Die Bilder, die
Menschen sich von der Menschheitsgeschichte machen, können
nach mancherlei Gesichtspunkten charakterisiert werden. Eines
geht von der Vorstellung aus, die man sich von den Anfängen
macht, wann immer solche Anfänge angesetzt werden. Ob am
Anfang die heile, schöne Welt von Göttersöhnen steht, deren
Weisheit und Tugend den Menschen der Spätzeit weit überlegen
ist, ob das Paradies oder die naturwüchsige Lebensweise edler
Wilder. Wann immer solche oder ähnliche Bilder auftreten,
gehen sie einher mit dem beklagenswerten Umstand, daß es von
dieser idealen Urgesellschaft dann bergab gegangen sei mit der
Menschheit bis zu einem Tiefpunkt und Neubeginn oder gar bis
heute und weiter so in alle Zukunft.
Dem gerade entgegengesetzt ist die andere Tendenz, eine Entwicklung, ein Fortschreiten im Verlauf der Zeit zu sehen, so daß aus rohen, tierischen Anfängen sich nach und nach Kulturen, Künste, Wissenschaften, verfeinerte Lebensformen und Bildung entwickeln konnten. Zwar gibt und gab es auch unter dieser Annahme immer wieder die Vorstellung von Fehlentwicklungen, Rückschritten und Zerfall. Aber auf keinen Fall werden die anfänglichen Stadien solcher Entwicklung als insgesamt den späteren Stadien überlegen angesehen.
Die Geschichte, wie wir sie auch betrachten, konfrontiert uns mit uns selber. Und je nach dem Bild von uns, von unserer Gegenwart und Zukunft, unserem Wollen und Wünschen wandelt und gestaltet sich zum einen unsere Betrachtung der Geschichte, zum andern unser Urteil darüber, in welchem Sinn wir im Prozeß geschichtlicher Veränderung mitwirken.
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