Entlastung als Zauberwort aller Parteien
In der Steuerpolitik bieten die Wahlprogramme einige Innovationen mit - theoretisch - weitreichenden Folgen.

Über die Finanzierung der Ideen erfährt man wenig.

 

WIEN (and). Ein Blick auf die Konzepte der Parteien hinsichtlich ihrer steuerlichen Ansätze verblüfft: Ausgerechnet das Thema, das Schwarz und Blau getrennt hat, verbindet die beiden Coleurs. Das SP-Programm schenkt - wenig überraschend - der betrieblichen Entlastung weniger Augenmerk und fokussiert auf der Besserstellung der Arbeitnehmer. Und die Grünen heben - oder grenzen - sich mit ihrem Modell einer Ökologisierung des Steuersystems deutlich von den politischen Mitbewerbern ab.

Zurück zum Ausgangspunkt:

Die aktuelle Regierung hat sich weniger über Inhalte als über den Zeitpunkt einer Steuerreform zerkracht. Beide Parteien haben sich zum Ziel gesetzt, die Abgabenquote von derzeit rund 45 auf unter 40 Prozent im Jahr 2010 zu senken. Im Arbeitnehmerbereich sind die Freiheitlichen laut Programm etwas großzügiger: Bruttobezüge unter 14.500 Euro im Jahr sollen steuerfrei gestellt, darüber hinaus sollen lediglich Einkommensbezieher von maximal 3000 Euro im Monat von einer Entlastung erfaßt werden. Die ÖVP setzt die Steuerfreigrenze mit 10.000 Euro niedriger an, würde allerdings auch Besserverdiener von der Reform profitieren lassen, indem eine Senkung des Spitzensteuersatzes in Aussicht gestellt wird.

Die heutigen Partner setzen beide auf die Vereinfachung des Systems, wobei die FPÖ recht kryptisch von einem linearen, oder Formel-Tarif spricht. Nicht ins Programm Eingang eingefunden hat der Plan, eine Flat Tax mit einem Steuersatz von 25 Prozent einzuführen. Dieses Konzept wurde im Auftrag des FP-Parlament-Klubs vom IHS untersucht und für positiv befunden. Die ÖVP setzt auf die Entrümpelung des Systems und nennt ihr Konzept "fair & easy tax".

Keineswegs einer Meinung, aber auch nicht meilenweit auseinander sind die bürgerlichen Parteien bei der fiskalen Behandlung der Unternehmen. Die steuerliche Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns zur Eigenkapitalstärkung ist ebenso gemeinsame Linie wie die Senkung der Lohnnebenkosten und die Gleichbehandlung von Personengesellschaften/Einzelunternehmen und Körperschaften. Darüber hinaus tritt die ÖVP noch für eine Senkung der Körperschaftssteuer ein.

Recht wenig ist über die Finanzierung der schwarzen und blauen Entlastungen zu erfahren. Da ja in beiden Fällen das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts über den Konjunkturzyklus hinweg verfolgt wird, bedürfte die Senkung der Abgabenquote auf unter 40 Prozent eine Ausgabenkürzung im zweistelligen Euro-Milliardenbereich.

In der SPÖ wird - wie bei der FPÖ - die Entlastung der unteren und mittleren Einkommen favorisiert, für die zwei Mrd. Euro locker gemacht werden soll. Die untersten Einkommensschichten sollen dabei durch die Ausweitung des Steuerfreibetrags bessergestellt werden. Technisch wird das über einen sogenannten Formeltarif herbeigeführt, mit Hilfe dessen sich jeder seine individuelle Steuerlast ausrechnen können soll.

Eine weitere Mrd. Euro soll für die Entlastung der Betriebe locker gemacht werden. Dabei konzentriert sich die SPÖ auf gezielte Begünstigungen für Investitionen, Neugründungen und Bildung. Eine generelle Abgabensenkung - sei es bei den Steuern oder den Lohnnebenkosten - ist zumindest kurzfristig nicht angedacht. Zur Kompensation der Einnahmenausfälle setzt die Partei auf die Eintreibung von Steuerrückständen und auch auf eine höhere Besteuerung des Kapitals. Angesprochen, wenn auch nicht klar angekündigt, werden auch die Wertschöpfungsabgabe und die höhere Besteuerung der Privatstiftungen. Zu finden sind weiters allgemeine Äußerungen zur Ökologisierung des Steuersystems, ohne daß konkretere Maßnahmen genannt würden.

Nicht viel weiter in puncto Ökologisierung gehen die Ideen der Grünen, die sich im Wahlprogramm diesbezüglich sehr zurückhaltend zeigen. Konkreter sind Äußerungen prominenter Parteienvertreter, die die Umverteilung von zehn Mrd. Euro an Steuern bis 2010 zum Ziel hat. Nicht erneuerbare Energien wie Gas und Öl sollen dabei belastet werden, im Gegenzug würde die Abgabenbelastung der Arbeit gesenkt. Zudem soll ein Umweltbonus die Mehrbelastung für sozial Schwache abfedern und Anreize zum schonenden Umgang mit den Ressourcen geben.

Der SP gehen diese Vorstellungen viel zu weit, sie will sich auf die Ökologisierung des Steuersystems nur im EU-Gleichschritt einlassen. Auf europäischer Ebene kommen die Gespräche in diese Richtung aber nur sehr langsam voran. Selbst ein Durchbruch der Union hätte für Österreich kaum Folgen, weil die diskutierten Steuersätze auf die einzelnen Energieträger unter den hierzulande geltenden Tarifen liegen.

15.11.2002 Quelle: Print-Presse