Volkswirtschaft I

Inflation

Inhaltsverzeichnis
1. Geldangebot
2. Multiple Giralgeldschöpfung
3. Geldnachfrage
4. Inflation und Deflation

Hier finden Sie eine Liste der in der Lektion behandelten Grundbegriffe.

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1. Geldangebot

Geld, das sich noch nicht im Wirtschaftskreislauf befindet - genauer genommen: das noch gar nicht existiert - wird, wie andere Güter, angeboten und nachgefragt. Wenn Geldangebot und Geldnachfrage zusammentreffen, kommt es zur Schaffung von Geld, der "Geldschöpfung".

Wirtschaftssubjekte können immer dann zu zusätzlichem Geld kommen, wenn sie an eine Bank Vermögenswerte übertragen und dafür Geld erhalten. Eine Bank verkauft z.B. an die Notenbank Wertpapiere und erhält dafür Banknoten. Die an eine Bank übertragenen Vermögenswerte können auch immaterieller Natur, etwa Forderungen, sein: Ein Konsument erhält z.B. auf einem Konto Buchgeld (Giralgeld) aufgrund eines Kredites gutgeschrieben und die Bank erhält dafür eine Forderung an den Kreditnehmer. Wird der betreffende Vermögenswert rückübertragen, z.B. die Wertpapiere von der Zentralbank an die Bank oder die Forderung von der Bank an den Konsumenten, weil der Kredit ausläuft, kommt es zur "Geldvernichtung", nämlich von Banknoten bzw. von Buchgeld (Giralgeld).

Es gibt drei Quellen der Geldschöpfung:

  • die Notenbank (Zentralbank), die Zentralbankgeld (Banknoten, Münzen und Einlagen der Kreditinstitute bei der Zentralbank) schöpfen kann,

  • die Geschäftsbanken, die Buchgeld (= Giralgeld) schöpfen können,

  • das Ausland, aus dem z.B. durch Bezahlung von Exporten oder durch Kredite Euro-Beträge, Devisen (liquide Forderungen an Ausländer) oder Valuten (ausländisches Bargeld), ins Inland hereinkommen.

Die Notenbank im Fall der Euro-Zone ist die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt, die im Auftrag des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) agiert.

Die Notenbank delegiert die Herstellung von Münzen häufig an den Staat, genehmigt aber die herzustellen Mengen. In Österreich erfolgt die Herstellung der Münzen durch die Münze Österreich AG, eine Tochtergesellschaft der Oesterreichischen Nationalbank. Die Münze Österreich AG verkauft die Münzen zum Nennwert - also deutlich über den Produktionskosten - an die Oesterreichische Nationalbank und schreibt den Münzgewinn dem Staat gut. Die Oesterreichische Nationalbank bringt die Münzen in Umlauf.

Durch die Geldschöpfung wird auch der rechtliche Charakter von Geld klar: Es handelt sich um eine Forderung an die Institution, die das Geld schöpft, also einen Kredit, den der Empfänger des Geldes der geldschöpfenden Institution einräumt. Sowohl die Zentralbank als auch die Geschäftsbanken zahlen, wenn sie Geld zur Verfügung stellen, mit Forderungen an sich selbst. Ausländische Wirtschaftssubjekte zahlen mit Forderungen an die Zentralbank ihres Landes oder an eine Geschäftsbank ihres Landes.

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Durch die Bezahlung mit Forderungen an sich selbst unterliegt die Geldschöpfung durch die jeweils geldschöpfende Institution auch keiner Grenze, wenn nicht künstlich - z.B. durch Gesetze - solche Grenzen aufgebaut werden. Von vornherein Grenzen in der Verfügbarkeit von Geld (ein "Liquiditätsproblem") hat immer nur derjenige, der das Geld, das er verwendet, nicht selbst schöpfen kann (z.B. die Bank hinsichtlich des Zentralbankgeldes oder die "Nichtbank" - z.B. ein Industrieunternehmen oder ein Konsument - hinsichtlich des Zentralbankgeldes und des Buchgeldes).

