltag und Schule hat uns fest im Griff" (Meiners 1987, S.176).

Für Umweltverbände ist es daher schwer, eine Lücke zu finden. Mit ihrer kleinen Mitgliederzahl (Deutscher Bund für Vogelschutz, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Deutscher Naturschutzring, World Wildlife Found, Deutsche Umwelt Aktion, Greenpeace, Robin Wood, Deutsche Umwelthilfe insgesamt 300.000 Mitglieder, davon 6.000 Aktive) können sie wenig erreichen. Doch werde unkonventionelle Wege gegangen, es ergeben sich Chancen und Handlungsspielräume, die z.B. im Lehrerservice genutzt werden.

Chancen liegen in der lebenslangen Einwirkung mit den Erziehungszielen, den konkreten Anlässen und der Auflösung der Beziehung zwischen Lehrerin bzw. Lehrer und Schülerin bzw. Schüler. Es zählen die direkten Änderungen in der Umwelt (kein Produkt) und es ist keine perfekte Theorie erforderlich, sondern Praxisnähe gefragt. Dank kurzer Wege können Ideen schnell umgesetzt werden, es gibt kein Fächerdenken und Fachwissen kann non-formal vermittelt werden. Unvermeidbare Fehlgriffe und Fehler können schnell korrigiert werden (vgl. Meiners 1987, S.177ff.).

Umweltverbände und Bürgerinitiativen können von lokaler Betreuung bis zu landesweitem Service alles anbieten. Sie haben sich durch die Nutzung dieser Chance einen bedeutenden Platz bei der Förderung des Umweltbewußtseins erobert (vgl. Meiners 1987, S.184).

Umweltzentren können nach Eulefeld ökologisch orientierte Bildungsarbeit sinnvoll ergänzen, denn hier können Einsichten mit eigenem Erleben verknüpft werden. Praktisches Tun ist dabei ein effektives Mittel der Umwelterziehung (Eulefeld 1987, S.636).

"Unter "Umweltzentrum" wird hier eine Einrichtung verstanden, in der das Engagement für eine aktive Auseinandersetzung mit der natürlichen, gebauten und sozialen Umwelt gefördert werden soll" (Eulefeld 1987, S.637).

Hier sollen Kenntnisse vertieft, Erfahrungen in natürlichen, gebauten und sozialen Umwelten vermittelt, die Umweltsituation untersucht und Alternativen entwickelt werden (vgl. Eulefeld 1987, S.637f.). Dabei ergibt sich ein buntes Bild: Es lassen sich Schulbiologiezentren, Informationszentren, Ökozentren, Umwelterziehungszentren, Naturparkzentren, Gartenzentren, Waldheime und Freilandlabors unterscheiden (vgl. Eulefeld 1987, S.640ff.).

Ein Beispiel für ein Naturparkzentrum ist das Haus Wildenrath. Es wurde mit einem Naturlehrpark 1966 im Naturpark Schwalm-Nette eingerichtet und besteht aus Lehrpfaden und einem Besuchergebäude mit einer Feldstation. Dozentinnen und Dozenten stehen nicht zur Verfügung, sondern müssen mitgebracht werden. Es sind verschiedene Unterrichtsmaterialien und einfache Unterbringungsmöglichkeiten vorhanden (vgl. Dahmen 1987, S.645ff.).

"Das vielfältig gegliederte Lehrparkgelände um das Haus Wildenrath und am Kuhberg [...] bietet Möglichkeiten zur kurzzeitigen und wiederholten Verknüpfung konkreter Naturbeobachtung mit theoretischer Einführung und Auswertung im Unterrichtsraum des Besuchergebäudes" (Dahmen 1987, S.651).

Allgemein stellt Heger fest: In Institutionen mit gesellschaftlichen Interessen wird die Problematik "immer sehr eng mit dem jeweiligen institutionellen Profil geführt" (Heger 1987a, S.170). Hier stehen technische Rationalität und das Denken in Nützlichkeiten im Mittelpunkt. Antizipation gehört in diesen Rahmen, es droht die Gefahr der Funktionalisierung. Selbstorganisierte Einrichtungen leben davon,

"[...] über die Vergewisserung der eigenen Erfahrung Schritte in neue Handlungsdimensionen zu entwickeln und zu gehen. [...]. Parteilichkeit statt Neutralität heißt das Prinzip, mit dem auch gegen vorschnelle Integrationsversuche durch etablierte Einrichtungen standgehalten werden kann" (Heger 1987a, S.171).

Es scheint mir problematisch, ökologische Erwachsenenbildung in etablierten Einrichtungen als 'vorschnellen Integrationsversuch' abzutun. Um erfolgreich zu sein, muß ein möglichst großer Kreis von Teilnehmerinnen und Teilnehmern angesprochen werden. Mit einer Ausgrenzung von Angeboten ist das sicher nicht zu erreichen. Hier ist eher auf eine große Vielfalt zu setzen. Dadurch können Erwachsene in allen Lebensbereichen angesprochen werden. Und sie können auswählen, von wem sie sich wie weiterbilden lassen, also die Verantwortung für die diese Entscheidung übernehmen.

Dabei ist vor allem der Lernort Betrieb, sicher eines der wichtigsten Lebensfelder einer oder eines Erwachsenen, bisher kaum berücksichtigt worden. Müller stellt einen Ansatz für Führungskräfte vor, der über die ökologische Betriebserkundung für die Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellten genutzt werden kann, wohingegen das von ihm vorgeschlagene Outdoor-Training kaum dazu beitragen dürfte, Achtung vor Natur zu gewinnen.

Auch soziale Bewegungen und Umweltzentren sollten nicht vernachlässigt werden. In den Verbänden ist die institutionalisierte Wahrnehmung demokratischer Verantwortung möglich, Umweltzentren können zu einer veränderten Wahrnehmung von Natur beitragen.

Durch die Vielfalt unterschiedlicher Angebote, die, wie Heger richtig schreibt, immer mit bestimmten Interessen verbunden sind, kann insbesondere ein Beitrag zur Meinungsbildung des Individuums geleistet werden.

4.3.3 Methoden

Die vielfältigen Anforderungen an eine ökologische Erwachsenenbildung sprengen die Möglichkeiten vieler Methoden. Es gibt verschiedene Vorschläge, die es erlauben, mit den Anforderungen umzugehen. Ich werde hier fünf davon vorstellen: Das Mediationsverfahren, die ökologische Denkwerkstatt, die Öko-Denkwerkstatt, die Zukunftswerkstätten und die Planungszelle.

Mediationsverfahren, die Fietkau vorstellt, zielen auf Einzelfallösungen ab, die nicht einklagbar sind, aber für die beteiligten Akteure nutzbringend sein können.

"Die Gestaltung von Verhandlungen, die auf ein solches Ziel gerichtet sind, kann Aufgabe politischer Bildungsarbeit sein" (Fietkau 1991, S.90f.).

Damit wird Umwelt zwar als verhandelbares Gut gesehen, aber es geht es nicht darum, ob darüber verhandelt werden soll - was unvermeidbar erscheint -, sondern auf welcher Ebene. Dabei kann Verantwortung durch geeignete Partizipationsformen gefördert werden. Zugleich wird ein Beitrag zu sachgerechten Problemlösungen ermöglicht (vgl. Fietkau 1991, S.91f.). Fietkau definiert Mediationsverfahren so:

"Techniken, mit deren Hilfe (Interessen-) Konflikte zwischen zwei oder mehr Parteien unter Hinzuziehung eines neutralen Dritten beigelegt werden sollen, bezeichnen wir als Mediationsverfahren" (Fietkau 1991, S.93).

Die Rolle der Moderatorin oder des Moderators beschränkt sich dabei auf Hilfestellungen. Ziel ist es, eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung zu finden. Wichtig ist dabei eine Vorstrukturierung durch die Moderatorin oder den Moderator, ein Anreiz für die Akteure zu einer Lösung zu kommen und die Bereitschaft, sich auf die Gegenseite einzulassen. Zentrale Bedeutung hat die Anwesenheit von Personen, die die Ergebnisse umsetzen können (vgl. Fietkau 1991, S.93f.). An die Moderatorin und den Moderator werden dabei hohe Anforderungen hinsichtlich der Neutralität, dem sozialem Status und der Kompetenz gestellt (vgl. Fietkau 1991, S.95 und S.98f.).

Dabei können Träger politischer Bildungsarbeit sich selbst als Interessenvertreter verstehen, oder sie können sich als neutral einschätzen und zum Träger von Mediationsverfahren werden.

Snellow schlägt als Methode die ökologische Denkwerkstatt vor. Bei der ökologischen Denkwerkstatt ist das Ziel:

"Es sollte ein Weg des praktisch anzuwendenden 'ökologischen Denkens' gefunden werden, der die Teilnehmer in die Lage versetzt, in differenzierter Betrachtung und Würdigung von Zeit, Ort und Umständen ihrer persönlichen Situation die jeweils angemessene, passende und machbare ökologische Lösung selbst zu finden" (Snellow 1991, S.103).

