Budgetsanierung heißt hierzulande Steuern erhöhen und Schulden verstecken.

BILANZ von JOSEF URSCHITZ

Der Vorschlag des SP-Chefs Gusenbauer, die öffentliche Hochwasserhilfe über eine Anleihe (einen "Flood Floater"?) zu finanzieren, hat einiges für sich: Sie würde in der Finanzierung Transparenz schaffen. Ob genau diese Transparenz von der Regierung gewünscht wird, ist freilich eine andere Frage.
 Eines ist klar: Geld muß dafür auf jeden Fall aufgenommen werden. Denn weder die Steuerreform 2003 noch der Abfangjägerkauf 2005 waren ausfinanziert. Es kann also nicht dafür vorgesehenes Geld umgeleitet werden, es werden vielmehr dafür vorgesehene Kredite umgewidmet. Sich dieses Geld beim Steuerzahler (und bei den heimischen Banken) in Form einer klar zweckgewidmeten Anleihe zu holen, würde verhindern, daß alle möglichen Budgetprobleme der Regierung (und davon gibt es wahrlich genug) nach und nach unter dem Deckmantel "Hochwasserhilfe" verschwinden.


Wie Gusenbauer freilich auf die in einem Zeitungsinterview geäußerte Idee kommt, eine derartige Anleihe würde "das Budget nicht belasten", wird er erst erklären müssen. Immerhin ist das Instrument der Bundesanleihe hierzulande die klassische Form der Staatsverschuldung. Da übt der Oppositionsführer wohl ein wenig für die erhoffte Übernahme von Regierungsverantwortung.


Denn das Verstecken und Wegleugnen von Staatsschulden hat hierzulande lange Tradition. Schon Kreisky ist mit der "Auslagerung" von Staatsverbindlichkeiten relativ großzügig umgegangen. Ein Vorgang, bei dem der Staat Verbindlichkeiten im wesentlichen in ihm zu 100 Prozent gehörende Gesellschaften transferiert. Mit dem Effekt, daß die Verbindlichkeiten zwar weiter da sind (und bedient werden müssen), im Budget selbst aber nicht mehr ausgewiesen werden.


Auf diese Weise sind etwa Verbindlichkeiten über mehrere hundert Milliarden Schilling für die Straßen- und Schieneninfrastruktur aus dem offiziellen Staatsschuldenberg verschwunden, obwohl sie natürlich weiter da sind und bedient werden müssen. Solche Ausgliederungen haben freilich auch ihre Vorteile. Beispielsweise kann eine Ges.m.b.H. wesentlich "wirtschaftsnäher" geführt werden als eine kameralistisch geführte Behörde.


Aber die Ausgliederungs-Kreativität, die in den vergangenen Monaten und Jahren unter dem Druck der Maastricht-Kriterien besonders die Bundesländer erfaßt hat, ist ziemlich alarmierend: Hier wird schlicht alte Schuldenpolitik weiterbetrieben, ohne daß dies in den offiziellen Budgets sichtbar wird. Wenn zum Beispiel Kärnten seine Krankenhäuser an eine landeseigene Gesellschaft "verkaufen" will, und Landespolitiker mit dem "Erlös" dieser Transaktion (die in Wirklichkeit nichts anderes als eine versteckte Kreditaufnahme des Landes ist) schon wahlstimmenmaximierend hausieren gehen, dann wird die dahintersteckende Absicht schön sichtbar. Die EU ist bei dieser (nicht nur in Österreich geübten) Praxis, die die Financial Times kürzlich "Enron-style budgeting" genannt hat, ohnehin extrem empfindlich. Zuletzt mußte das das Land Niederösterreich einsehen, dem eine ähnliche Konstruktion mit der Wohnbauförderung aus Brüssel "zurückgeschmissen" wurde.


Irgendwann werden natürlich auch die Wähler merken, wie sie da mit kreativer Buchhaltung hinters Licht geführt werden. Und daß die vielbesungene Budgetsanierung bisher nur aus Steuererhöhungen und kreativer Bilanzierung besteht. Vielleicht sollte man den Eid, den US-Konzernchefs jetzt auf ihre Bilanzen schwören müssen, auch auf Finanzminister und Finanz-Landesräte ausdehnen.

20.08.2002 Quelle: Print-Presse