fwf-forschungsprojekt: korporale performanz – generating bodies [trp 12-g21] 2010-2014

2010-2014: FWF-Projekt „Generating Bodies [TRP 12-G21]“

Koporale Performanz – Generating Bodies*

accepted by the Austrian-Science-Funds (FWF) in May 2010 for four years (Oktober 2010 till March 2014).

Proposal (English) [link] and [PDF]

Open Access Publications [link]

Applicant, Principal Investigator:
Univ.Doz.Mag.Dr.phil. Arno BOEHLER (University of Vienna, Department of Philosophy, 20 % self application)

Co-Applicants:
Univ.Prof.MMag.Dr. Susanne GRANZER, partner 1 (Lecture-Performances)
(University of Music and Performing Arts Vienna, Max Reinhardt Seminar)

Univ.Doz.Dr. Krassimira KRUSCHKOVA, partner 2 (Lecture-Performance Archive)
(Director of the Theory Department at Tanzquartier Vienna, 20 % self application)

Univ.Prof.Dr. Alice PECHRIGGL, partner 2 (Theory)
(University Klagenfurt, Department of Philosophy)

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*The applicant considers this proposal as a further differentiation and continuation of his FWF-stand-alone project “Materiality and Temporality of Performative Speech Acts” (2005-2007), sponsored by the Austrian Science Fund. A continuation of this former project has explicitly been recommended in the final FWF peer review evaluation in August 2008. Detailed information on this former project: see project website https://www.univie.ac.at/performanz

Motto

Wissen wir überhaupt, was ein Körper vermöchte (Spinoza) –

was er de facto zu denken vermöchte (Nancy) –

wenn ihm von der Macht des herrschenden Diskurses (Foucault) –

einst die Erlaubnis gegeben würde (Butler) –

sich selbst diesseits der Norm asketischer Ideale denkerisch äußeren zu dürfen (Nietzsche)?

Corpus Wissenschaft

Bis heute ist eine nüchterne Maskierung des Philosophen und Wissenschaftlers nötig, die ihm vom Dispositiv der herrschen Macht abgenötigt, erzwungen wird, um ihn in den etablierten Korpus der Wissenschaft aufzunehmen. – Auch heute ist es ihm noch immer nicht erlaubt, diesseits des Ausschlusses der Sinnlichkeit, diesseits der Ausschließung des Mater/iellen, diesseits des Ausschlusses des Weiblichen inmitten des Wissenschaftskorpus’ in Erscheinung treten zu dürfen.

„Was bedeutet eben die Macht jenes [asketischen] Ideals, das Ungeheure seiner Macht? Weshalb ist ihm in diesem Maße Raum gegeben worden? – Weshalb nicht besser Widerstand geleistet worden? Das asketische Ideal drückt einen Willen aus: wo ist der gegnerische Wille, in dem sich ein gegnerisches Ideal ausdrückt?“ (Friedrich Nietzsche, ebenda, 395).

Sollte es möglich sein, dem Stattfinden dieses gegnerischen Ideals irgendwo Statt-, irgendwo Raum geben zu können – Raum einer „Fröhlichen Wissenschaft“, in der sich die Lust auf Weisheit, die Liebe zur Weisheit, auf sublime Art und Weise lustvoll äußeren darf?

Die stoische Idee der Wissenschaft: wird durchgestrichen

Um diesen Raum freizulegen, gilt es die stoische Idee der Wissenschaft als von den Sinnen und Körpern streng abgesetzte durchzustreichen.

Die Körper der PhilosophInnen und WissenschaftlerInnen antworten den Theorien, die sie entwickeln. Den Körpern gerade an dieser Stelle Raum zu geben, wird Effekte für das Verständnis dessen haben, was wir tatsächlich und wirklich tun, wenn
Die Körper der PhilosophInnen und WissenschaftlerInnen antworten den Theorien, die sie entwickeln. Den Körpern gerade an dieser Stelle Raum zu geben, wird Effekte für das Verständnis dessen haben, was wir tatsächlich und wirklich tun, wenn
wenn wir Wissenschaft und Philosophie betreiben – und es wird darüber hinaus Einfluss auf die Künste und deren Produktionsprozesse haben. Wo das stoische Ideal der Wissenschaft durchgestrichen wird, entsteht Raum, eine Wissenschaft der Akte des Denkens und der Künste zu entwickeln, die auch neue Ausdrucksweisen und Stile erfordert: Lecture-Performances.