Dazu sind Denkerfahrungen zu vermitteln und bewußt zu machen, verlorene Fähigkeiten und Wahrnehmungen zu schulen und Sensibilität für die Umweltwirkungen unseres alltäglichen Denkens und Handelns zu entwickeln. Inhaltliche Positionen, Entscheidungen und Wertungen unter besonderen Gesichtspunkten sollen offengelegt und Alternativen entwickelt werden. Dazu werden zunächst Informationen angeboten, Selbsterleben geübt und nach dieser Sensibilisierung die Methode der sieben Denkschritte angewandt (vgl. Snellow 1991, S.106f.).

Die Methode der sieben Denk-Schritte ist ein Vorschlag, theoretische Erkenntnisse aus den Sensibilisierungen in eine alltagstaugliche Alternative zu wenden (vgl. Snellow 1991, S.115).

Die sieben Schritte orientieren sich an den Fragen:

- Entspricht die Handlung ökologisch-biologischen Prinzipien?

- Wem nützt die Handlung?

- Wird ein Ziel maximiert oder werden mehrere Ziele optimiert?

- Ist die Handlung nur kurzfristig vorteilhaft oder auch langfristig vertretbar?

- Wird rein materiell und in Mengen gedacht oder werden auch Qualitäten berücksichtigt?

- Liegt die Handlung mehr im technisch-materiellen oder mehr im verhaltensändernden Bereich

- Ist die Angemessenheit der Handlung bedacht?

(vgl. Snellow 1991, S.115)

Heger hat die Öko- Werkstatt entwickelt. Öko- Werkstätten sollen die Vielgestaltigkeit und die vernetzten Zusammenhänge der verschiedensten Ursachen und Wirkungsformen hervorheben (vgl. Heger 1987b, S.654).

Die Werkstatt-Idee war in den 20ern im Zusammenhang ökonomischer Fragen entstanden und dann von Jungk ohne diese Implikationen wieder aufgegriffen worden. Merkmale sind die Orientierung weder nur an Wissensaneignung noch nur an Selbstreflexion, die Fülle von Lehr- und Lernformen, die Einheit von Rahmenbedingungen, Atmosphäre und Inhalt, das Schwergewicht auf dem eigenständigen Tun, des offenen Arrangements, dem kollektiven Lernklima, die fehlende Segmentierung der umgebenden Wirklichkeit und die utopischen Elemente. Ästhetische, kulturelle, ökonomische, politische, naturwissenschaftliche, technische, spirituelle und körperliche Zugangswege sollen dabei kombiniert werden (vgl. Heger 1987b, S.654f.).

Die Öko-Werkstatt dauert sieben Tage. Die Themenblöcke sollten eine durchgängige Abfolge aufweisen (vgl. Heger 1987b, S.656). Die Dozentinnen und Dozenten treten als anleitende Expertinnen und Experten auf. Dabei sind die Grenzen fließend. Das führt zu Verunsicherung bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

"Daß solche Verunsicherungen produktiv wirken können, zeigt sich nicht nur an der ungewöhnlichen Aktivität im weiteren Verlauf der Werkstatt, sondern auch an den immer wieder aufflammenden Diskussionen über angesprochene Themen, seien diese auf das Naturschöne bezogen, auf die Analyseverfahren, auf Auseinandersetzungen mit spiritualistischer Philosophie, auf die Zubereitung von Grünkernfrikadellen" (Heger 1987b, S.662).

Planungszellen sind ein von Dienel entwickeltes Konzept. Sie werden von Verwaltungen oder Parlamenten (oder Teilen davon) veranstaltet (vgl. Dienel 1991, S.131).

"Die Planungszelle ist eine Gruppe von Bürgern, die nach dem Zufallsverfahren ausgewählt und für begrenzte Zeit von ihren arbeitstäglichen Verpflichtungen vergütet freigestellt worden sind, um, assistiert von Prozeßbegeleitern, Lösungen für vorgegebene, lösbare Planungsprobleme zu erarbeiten" (Dienel 1991, S.74).

Sie stellt damit eine Ergänzung der professionellen Planung durch Parlamente und Verwaltungen mit Hilfe einer Verbesserung der Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung dar. Konstitutive Elemente sind

- der Gruppenentscheid, der eine reibungslose Kommunikation zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern voraussetzt und damit vor allem die Gruppengröße begrenzt;

- ein akzeptables Positionsangebot als Mitbewerterinn und Mitbewerter, Mitkontrolleurin und Mitkontrolleur, Beraterin und Berater oder Gutachterin und Gutachter;

- freigestellte Teilnehmerinnen und Teilnehmer, was z.B. bei Hausfrauen und Hausmännern oder Hochverdienerinnen und Hochverdienern problematisch ist;

- Vergütung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor allem zur Motivation;

- befristete Teilnahme;

- zufällige Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer;

- fachliche Begleitung durch Moderatorinnen und Moderatoren und Fachleute und eine vorgegebene Aufgabenstellung (vgl. Dienel 1991, S.75-103).

Dabei lassen sich die Vorbereitungsphase, die Durchführungsphase und die Nachbereitung unterschieden. In der Vorbereitung wird das Programm und die nötigen Materialien erstellt, sowie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingeladen. Die Durchführungsphase kann je nach Arbeitsdichte recht unterschiedlich organisiert sein, erfordert aber in der Regel angemessene Räumlichkeiten, eine gut vorbereitete Eröffnung, sinnvolle Informationsdarstellung, Arbeit in Untergruppen, verschiedenste Planungstechniken und eine Ergebnisdokumentation (vgl. Dienel 1991, S.112-127). Die Nacharbeit umfasst die Verwertung und Veröffentlichung der Ergebnisse und die Information der Beteiligten über die Erfolge ihrer Arbeit.

Solche Planungszellen könnten z.B. durch die Einrichtung eines Partizipationsamtes institutionalisiert und dann regelmäßig für Entscheidungen durchgeführt werden (vgl. Dienel 1991, S.132). Sie können aber auch von Verwaltungen, Parlamenten, Volkshochschulen etc. organisiert werden.

Ein anderes Verfahren sind die Zukunftswerkstätten, die Jungk und Müllert entwickelt haben. Zukunftswerkstätten sollen Ideen produzieren, die gesellschaftliche Probleme lösen können. Etwas, das die Technokratie nur in Bezug auf Apparaturen zu leisten in der Lage ist (vgl. Jungk 1991, S.20). So können neue Wege und Wertsetzungen entwickelt werden, was aus der Analyse des technisch-ökonomischen Systems nicht möglich ist (vgl. Jungk 1991, S.65f.). Zukunftswerkstätten können als Wege zu einer experimentellen Gesellschaft gesehen werden, in der Fehler gemacht werden dürfen. Eine Fähigkeit, die in der Großtechnologie verlorengegangen ist. Soziale Experimente können so angeregt werden (vgl. Jungk 1991, S.88-91).

Zukunftswerkstätten sollen vor allem die Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung verbessern und dadurch die Demokratie wiederbeleben helfen. Sie sind nicht so formalisiert wie die Planungszellen und können immer stattfinden, wenn Menschen Probleme haben, für die sie miteinander Lösungen suchen wollen (vgl. Jungk/Müllert 1993, S.9-17).

Zukunftswerkstätten bestehen aus einer Vorbereitungsphase, drei Werkstattphasen und einer Nachbereitungsphase. Die Vorbereitungsphase enthält die Wahl des Themas und des Ortes und die Materialbeschaffung. Die erste Werkstattphase ist die Beschwerde- und Kritikphase, in der Unmut und Kritik zum Thema gesammelt wird. In der Phantasie- und Utopiephase wir die Kritik mit Wünschen und Ideen beantwortet. Die besten Einfälle werden ausgewählt und ausgearbeitet. In der Verwirklichungsphase werden die Durchsetzungschancen beurteilt und die Überwindung von Hindernissen geplant (vgl. Jungk/Müllert 1993, S.18f.). In der Nachbereitungsphase werden die Ergebnisse protokolliert, verbreitet und die Weiterarbeit organisiert (vgl. Jungk/Müllert 1993, S.72).

Die Initiative kann hier von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ausgehen. Auslöser kann z.B. die Betroffenheit von Neubauplanungen sein. Es können aber auch Zukunftswerkstätten, z.B. zu gesellschaftlichen Auswirkungen der Computertechnologie, im Rahmen von Tagungen stattfinden (vgl. Jungk/Müllert 1993, S.41-48). Sie können als Problemanriß oder -lösungshilfe, bei der Durchdringung von Problemen, zur Lösungssuche und zur Erweiterung des Problem- Zeit- Horizonts verwendet werden (vgl. Jungk/Müllert 1993, S.163).

Die Werkstätten können in einer Stunde durchgeführt werden, oft dauern sie einen Tag, günstiger sind drei Tage und ideal z.B. ein Bildungsurlaub von fünf Tagen (vgl. Jungk/Müllert 1993, S.81f.). Wichtig sind dabei die Moderatorin und der Moderator, die sowohl mit schwierigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern umgehen müssen, die Methode genau kennen müssen, sich selbst zurücknehmen müssen und ihre Autorität nur bei der Verletzung der Spielregeln einsetzen dürfen (vgl. Jungk/Müllert 1993, S.149).

Weitere im Zusammenhang ökologischer Erwachsenenbildung empfehlenswerter Methoden sind Rollen- und Planspiele, Öko-Spiele, Bach-, Boden- oder Landschaftserkundungen, ökologische Fahrradtouren, Expertenbefragungen, ein ökologischer Garten, ein Forschungslabor, die ökologische Lebenskurve, der ökologische Haushaltsplan und das sokratische Gespräch (vgl. Michelsen/Siebert 1985, S.99-126).

