SCORES No 10 // PHILOSOPHY ON STAGE #4. NIETZSCHE ET CETERA.

Writing Performance: Manora Auersperg “Nachahmungsbewegungen_F.N. erschreiben”

Writing Performance by Manora Auersperg [CV]

Abstract

„Das Hauptmittel aller Zauberei ist, dass man Etwas in Gewalt bekommt, das Jemandem zu eigen ist, Haare, Nägel, etwas Speise von seinem Tisch, ja selbst sein Bild, seinen Namen. Mit solchem Apparate kann man dann zaubern; denn die Grundvoraussetzung lautet: zu allem Geistigen gehört etwas Körperliches; mit dessen Hülfe vermag man den Geist zu binden, zu schädigen, zu vernichten; das Körperliche giebt die Handhabe ab, mit der man das Geistige fassen kann.“ (aus: Menschliches Allzumenschliches I: § 111. Erste Veröff. 07/05/1878.)

In der Begegnung mit Friedrich Nietzsche stellt sich für mich die Frage nach Nietzsches Bezugnahme auf die Welt. Die Härte (gegen sich und nicht minder gegen andere) die in seinen Schriften zum Ausdruck kommt, steht für mich in einem bemerkenswerten Verhältnis zu seinen körperlichen Leiden. In diesem „Zwischenraum“ von sprachlicher Bezugnahme und Empfindlichkeit verorte ich jene ungelebten Anteile, die Nietzsches Sehnsucht, sein Leiden, vielleicht auch sein Glück begründen.

Um mich in diesen Zwischenraum zu bewegen suche ich nach einer Form Nietzsche körperlich zu begegnen. Gerade über das von Nietzsches Hand Geschriebene eröffnet sich für mich die Möglichkeit, Nietzsche sinnlich nach zu vollziehen. Indem ich seine Schreibgeste nachahme, sie mir mimetisch aneigne, taste ich mich an den Anderen (F. N.) heran.

„Ich kritzele auf meinen Wegen hier und da etwas auf ein Blatt, ich schreibe nichts am Schreibtisch, Freunde entziffern meine Kritzeleien.“ (Brief AN Otto Eiser: Anfang Januar 1880, aus https://www.nietzschesource.org/)

Im wesentlichen ist der Versuch mich an die Schreibgeste Nietzsches anzunähern das zentrale Ereignis meiner Arbeit. Durch eine eigene Vorrichtung entsteht während des Schreibens eine visuelle Spur, die sich nicht bis hin zum Zeichen entwickelt sondern immer im werden ist.

Diese gestische Spur wird filmisch aufgenommen und in den Raum projiziert, sodass sich durch die räumliche Ausdehnung der Duktus unterschiedlicher Notizen Nietzsches überträgt.  Die Auswahl der Vorlagen zielt darauf  ab möglichst unterschiedliche Züge zu erfassen und darüber verschiedene Befindlichkeiten spürbar zu machen.

„Überhaupt, mein Freund, es giebt so Vieles in Deinen Briefen, dessentwegen ich immer das Glück preise, einen solchen Freund zu haben; und ich genieße schon eine eigne Freude, die kräftig geschwungenen und freien Züge Deiner Handschrift zu sehen, denn sie verrathen mir schon alles, wie es jetzt mit Dir steht. Daß Du übrigens meine Vorträge über die Zukunft der Bildungsanstalten abgeschrieben hast, das ist eine ganz eigne Geschichte nach eigner Melodie zu singen und nie zu vergessen.“ (Brief AN Carl von Gersdorff: 05/04/1873.)

Während das visuelle Ausagieren der Geste sich vor allem räumlich äußert, würde eine musikalische Interpretation die zeitliche Komponente unterstreichen.  Diese Ausweitung des besagten Zwischenraumes um eine weitere Sinn-lichkeit wäre sehr willkommen.

3[20] Nachahmungsbewegungen: Abbilder. Miene und Geberde: Symbole prästabilirt, vor allem der Blick. Verstärkung der Miene und Geberde durch den Ton. Steigerung zum Genuß: Schönheitstrieb: Lust am Dasein in einer bestimmten Form. (Nachgelassene Fragmente Winter 1869–70 — Frühjahr 1870.

IMPRESSUM

Led by Arno Böhler, the PEEK-Projekt „Artist Philosophers. Philosophy AS Arts-Based-Research“ [AR275-G21] is funded by the Austrian Science Fund (FWF) as part of the programme for artistic development and investigation (PEEK). Research location: University of Applied Arts Vienna. Brought about in national and international cooperation with: Jens Badura (HdK Zürich), Laura Cull (University of Surrey), Susanne Valerie Granzer (Universität für Musik und darstellende Kunst Wien/Max Reinhardt Seminar), Walter Heun (Tanzquartier Wien), Alice Lagaay (Universität Bremen). Postdoc: Elisabeth Schäfer (University of Applied Arts Vienna). The lecture series was produced in collaboration with: Institut für Philosophie [Arno Böhler und Institut für Theater- Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien [Krassimira Kruschkova], University of Applied Arts Vienna.

Ticketreservations and Press relations: Elisabeth Schäfer, elisabeth.schaefer@uni-ak.ac.at

Our mailing address is:
FWF PEEK-Project „Artist-Philosohers. Philosophy AS Arts-Based-Research“ [AR 275-G21]
Universität für angewandte Kunst
Oskar-Kokoschka-Platz 2
A-1010 Wien

Subscribe to our mailing list

Comments are closed.