Die Notenbank schöpft und vernichtet Zentralbankgeld aktiv, d.h. sie ermuntert durch eine attraktive Konditionengestaltung die Banken und andere Wirtschaftssubjekte, ihr Vermögenswerte (z.B. Wertpapiere) zu verkaufen oder auch sie bei ihr zu verpfänden oder bei ihr einen Kredit aufzunehmen (Geldschöpfung) oder von ihr Vermögenswerte (z.B. wiederum Wertpapiere) zu kaufen oder einen Kredit bei ihr zurückzuzahlen (Geldvernichtung). Eine besondere Rolle bei der Konditionengestaltung der Notenbank spielen die Zinsen, zu denen sie Geld verleiht oder im Falle von Einlagen anderer Wirtschaftssubjekte ausleiht, insbesondere die "Leitzinsen", d.h. im Falle der Europäischen Zentralbank jene Zinsen, zu denen sie den Banken kurzfristig Geld zur Verfügung stellt.

Ziel der genannten Aktivitäten der Notenbank - der "Geldpolitik" - ist es, die Geldversorgung der Wirtschaft ausreichend, aber dennoch so knapp, dass Inflation vermieden wird, sicherzustellen.

Um die Geldschöpfung der Banken zu kontrollieren, verlangt die Zentralbank, dass ein bestimmter Prozentsatz der Verbindlichkeiten einer Bank bei der Nationalbank als Guthaben zu halten ist. Diese Guthaben bezeichnet man als Mindestreserven bzw. den Prozentsatz, der als Guthaben gehalten werden muss, als Mindestreservensatz. Für verschiedene Arten von Verbindlichkeiten (z.B. Girokonten, Sparkonten) müssen verschieden hohe Mindestreserven gehalten werden. Durch Veränderung der Mindestreservensätze kann die Notenbank die Geldschöpfung der Banken kontrollieren. Die Mindestreserven sind ein Teil jener Sicherheitsreserven, die die Banken deshalb halten, um bei Bargeldabhebungen von Kunden genügend Geld zu Verfügung zu haben.

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2. Multiple Giralgeldschöpfung

Die Banken wirken bei der Schöpfung von Buchgeld (Giralgeld) zusammen. Man spricht deshalb von einem "multiplen Giralgeldschöpfungsprozess":

Der multiple Giralgeldschöpfungsprozess

Wenn "Kunde 1" z.B. bei der "Bank 1" 1.000 Euro an Bargeld einlegt und der Mindestreservesatz für diese Bankverbindlichkeit 10 % beträgt, schreibt die Bank dem Einleger 1.000 Euro auf seinem Girokonto gut, sie muss aber davon 100 Euro bei der Zentralbank als zusätzliche Mindestreserve einlegen. Bank 1 hat dann eine zusätzliche "freie Reserve" von 900 Euro, in deren Höhe sie einem anderen Kunden ("Kunde 2") einen Kredit gewähren kann.

Kunde 2 überweist die ihm kreditierten 900 Euro an eine andere Bank ("Bank 2"), wo das überwiesene Geld als Buchgeld auf das Girokonto des Kunden 2 eingelegt wird. Die Bank 2 muss davon ebenfalls 10 %, also 90 Euro, als Mindestreserve bei der Zentralbank hinterlegen, sodass sie eine zusätzliche freie Reserve von 810 Euro hat. In dieser Höhe kann Bank 2 einen Kredit an den Kunden 3 gewähren.

Kunde 3 legt die 810 Euro bei Bank 3 auf sein Girokonto. Bank 3 hat davon eine Mindestreserve von 81 Euro zu hinterlegen und hat somit eine freie Reserve von 729 Euro. In dieser Höhe kann sie einen Kredit an den Kunden 4 gewähren.

Dieser multiple Geldschöpfungsprozess setzt sich so lange fort, bis die gesamte ursprüngliche Bareinlage von 1.000 Euro von den beteiligten Banken zusammen als Mindestreserve bei der Notenbank hinterlegt ist, d.h. Giralgeld von zusammen 10.000 Euro geschöpft werden konnte.

Der multiple Gelschöpfungsprozess wird allerdings eingeschränkt, wenn Kunden von ihren Banken Bargeld abheben und dieses Bargeld nicht bei einer Bank eingelegt wird (dann strömt entsprechend weniger Buchgeld von einer Bank zur anderen, so dass die freie Reserve der Banken für Giralgeldschöpfungen geringer wird) und wenn beteiligte Banken freiwillig ihre Reservehaltung erhöhen.

