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5.1 Ideales Quantengas: Methode der wahrscheinlichsten Verteilung

Wir behandeln ein System aus $N$ unabhängigen Teilchen, die sich in einem würfelförmigen Volumen mit vollkommen elastischen Wänden aufhalten. In Anlehnung an die kinetische Theorie der verdünnten Gase betrachten wir den Zustandsraum für die einzelnen Teilchen, dessen klassisches Pendant als $\mu$-Raum bezeichnet wurde. Im quantenmechanischen Formalismus wird dieser Raum durch die Quantenzahlen $n_{x,y,z} = 1, 2 \dots$ aufgespannt, die jeweils einen Impuls-Eigenzustand mit dem Eigenwert $\vec{p} \equiv (h/2L) \vec{n}$ und der zugehörigen Energie $E_{\vec{n}} = p^{2}/2m = (h^{2}/8mL^{2}) \vert \vec{n} \vert^{2}$ definieren.

Wir fassen jeweils $g_{j}$ Zustände, deren Energien $E_{\vec{n}}$ innerhalb eines Intervalls $\left[ E_{j}, \Delta E \right]$ liegen, zu einer ,,Zelle`` zusammen. Der Wert von $g_{j}$ ist unerheblich; er soll nur groß genug sein, um die Anwendung der Stirlingschen Formel für $g_{j}!$ zu rechtfertigen. Die Zellen seien mit $j=1,2, \dots m$ numeriert.

Wieder stellen wir uns die Frage, wie die $N$ Teilchen - im Mittel - auf die $m$ Zellen aufgeteilt sein werden. Abweichend von der in Abschnitt 2.2 verwendeten Schreibweise bezeichnen wir im folgenden die Anzahl der Teilchen in der $j$-ten Zelle mit $f_{j}$. Der Grund für die Verwendung von ,,$f$`` liegt darin, daß ,,$n$`` für die Bezeichnung der Quantenzahlen reserviert ist.

Eine bestimmte Aufteilung $\vec{f} \equiv \left\{ f_{j};   j=1, \dots m \right\}$ der $N$ Teilchen auf die $m$ Zellen ist umso wahrscheinlicher, je größer die zugehörige Multiplizität $W$ ist, d. h. auf je mehr Arten man die $\left\{ f_{j}\right\}$ Teilchen den $\left\{ g_{j}\right\}$ Zuständen innerhalb jeder Zelle zuordnen kann - wobei die Fermi- bzw. Bose-Regel zu berücksichtigen ist:

\begin{displaymath}
{\rm Fermi-Dirac:}\; \;W= \prod_{j=1}^{m} {g_{j} \choose f_{...
...stein:} \; \; W= \prod_{j=1}^{m} {g_{j}+f_{j}-1 \choose f_{j}}
\end{displaymath} (5.1)

Zum Vergleich: die im Abschnitt 2.2 erwähnte Multiplizität einer klassischen Aufteilung (siehe Gl. 2.11) entspräche in dieser Schreibweise dem Ausdruck $W= \prod_{j=1}^{m} g_{j}^{f_{j}}/f_{j}!$.

Die Aufteilung $f_{j}^{*}$ mit der größten Multiplizität kann nun wieder mit Hilfe der Lagrange-Variation unter den Nebenbedingungen $\sum_{j}f_{j}E_{j}=E$ und $\sum_{j}f_{j}=N$ bestimmt werden:

\begin{displaymath}
\delta \ln W - \beta \delta \left( \sum_{j}f_{j}E_{j}-E \right) +
\gamma \delta \left( \sum_{j}f_{j} -N \right) = 0
\end{displaymath} (5.2)

Mit der Bezeichnung $z \equiv e^{\gamma}$ erhält man für
\begin{displaymath}
{\rm\bf Fermi-Dirac:}\; \; f_{j}^{*}
= \frac{g_{j}}{z^{-1}e...
...tein:}\; \; f_{j}^{*}
=\frac{g_{j}}{z^{-1}e^{\beta E_{j}}-1}
\end{displaymath} (5.3)

Dies ist die wahrscheinlichste Aufteilung der Teilchen auf die Zellen. Da aber $g_{j}$ die Anzahl der Zustände in der Zelle $j$ bezeichnet, gilt für die mittlere Besetzungszahl eines dieser Zustände
\begin{displaymath}
\langle f_{\vec{n}} \rangle \equiv \frac{f_{j}^{*}}{g_{j}}
=...
...}
\;\;\;
(+   \dots  {\rm Fermi;}\; -  \dots   {\rm Bose})
\end{displaymath} (5.4)

Die Lagrange-Parameter $\beta$ und $z$ sind leicht zu interpretieren. Ähnlich wie in Abschnitt 2.2 vergleicht man die Folgerungen aus obigen Besetzungsdichten mit empirischen Tatsachen und findet, daß $\beta$ gemäß $\beta = 1/kT$ mit der Temperatur zusammenhängt und daß $z = e^{\gamma}=e^{\mu/kT}$ mit der Fugazität identisch ist.
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F. J. Vesely / StatPhys Tutorial, Deutsch, 2001-2003