Dabei wird uns die Frage leiten: Was ist die Gabe des Performens für die Wissenschaft, und welches ist die Gabe der Wissenschaft für die Künste, wenn Lecture-Performances als ästhetisch-korporaler Denkansatz gelten können, eine Wissenschaft der Akte des Denkens und der Künste zu entwickeln, die die stoische Idee überwindet?

Der prekäre Status der Materie

Ein Hauptanliegen unseres Forschungsprojekts beruht darin, den prekären Status der Materie im Zuge der aktuellen Realisation von Intentionen zu analysieren. Es gilt aufzuzeigen, dass Materie nicht nur eine organische Vollzugsbedingung von Akten ist, sondern auch eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung der Bedeutung eines Aktes spielt.

Lebensweltlich sind wir gewohnt, unsere Körper primär als Werkzeuge zu gebrauchen, um bestimmte Vorhaben realisieren zu können. Dieses instrumentelle Verhältnis zu unseren eigenen Körpern bringt es mit sich, dass unsere Körper schließlich nur noch als “unsichtbare”, transparente Medien fungieren, deren “Eigen-Sinn” darin aufzugehen scheint, von uns aktuell gebraucht zu werden. Unserer physischen Konstitution werden wir uns jetzt nur noch dann inne, wenn die Realisation eines Vorhabens ins Stocken gerät und die Körper sich damit in ihrem unverfügbaren “Eigensinn” selbst widerständig zu melden beginnen.

Lecture-Performances

Den Geltungsanspruch dieser These gilt es in unserem Forschungsprojekt jedoch nicht nur theoretisch zu beweisen. Wir haben uns außerdem vorgenommen, Lecture-Performances zu realisieren, in denen die Gültigkeit unserer Theorie von WissenschaftlerInnen am eigenen Leib praktisch erprobt und on stage demonstriert werden soll. In speziell eingerichteten Art-Laboratorien werden sie in Kooperation mit führenden KünstlerInnen Lecture-Performances entwickeln, die aufzeigen sollen, dass die Art und Weise, wie eine wissenschaftliche Theorie physisch demonstriert wird auf den “ideellen” Bedeutungsgehalt derselben einen signifikanten Einfluss ausübt. Die Lecture-Performances werden im Rahmen der Veranstaltung “Philosophy On Stage #3” aufgeführt und von der Wiener Kulturwerkstätte Grenzfilm auf DVD dokumentiert.

Dieses multimediale Dokument soll sinnlich demonstrieren, dass die Idee von Lecture-Performances für die Kulturwissenschaften in dem Moment methodisch notwendig wird, in dem die klassische Unterscheidung zwischen dem “idealen” Bedeutungsgehalt eines Urteils und dem realen Akt seiner Äußerung zu implodieren beginnt. Eine epochale Zäsur in den Kulturwissenschaften, die uns zwingt, den Translationsaspekt als signifikanten Bestandteil kulturwissenschaftlicher Forschung in Zukunft methodisch ernst zu nehmen und in unsere Forschungstätigkeit einzubeziehen.

Kooperationen

Das Forschungsvorhaben wird im Zuge einer engen Forschungskooperation zwischen den Philosophischen Instituten der Universitäten Wien und Klagenfurt, dem Max Reinhardt Seminar sowie dem Tanzquartier Wien realisiert. Im Zuge der wissenschaftlichen Auswertung des Performance-Archivs im Tanzquartier Wien wird zudem ein Archiv eines Denkens in Bewegung entstehen, das es in Europa so noch nicht gibt.

Wissenschaftlicher Part

Künstlerischer Part

Philosophy on Stage #3

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