Hier finden Sie zu eine Graphik und eine Formel!

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Die Notenbank benötigt, um die Geldpolitik seriös durchführen zu können, zahlreiche volkswirtschaftliche Daten. Zu diesen Daten gehören insbesondere - neben solchen über das Wirtschaftswachstum und die Inflation - Daten über die Geldmenge (das Geldvolumen). Unter Geldmenge (Geldvolumen) versteht man den zu einem bestimmten Stichtag im Nichtbankensektor (= bei privaten und öffentlichen Haushalten und bei Unternehmen, die nicht Banken sind) vorhandenen Geldbestand. Meistens werdem die "Geldmengenaggregate" M1, M2 und M3 unterschieden. Dabei werden, um das nächstgrößere Geldmengenaggregat zu erhalten, stufenweise immer weniger liquide Geldarten hinzugezählt. Die folgende Graphik enthält die Definitionen der Europäischen Zentralbank für die einzelnen Geldmengenaggregate:

Geldmengenaggregate

Erläuterungen:
Pensionsgeschäfte (Repo-Geschäfte, Repos) bestehen in der kurzfristigen Übernahme von Wertpapieren von Geschäftsbanken durch die Notenbank mit einer Rückkaufvereinbarung (repurchase agreement, von diesem Wort kommt die eingedeutschte Bezeichnung "Repo"). Diese Geschäfte dienen der kurzfristigen Geldbeschaffung der Geschäftsbanken.
Geldmarktfondsanteile sind Anteile an Fonds, die in Geldmarktpapieren anlegen.
Geldmarktpapiere sind Wertpapiere mit kurzer Laufzeit.
Schuldverschreibungen (Obligationen) sind als Wertpapier verbriefte Schuldverpflichtungen mit meist festem Zinssatz und fester Laufzeit.

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3. Geldnachfrage

Die Geldnachfrage der Wirtschaftssubjekte richtet sich vor allem nach dem Geldbedarf, um Geschäfte abzuwickeln (wobei zur Vorsicht ein gewisser Sicherheitsbedarf einkalkuliert werden muss), und dem Geldbedarf, um spekulieren zu können, d.h. Geld in Reserve zu haben, um bei einer sich bietenden günstigen Gelegenheit vor allem Wertpapiere zu kaufen.

Das aus dem ersten Grund gehaltene Geld nennt man "Transaktionskasse", das aus dem zweiten Grund gehaltene "Spekulationskasse"; beides zusammen macht die Geldnachfrage in einer Volkswirtschaft aus.

Die folgende Graphik zeigt schematisch, wie sich die Transaktionskasse im Monatsverlauf entwickelt: Haushalte haben zu Beginn jedes Monats viel Transaktionskasse und haben diese bis zum Ende des Monats weitgehend verbraucht, Unternehmen haben am Anfang des Monats wenig Transaktionskasse und am Schluss des Monats viel Transaktionskasse. Die Summe aus der durchschnittlichen Transaktionskasse der Haushalte und der Unternehmen ergibt die Transaktionskasse der Volkswirtschaft und damit die der jeweiligen Wirtschaftslage entsprechende Nachfrage nach Trans- aktionskasse.

Entwicklung der Transaktionskasse
Graphik nach: Gabriele Hildmann, Makroökonomie Intensivtraining, Gabler, Wiesbaden 1997, Seite 98
GE = Geldeinheiten

Der Bedarf an Transaktionskasse (LT) wird also von der Wirtschaftslage und somit von der Höhe des Volkseinkommens (Y) bestimmt, allerdings unter Berücksichtigung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (u). Je höher die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ist, mit desto weniger Transaktionskasse kann bei gleichem Volkseinkommen das Auslangen gefunden werden. Es ergibt sich daher folgende Beziehung:

Umlaufgeschwindigkeit und Volkseinkommen

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Die Versorgung mit Transaktionskasse ist dann ausreichend, wenn mit der vorhandenen Geldmenge (M) das reale Volkseinkommen (Yr), multipliziert mit einem Koeffizienten für das Preisniveau (P) damit gekauft werden kann. Folgende Gleichung, die Quantitätsgleichung des Geldes, bringt dies zum Ausdruck:

Umlaufgeschwindigkeit und Volkseinkommen

Die Höhe der Transaktionskasse kann allerdings auch von anderen Faktoren als dem Volkseinkommen und der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes beeinflusst werden. Dazu gehören die Zinsen und eine eventuelle hohe Inflation.