Den vielfältigen Anforderungen an ökologische Erwachsenenbildung steht ein ebenso vielfältiges Methodenrepertoire gegenüber. Besonders für die schwierige Einbindung politischer Partizipation werden Vorgehensweisen angeregt, die eine demokratische Beteiligung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Entscheidungen auf verschiedenen Wegen ermöglichen. Auch Naturwahrnehmung, Informationssammlung etc. kann mit den genannten Methoden auf einem Weg vermittelt werden, der zu eigenverantwortlichem Handeln anleitet und so eine Grundlage für die Übernahme demokratischer Zukunftsverantwortung schafft.

4.3.4 Praxisberichte

Ich möchte hier kurz einige Praxisberichte darstellen, um einen Eindruck von der Realisierung ökologischer Erwachsenenbildung zu ermöglichen.

Sturm berichtet über das Projekt 'umwelt-handeln im alltag', bei dem Medien zur Umweltbildung entwickelt und durch methodisch - didaktische Arbeitshilfen ergänzt werden. Damit soll die ökologische Verantwortung im Sinne einer christlichen Ethik gefördert und neue Verhaltensweisen eingeübt werden. Es werden vor allem Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit niedrigem Bildungsabschluß erreicht (vgl. Sturm 1991, S.119-124)

Kraigher stellt die Entwicklung eines Fernlehrgangs mit Zertifikat vor. Hier wird eine Einführung in die Ökologie mit ihren biologischen Grundlagen geboten. Sie wird ergänzt durch praxisbezogene Veranstaltungen zur Ökologie, vor allem Exkursionen (Kraigher 1986, S.31ff.).

Die Stadt Essen stellt, wie Wessel berichtet, 1985 mehrere Umweltberaterinnen und Umweltberater und einen Umweltpädagogen ein. Letzterer bietet Informationen, Medien, allgemeine Vorträge, Vermittlung und Entwicklung von Unterrichtsmaterialien, Vermittlung von Exkursionen, Förderung schulischer Projektarbeit und Beratung bei der Anlage ökologischer Schulgärten und Informationsvorträge auf Lehrerinnen- und Lehrerkonferenzen an (vgl. Wessel 1988, S.5). Hier wird mit der Bildung eines neuen Berufsfeldes gerechnet, wozu ein Ausbildungsangebot aufgebaut werden sollte (vgl. Wessel 1988, S.62).

Stennes entwickelt ein Seminarkonzept zur Gentechnik. Sozialethischer und politischer Dialog wird gefördert und die Wirkungen der Technik werden herausgestellt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen ethisches Argumentieren erlernen und sich so ein differenziertes Urteil aneignen. Dazu werden fünf Einheiten zu den Themen Planung des Seminars, Grundlagen und Anwendungsbereiche der Gentechnik, ethische Fragen der Gentechnik, neuere fortpflanzungsbiologische Methoden beim Menschen und ethischer Diskussion der extrakorporalen Befruchtung entwickelt (vgl. Stennes 1986, S.81-84).

Ludwig führt ein Projekt durch, bei dem naturnahe Rheinschnakenbekämpfung in Zusammenarbeit von Medien, Bevölkerung und praktischer Arbeit von Studierenden in die Praxis umgesetzt wurde (vgl. Ludwig 1988, S.43). Ähnlich bei Jüdes, der ein Projekt zum Artenschutz am Beispiel der Fledermäuse begleitet. Dabei zeigt sich das hohe Motivationspotential seltener Arten (vgl. Jüdes 1988, S.56).

Mayr entwirft ein Konzept zur Umwelterziehung in der chemischen Industrie. Die Auszubildenden sollen dadurch umweltbezogene Denkformen und umweltgerechtes Handeln unter Komplexität und Unsicherheit erlernen (vgl. Mayr 1991, S.215). Dazu wurden neue Ausbildungsinhalte, eine fächerübergreifende Ausbildung, verbesserte Abstimmung der Ausbildung, neue Methoden und neue Lernmittel und -medien entwickelt.

Häusler berichtet über das 'Tu Was' - Projekt. Hier wird Umweltbildung als politische Bildung aufgefaßt. Kriterien für den Erfolg der Bildung sind die Förderung der politische Artikulations- und Aktionsfähigkeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die Einbeziehung der lokalen Medien, die Einbeziehung naturwissenschaftlicher Fachkompetenz und die Etablierung neuer methodisch-didaktische Strukturen. Als Methode wird der Arbeitskreis verwendet, der selbstorganisertes Lernen und ein hohes Maß an Autonomie möglich macht (vgl. Häusler 1991, S.10f.). Als Beispiel berichtet Häusler von einem Arbeitskreis, der eine Trinkwasseruntersuchung mit durchschlagendem Erfolg durchgeführt hat. Wesentlich dafür waren Professionalität, Autonomie, Publizität, politische Wirksamkeit und Wissenschaftlichkeit. Das 'Tu Was' - Projekt ist keine Bürgerinitiative, weil es auf kein bestimmtes Ziel festgelegt ist, der Erfolgsdruck gering und die innere Organisation flach ist, wodurch starke Mitsprachemöglichkeiten bestehen (vgl. Häusler 1991, S.21).

Die dargestellten Praxisberichte zeigen, daß ökologische Erwachsenenbildung in vielfältigen Formen realisiert wird. Die Gebiete Wissen (Kraigher), Ethik (Stennes) und Politik (Häusler) stehen in verschiedenen Veranstaltungen im Mittelpunkt. Diese Gebiete hatten sich bisher als Kernpunkte einer ökologischen Erwachsenenbildung herauskristallisiert. Daß verschiedene Veranstaltungen individuelle Schwerpunkte setzen, scheint eine Möglichkeit zu sein, eine Überforderung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu vermeiden. Bezug zu theoretischen Konzeptionen findet sich bei den vorgestellten Berichten allerdings kaum, Theorie und Praxis entwickeln sich offenbar unabhängig voneinander. Daß dennoch z.T. die gleichen Gebiete behandelt werden, ist wohl eher dem Zufall zuzurechnen.

5. Ökologische Bildungsarbeit in Düsseldorf

Dieser Teil berichtet über die Ergebnisse einer Erhebung. Sie soll darstellen, ob und wo in Düsseldorf ökologisch orientierte Veranstaltungen angeboten werden. Dabei habe ich mich auf Düsseldorf beschränkt, da durch diese regionale Abgrenzung die Anzahl der Anbieter begrenzt wird. Eine repräsentative Erhebung ist damit nicht möglich. Es können aber unterschiedliche Gebiete der Erwachsenenbildung einbezogen werden und die Ergebnisse lassen einen lokalen Bezug zu.

Daß Veranstaltungen der ökologischen Erwachsenenbildung in Düsseldorf angeboten werden, kann dabei vorausgesetzt werden. Hier versuche ich daher zu erfassen, wieviel Veranstaltungen sich in diesem Bereich finden, und wieviele Anbieter die Thematik aufgreifen. Um ein differenzierteres Bild zu erhalten, habe ich die Anbieter nach den Gebieten der Erwachsenenbildung gefragt, in denen sie ihre Angebote ansiedeln.

Die Erhebung wurde vom 6.9.1993 bis zum 14.11.1993 durchgeführt.

5.1 Methode

Ich habe eine schriftliche Befragung mit telefonischen Interviews kombiniert. Die schriftliche Befragung bietet sich hier an, weil eine relativ große Stichprobe erfasst werden kann und die Voraussetzungen im Hinblick auf den Fragebogen, die Stichprobe und die Rücklaufquote erfüllt werden können (vgl. Friedrichs 1980, S.237). Die telefonischen Interviews habe ich angewandt, wenn der Fragebogen nicht zurückgesandt wurde und dabei die Fragen des Fragebogens übernommen.

5.2 Stichprobe

Die Stichprobe sollte möglichst verschiedene Bereiche der Erwachsenenbildung erreichen. Hier habe ich neben institutionalisierten Anbietern von Erwachsenenbildung auch Unternehmen und nicht-institutionalisierte Anbieter erfasst. Für Adressen von Anbietern standen dabei drei Quellen zur Verfügung:

- die "Grünen Seiten" (vgl. Forkel/Hartmann 1992), aus denen ich alle Adressen aus Düsseldorf mit Ausnahme der Schulen - insgesamt 30 - übernommen habe;

- das Handbuch der Goßunternehmen (der "Hoppenstedt") (vgl. Handbuch der Großunternehmen 1993), aus dem ich alle Unternehmen in Düsseldorf mit mehr als 2000 Mitarbeitern, d.h. solche, die wahrscheinlich eine Weiterbildungsabteilung unterhalten - das waren 28 - entnommen habe;

- der 'Bildungskompaß' für Düsseldorf (vgl. Oberstadtdirektor der Landeshaupstadt Düsseldorf/Bildungsberatung der Volkshochschule 1991), in dem ca. 300 Bildungseinrichtungen aufgeführt sind; aus dem Bildungskompaß habe ich alle Einrichtungen, die im Index unter Ökologie oder unter Umweltpolitik, -recht, -schutz, und -technik aufgeführt sind, aufgenommen; dazu kommt eine zufällig gezogene Stichprobe von 25% der übrigen Anbieter; die Schulen (Krankenpflegeschulen, Berufsschulen, Musikschulen, Sportschulen und Sprachschulen) habe ich vor der Stichprobenziehung ausgeschlossen; dadurch wurden 46 Anbieter aus dem Bildungskompaß aufgenommen.

