dissertant_innen arno böhler (abgeschlossen)

Mag. Dr. Ferdinand Auhser

Morgendämmerung – Versuch einer dynamischen Ontologie (Abschlussjahr: 2012)

Abstract (Deutsch)


Das dreiteilig angelegte Dissertationsprojekt möchte auf dem Weg der Interpretation ausgewählter geisteswissenschaftlicher Positionen einen neuen Zugang zu dem von Deleuze für die moderne Philosophie als programmatisch gekennzeichneten Projekt der „Umkehrung des Platonismus“ finden, indem ein philosophisch fundierter Informationsbegriff und der Versuch einer dynamischen Ontologie in das Zentrum der Betrachtung gerückt werden, auf denen basierend das Geschehen im Ganzen als interpretationslogischer Prozess und immer wiederkehrendes Werden von Kräfterelationen gedeutet werden kann.
Ausgehend von der antagonistischen Position, die Aristoteles gegen Platon einnimmt, steht der erste Teil im Zeichen der Frage nach der individuellen Form als dem wesentlich sich Zeigenden (sich Offenbarenden). Die Form (eídos) ist für Aristoteles der grundlegende Begriff seiner Philosophie, das Einzelne, verstanden als erste Substanz, die immer in einen Prozess der Bewegung verfügt, eine Sphäre des Werdens eingeschrieben bleibt. Auf dieser in der „Physik“ entwickelten These aufbauend, gelangt Aristoteles in seinen berühmten Ausführungen über die „erste Philosophie“ (Metaphysik) zu der das Wesen aller Dinge bestimmenden Dualität von dýnamis und enérgeia. Alles ist ständig in Formung begriffen, ist ständig im Übergang von einer inneren Möglichkeit zur tatsächlichen Wirkkraft dieser immanenten Disposition, ist in Formation und kann niemals aus diesem Prozess gelöst werden.
Anschließend an diesen archaischen Informationsbegriff der aristotelischen Philosophie, spaltet sich der zweite Teil der Arbeit in zwei vordergründig entgegengesetzte Bahnen, wobei die erste in die Tiefen von Spinozas pantheistischem System führt, in dem die Affektenlehre und der darin entwickelte Begriff der „Macht“, der jedem Modus zukommende conatus, das Streben, die eine, göttliche Substanz zum Ausdruck zu bringen, im Zentrum stehen. Der zweite Weg führt zu Leibniz und in die monadologisch konzipierte Metaphysik, das System der absoluten Individualität, auf dem begründet er die neue Wissenschaft der „Dynamik“ ins Feld führt und den für die moderne Naturwissenschaft so wichtigen Begriff der „Kraft“ vorbereitet.
„Macht“ und „Kraft“ bilden so die Basis für den dritten Teil der Abhandlung, in dem Nietzsche und die Konzeption des „Willen zur Macht“, der „Willen-zur-Macht-Prozesse“ und die „Ewige Wiederkunft des Gleichen“ behandelt werden. Jede singuläre Form ist nicht abgeschlossen, sondern ist selbst ein Machtgeschehen, jeder Körper, ob biologisch, chemisch, physikalisch, sozial, ist als Qualität eine innere Kräftedifferenz, ist das Wirken von Kraft-Quanten aufeinander, ist der aus dem Inneren jeder Kraft sprechende „Wille zur Macht“, der immerzu interpretiert, deutet, auslegt, herrscht oder beherrscht wird und damit jede Form in einen Prozess des Werdens verfügt, dem Werden den Charakter des Seins aufprägt; und dieses Werden ist die Differenz der Kraft-Quanten, jenes Differentialverhältnis, das niemals ausgeglichen wird, das niemals stagniert und sich so als eine ewige Wiederkunft des gleichen Formationsprozesses, Informations- und Interpretationsgeschehens manifestiert.