Wenn die Zinsen steigen, wird die Haltung von Bargeld immer unwirtschaftlicher, weil sich durch andere Aktiva als Bargeld zunehmend bessere Erträge erwirtschaften lassen. Die Wirtschaftssubjekte bemühen sich bei steigenden Zinsen somit, mit weniger Bargeld als bisher auszukommen. In diesem Fall steigt die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, d.h. die Menschen halten geringere Geldbestände, gehen dafür aber öfter zur Bank, um sich neues Bargeld zu besorgen. Man versinnbildlicht das mit dem Ausdruck "shoe leather costs" (gemeint ist, dass sich die Schuhsohlen durch die häufigen Gänge zur Bank mehr abnützen und sie häufiger ersetzt werden müssen). Die Unternehmen versuchen bei steigenden Zinsen, ihr "Cash Management" zu verbessern, um mit noch geringeren Bargeldbeständen auszukommen.

Hohe Inflationsraten veranlassen die Wirtschaftssubjekte ebenfalls, weniger Bargeld zu halten, sondern eher in Sachwerte oder in stabilere Währungen zu flüchten. Auch das ist mit Kosten verbunden, die z.B. durch die Suche nach geeigneten Sachwerten, durch Verträge und durch Steuern für den Kauf von Sachwerten entstehen.

Die Spekulationskasse richtet sich nach der Höhe der Zinsen, die aus dem Kauf von Wertpapieren in Zukunft voraussichtlich lukriert werden können. Festverzinsliche Wertpapiere habein einen Nennwert, einen aktuellen Kurswert und einen Nominalzins. Der Betrag, der jährlich als Zinsen ausbezahlt wird, entspricht den vom Nennwert berechneten Nominalzinsen. Sinkt z.B. das Zinsniveau in der Wirtschaft unter den Nominalzins eines Wertpapiers, werden die Wirtschaftssubjekte dieses Wertpapier haben wollen, weil sie mit ihm höhere Zinsen als das allgemeine Zinsniveau lukrieren können. Allerdings wird in der Folge durch die höhere Nachfrage der Kurswert des Wertpapiers steigen, und zwar so lange, bis die Effektivverzinsung des Wertpapiers (Nennwert x Nominalzins / Kurswert) dem Zinsniveau der Wirtschaft entspricht und daher kein Anreiz mehr gegeben ist, das Wertpapier zu kaufen.

Studieren Sie ein Beispiel über Nominal- und Effektivverzinsung!

Will man aus der höheren Effektivverzinsung und der Erhöhung des Kurswertes eines Wertpapiers in der Zukunft einen möglichst hohen Gewinn erzielen, ist es somit vernünftig, das Wertpapier zu kaufen, solange das Zinsniveau der Wirtschaft hoch und der Kurs des Wertpapiers niedrig ist. Man spekuliert somit auf ein fallendes Zinsniveau, eine vorübergehend höhere Effektivverzinsung als das Zinsniveau und damit auf einen steigenden Kurswert.

Allgemein kann man somit sagen, dass die spekulierenden Wirtschaftssubjekte bei einem hohen Zinsniveau vernünftigerweise weniger Spekulationskasse als bei niedrigem Zinsniveau halten werden, weil sie bei hohem Zinsniveau ihr Spekulationsgeld für den Kauf von Wertpapieren ausgeben.

Insgesamt ist es für die Geldpolitik wichtig, die Geldversorgung (das Geldangebot) der Geldnachfrage (Transaktionskasse + Spekulationskasse) möglichst gut anzupassen, um keine Inflation aufkommen zu lassen, aber den Bedarf der Wirtschaftssubjekte nach Geldhaltung, z.B. bei steigendem Wirtschaftswachstum nach mehr Transaktionskasse, zu decken.

