Dieses von der österreichischen und polnischen Forschungsagentur (FWF und NCN) geförderte Kooperationsprojekt untersucht eine der prägendsten Perioden der jüngeren ukrainischen Geschichte – den revolutionären Umbruch zwischen 1917-1921. Es erforscht vielfältigen Erfahrungen jener Menschen, die sich selbst nicht als ethnische Ukrainer betrachteten oder nicht als solche angesehen wurden. Während sich die bisherige Forschung in erster Linie auf die Staatsbildungsbemühungen der ukrainischen nationalen Eliten konzentrierte, wurden das Leben und die Aktivitäten von Nichtukrainern weitgehend außer Acht gelassen. Dabei war die Ukraine ein multikultureller Raum, in dem sprachlich und konfessionell heterogene Bevölkerungsgruppen Seite an Seite lebten. Diese machten immerhin rund ein Viertel der Gesamtbevölkerung aus. Ohne deren Einbeziehung kann daher die Geschichte der postimperialen Transformationsprozesse in der Ukraine nicht oder nur unvollständig erzählt und verstanden werden.
Im Mittelpunkt dieses Projekts steht die Analyse der politischen, kulturellen und sozioökonomischen Handlungsfähigkeit von Nichtukrainern in der Ukraine aus einer transnationalen Perspektive. Wir konzentrieren uns in erster Linie auf Polen, Juden und Russen – die drei zahlenmäßig und historisch wichtigsten Nationalitäten – beziehen aber auch Deutsche, Griechen, Weißrussen, Tschechen und Moldawier ein. Die Forschungsfragen des Projekts sind in fünf größere Themenkomplexe gegliedert: die Veränderungen innerhalb der jeweiligen nichtukrainischen Gruppe, die Interaktionen von Nichtukrainern mit staatlichen Behörden, die Beziehungen von Nichtukrainern zu ihren „Vaterländern“ außerhalb der Ukraine, die Beziehungen von Nichtukrainern untereinander und die Gewalterfahrungen von Nichtukrainern.