Abstract (English)


Through the interpretation of selected philosophical viewpoints, the following three-part dissertation will propose a novel approach to the programmatically-termed “Reversal of Platonism” as defined by Deleuze in modern philosophy, in which a philosophically-based Concept of Information and the attempt at a dynamic ontology move to the center of observation, upon the basis of which the entire phenomenology can be seen as obeying specific logical processes and the perpetual emergence of forces in varying relations.
Starting with the antagonistic position which Aristotle took versus Plato, the first part deals with the question of individual form as the element that most essentially shows (or reveals) itself. Form (eídos) is for Aristotle the fundamental concept of his philosophy – the singular, understood as primal substance, which always engages in a process of motion. Building upon this theory developed with principles from physics, Aristotle, in his famous expositions about the “First Philosophy” (Metaphysics), arrives at the duality of dýnamis and enérgeia, which determine the essence of all things. Everything is constantly in a state of being formed, is always in transition from one inner possibility to the actual efficacy of its immanent manifestation, is in the process of formation and can never be separated from this process.
Building upon this archaic Concept of Information from Aristotelian philosophy, the second part of this work is divided into two fundamentally opposite streams, the first of which deals with the depths of Spinoza’s pantheistic system, in which the doctrine of affections and the concept of power expounded therein take center stage as the conatus inherent in every mode, the striving to give expression to the one divine essence. The second stream deals with Leibniz and his monadologically conceived Metaphysics, the system of absolute individuality, upon the basis of which he proposes the new science of “dynamics” and develops the concept of “force” so important to the natural sciences.
“Power” and “force” thus constitute the basis for the third part of the work, in which Nietzsche and the conception of the “will to power”, the “processes of the will to power” and the “eternal recurrence of the same” are dealt with. Every singular form is incomplete and is a phenomenon of power, each body – whether biological, chemical, physical or social – possesses a quality of inner force differentiation, is the effect of force-quanta working on each other, is the “will to power” expressing itself from the innermost part of every force that forever interprets, divines, discerns, governs or is governed and thereby forces each form into a process of becoming, and which imposes the character of being on this process of becoming; and this becoming is the difference between force-quanta, that differential relationship that can never be equalized, that never stagnates and thus manifests itself as an eternal recurrence of the same phenomenon of formation, information and interpretation.

Kurzbiographie


geb. am 22. Oktober 1982 in Wien.
Seit 1982 wohnhaft in Tulln an der Donau.

Ausbildung und akademische Laufbahn:

2002 Beginn des Diplom-Studiums der Philosophie an der Universität Wien.

2005 Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades im Fach Philosophie mit dem Titel „Die Grenzen der Vernunft – Dogmatik und Kunst“ (Betreuer: Univ. Doz. Mag. Dr. phil. Arno Böhler).
Abschluss des Studiums der Philosophie mit Auszeichnung.

2005 Beginn des Doktoratsstudiums der Philosophie an der Universität Wien.

2006 Verleihung des „Würdigungspreises der Republik Österreich für die besten Absol-ventinnen und Absolventen des Jahrganges“ durch das BM:BWK (Bundesministerin Elisabeth Gehrer).

2008 DOC Stipendium der Österreichischen Akademie der Wissenschaften für die Dissertation „Morgendämmerung – Versuch einer dynamischen Ontologie“ (Betreuer: Univ. Doz. Mag. Dr.phil. Arno Böhler).

2012 Benotung der Dissertation mit „Sehr gut“ durch die Professoren Richard Heinrich (Universität Wien) und Dieter Mersch (Universität Potsdam).

Abschluss des Doktoratsstudiums der Philosophie mit Auszeichnung.

2016: Gründung Vermes-Verlag, seitdem Geschäftsführer des Verlages

Seit 2014 Projektleitung, Projektinitialisierung von Hör zu, Bakabu – Kinderlieder zur sprachlichen Frühförderung (gemeinsam mit Arthur Lauber und Manfred Schweng)
www.bakabu.at

Web

www.bakabu.at

Wissenschaftliche Publikationen (Auswahl, Stand November 2018)


– Über Wille und Affekt, in: Denken im Affekt, hrsg. von Bernd Bösel, Eva Pudill, Elisabeth Schäfer, Passagen Verlag, Wien, 2010.

– Gedanken an Penelope – Ein Spaziergang, (2014) in
LINK

– Bezugs-Formen, in LINK

– Volker Gerhardt: Versuch über die große Vernunft des Leibes I und II, in
LINK

– Alexander Nehamas, For whom the Sun shines – A Reading of Also sprach Zarathustra, in
LINK

Publikationen als Autor (Auswahl, Stand November 2018)


2016: Hör zu, Bakabu – Album 1
2016: Hör zu, Bakabu – Album 2
2018: Hör zu, Bakabu – Album 3, Vermes-Verlag
2018: Der kleine Egon und das Phantombild, Vermes-Verlag
2018: Bakabu und die (nicht ganz) Stille Nacht, Vermes-Verlag (Hörbuch von Singeland Records/Vermes-Verlag)

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