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4. Inflation und Deflation

Unter Inflation versteht man ein Ansteigen des Preisniveaus, das nicht nur auf saisonale Preisschwankungen (z.B. bei landwirtschaftlichen Produkten) zurückzuführen ist.

Neben den saisonalen Preisschwankungen kommt es auch vor, dass sich die Preise der in einer Volkswirtschaft angebotenen Güter in ihrem Verhältnis zueinander ändern. Eine solche Veränderung des Preisgefüges (der "relativen Preise") ist solange keine Inflation, als sich Preiserhöhungen und Preissenkungen per Saldo ausgleichen. Erst wenn die Preiserhöhungen die Preissenkungen überschreiten, liegt Inflation vor.

Lesen Sie eine kurze Geschichte über einen Geldanleger!

Verwenden Sie den "inflation calculator" der Bank of Canada!

Ein Zusammentreffen von Inflation und Stagnation des Wirtschaftswachstums bezeichnet man als Stagflation.

Es gibt verschiedene Arten von Inflation. Nach der Höhe kann man eine mäßige Inflation (wenige Prozent), eine galoppierende Inflation (zwei- bis dreistellige Inflationsraten) und eine Hyperinflation (von vierstelligen Inflations- raten aufwärts) unterscheiden.

Eine Nachfrageinflation entsteht, wenn die Nachfrage - ermöglicht durch ein entsprechendes Wachstum der Geldmenge - rascher als die Produktions- kapazität wächst. Eine Angebotsinflation entsteht, wenn es Kostenschübe, z.B. durch externe Preisschocks (etwa beim Erdöl) oder durch Lohnerhöhungen, die über die bisherige Inflationsrate zuzüglich des Prozentsatzes der Produk- tivitätserhöhung hinausgehen.

Eine Inflation, die durch höhere Preise importierter Güter entsteht, ist eine importierte Inflation. Für eine importierte Inflation bedarf es meistens fester Wechselkurse, da nur dann, wenn die ausländische Währung nicht wegen der Inflation in dem betreffenden Land abgewertet wird, die Inflation voll in das Land des Handelspartners übertragen werden kann.

Für die Wirtschaftspolitik ist die Unterscheidung in erwartete Inflation und nicht erwartete Inflation bedeutsam. Auf eine erwartete Inflation stellen sich die Wirtschaftssubjekte ein, d.h. dass - fast gewohnheitsmäßig - Jahr für Jahr die Preise und die Löhne im Ausmaß der erwarteten Inflation erhöht werden. Man nennt diese Art von Inflation auch "schleichende Inflation" oder "core inflation".

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Die Inflation wird in Prozent der Erhöhung Preisniveaus in einem bestimmten Zeitraum (z.B. einem Jahr) ausgedrückt. Man erhält so die Inflationsrate. Das Preisniveau wird dabei mit einem Index angegeben.

Die Messung der Inflation erfolgt mit einem Preisindex. Man ermittelt dabei für eine längere Zeit gleichbleibende Gruppe von Gütern (den "Warenkorb") meistens monatlich die Preise und gewichtet diese Preise nach der Bedeutung der betreffenden Güter für die Gruppe von Wirtschaftssubjekten, für die die Inflation gemessen wird (z.B. für die Verbraucher beim "Verbraucherpreisindex" oder die Großhändler und deren Kunden, die Einzelhändler, beim "Großhandelspreisindex"). Eines der durchschnittlichen jährlichen Preisniveaus wird dann gleich 100 gesetzt und alle folgenden Preisniveaus werden in Prozent mit diesem Basisniveau verglichen. Die prozentuelle Steigerung von einem Preisniveau zu einem anderen ergibt die Inflationsrate.

Informieren Sie sich über die Entwicklung von Indices in Österreich.

Informieren Sie sich über die Preisindices in Österreich bei Statistik Austria!

Der Verbraucherpreisindex übertreibt gewöhnlich die Inflation. Dies hat seine Ursache darin, dass er Qualitätssteigerungen der einzelnen Konsumgüter (z.B. das stabilere Verhalten von Windows XP gegenüber Windows 2000) und das häufige Ausweichen der Konsumenten auf preisgünstigere Produkte im Falle von Preissteigerungen bei bestimmten Produkten nicht berücksichtigt, solange nicht eine Revision des gesamten Warenkorbs erfolgt (was meistens - wie in der EU - alle fünf oder sonst alle zehn Jahre geschieht). Überschätzt man die Inflation, ermittelt man durch Deflationieren des nominellen Bruttoinlandsproduktes ein zu geringes reales Bruttoinlandsprodukt bzw. zu geringe reale Wachstumsraten.

