Steuerreform wird Zitterpartie

Staatsschulden-Hüter Helmut Frisch tritt für die Verschiebung der Steuerreform im Jahr 2005 ein, sollte das nominelle Wirtschaftswachstum nicht vier bis 4,5 Prozent erreichen. Gleichzeitig werden die Konjunkturprognosen für Österreich ständig nach unten korrigiert.

Angesichts der anhaltenden Konjunkturflaute mehren sich die Stimmen, die die Umsetzbarkeit der Steuerreformpläne von Schwarz-Blau in Zweifel ziehen. Die erste kleine Etappe 2004 - mit einem Entlastungsvolumen von maximal 169 Mio. Euro - wird demnächst im Parlament beschlossen. Skepsis herrscht bezüglich der wesentlich größeren Etappe 2005, für die ein Entlastungsvolumen von 2,5 Milliarden Euro in Aussicht gestellt wurde, um die Steuer-und Abgabenquote auf 43 Prozent zu senken.

Der Präsident des Staatsschulden-Ausschusses, Helmut Frisch, hält es angesichts der "relativ optimistischen Wachstumsannahmen für plausibel", die Steuerreform 2005 zu "verschieben", falls das nominelle Wirtschaftswachstum 2005 nicht vier bis 4,5 Prozent erreicht.

Weniger heißt später

Im Gespräch mit dem STANDARD sagte Frisch: "Diese Annahme über das nominelle Wachstum impliziert ein reales Wachstum von ungefähr 2,5 Prozent (nach Abzug der Inflationsrate, Anm.). Wenn wir nur ein reales Wachstum von 1,5 Prozent bekommen, was man nicht ausschließen kann, dann soll man die Steuerreform verschieben."

Der Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo), Helmut Kramer, hält es für "verfrüht, über das Abblasen der Reform 2005" zu diskutieren. Entlastungsbedarf, insbesondere beim Faktor Arbeit, sei zweifelsohne gegeben.

In der Mittelfristvorschau vom Dezember 2002 ging das Wifo noch von einem Wachstum im Jahr 2005 von real 2,5 Prozent aus, doch die Prognosen für 2003 und 2004 wurden mittlerweile kräftig nach unten revidiert.

Konkret schätzte das Wifo im Dezember das reale Wirtschaftswachstum für heuer auf 1,7 Prozent. In der Budgetvorschau vom Februar ging das Finanzministerium bereits von 1,4 Prozent aus. Ende März revidierte das Wifo die Prognose auf ein Wirtschaftswachstum von 1,1 Prozent.

Das gleiche Bild für 2004: Seit Dezember wurde die Wachstumserwartung von 2,3 Prozent (Wifo) auf 2,0 Prozent (Finanzministerium) auf zuletzt 1,7 Prozent (wieder Wifo) zurückgenommen.

Prognosen unsicher

Interessant ist, dass die Wirtschaftsforscher wegen der Unsicherheit über die Konjunkturauswirkungen des Irakkrieges die Prognosen für die Jahre 2005 und 2006 vorerst unverändert ließen. Auch das Finanzministerium schrieb in das "Stabilitätsprogramm" unbeirrt ein Wachstum von real 2,5 Prozent für die Jahre 2005 und 2006.

Wifo-Konjunkturexperte Ewald Walterskirchen beschreibt die Prognose-Problematik anhand zweier Extremszenarien: "Kommt der Aufschwung und setzt sich durch, ist 2005 sogar höheres Wachstum möglich. Kommt der Aufschwung trotz eines kurzen Irakkrieges samt niedrigem Ölpreis und Stimmungsaufschwung an den Börsen nicht, wird das Wachstum wesentlich geringer ausfallen."

Nachsatz: "Unsere Prognose stellt insofern den Mittelweg zwischen beiden Szenarien dar und ist eigentlich der unwahrscheinlichste Fall."

Q.: Der Standard v. 9.4.2003