Lineares Gleichungssystem 1


Franz Embacher

Fakultät für Physik der Universität Wien

 
Aufgabe: Ermitteln Sie die Lösungsmenge im $\mathbb{R}^2$ von

\begin{eqnarray} 2x +4y &=& 6\\ 3x +6y &=& 9 \end{eqnarray} $(1)$
$(2)$

Berechnung:
  1. Lösungsmethode 1: Wir wenden die Substitionsmethode an und berechnen $x$ aus (1) zu

    $x=-2y+3$ $(3)$

    Diese Gleichung ersetzt also (1). Wir setzen sie in (2) ein und erhalten $-6y+9+6y=9$, also die Identität

    $9=9$ $(4)$

    Das gegebene Gleichungssystem (1)(2) ist äquivalent zu dem aus (3) und (4) bestehenden System. Da eine Identität keine Bedingung an die Lösungsmenge darstellt, reduziert sich das gegebene Gleichungssystem auf (3), eine Geradengleichung. Die Lösungsmenge ist die Gerade $$L=\{\,(x,y)\,|\,x=-2y+3\,\}$$
  2. Lösungsmethode 2: Wir wenden die Eliminationsmethode an. Um $x$ zu eliminieren, multiplizieren wir beide Seiten von (1) mit $3$ und beide Seiten von (2) mit $-2$ und erhalten

    \begin{eqnarray} 6x +12y &=& 18\\ -6x -12y &=& -18 \end{eqnarray} $(5)$
    $(6)$

    Addieren wir die beiden Gleichungen, so ergibt sich die Identität $0=0$. Die beiden gegebenen Gleichungen (1) und (2) sind zueinander äquivalent – eine kann weggelassen werden. Wir lassen die zweite weg: Die Lösungsmenge ist die Gerade $$L=\{\,(x,y)\,|\,2x+4y=6\,\}$$
Die beiden angegebenen Lösungsmengen sind natürlich identisch, denn die Gleichungen $x=-2y+3$ und $2x+4y=6$ beschreiben dieselbe Gerade.

Nachbemerkungen:
  • Geometrische Interpretation: Jede der Gleichungen (1) und (2) für sich betrachtet besitzt eine Gerade als Lösungsmenge, und diese beiden Geraden sind identisch:


  • Ein häufiger Fehler besteht darin, angesichts des Auftretens einer Identität zu schließen, die Lösungsmenge sei leer. Denken Sie sich jede Gleichung eines Gleichungssystems als Bedingung an die Lösungsmenge – dann besteht kein Grund für diesen Fehlschluss! Denken Sie auch der Übersicht halber immer daran, dass Sie letzten Endes immer ganze Gleichungssysteme umformen, nicht nur einzelne Gleichungen! Sie sollten nach jedem Umformungsschritt wissen, aus welchen Gleichungen das umgeformte System gerade besteht. So können Sie am klarsten erkennen, wenn ein Gleichungssystem de facto nur aus einer einzigen Gleichung besteht.


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