Die Stichprobe zerfällt also in drei Teilstichproben. Sie umfasst insgesamt 104 Anbieter in Düsseldorf.

5.3 Fragebogen

Da mir keine vergleichbaren Erhebungen bekannt sind, mußte ich den Fragebogen neu entwicklen. Bei einer schriftlichen Befragung soll der Fragebogen kurz und übersichtlich sein (vgl. Friedrichs 1980, S.237f.). Ich habe einen Fragebogen auf einer DIN A4 - Seite mit fünf geschlossenen und zwei offenen Fragen entworfen (siehe Anhang). Um einen hohen Rücklauf zu unterstützten, wurde der Fragebogen mit einem Anschreiben auf dem Briefpapier der Universität verschickt, auf der Rückseite mit der Rücksendeadresse passend für einen Fensterbriefumschlag versehen und den Befragten angeboten, eine Kurzfassung der Ergebnisse der Erhebung zu erhalten. Es soll die Frage

1 Einrichtungen, die keine Erwachsenenbildung anbieten, die sinnvolle Beantwortung ermöglichen und sie zur Rücksendung des Fragebogens motivieren;

2 eine Einordnung in das Gebiet der Erwachsenenbildung ermöglichen, die Kategorien wurden leicht verändert von Weinberg übernommen (vgl. Weinberg 1991, S.37);

3 Einrichtungen, die keine ökologische Erwachsenenbildung anbieten, die sinnvolle Beantwortung ermöglichen und sie zur Rücksendung motivieren;

4 eine Abschätzung des Umfangs ökologischer Bildungsarbeit im Vergleich zur übrigen Bildungsarbeit ermöglichen;

5 feststellen, wer die Inhalte der Bildunsarbeit festlegt, die Kategorien Dozenti/in und Teilnehmer/innen wurden von Weinberger übernommen (vgl. Weinberg 1991, S.18) und durch die Kategorie Leiter/in ergänzt, da zu vermuten ist, daß der Fragebogen vor allem Personen in Leitungspositionen erreicht, die Inhalte vorgeben können;

6 es ermöglichen abzuschätzen, ob alle Einrichtungen ökologischer Bildungsarbeit erfasst worden sind und ob Nichtanbieter ökologischer Bildungsarbeit Anbieter solcher Bildungsarbeit kennen;

7 soll einen Eindruck von verfolgten Zielen ergeben.

Um den Rücklauf kontrollieren zu können und die telefonische Nachfrage zu ermöglichen waren die Fragebogen numeriert.

5.4 Ergebnisse

5.4.1 Umfang ökologischer Bildungsarbeit in Düsseldorf

Von den 104 angeschriebenen Anbietern haben 87 geantwortet. Das entspricht einer Rücklaufquote von 83,7%. Die übrigen waren entweder telefonisch nicht zu erreichen oder haben den Fragebogen auch bei telefonischer Rückfrage nicht beantwortet.

Von denen, die geantwortet haben, bieten 16 keine Erwachsenenbildung an (Frage eins) Das sind 18,4%. Diese werden in die folgende Auswertung nicht mit einbezogen. Ausgewertet werden also die verbliebenen 71. Von diesen 71 bieten 47,9% ökologisch orientierte Veranstaltungen an (Abb.1). Dabei wurde nicht vorgegeben, welche Veranstaltung zu den ökologisch orientierten zu zählen sind.

Frage 3: Bieten Sie ökologisch orientierte Veranstaltungen an?

Abb.1

Fast die Hälfte der Stichprobe hat also solche Veranstaltungen im Programm, insgesamt 32 der 70 erfassten Anbieter.

Anders fällt der Anteil der ökologischen Veranstaltungen am Gesamtangebot aus. Diesen habe ich mit der Frage vier nach dem Umfang der Bildungsarbeit der Einrichtung erfasst. Insgesamt gab es 55 Antworten auf diese Frage. Das Gesamtangebot wird auf 23.827 Veranstaltungen geschätzt, die ökologisch orientierten davon auf 657 (Abb.2). Fast die Hälfte der Anbieter haben zwar ökologisch orientierte Veranstaltungen im Angebot, der Anteil dieser Veranstaltungen am Gesamtangebot ist aber gering.

Bei 2,8% der angebotenen Veranstaltungen handelt es sich damit um ökologisch orientierte Veranstaltungen. Diese Zahl ist mit Vorsicht zu behandeln. Wenn ein Programm zur Verfügung stand und so die Zuordnung nachvollzogen werden konnte, entstand der Eindruck, daß die Zahl der als ökologisch orientierte Veranstaltung eingeschätzten Angebote recht großzügig angegeben wurde. Da keine Definition für ökologische orientierte Veranstaltungen vorgegeben wurde, war dies zu erwarten.

Andere Forschungsergebnissen zeigen in diesem Zusammenhang aber ähnliche Ergebnisse. So fand Heger bei einer Untersuchung an niedersächsischen Volkshochschulen 1979 0,5% Veranstaltungen mit Umweltthemen, 1981 waren 1,1% der Veranstaltungen aus diesem Bereich (vgl. Heger 1987a, S.168f.).

Frage 4: Welchen Umfang hat die Bildungsarbeit ihrer Einrichtung?

Abb.2

Dabei ist eine Unterscheidung von größeren und kleineren Anbietern interessant. Hier habe ich zunächst die Nichtanbieter ökologisch orientierter Veranstaltungen ausgeschlossen und dann die Stichprobe geteilt. Dazu habe ich den Median der pro Jahr angebotenen Veranstaltungen berechnet. Er beträgt 47,5. Abb.3 zeigt die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an ökologisch orientierten Veranstaltungen im Verhältnis zur Anzahl sonstiger Veranstaltungen für Anbieter ökologisch orientierter Veranstaltungen mit weniger als 47,5 Veranstaltungen pro Jahr und für solche mit mehr als 47,5 Veranstaltungen pro Jahr.

Bei denen mit wenigen Veranstaltungen stehen 3970 Teilnehmerinnen und Teilnehmern an ökologisch orientierten Angeboten 2890 an sonstiger Erwachsenenbildung gegenüber. Bei den größeren stehen 8010 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an ökologisch orientierten Angeboten 211.423 an sonstigen Angeboten gegenüber. Der Anteil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an ökologisch orientierten Veranstaltungen ist bei den kleinen Anbietern also deutlich größer als bei den großen Anbietern.

Frage 4: Welchen Umfang hat die Bildungsarbeit ihrer Einrichtung? Verhältnis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer für Anbieter mit weniger als 47,5 Veranstaltungen pro Jahr und Anbieter mit mehr als 47,5 Veranstaltungen pro Jahr.

Abb.3

Interessant sind nun die Unterschiede zwischen den drei Teilstichproben in Bezug auf den Anteil derjenigen, die ökologisch orientierte Veranstaltungen im Programm haben (Abb.4). Von den Anbietern der Stichprobe aus dem Weiterbildungskompass bieten 45,71% ökologische Veranstaltungen an, von denen der Stichprobe aus den grünen Seiten 85%, bei der Stichprobe aus den Industrieunternehmen 6,25%.

Überraschend ist dabei, daß die Anbieter aus den Grünen Seiten, in denen ja nur ökologisch orientierte Veranstaltungen aufgeführt sein sollen, nicht alle solche Veranstaltungen anbieten. Da die nicht mehr vorhandenen Anbieter und solche, die keine Erwachsenenbildung anbieten, hier nicht eingeflossen sind, ist zu vermuten, daß bei der Erfassung zur der Erstellung der Grünen Seiten zum Teil andere Antworten gegeben wurden als bei dieser Erhebung.

Die aus der Anzahl der Veranstaltungen und der Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer berechnete duchschnittliche Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer pro Veranstaltung beträgt bei allen Veranstaltungen 11,6, bei denen mit ökologischer Ausrichtung 18,3. Selbst wenn davon ausgegangen werden kann, daß die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hier wegen des Kontextes der Erhebung bei ökologisch orientierten Veranstaltungen besonders hoch geschätzt wurde, ist der Unterschied doch deutlich.

Antworten der drei Teilstichproben auf die Frage 3: Bieten sie ökologisch orientierte Veranstaltungen an?

Abb.4

5.4.2 Gebiete der Erwachsenenbildung und ökologisch orientierte Veranstaltungen

Die Zuordnung von Anbietern und Nichtanbietern ökologisch orientierter Veranstaltungen zu den Gebieten der Erwachsenenbildung zeigt deutliche Unterschiede (Abb.5).

Die Anbieter ordnen ihre Veranstaltungen hauptsächlich der allgemeinen Erwachsenenbildung zu. Fast ebenso häufig wird die berufliche Fortbildung genannt. Seltener dagegen wird politische Bildung oder nicht-institutionalisierte Erwachsenenbildung gewählt. Berufliche Umschulung wird nur in wenigen Fällen genannt. Die Nichtanbieter ordnen ihr Angebot im wesentlichen dem Bereich der beruflichen Fortbildung und nur zu einem geringen Teil dem Bereich der beruflichen Umschulung oder der allgemeinen Erwachsenenbildung zu. Politische Bildung und nicht institutionalisierte Erwachsenenbildung wird kaum genannt. Auch die Antworten auf diese Frage habe ich nach den Teilstichproben aufgeschlüsselt (Abb.6).