Man kann auch einen Preisindex für das gesamte - jährlich in der Zusammensetzung wechselnde - Bruttoinlandsprodukt berechnen. Der Warenkorb ist dabei sozusagen die gesamte Wirtschaftsleistung. Diesen Preisindex bezeichnet man als Deflator des Bruttoinlandsproduktes (GDP deflator). Will man aus dem nominellen (in Geld ohne Inflationsbereinigung ausgedrückten) Bruttoinlandsprodukt das reale (= das inflationsbereinigte) Bruttoinlands- produkt berechnen, dividiert man das nominelle Bruttoinlandsprodukt durch den Deflator des Bruttoinlandsproduktes.

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Eine gleichbleibende schleichende Inflation, die von den Wirtschaftssubjekten erwartet und daher in ihr Planungen (z.B. die Preis- und die Lohngestaltung) eingebaut wird, hat keine besonders schädlichen Auswirkungen. Allerdings steuert die progressive Ertragsbesteuerung (etwa bei der Einkommensteuer) immer größere Teile der Erträge weg ("kalte Progression"), sodass bei fortdauernder Inflation zumindest von Zeit zu Zeit eine Anpassung der Steuersätze nach unten notwendig ist.

Anders ist dies mit einer unerwarteten Inflation: Sie ist nicht in den Planungen der Wirtschaftsubjekte berücksichtigt, d.h. sie überrascht sie und sie führt vor allem zu folgenden schädlichen Auswirkungen:

  • Die Preise, die wichtigsten Planungsgrundlagen für Unternehmer und Verbraucher, werden durch die mit jeder Inflation verbundene Veränderung der relativen Preise verzerrt, so dass es zu Fehlplanungen kommt.

  • Es kommt zu Verschiebungen in der Vermögensstruktur, vor allem weil Schuldner gegenüber Gläubigern gewinnen.

  • Es treten Anpassungskosten auf, nämlich die Kosten für ein eventuelles Ausweichen in Aktiva, aber auch "menue costs", d.h. Kosten der Unternehmer z.B. für das häufige Ändern von Preiskatalogen.

  • Die Bekämpfung der Inflation durch die Wirtschaftspolitik erfordert eine starke Konjunkturdämpfung, die meistens mit höherer Arbeitslosigkeit und mit Insolvenzen verbunden ist.

In Anbetracht dieser Kosten ist es vernünftig, eine Inflation rechtzeitig, also bevor sie sich voll festsetzt, zu bekämpfen, auch wenn damit bereits das Risiko einer Dämpfung der Konjunktur in Kauf genommen werden muss.

Möglichkeiten, sich gegen Inflation zu schützen, sind, neben der Flucht in Sachwerte, z.B. für den Gläubiger die Vereinbarung veränderlicher Zinsen (wie etwa bei Schuldverschreibungen mit flexiblem Zinssatz), eine ausgewogene Struktur von Forderungen und Verbindlichkeiten in der Bilanz oder die Indexierung, d.h. die Bindung von Zahlungen (z.B. Pensionen, Mieten, Kreditrückzahlungen und Zinsen) an einen Index ,z.B. den Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI).

Wie sehr etwa die nominellen (= nicht inflationsbereinigten) und die realen (= inflationsbereinigten) Zinsen auseinander klaffen können, zeigen folgende Überlegungen:

Das Gegenteil von Inflation, ein nachhaltiges Sinken des Preisniveaus, nennt man Deflation. Deflation tritt meistens in einer Wirtschaftskrise auf, die durch das "Platzen von Blasen" ("bubbles"), d.h. die plötzliche Korrektur von deutlichen Überbewertungen auf den Aktienmärkten ("Finanzblasen") oder auf den Immobilienmärkten ("Immobilienblasen"), hervorgerufen wurde.

