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[Tagebuch, 1. Februar 1922; Mittwoch]

1 II (1922) Nichts, nur müde. Glück des Fuhrmanns z. B., der jeden Abend so wie ich heute meinen, und noch viel schöner erlebt. Abend etwa auf dem Ofen. Der Mensch reiner als am Morgen, die Zeit vor dem müden Einschlafen ist die eigentliche Zeit der Reinheit von Gespenstern, alle sind vertrieben, erst mit der fortschreitenden Nacht kommen sie wieder heran, am Morgen sind sie sämtlich wenn auch noch unkenntlich da, und nun beginnt wieder beim gesunden Menschen ihre tägliche Vertreibung.

Mit primitivem Blick gesehn ist die eigentliche, unwidersprechliche, durch nichts außerhalb (Märtyrertum, Opferung für einen Menschen) gestörte Wahrheit nur der körperliche Schmerz. Merkwürdig dass nicht der Gott des Schmerzes der Hauptgott der ersten Religionen war (sondern vielleicht erst der späteren) Jedem Kranken sein Hausgott, dem Lungenkranken der Gott des Erstickens. Wie kann man sein Herankommen ertragen, wenn man nicht an ihm Anteil hat noch vor der schrecklichen Vereinigung.

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at