dissertant_innen arno böhler (laufend)

Dr. Julia Meer

Disstertation: Expeausition. Eine korporale Philosophie der Bilder

Abstract (Deutsch)

Entlang des Bildes „Painter Working, Reflection“ von Lucian Freud wird in der vorliegenden Dissertation eine korporale Philosophie der Bilder entworfen. Mit dieser methodischen Herangehensweise avanciert das Bild zum Ausgangspunkt des Denkens, was eine Abgrenzung zu den Bildwissenschaften wie auch zur Bildtheorie bedeutet.
Ebenso wie Lucian Freud am Bild seinen Körper entblößt, versucht die Dissertation, die Korporalität der Bilder freizulegen. Die korporale Präsenz des Bildes wird in der Bildforschung zwar als notwendig anerkannt, gleichwohl nur in ihrem medialen Charakter und/oder als negative Bezugsfolie zur Darstellung betrachtet. Dementgegen wird in der Arbeit in Anlehnung an die Philosophie von Jean-Luc Nancy ein affirmatives Konzept von Körperlichkeit vorgeschlagen, das auf der Expeausition, der körperlichen Ausgesetztheit entlang der Haut beruht. Bilder, so die zentrale These, potenzieren dieses Ausgesetztsein, da sie nicht nur eine Darstellung zeigen, sondern immer auch ihren Körper mitaussetzen.
In den drei Teilen der Dissertation werden zentrale Elemente von Lucian Freuds Selbstakt auf ihre Korporalität hin befragt: erstens der künstlerische Prozess, im Zuge dessen der Bildkörper zurücktritt und eine Darstellung hervortritt; zweitens die Darstellung, welche ins Bild gezogen ihren Körper verliert, sowie damit verbunden die Ähnlichkeitsbeziehung und die Frage nach dem Subjekt; drittens der Bildkörper und der prekäre ontologische Status der Bilder. Um diese thematischen Schwerpunkte auch in ihrer historischen Reichweite zu berücksichtigen, werden klassische Konzepte von Körperlichkeit sowie Bildlichkeit anhand der drei Ursprungsmythen der Malerei (des Mythos der Butades, des Mythos des Narcissus, der Legende des Zeuxis), der platonischen Philosophie sowie deren Interpretationslinien in diversen historischen Malereitraktaten dekonstruiert und darauf aufbauend der Körper als Modus des (Sich-)Exponierens entworfen.

Abstract (English)

In close contact to Lucian Freud’s „Painter Working, Reflection“, the dissertation develops a corporal philosophy of images. Through this methodological approach, the picture becomes the starting point of thinking. This is what distinguishes the present work from Image Theory and Visual Culture Studies.
Similar to Lucian Freud denuding his body, the dissertation aims to expose the body of the images. Although their corporal presence is acknowledged in research, it is mainly regarded in its function as medium and/or as contrast foil to pictorial representation. In contrast to these approaches and in reference to the philosophy of Jean-Luc Nancy, the present study proposes an affirmative concept of body which is based on expeausition, that is, bodily exposition along the skin. Images potentiate this exposition because they do not only expose a representation but they always necessarily expose themselves, their bodies.
In the three parts of the dissertation, crucial elements of „Painter Working, Reflection“ are questioned in regard to their corporal dimension: first, the artistic working process, during which the pictorial representation becomes visible whereas the body of the picture withdraws; second, the pictorial representation, which loses its corporality during its transfer into the picture, and hence the question of resemblance and the self; third, the exposed body and the ontologically fragile status of images. To consider these topics also in their wide historical range, the present study treats classical concepts of corporality and picturality, described in the three origin myths of painting (the myth of Butatdes, the myth of Narcissus, the legend of Zeuxis), the platonic philosophy, and also their interpretations in historical treatises on painting and deconstructs them. On this basis, the dissertation establishes the body as mode of exposing (oneself).

Kurzbiographie

Julia Meer studierte Philosophie und Germanistik an der Karl-Franzens-Universität Graz und der Universität Wien. 2018 reichte sie ihre Dissertation mit dem Titel: „Expeausition. Eine korporale Philosophie der Bilder“ am Institut für Philosophie der Universität Wien zur Begutachtung ein. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin in den FWF-Projekten Künstlerphilosoph_innen. Philosophie als künstlerische Forschung PEEK (AR 275-G21) an der Universität für angewandte Kunst Wien sowie Bodytime. An interdisciplinary inquiry on regular body rhythm and its dysfunctions (P 26110) an der Karl-Franzens-Universität Graz.

Publikationen (Auswahl, Stand November 2018)



Der vulnerable Leibkörper und der Wirbel der Zeit. Zum Menschenbild im Kontext von Philosophie, Kunst und Medizin, in: Kunst heilt Medizin. Interdisziplinäre Untersuchungen zu vulnerabler Körperlichkeit. Hrsg. von A. del Guercio [u. a.]. Innsbruck: tyrolia (= Theologie im kulturellen Dialog 34). [peer-reviewed, forthcoming 2019]

Berühren – Zur Temporalisation des Leibes, in: Der Leib und seine Zeit. Temporale Prozesse des Körpers und deren Dysregulationen. Hrsg. v. Reinhold Esterbauer, Andrea Paletta, Julia Meer. Freiburg, München: Alber. [forthcoming 2018]

Die Erinnerung des Leibes. Zur Relevanz und Funktion von Leibzeit bei Alzheimer-Demenz, in: Zeitschrift für Praktische Philosophie 5/1 (2018), 207-230. [double-blind, peer-reviewed]

Temporalization of Touch and its Consequences for Embodiment, in: Phainomena XXV/98-99 (2016), 133-153. [double-blind, peer-reviewed]

Aber lassen wir Herrn Nietzsche: was geht es uns an, dass Herr Nietzsche wieder gesund wurde?, in: Sublin/mes. philosophieren von unten. a queer reviewed journal 5 (2015), 59-65.

Vorträge (Auswahl, Stand November 2018)

Die Kraft der Bilder. Ereignishaftes Berühren entlang der Haut, bei der Jahrestagung 2016 der Gesellschaft für Interkulturelle Philosophie „Kraft, Macht und Gewalt der Bilder in interkultureller Perspektive“ (21.-24.9.2016) an der Universität Wien.

Berühren. Zur Temporalisation des Leibes, beim Kongress „Bodytime. Zur Verschränkung von Zeit- und Leibprozessen“ (15.-16.7.2016) an der Karl-Franzens-Universität Graz.

[gemeinsam mit Rudolf Mösenbacher]: Immanence and the Regulative Use of Reason, bei der Deleuze-Studies-Conference „Virtuality, Becoming, Life“, (11.-13.7.2016) in Rom, Italien.

Nietzsche –, wie?, zwei Lecture-Performances gemeinsam mit dem Kollektiv Sublin/mes. Philosophieren von unten beim Research-Festival „Philosophy on Stage #4“ (26.-29. Nov. 2015) im Tanzquartier Wien.

Deleuze and the Paintings, bei der Konferenz „The Dark Precursor. International Conference on Deleuze and Artistic Research“ (9.-11. November 2015) in Gent, Belgien.

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