Blutkonserventransportlogistik des Österreichischen Roten Kreuzes

Karl Dörner (Lehrstuhl für Produktion und Logistik)

Die Blutspendezentrale des Österreichischen Roten Kreuzes für Wien, Niederösterreich und Burgenland (BSZ/ÖRK) sieht sich mit folgender Situation im Transport konfrontiert. Es werden Blutspenden und -konserven transportiert, wobei die Erledigung dieser Aufgaben unabdingbar ist. Gegebenenfalls müssen enorme Kosten in Kauf genommen werden, um Transporte durchzuführen. In dieser Situation ist Verbesserungspotenzial bei den Bluttransporten leicht denkbar. Die BSZ/ÖRK als Non-Profit Organisation im Allgemeinen, und in der Krankenversorgung im Besonderen keinen Spielraum bei der Preissetzung hat, ist eine Senkung der Kosten sozial und wirtschaftlich erstrebenswert. In diesem Zusammenhang läuft ein Forschungsprojekt mit der Universität Wien (Lehrstuhl Hartl) und der Universität für Bodenkultur Wien (Lehrstuhl Gronalt), dessen Ziel das Aufzeigen von Einsparungspotenzialen ist.

Im Folgenden sollen kurz die Rahmenbedingungen des Problems erläutert werden: Die BSZ/ÖRK erfüllt mit einem Fuhrpark von etwa 40 Fahrzeugen, welche am Standort der Wiener Zentrale in der Wiedner Hauptstraße stationiert sind, folgende drei Aufgaben. Erstens werden rund 80 Spitäler in Wien, Niederösterreich und Burgenland regelmäßig mit Blutkonserven für Operationen versorgt. Für diese Versorgung sind die Daten, benötigte Mengen der verschiedenen Blutgruppen, größtenteils rechtzeitig im Voraus bekannt. Basis dafür sind unter anderem die Operationspläne, welche für diesen Zeitraum erstellt werden. Zusätzlich treten aber auch dynamisch Bedarfe auf, wenn - beispielsweise nach Unfällen - Notfallsoperationen durchgeführt werden müssen.

Die zweite Aufgabe besteht in der Aufbringung der erforderlichen Blutprodukte in qualitativem und quantitativem Ausmaß. Zu diesem Zweck werden jährlich etwa 2700 Blutspendeaktionen in Wien, Niederösterreich und Burgenland durchgeführt. Parallel finden bis zu 16 Blutspendeaktionen an verschiedenen Orten statt. Diese Blutspendeaktionen finden tageweise, in Ausnahmefällen an 2 aufeinander folgenden Tagen statt. Aus Abbildung 1 sind die Aktionsorte für den Osten Österreichs ersichtlich.

Die zu transportierenden Mengen sind in diesem Fall nur schwer prognostizierbar, als Grundlage kann jedoch das Verhalten der Blutspender in einer bestimmten Region in der Vergangenheit herangezogen werden. Dynamik resultiert hier aus medizinischen Gründen: Eine Blutspende muss nach spätestens 5 Stunden verarbeitet sein. Diese Verarbeitung findet zentral statt. Blutspenden, die nicht rechtzeitig in der Zentrale eintreffen, sind wertlos. Sobald der erste Blutspender bei der Aktion eintrifft, ist somit bekannt, wann spätestens die erste Fahrt von dieser Aktion zur Zentrale durchgeführt werden muss.

Sobald dieses erste Fahrzeug die Aktion mit den bis zu diesem Zeitpunkt abgegebenen Spenden verlassen hat, wird automatisch der Bedarf für eine weitere Fahrt erzeugt - es sei denn, keine weiteren Spender erscheinen bei der Aktion oder der Transport der verbleibenden Spenden nach Ende der Aktion durch das Aktionsteam ist möglich. Will man die Anzahl der Besuche bei einer Aktion minimieren, sollte man also so spät als möglich die Spenden dieser Aktion abholen. Aus Sicht der Routenplanung ist dies höchstwahrscheinlich nicht sinnvoll, sodass hier ein Trade-Off besteht, der signifikante Auswirkungen auf die Kosten hat.

Im Augenblick werden die Versorgung der Krankenhäuser und die Blutspendeaktionen unabhängig voneinander geplant und durchgeführt. Die Vorgaben für personelle, materielle und zeitliche Ressourcen stammen aus unterschiedlichen Quellen. Nur bei augenscheinlich sinnvollen Kombinationen von Fahrten, wird die Versorgung eines bestimmten Krankenhauses mit der Abholung von Blutspenden einer nahe liegenden Aktion verknüpft.

Ziel dieses Projekts ist es nun, die Fahrten dieser beiden Aufgabenbereiche gemeinsam zu planen, sodass effizientere Routen und gegebenenfalls weniger Fahrten resultieren. Das in diesem Zusammenhang vorhandene Einsparungspotential ist aufzuzeigen.

Folgender Lösungsansatz wird gewählt. Für jeden Abnahmeort wird berechnet, wie viele Abholungen mindestens nötig sind. Das Abnahmeteam selbst kann die letzten Blutspenden bei der Rückfahrt zur BSZ mitnehmen.

Jeder Ort wird im Rahmen von Pendeltouren (BSZ - Abnahmeort - BSZ) nur so oft angefahren, wie unbedingt nötig. Einsparungen lassen sich wie beim Savingsverfahren durch Vereinigung von Pendeltouren erzielen. Solche Vereinigungen von Touren sind nur dann zulässig und sinnvoll, wenn dies zeitlich möglich ist (d.h. wenn sämtliche Restriktionen eingehalten werden) und wenn sich dadurch eine Reduktion der zurückzulegenden Wegstrecke ergibt.

Ersparnisse werden nach Art eines Greedy-Verfahrens lukriert. Vereinigungen von Touren werden also unabhängig von damit verbundenen Einschränkungen der (zeitlichen) Spielräume der beteiligten Aktionsorte und ohne Berücksichtigung der Auswirkungen auf weitere mögliche Vereinigungen nach fallenden Ersparnissen durchgeführt. Im Anschluss an eine Vereinigung zweier Touren werden deren Freiräume (= zeitliche Spielräume) entsprechend eingeschränkt und alle Savingsmöglichkeiten auf ihre weitere Durchführbarkeit überprüft und gegebenenfalls die Savingswerte Null gesetzt. Im Anschluss an die Vereinigung von Touren wird eine Fahrerzuteilung durchgeführt.

Ausgehend von dem oben beschriebenen Ansatz werden weitere Lösungsansätze entwickelt:

Ferner werden Modellerweiterungen wie z.B. Rendezvousverkehr (ramp transfer) untersucht.