Frage 2: Bitte ordnen Sie ihre Einrichtung einem Bereich der Erwachsenenbildung zu; abhängig von Frage 3: Bieten Sie ökologisch orientierte Veranstaltungen an?

Abb.5: ber.FB = Berufliche Fortbildung, ber. Umsch. = Berufliche Umschulung; pol.B = politische Bildung; allg. EB = Allgemeine Erwachsenenbildung; n.inst.EB = nicht institutionalisierte Erwachsenenbildung, Mehrfachnennungen möglich

Daten zur Abbildung 5


ber. FB

ber. Umsch.

Pol. B.

allg. EB

Nicht inst. EB

Anbieter

44,12%

8,82%

20,59%

61,76%

20,59%

Nichtanbieter

70,27%

27,03%

8,1%

24,32&

10,81%

Die Anbieter aus dem Weiterbildungskompaß ordnen ihre Angebote im wesentlichen der beruflichen Fortbildung und der allgemeinen Erwachsenenbildung zu. Diejenigen der grünen Seiten ordnen ihre Angebote vor allem der allgemeinen Erwachsenenbildung zu. Öfters genannt wurden auch berufliche Fortbildung oder nicht-institutionalisierte Erwachsenenbildung. Die Unternehmen ordnen ihre Angebote fast ausschließlich der beruflichen Fortbildung, zum Teil auch der beruflichen Umschulung zu.

Die Antworten auf die Frage fünf nach der inhaltlichen Festlegung der Bildungsarbeit ließen sich nicht auswerten. Mehr als die Hälfte der Anbieter hat hier sonstiges gewählt. Zudem ergeben sich kaum Unterschiede zwischen den drei Stichproben. Offenbar war die Frage mit den gegebenen Antwortalternativen nicht geeignet, Unterschiede im Vorgehen bei der inhaltlichen Festlegungen der Bildungsarbeit zu erfassen.

Frage 2: Bitte ordnen Sie ihre Einrichtung einem Bereich der Erwachsenenbildung zu; abhängig von Frage 3: Bieten Sie ökologisch orientierte Veranstaltungen an?

Abb.6: ber.FB = Berufliche Fortbildung, ber. Umsch. = Berufliche Umschulung; pol.B = politische Bildung; allg. EB = Allgemeine Erwachsenenbildung; n.inst.EB = nicht institutionalisierte Erwachsenenbildung.

Daten zur Abbildung 6


ber. FB

ber. Umsch.

Pol. B.

allg. EB

Nicht inst. EB

WB-Kompass

58,82%

14,71%

14,71%

44,12%

14,71%

Grüne Seiten

35%

5%

20%

65%

35%

Unternehmen

88,24%

41,18%

5,88%

11,76%

5,88%

5.4.3 Antworten auf die offenen Fragen

Bei den Antworten auf Frage sechs, die nach bekannten Weiterbildungseinrichtungen mit ökologisch orientierten Veranstaltungen fragte, wurden keine genannt, die nicht in der Stichprobe enthalten waren. In der Stichprobe wurden offenbar alle Angebote ökologisch orientierter Erwachsenenbildung aus Düsseldorf erfasst. Dabei machten 26,3% derjenigen, die keine ökologisch orientierte Bildunsgarbeit im Programm haben hier Angaben. 65,6% von denen, die ökologisch orientierte Angebote haben, kannten auch andere Anbieter. Die Antworten auf diese Frage sind im Anhang aufgeführt.

Die Antworten auf die Frage sieben (was ist Ihnen bei ökologischer Bildungsarbeit besonders wichtig) habe ich nach den Teilstichproben geordnet.

Die Antworten der Anbieter aus dem Weiterbildungskompaß lassen sich den Gebieten berufliche Fortbildung und allgemeine Erwachsenenbildung zuordnen. Jeder Absatz enthält dabei eine Antwort.

In den Bereich berufliche Fortbildung fallen die Antworten:

- Kundenorientierung, aktuelle Fragestellung, verständliche und praxisnahe Aufbereitung, kompetente Referenten, möglichst viele Teilnehmer;

- gesetzliche Rahmenbedingungen und ihre Auswirkung auf Unternehmen;

- Belastungen und Gefahren in Betrieb und Umwelt; Gesetzliche Grundlagen des Arbeits- und Umweltschutzes;

- die Bedeutung des Umweltschutzes für die Zukunft der Arbeit.

In den Bereich allgemeine Erwachsenenbildung und zum Teil in den Bereich politische Bildung fallen die Antworten:

- Aufklärung über natürliche Zusammenhänge im Ökosystem Wald, Verständnis und Beziehung für den Wald erschließen, Probleme aufzeigen;

- Verbindung zwischen ökologischen und sozialen Ansätzen und Inhalten;

- Bewußtseinserweiterung und Selbstverantwortlichkeit der und des einzelnen Menschen, Ethik, Ästhetik, Menschenwürde, Liebe, Weisheit und Vernunft;

- Vernetzung, Information über Angebote in Düsseldorf und näherer Umgebung, kommunikativer Austausch der TeilnehmerInnen über Möglichkeiten im Alltag, Veränderungen im politischen Raum;

- interdisziplinäre Darstellung und Verknüpfung von Funktionsbereichen, Praxisbezug;

- unter dem System/Umwelt-Paradigma kann jede Bildungsarbeit als ökologische Veranstaltung begriffen werden, vgl. Luhmann: Ökologische Kommunikation;

- philosophisch fundierte Grundlage ökologischen Verhaltens aus der Tradition Indiens, Tibets, Chinas und der Indianer Amerikas.

Die Angebote der Anbieter aus den Grünen Seiten fallen in das Gebiet der allgemeinen Erwachsenenbildung, bei einigen wäre auch an eine Zuordnung zur politischen Bildung zu denken. Ihre Antworten waren:

- ganzheitliche Ansätze vernetzten Denkens unter Ausrichtung auf konkrete Handlungsfelder (global Denken - lokal Handeln);

- Ermutigung zum Handeln;

- handlungsorientiertes Lernen (mit Kopf, Herz und Hand);

- wirksame Handlungskonzepte, die ökologisch verantwortliches Handeln fördern;

- die Teilnehmer sollen erkennen, daß sie selbst durch bewußtes Verhalten zu einer Veränderung der derzeitigen Situation beitragen können;

- Sensibilisierung für den Wert von Freiräumen, Rücksicht auf Natur;

- Starke Medienstützung, gute Datenaufarbeitung, Nutzbarmachung für den Anwender, Praxisbezug;

- Praxisrelevanz, Anschaulichkeit im Vortrag und Diskussion der Inhalte;

- Information der Öffentlichkeit zu Ursache und Wirkung von Lärm und Möglichkeiten der Bekämpfung;

- Vermittlung naturnaher Pflegetechniken;

- die TeilnehmerInnen über konkrete Möglichkeiten des umweltverträglichen Handelns zu informieren und zu Veränderungen des Verhaltens anzuregen; der Transfer pädagogischer Konzepte in Netzwerke oder Arbeitskreise; Wissen über ökologische Gesellschaft, politische und wirtschaftliche Zusammenhänge des Natur- und Umweltschutzes zu vermitteln;

- sachbezogene, emotionenzentrierte objektive Aufklärung unter Berücksichtigung spezifischer Bedürfnisse der Teilnehmer;

- Kenntnis biologischer Fakten und Zusammenhänge;

- Greenpeace möchte Bewußtsein für ökologische Zusammenhänge vermitteln und den Einzelnen an seine persönliche Verantwortung gegenüber der Natur und zukünftigen Generationen erinnen (...die Erde retten...).

Die Antworten der Unternehmen zeigen deutlich die Berufsorientierung:

- Umweltschutz am Arbeitsplatz; Verständnis für umweltgerechtes Arbeiten und ökologische Zusammenhänge; Auseinandersetzung mit der Rolle der chemischen Industrie in der Gesellschaft, produktbezogener Umweltschutz;

- technische Umsetzbarkeit und Lösbarkeit, weniger gesellschaftliche Themen.

5.5 Interpretation

Die Hälfte aller befragten Anbieter bietet ökologisch orientierte Veranstaltungen an. Ökologischer Erwachsenenbildung wird offenbar eine große Bedeutung zugemessen. Der Anteil dieser Veranstaltungen am Gesamtangebot ist aber eher klein. Nur 2,8% der Veranstaltungen fallen in diesen Bereich. Wodurch diese geringe Zahl der Veranstaltungen zustandekommt, ist hier nicht zu klären. Möglichkeiten sind einmal ein geringes Interesse der Anbieter, d.h. die vorhandenen Angebote würden eine Alibifunktion erfüllen, zum anderen wenig Zuspruch durch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, da entweder die Veranstaltungen nicht den Erwartungen entsprechen oder von ökologischer Bildungsarbeit kein Nutzen erwartet wird. Daß die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer pro Veranstaltung bei den ökologisch orientierten Veranstaltungen höher ist als bei den übrigen Angeboten, deutet dagegen auf relativ großes Interesse bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an solchen Themen hin, was für die erste Möglichkeit spricht.

