Documentation Philosophy On Stage #4

Friedrich Bitterli // Performance-Text

Performance by Milli Bitterli [CV],

1.
Mein Bruder, Friedrich, hat mich einmal gefragt: „Was machst du, wenn du mal nicht mehr tanzen kannst?“ Und ich hab zu ihm gesagt: „Dann habe ich schon so viele Bewegungen gemacht, so viel getanzt, dass es ES mit mir tanzen wird. Es wird mit mir ewig und durch alles hindurch tanzen. Und heute tanzt ES für Friedrich.“

2.
Zu weit flog ich und als ich um mich sah, da war die Zeit mein einziger Zeitgenosse. Da floh ich rückwärts, und immer eilender. Immer wieder zurück… Und wohin soll ich jetzt steigen mit meiner Sehnsucht? Ein Aufbruch an allen Toren! Immer weiter.
Immer zu weit.

Zu weit flog und als ich um mich sah, da war die Zeit mein einziger Zeitgenosse. Da floh ich rückwärts, und immer eilender. Immer wieder zurück… Und wohin soll ich jetzt steigen mit meiner Sehnsucht? Ein Aufbruch an allen Toren! Immer weiter. Ein Aufbruch an allen Toren!

Improvisation mit Text: Weiter, weiter. Immer wieder der Arm, immer wieder das Bein, immer wieder aufstehen und immer wieder am Boden- und dazwischen – immer wieder alles dazwischen. Immer dazwischen.

Improvisation mit Text: Ich spüre meinen Arm, der wird immer länger und länger. Ich spüre mein Herz ist ein Tal. I feel my elboes are a wappen. I fell my neck exploding backwards. I feel there is a fire place between my legs…

Immer weiter wollen. Wollen ist das Gefühl von dem WEG, das Gefühl zu dem HIN. Ein Muskelgefühl, dass die Arme und Beine in Bewegung bringt. Ich will weiter. Nicht weg von hier, sondern weiter hinein in das Hier. Da und hier, weg und hin, hinein, immer weiter. Dazwischen. Was ist das Gefährliche an Dazwischen. Halts aus. Halts aus. Weiter. Zu weit flog ich…

3.
Zu weit flog ich und als ich um mich sah, da war die Zeit mein einziger Zeitgenosse. Da floh ich rückwärts, und immer eilender. Immer wieder zurück… Und wohin soll ich jetzt steigen mit meiner Sehnsucht? Ein Aufbruch an allen Toren! Immer weiter.
Immer zu weit.

Tanzen – immer tanzen? Immer wieder tanzen! Aber immer tanzen heißt nichts tanzen, und nichts tanzen heißt nicht tanzen. Ich bleibe stehen und bemühe mich nicht mehr zu tanzen. Eines Tages erwache ich plötzlich aus einem Traum, im Bewusstsein, dass ich schon wieder getanzt habe, und dass ich weitertanzen muss, um nicht zu Grunde zu gehen. Da hab ich begriffen: Es geht nicht um das Tanzen, sondern um das Weitertanzen. Und manchmal überkommt es mich, dann tanzt Es mit mir weiter. Es tanzt ewig und durch alles hindurch weiter ohne Ziel. Ich kann mir vorstellen, so durch mein Leben zu tanzen. Aber manchmal bin ich mir nicht mehr sicher: „Tanze ich oder träume ich noch immer?“ Niemand kann es mir sagen, aber vielleicht ist das auch die falsche Frage, vielleicht gibt’s keine Fragen, vielleicht gibt es nur Tanzen.



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IMPRESSUM

Led by Arno Böhler, the PEEK-Projekt „Artist Philosophers. Philosophy AS Arts-Based-Research“ [AR275-G21] is funded by the Austrian Science Fund (FWF) as part of the programme for artistic development and investigation (PEEK). Research location: University of Applied Arts Vienna. Brought about in national and international cooperation with: Jens Badura (HdK Zürich), Laura Cull (University of Surrey), Susanne Valerie Granzer (Universität für Musik und darstellende Kunst Wien/Max Reinhardt Seminar), Walter Heun (Tanzquartier Wien), Alice Lagaay (Zeppelin Universität Friedrichshafen). Postdoc: Elisabeth Schäfer (University of Applied Arts Vienna). The lecture series was produced in collaboration with: Institut für Philosophie Universität Wien, University of Applied Arts Vienna [Arno Böhler] and Institut für Theater- Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien [Krassimira Kruschkova].

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