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[An Josef David: Postkarte]

[Stempel: Berlin-Steglitz - 3. 10. 23]
 


Milý Pepo buď tak dobrý a napiš mi několik řádků, kdyby se něco zvláštního doma přihodilo. Dnes je středa, večer, jsem zde 10 dnů a dostal jsem celkem 2 zprávy z domova. To by úplně stačilo jen že to nebylo dobře rozdělené, ty 2 zprávy přišly rychle za sebou. Tak mi napíšes, kdyby se něco stalo, že? A co děláš ty, když nemás nikoho, kterému můžeš dělat strach před Berlinem. Pepo, mě dělat strach! To je tak jako Eulen nach Athen tragen. A je to zde skutečně hrozné, žít ve vnitřním městě, bojovat o živobytí, číst noviny. To vše ovšem nedělám, nevydržel bych to půl dne, ale zde venku je to pěkné, jen někdy vytryskne nějaká zpráva, nějaký strach až ke mě a potom musím s ními bojovat, ale je to v Praze jinak? Kolikeré nebezpečí hrozí tam každodenně takovému bojácnému srdci. A jinak je to zde krásné, přiměřeně k tomu jsou k příkladu kašel a teplota lepší i než v Železích. - Těch 20 K předal jsem jednomu Kinderhortu podám ti o tom ještě bližší zprávu. - Kdyby si chtěl nějaký referát o Berlinském eventu tak mi jen napiš. Ovšem ty Berlinksé cený! Bude to drahý referát. Otevři si ostatně poslední Selbstwehr. Ten prof. Vogel tam zase píše proti footbalu, snad teď footbal vůbec přestane.

Pozdravuj pěkně rodiče a sestry p. Svojsíka.

Teď přišel ostatně dopis od Elli, je tedy vše v pořádku


D e u t s c h e  Ü b e r s e t z u n g:


Lieber Pepa, sei so gut und schreibe mir ein paar Zeilen, wenn zuhause etwas besonderes geschehen sollte. Heute ist Mittwoch abends, ich bin seit 10 Tagen hier und habe insgesamt 2 Nachrichten von zuhause erhalten. Das würde vollkommen genügen, nur war es nicht gut verteilt, die 2 Nachrichten kamen schnell nacheinander. Also Du wirst mir schreiben, falls etwas geschehen sollte, nicht wahr? Und was machst Du, wenn Du niemanden hast, dem Du vor Berlin Angst machen kannst. Pepa, mir Angst machen, das ist so wie Eulen nach Athen tragen. Und es ist hier wirklich schrecklich, in der inneren Stadt leben, um Lebensmittel kämpfen, Zeitungen lesen. Das alles tue ich allerdings nicht, ich würde es keinen halben Tag aushalten, aber hier draußen ist es schön, nur manchmal dringt eine Nachricht durch, irgendeine Angst bis zu mir, und dann muß ich mit ihnen kämpfen, aber ist es in Prag anders? Wie viele Gefahren drohen dort täglich einem so ängst

lichen Herzen. Und sonst ist es hier schön, dem entsprechend sind zum Beispiel der Husten und die Temperatur sogar besser als in Schelesen. - Die 20 K übergab ich einem Kinderhort, darüber werde ich Dir noch Näheres berichten. - Wenn Du ein Referat über die Berliner Zustände haben möchtest, dann schreibe mir nur. allerdings die Berliner Preise! Es wird ein teueres Referat sein. Schlage übrigens die letzte Selbstwehr auf. Professor Vogel schreibt dort wieder gegen den Fußball, vielleicht hört der Fußball jetzt überhaupt auf.

Grüße mir schön die Eltern und die Geschwister und Herrn Svojsík.

Übrigens kam jetzt ein Brief von Elli, es ist also alles in Ordnung.




Das alles tue ich allerdings nicht: Zumindest für den 1. Oktober stimmt das nicht, vgl. Nr. 106, Br 448 und J. P. Hodin, Ich habe Franz Kafka geliebt. Ein Interview mit Dora Diamant, in: Die neue Zeitung, 18. VIII. 1948, S. 13. Und was die Beängstigungen beim Zeitungslesen betrifft, so geschahen sie täglich (vgl. Nr. 114). Kafka verschweigt den wahren Sachverhalt, um seine Eltern David wohnte im gleichen Haus und zeigte ihnen natürlich die Postkarte (vgl. die Anmerkungen zu Nr. 99) - nicht unnötig zu beunruhigen (vgl. auch Nr. 117 und 119).


besser als in Schelesen: Vgl. die Anmerkungen zu Nr. 105.


Kinderhort: Vgl. Br 473 und FK 176.


Es wird ein teueres Referat sein: Am Mittwoch, dem 5. September 1923, hatte David an Ottla nach Schelesen geschrieben, er bleibe wegen einer Sportveranstaltung am Wochenende etwas länger in Prag: "Und dann habe ich die alte Rücksicht auf Franz, das wird doch ein Referat sein, das mir mindestens eine Reise mit Zug und Autobus bezahlen wird; er läßt sich das schon etwas kosten. Sag ihm, dass Hakoah in London gegen West Ham United 5 : 0 gewonnen hat. Heute war es im "Tagblatt". Entweder hat das "Tagblatt" vermasselt oder hatten die Westharns noch das japanische Erdbeben in den Beinen." (KO 557 f.) Die Niederlage des verehrten englischen Fußballklubs war freilich schlimm für ihn, kam sie doch auch den Kennern überraschend (vgl. den Bericht im

Professor Vogel: Die Diskussion begann mit einem Beitrag Vogels vom 27. Juli, dem er am 31. August und am 28. September ("Der Kampf gegen die Fußballseuche", in: Selbstwehr 17, Nr. 38, S. 5 f.) weitere Artikel folgen ließ. Die Beiträge wurden durch Gegendarstellungen und ein Schlußwort der Redaktion ergänzt. Anlaß und Stoff zur gegenseitigen Hänselei waren also schon zu der Zeit gegeben, als Kafka gemeinsam mit David in Schelesen war. Zur Selbstwehr vgl. die Anmerkungen zu Nr. 77.


Herrn Svojsík: der Ehemann Anni Davids.


Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at