Angesichts des verhältnismäßig großen Angebots bei kleineren Anbietern gilt das vor allem für große Anbieter. Zu vermuten ist auch, daß es eine Reihe kleinerer Anbieter gibt, die sich auf ökologische Erwachsenenbildung spezialisiert haben. Hier sind auch die nicht-institutionalisierten Anbieter zu vermuten.

Die Antworten auf die Frage 2 zeigen, daß ökologische Kenntnisse und Fertigkeiten von den Anbietern als nicht berufsqualifizierend gesehen werden. Das drückt sich in der unterschiedlichen Verteilung bei den Teilstichproben Grüne Seiten und Unternehmen aus. Hier wird auch deutlich, daß ökologische Veranstaltungen in Konkurrenz zu berufsorientierten Angeboten stehen. Das zeigt sich an dem nicht unerheblichen Teil von Anbietern aus den Grünen Seiten, die ihr Angebot der beruflichen Fortbildung zurechnen. Daß dies bei den Anbietern aus dem Weiterbildungkompaß öfter angegeben wurde als die allgemeine Erwachsenenbildung, läßt die Vermutung zu, daß dies nicht nur für ökologisch orientierte Veranstaltungen, sondern allgemein für nicht primär berufsorientierte Veranstaltungen gilt.

Daß die Unternehmen so gut wie keine Veranstaltungen zu ökologischen Themen anbieten, läßt die Vermutung zu, daß die befragten Unternehmen den Herausforderungen der Umweltkrise nicht durch Weiterbildung ihrer Mitarbeiter begegnen und hängt sicherlich auch damit zusammen, daß die gesetzlichen Rahmenbedingungen hier noch kein Handeln erfordern.

Bei den Zielen stehen Wissenvermittlung über Natur und Gesetzgebung sowie Handlungsmöglichkeiten im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich im Mittelpunkt. Es entsteht der Eindruck, daß bei den meisten Veranstaltungen keine umfassendere Konzeption zugrundeliegt. Die Daten bieten aber nur einen ersten Einblick und lassen keine detaillierte Interpretation zu.

Hier bleiben einige Fragen offen, die durch die erhobenen Daten nicht geklärt werden können. So ist unklar, wie das Verhältnis von vielen Anbietern und wenigen Angeboten erklärt werden kann. Vor allem aber sind keine Aussagen darüber möglich, welche Teilnehmerinnen und Teilnehmer solche Veranstaltungen besuchen, was sie dazu motiviert und warum andere fernbleiben. Angesichts der Gesamtzahl der gut besuchten ökologisch orientierten Veranstaltungen wäre eine solche Untersuchung durchaus lohnend.

6. Diskussion

Thema dieser Arbeit sind Ziele der Erwachsenenbildung im Zusammenhang ökologischer Bildungsarbeit. Die Frage nach Zielen ökologischer Bildungsarbeit ist, wie sich gezeigt hat, mit verschiedenen Schwierigkeiten verbunden. Problematisch ist schon die 'Diagnose' der Umweltkrise. Sie ist auf naturwissenschaftliche Beschreibungen angewiesen. Eindeutige Ursachen können nur selten festgestellt werden. Mit der Umweltkrise eng verbunden sind auch Probleme der Naturwahrnehmung, Veränderungen der Gesellschaft etc.. Die Umweltkrise ist daher ein interdisziplinäres Problem.

Eine Lösung der Umweltkrise verlangt nach einer Aneignung und Anwendung bisher nicht tradierter Denk- und Verhaltensmuster. Für die theoretische Entwicklung und die Ableitung eines praktischen Programms steht in der Erziehungswissenschaft kein geeignetes Instrumentarium zur Verfügung. Für den Umgang mit interdisziplinären Problemen gibt es keine anerkannten Verfahren. Ein fundierter Entwurf einer ökologischer Bildungsarbeit ist daher auf verstärkte Forschung angewiesen, die sich um die Sicherung einer methodischen Grundlage bemühen muß. Dabei zeigt die z.T. recht unsachlich geführte Debatte, das in der Erziehungswissenschaft zunächst einmal das intradisziplinäre Arbeiten verbessert werden sollte, bevor an ein interdisziplinäres Arbeiten gedacht werden kann. Für diese Arbeit bedeuten die fehlenden methodischen Grundlagen eine Begrenzung der Aussagefähigkeit der Ergebnisse. Sie hat daher den Charakter einer Pilotstudie.

Die Analyse der Umweltkrise zeigt, daß sie nur ansatzweise beschrieben werden kann. Wege, die aus der Krise herausführen, lassen sich in ihr nicht finden und durch sie nicht begründen. Dem liegt eine der Arbeit vorausgehende Wertung zugrunde: Daß die derzeitige Gesellschaft die Umweltkrise nicht lösen kann. Die 'Heuristik der Furcht' spricht dafür, eher dieses anzunehmen, als darauf zu hoffen, daß die Gesellschaft in naher Zukunft eine Lösung finden wird. Die Annahme wird durch die im 3. Kapitel dargestellten Analysen gestützt. Letztlich zu beweisen ist sie aber nicht. Möglich ist also auch die Annahme, daß die derzeitige Gesellschaft die Umweltkrise lösen kann. Meines Erachtens ist die Schlußfolgerung, daß die Gesellschaft die Krise nicht lösen kann, überzeugender. Daraus ergibt sich, daß eine ökologische Erwachsenenbildung weder die vorhandenen gesellschaftlichen Werte fortschreiben kann, da diese den Bestand der Gesellschaft gefährden könnten, noch aus der Analyse der Umweltkrise allein Alternativen finden kann. Eine Bildungsarbeit, die zu einem ökologisch verträglichen Verhalten führt und neue Werte verfolgt, muß außerhalb der Krise legitimiert werden. Die Analyse der Krise kann hier Hinweise geben, eine Begründung liefert sie nicht. Eine Möglichkeit, Ziele ökologischer Bildungsarbeit zu begründen, ist eine ethische Argumentation. Demokratische Zukunftsverantwortung ist ein mögliches Ziel ökologischer Bildungsarbeit, daß durch Ethik legitimiert werden kann.

Jonas' Entwicklung des 'Prinzips Verantwortung' zeigte dabei zugleich einen Weg, mit den Ungewißheiten, die die Umweltkrise mit sich bringt, umzugehen: die 'Heuristik der Furcht', nach der Befürchtungen eher zu glauben sind als Versprechungen. In dieser Arbeit bewirkt die Übernahme dieses Prinzips, daß für die Festlegung von Zielen für eine ökologische Bildungsarbeit hohe Maßstäbe angelegt, Grenzen aber relativ schnell akzeptiert werden können.

Dabei besteht bei den hier dargestellten ethischen Theorien ein Problem. Jonas hat zwar gezeigt, daß die Ethik sich mit Macht verbinden muß, um wirksam werden zu können. Doch vorliegenden Vorschläge für eine gesellschaftliche Institutionalisierung, z.B. von Meyer-Abich, sind unbefriedigend. Die Vorschläge erwiesen sich als kaum haltbar. Konkrete Vorschläge für eine gesellschaftliche Institutionalsierung der ethischen Urteile ergeben sich also nicht. Dazu kommt, daß sich mit der Umweltkrise auch die Funktion des Wissenschaftssystems in der Gesellschaft geändert hat. Wissenschaft definiert nicht mehr einfach Wahrheiten, sondern die verschiedenen Meinungen der Wissenschaft finden sich in einem öffentlichen Diskurs, Wahrheit wird sozial definiert. Das Wissenschaftssystem kann Erkenntnisse nicht mehr einfach verkünden und dann von ihrer Realisierung ausgehen. Das gilt auch für ethische Erkenntnisse. Darum müssen die Realisierungsmöglichkeiten mitbedacht werden. Eine Möglichkeit, ethischen Theorien zu einer Praxis zu verhelfen, kann in der Bildungsarbeit gesehen werden. Diese muß dann allerdings mit gesellschaftlichen Änderungen einhergehen.

Hauptmerkmal der demokratischen Zukunftsverantwortung ist das Zusammenspiel von individuellen und gesellschaftlichen Aspekten. Dabei kann eine Wechselwirkung zwischen Individuum und Gesellschaft angenommen werden. Gesellschaftliche Bedingungen setzen die Rahmenbedingungen für ökologische Bildungsarbeit und individuelles Handeln. Individuen können durch ihr Handeln die gesellschaftlichen Bedingungen beeinflussen. Ökologische Bildungsarbeit beschäftigt sich mit Individuen, kann aber auf die Gesellschaft nicht unmittelbar einwirken.

- Auf individueller Ebene zeigen psychologische Reaktionen wie die Angstreduktion und anthropologische Bedingungen wie frühkindliche Prägung die Grenzen einer ökologischen Erwachsenenbildung. Möglichkeiten bestehen in der Wissensvermittlung, der bewußten Naturwahrnehmung, im Kennenlernen individueller Handlungsmöglichkeiten und in der Auseinandersetzung mit ethischen Argumentationen. Handlungsmöglichkeiten für das Individuum bestehen auf privater und gesellschaftlicher Ebene. Eine erziehungswissenschaftliche Theorie der Umweltkrise muß demnach eine Theorie des Individuums beinhalten.