Deflation führt zu "Attentismus", d.h. einem durch die Erwartung weiterer Verbilligungen bedingten Zuwarten der Käufer, sowohl der Konsumenten als auch der Unternehmer. Dadurch geht die Nachfrage weiter zurück, wodurch eine "Deflationsspirale" entsteht.

Die Notenbank kann Deflation mit dem Instrument der Zinsenpolitik, d.h. im konkreten Fall durch Zinssenkungen, nur so lange bekämpfen, als die Zinsen nicht bereits (nahezu) Null sind. Ist keine weitere Zinsensenkung möglich, kann von der Notenbank versucht werden, die Geldmenge zu erhöhen (z.B. durch den Ankauf von Wertpapieren) oder vom Staat versucht werden, durch Infrastrukturinvestitionen oder durch Subventionen die Wirtschaft anzukurbeln - sofern das Budget das noch verträgt.

Die Gefahr einer Deflation ist durch Zinsensenkungen relativ leicht zu bekämpfen (solange das Wirtschaftsklima nicht zu negativ ist). Eine bereits eingetretene hartnäckige Deflation ist aus den im vorigen Absatz genannten Gründen schwer zu bekämpfen.

Betrachten Sie eine Graphik über die Deflation in Japan!.

Inflation oder Deflation und Zinsen

Nehmen wir an, jemand hat einen Betrag von 100 Euro und kann damit einen bestimmten Warenkorb kaufen. Er verleiht nunmehr diese 100 Euro auf 1 Jahr gegen einen nominellen Zinssatz von 6 %. In diesem Jahr steigt der Preis seines Warenkorbs genauso wie das gesamte Preisniveau und damit der Verbraucherpreisindex von 110 auf 112. Dies entspricht einer Inflationsrate von (gerundet) 1,8 %. Nach einem Jahr erhält der Betreffende sein Geld zurück und dazu 6 % Zinsen, also 106 Euro.

Wieviel von seinem ursprünglichen Warenkorb kann die betreffende Person nun mit 106 Euro kaufen? Offensichtlich 1,0411 mal diesen Warenkorb:

Inflation und Zinsen 1

Dies bedeutet, dass die reale Verzinsung in diesem Fall (gerundet) 4,11 % ist.

Allgemein gilt, wenn man den nominellen Zinssatz mit in (in unserem Beispiel: i = 0,06), den realen Zinssatz mit ir und die beiden Indexgrößen mit P0 und P1 bezeichnet:

Inflation und Zinsen 2

Bargeld bringt einen nominellen Zinssatz von 0. Bei der oben durch die beiden Indices angegebenen Inflationsrate ergibt sich - erwartungsgemäß - ein Kaufkraftverlust von Bargeld von (gerundet) 1,8 % (1 - 0,982):

Inflation und Zinsen 3

Aus diesen Berechnungen erkennt man, dass man den realen Zinssatz mit hinlänglicher Genauigkeit auch wie folgt berechnen kann (wobei R die reale Verzinsung, N die nominelle Verzinsung, in unserem Beispiel 6 %, und I die Inflationsrate, in unserem Beispiel 1,8 %, ist):

Inflation und Zinsen 4

Es ergibt sich somit für den oben angeführten Kredit mit 6 % Nominal- verzinsung näherungsweise eine reale Verzinsung von 6 - 1,8 = 4,2 %.

Würde man bei dieser Berechnung noch die Einkommensteuer berück- sichtigen, wäre der reale Zinssatz nach Steuern deutlich geringer. Nimmt man z.B. an, dass der Zinssatz wegen der erwarteten Inflation schon auf 7,8 % gestiegen ist (6 % + 1,8 %) und dass der Grenzsteuersatz 40 % beträgt, dann werden von 7,8 % Zinsenertrag 3,12 % weggesteuert, so dass nach Einkommensbesteuerung 4,68 % Zinsen überbleiben. Davon ist allerdings noch der Kaufkraftverlust durch Inflation von 1,8 % in Abzug zu bringen, so dass reale Zinsen nach Besteuerung von 2,88 % überbleiben.

Im Fall einer Deflation erfolgt die Berechnung umgekehrt, d.h dass z.B. bei einem Sinken des Preisniveaus um 10 % durch 0,9 dividiert bzw. vereinfacht, aber nur annähernd, die Deflationsrate zum nominellen Zinssatz addiert wird.

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