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An Robert Klopstock
Lieber Robert, besten Dank für die Zeitungen, es ist aber nicht nötig,
sie zu schicken, das Abendblatt bekomme ich täglich, eine ausreichende
Zeitung und durch Maxens Aufsätze überreich und auch die Ausschnitte
des Romans bekomme ich wenigstens manchmal.
Dagegen würde ich Sie wohl bitten, wenn eine neue Fackel
erscheinen sollte - sehr lange ist sie schon ausgeblieben - und sie nicht
zu teuer ist, nach dem Durchlesen sie mir zu schicken, diese süße
Speise aller guten und bösen Triebe will ich mir nicht versagen. -
Secessio Judaica, schreiben Sie nicht darüber? Ich
wäre sehr froh, wenn Sie es täten, wenn nicht deutsch, dann ungarisch.
Ich kann es nicht; versuche ich es, gleich sinkt mir die Hand, trotzdem
natürlich ich, wie jeder, manches dazu zu sagen hätte, irgendwo
in meiner Geschlechterfolge wird doch hoffentlich auch ein Talmudist sitzen,
aber er muntert mich nicht genug auf, so tue ich es bei Ihnen.
Es muß sich ja nicht um eine Widerlegung handeln, nur um eine Antwort
auf den Anruf, es muß doch sehr locken und es lockt, einmal auf dieser
deutschen und doch nicht ganz Fremden Weide seine Tiere weiden zu lassen,
nach Judenart.
Ihr K.
Fackel: Herausgegeben von Karl Kraus. Ab 1899.
Secessio Judaica: Das Buch Hans Blühers "Secessio
Judaica" (Berlin, I922), beschäftigte Kafka lebhaft. - versuche
ich es: Vergleiche "Tagebücher", Seite 582 ff.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at