- Auch auf der Ebene der Gesellschaft finden sich Grenzen für ökologische Bildungsarbeit. Hier steht die Ökonomie im Mittelpunkt. Natur wird als auszubeutendes Objekt gesehen. Das stellt für das Individuum vor allem bei Kosten- Nutzen- Überlegungen (Gefangenendilemma) eine Grenze eines möglichen umweltbewußten Handelns dar. Auch die Wege der gesellschaftlichen Interessenwahrnehmung stellen eine Grenze dar. Interessen können nicht einfach umgesetzt, sondern müssen mühsam in einem gesellschaftlichen Diskurs durchgesetzt werden. Das Training der Fähigkeit zur Beteiligung an diesem Diskurs kann Gegenstand ökologischer Bildungsarbeit sein. Möglichkeiten bestehen im Konzept des qualitativen Konsums und durch politische Bildung. Auch eine Theorie der Gesellschaft muß daher Teil einer erziehungswissenschaftlichen Theorie der Umweltkrise sein.

Die einzige mir bekannte Methode, aus theoretischen Überlegungen oder einem gesellschaftlichem Konsens Lernziele abzuleiten, ist die Operationalisierung von Lernzielen. Dieses Verfahren versagt hier allerdings, da weder eine Theorie der Umweltkrise vorliegt, noch ein gesellschaftlicher Konsens über die Grundsätze der Bekämpfung der Umweltkrise angenommen werden kann. Das unterstreicht die Dringlichkeit, eine Theorie der ökologischen Bildung zu entwickeln. Die Erfolgsaussichten ökologischer Bildungsarbeit könnten dadurch deutlich erhöht werden.

Trotz der theoretischen Probleme haben die Überlegungen deutlich gemacht: Eine ökologische Bildungsarbeit ist prinzipiell möglich.

Die Untersuchung ökologischer Bildungsarbeit in Düsseldorf hat gezeigt, daß die vorhandene ökologische Bildungsarbeit kaum angenommen wird. Die durch die Umweltkrise gegebene Notwendigkeit ökologischer Bildungsarbeit, verbunden mit ihrer Möglichkeit und der geringen Zahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmer, legen zwei Schlüsse nahe:

- Zum einen sollten sich Forschungsbemühungen verstärkt auf die Gründe für die Teilnahme an ökologischer Erwachsenenbildung, vor allem aber auf die Gründe der Nichtteilnahme konzentrieren. Für solche Arbeiten kann z.B. auf die 'Hildesheim-Studie' (vgl. Schulenberg 1978) zurückgegriffen werden, in der u.a. untersucht wurde, warum Erwachsene der Erwachsenenbildung fernbleiben. Für die ökologische Erwachsenenbildung gab es in den vorgestellten Arbeiten einzelne Hinweise darauf, daß eine möglichst große Zielgruppe abgesprochen werden sollte. So können z.B. auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Politikerinnen und Politiker angesprochen werden. Konkretisierungen liegen aber nicht vor. Damit verbunden ist die Frage, ob und wie die Institutionen der Erwachsenenbildung den Anforderungen gerecht werden können.

- Zum anderen müssen potentielle Teilnehmerinnen und Teilnehmer gezielter angesprochen werden. Vor allem die harte Konkurrenz zur berufsorientierten Bildung macht verstärkte Bemühungen erforderlich. Geschickt formulierte Ankündigungen in Volkshochschulprogrammen allein sind wenig erfolgversprechend. Mit dem gezielten Verkauf ökologischer Erwachsenenbildung gibt es bisher offenbar kaum Erfahrungen. Wenn ein theoretisch angeleitetes Konzept entwickelt wird, sollte daher auch eine Marketingkonzeption für ökologische Bildungsveranstaltungen entworfen werden. Gerade die aufgezeigten vielfältigen Möglichkeiten ökologischer Erwachsenenbildung erfordern in der Realisierung eine gezielte Kundenorientierung, um das Produkt erfolgreich zu verkaufen.

Die Umweltkrise macht die Suche nach einem neuen Ansatz von Bildungsarbeit erforderlich. Eine mögliche Richtung ist für eine ökologische Erwachsenenbildung mit dem Ziel der demokratischen Zukunftsverantwortung aufgezeigt. Dabei sollten die individuellen und gesellschaftlichen Aspekte bedacht werden.

Neben der Unterscheidung von individuellen und gesellschaftlichen Aspekten kann zwischen Ökologie als Unterrichtsfach und als Unterrichtsprinzip unterschieden werden.

- Ökologie als Unterrichtsprinzip, als ökologische Bildungsarbeit im weiteren Sinn, kann die Einbeziehung der Umweltkrise in verschiedenen Fächern ermöglichen. Dabei besteht bei einigen Fächern ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Umweltkrise. Hier haben sich als Beispiele die Familienbildung und die Gesundheitsbildung ergeben. Demokratische Zukunftsverantwortung könnte dabei implizites Ziel der Bildungsarbeit sein.

- Ökologie als Unterrichtsfach, als ökologische Bildungsarbeit im engeren Sinn, kann zur Etablierung eines neuen Fachs führen. Möglich ist dabei die Beschäftigung mit Zusammenhängen der Umweltprobleme - insbesondere ihren gesellschaftlichen Implikationen -, mit kritischer Rezeption von Wissen, mit dem Naturverhältnis und Naturwahrnehmung, mit ethischen Fragen und mit der Vermittlung individueller Handlungsmöglichkeiten - auch in Bezug auf die Gesellschaft. Demokratische Zukunftsverantwortung könnte dabei explizites Ziel der Bildungsarbeit sein.

Der Begriff ökologische Bildungsarbeit wird mit der Einbeziehung des Unterrichtsprinzips und des Unterrichtsfachs in einem weiten Sinn verstanden. Im Einzelfall kann es, wegen unter Umständen nur impliziter ökologischer Probleme, schwierig sein, ökologische Bildungsveranstaltungen auch als solche zu erkennen. Damit zeigt sich nachträglich, daß bei der Erhebung in Düsseldorf durch das Offenlassen der Definition und die damit verbundenen großzügigen Antworten der jetzt genauer bestimmte Begriff recht gut getroffen wurde.

Es ist nun möglich, zwischen ökologische Bildungsarbeit und naturkundlicher Bildung zu unterscheiden. Naturkundliche Bildung bezieht weder gesellschaftliche Aspekte noch wissenschaftskritische oder ethische Fragen ein. Hier wird, z.B. in Kursen zur Pflanzenbestimmung, naturwissenschaftliches Wissen über Natur vermittelt. Ein Beitrag zur Lösung der Umweltkrise ist darin nicht zu sehen. Hier besteht jedoch die Möglichkeit einer Sensibilisierung für Naturwahrnehmung, die zu einer weitergehenden Beschäftigung mit der Umwelt führen kann.

Die vielfältigen Probleme der Umweltkrise können als eine besondere Herausforderung an die Persönlichkeit gesehen werden. Schon die Wahrnehmung der Umweltkrise stellt wegen ihres bedrohenden Charakters ein erhebliches Problem dar. Der Umgang mit ihr erfordert das Erlernen neuer Denk- und Verhaltensweisen. Damit kann sogar das Infragestellen des eigenen Weltbildes verbunden sein.

Diese Herausforderung besteht für Dozentinnen, Dozenten, Teilnehmerinnen und Teilnehmer gleichermaßen. Eine besondere Ausbildung von Dozentinnen und Dozenten der ökologischen Bildungsarbeit wird damit erforderlich. Dabei sollte Wissen aus den verschiedenen Fächern wie Biologie, Psychologie und Ethik mit fundierten Methodenkenntnissen und einem Persönlichkeitstraining verbunden werden. Die ständigen neuen Erkenntnisse machen fortlaufende Weiterbildungen erforderlich.

Eine Möglichkeit, mit der Herausforderung in Bildungsveranstaltungen umzugehen, zeigte sich darin, nicht alle Anforderungen in einer Veranstaltung zu berücksichtigen, sondern in der Veranstaltung jeweils Schwerpunkte zu setzen. Dem umfassenden Charakter der Umweltkrise kann ökologische Erwachsenenbildung dann durch die Kombination verschiedener Veranstaltungen gerecht werden. Veranstaltungsreihen empfehlen sich hier, da dann zusammenhängende Konzepte möglich sind. Institutionen können auch vorhandene Angebote durch eine übergreifende Konzeption koordinieren.

In diesem Zusammenhang können auch die Ziele ökologischer Erwachsenenbildung gesehen werden, die sich bei der Erhebung in Düsseldorf ergeben haben. Hier werden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Sie liegen z.T. im beruflichen Bereich, z.B. bei gesetzlichen Grundlagen des Arbeits- und Umweltschutzes, in der Naturwahrnehmung, z.B. beim Erschließen einer Beziehung zum Wald, im privaten Bereich, z.B. bei der Förderung ökologisch verantwortlichen Handelns, und in der Wissensvermittlung.

Die Befähigung zur Übernahme von Verantwortung in ökologischer Erwachsenenbildung stellt auch eine Persönlichkeitsbildung dar. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können ihre Persönlichkeiten durch die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen, mit Naturwahrnehmung und mit individuellen und gesellschaftlichen Handlungsmöglichkeiten entwickeln. In der Erwachsenenbildung sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu auch Verantwortung durch die Mitbestimmung über Ziele und Inhalte der Veranstaltung übernehmen können. Persönlichkeitsentwicklung kann über die Förderung des Bewußtseins psychischer Reaktionen wie der Angstabwehr auch einen Beitrag zur Wahrnehmung der Umweltkrise leisten.

Dabei ist es wichtig, keine vorher gefundene Ethik zu präsentieren, sondern in der Auseinandersetzung mit Ethik die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu zu befähigen, eine eigenständige Entscheidung, und zwar auch über ethische Fragen, zu treffen. Der von mir hier vertretene Vorschlag, auf einen demokratischen Versuch zur Lösung der Umweltkrise zu setzen, rechnet mit der Fähigkeit von Individuen, verantwortlich zu handeln. Das wird nicht vorausgesetzt, sondern als in ökologischer Bildungsarbeit erlernbar gesehen. Verantwortlich zu handeln beinhaltet dabei die Fähigkeit, selbstständig Entscheidungen zu treffen und im privaten und öffentlichen Raum in Handlungen umzusetzen.

Der Versuch ökologischer Bildungsarbeit kann weitreichende Folgen auch für die Erziehungswissenschaft haben. Unter der Voraussetzung des Versuchs einer demokratischen Lösung des Umweltproblems wird auch eine demokratische Festlegung von Erziehungszielen erforderlich. Eine solche Form der Festlegung von Erziehungszielen stellt eine Erweiterung der bei der Klärung der Grundbegriffe dargestellten Möglichkeiten dar. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler könnten dann Ziele nicht mehr bestimmen, sondern empfehlen. Sie müssten sie in einem öffentlichen Diskurs vertreten. Das würde zugleich ein anderes Verständnis von Wissenschaft bedeuten, die dann nicht mehr Wahrheiten findet, sondern Argumente in einer demokratischen Auseinandersetzung liefert. Es kann bezweifelt werden, ob durch Erziehung überhaupt Ziele verfolgt werden können, die nicht auf einem gesellschaftlichen Kompromiß beruhen. Beteiligt sich die Wissenschaft an der Suche nach so einem Kompromiß, hat sie auch eher Chancen, theoretisch gefundene Ziele in die Praxis umzusetzen.

Die Möglichkeit ökologischer Bildungsarbeit besteht. Doch für größere Erfolge ist noch viel Arbeit erforderlich. Das braucht Zeit, und die ist durch die Inflation der Bedrohung knapp. Ob dieses Rennen gewonnen werden kann ist offen. Der ernsthafte Versuch sollte unternommen werden.

7. Literatur

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Klaus Kürzdörfer: "Machet Euch die Erde untertan..." - Zum Spektrum der Interpretation und zur Wirkungsgeschichte des biblischen Herrschaftsgebotes; in: Helmut Dahncke, Hans-Heinrich Hatlape: Umweltschutz und Bildungswissenschaften. Erarbeitet auf dem Symposion "Der Schutz der natürlichen Umwelt und die Verantwortung der Bildungswissenschaften" vom 1.-5.4. 1990 in der Pädagogischen Hochschule Kiel; Bad Heilbrunn/Obb.: Klinkhardt 1991; S.273-285

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Hermann Lübbe: Schwindende Risikoakzeptanz als umweltpolitischer Faktor; in: Helmut Dahncke, Hans-Heinrich Hatlape: Umweltschutz und Bildungswissenschaften. Erarbeitet auf dem Symposion "Der Schutz der natürlichen Umwelt und die Verantwortung der Bildungswissenschaften" vom 1.-5.4. 1990 in der Pädagogischen Hochschule Kiel; Bad Heilbrunn/Obb.: Klinkhardt 1991; S.24- 48

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Oberstadtdirektor der Landeshaupstadt Düsseldorf/Bildungsberatung der Volkshochschule: Bildungskompaß. Weiterbildung in Düsseldorf. 2. Auflage; Düsseldorf 1991

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Horst Siebert: Erwachsenenbildung. Aspekte einer Theorie; Bertelsmann Universitätsverlag: Düsseldorf 1972

Horst Siebert: Arbeitsgruppenbericht der Arbeitsgruppe 3: Erwachsenenbildung; in: Manfred Pluskwa (Hrsg.): Ökologie und Pädagogik. Neue Qualitäten in der ausserschulischen Jugendarbeit? 3. Auflage; Evangelische Akademie Loccum: Loccum 1987 (Reihe Loccumer Protokolle 60/84; 1. Auflage erschien 1985), S.122-124

Udo Ernst Simonis: Drei Bedinungen zukunftsfähiger Entwicklung; in: Helmut Dahncke, Hans-Heinrich Hatlape: Umweltschutz und Bildungswissenschaften. Erarbeitet auf dem Symposion "Der Schutz der natürlichen Umwelt und die Verantwortung der Bildungswissenschaften" vom 1.-5.4. 1990 in der Pädagogischen Hochschule Kiel; Bad Heilbrunn/Obb.: Klinkhardt 1991; S.129-148

Reinhard Snellow: Die Förderung ökologischer Verantwortung im Konzept der 'Ökologischen Denkwerkstatt'; in: Klaus Berger: Ökologische Verantwortung: Ein Ziel für die Umwelt- und Verbraucherbildung Erwachsener; Klinkhardt: Bad Heilbrunn/Obb. 1991; S.130-118

Norbert Stennes: Gentechnik und neuere fortpflanzungsbiologische Methoden beim Menschen; in: Erwachsenenbildung, 1986, S.81-84

Adelheid Stipproweit: Naturschutzbewegung und staatlicher Naturschutz in Deutschland - ein historischer Abriß; in: Jörg Calließ, Reinhold E. Lob: Handbuch Praxis der Umwelt- und Friedenerziehung. Band 1: Grundlagen; Schwann: Düsseldorf 1987; S.29-41

Volker Storch: Prozesse der Umweltzerstörung; in: Felix von Cube, Volker Storch: Umweltpädagogik. Ansätze, Analysen, Ausblicke; Heidelberg: Ed. Schindele, 1988; S.13-21

Willy Strzelewicz: Erwachsenenbildung; in: Christoph Wulf: Wörterbuch der Erziehung; R. Piper & Co.: München, Zürich 1974, S. 183-186

Willy Strzelewicz: Technokratische und emanzipatorische Erwachsenenbildung; in: G. Picht, F. Edding u.a.: Leitlinien der Erwachsenenbildung. Georg Westermann Verlag: Braunschweig 1972, S. 134-149

Herrmann Sturm: Die Förderung ökologischer Verantwortung im Konzept des Medienverbunds 'umwelt-handeln im Alltag'; in: Klaus Berger: Ökologische Verantwortung: Eine Ziel für die Umwelt- und Verbraucherbildung Erwachsener; Klinkhardt: Bad Heilbrunn/Obb. 1991; S.112-128

Peter Cornelius Mayer-Tasch: Ein Netz für Ikarus. Über den Zusammenhang von Ökologie, Politik und Ästhetik; Goldmann Verlag: München 1987

Hans Tietgens: Einleitung in die Erwachsenenbildung. Einführung in Gegenstand, Methoden und Ergebnisse ihrer Teildisziplinen und Hilfswissenschaften; Wissenschaftliche Buchgesellschaft: Darmstadt 1979

Alfred K. Treml: Lernen oder Untergehen? Kritische Anmerkungen zum "Lernbericht" des Club of Rome; in: Zeitschrift für Pädagogik, Jg.27, Nr.1, 1981, S.139-144

Dieter Urban: Was ist Umweltbewußtsein? Exploration eines mehrdimensionalen Einstellungskonstruktes; in: Zeitschrift für Soziologie, Jg.15, Nr.5, Oktober 1986, S.363-377

Angela Venth: Bildungswissen statt Systemwissen. Überlegungen zum didaktischen Verständnis eines Angebotsbereichs; in: Volkshochschule im Westen, Jg.40, Nr.4, 1988, S.195-198

Hoimar von Ditfurth: So laßt uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen. Es ist soweit; Rasch und Röhrig Verlag: Hamburg 1985

Frederic Vester: Neuland des Denkens. Vom technokratischen zum kybernetischen Zeitalter. 8. Auflage; dtv Sachbuch: München 1993 (1. Auflage 1984, 3. durchgesehene und ergänzte Auflage 1985; basiert in Teilen auf: Frederic Vester: Das kybernetische Zeitalter; S.Fischer Verlag: Frankfurt am Main 1974)

Ulla Voigt: Das "health cities"-Projekt und die Volkshochschulen; in: Volkshochschule im Westen, Jg. 40, Nr. 4 1988, S.202-204

Johannes Weinberg: Einführung in das Studium der Erwachsenenbildung. 2. Auflage; Klinkhardt: Bad Heilbrunn/Obb. 1990 (Reihe Theorie und Praxis der Erwachsenebildung, hrsg. von der Pädagogischen Arbeitsstelle des Deutschen Volkshochschul-Verbandes)

Johannes Wessel: Kommunale Umwelterziehung als neue Zukunftaufgabe - empirische Untersuchung an einem Modellprojekt in Essen; Zentralstelle für Umwelterziehung der Universität Essen GHS: Essen 1988 (unter Mitarbeit von Horst W. Bühne)

Hanz Zeier: Umwelt, Angst und Streß; in: Felix von Cube, Volker Storch: Umweltpädagogik. Ansätze, Analysen, Ausblicke; Heidelberg: Ed. Schindele, 1988