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[Prag]
Lieber Franz,
Schon Samstag beschloß deine prachtvolle Schwester Ottla auf deinen
Brief hin (an sie) zum Direktor zu gehen. Am Sonntag erhielt ich deinen
Expreßbrief. Da war schon alles erledigt - im günstigsten Sinn.
Du hast ja indessen schon Telegramm und Brief von deiner Schwester. - Ich
habe deine Mutter noch nie so glück strahlend gesehen als in dem Moment,
da ich ihr sagte, dass du nun selbst weiteren Urlaub willst und dass
der Arzt dies für aussichtsvoll hält. Sie sah förmlich (um
die Augen herum) in diesem Moment wie ein junges Mädchen aus, fast
übermütig.
Urlaub also hast du nun - bis zu einem Jahr mit
vollem Gehalt, weitere 2 oder 3 Jahre (die gar nicht nötig sein werden)
eventuell ohne Gehalt. Ottla, der es auch körperlich sehr gut geht,
erzählte mir, dass der Direktor außerordentlich lieb und
rücksichtsvoll zu ihr war.
Nun kommt bei all diesen guten Dingen natürlich
das "aber": - Mein Glauben an Matliary ist erschüttert.
Ich bin, wie ich dir schon schrieb, für ein strenges Sanatorium mit
richtiger offizieller Ärzte-Aufsicht. Daß du nackt im Sonnenschein
liegst, offenbar nach deinem eigenen Rezept, gefällt mir nicht. Ich
glaube ja, dass du die Kur ernst nimmst, wie du schreibst. Aber das
Ernstnehmen von deiner Seite allein ist mir keine genügende Garantie.
Ernstnehmen muß der Arzt, das Personal, die ganze Anstalt, der ganze
Tag mit seiner vorgeschriebenen Einteilung. Wenn du es doch über dich
brächtest, versuchsweise für einige wenige Monate dich der Aufsicht
von Fachleuten zu unterordnen!!
Nun also habe ich dich wieder ein wenig nervös
gemacht, wenn ich dir schon den gewünschten Dienst nicht leisten konnte.
Verzeih! - Von mir nichts Neues. Ich fahre für 3 Tage am 19. nach
Berlin, Leipzig. Im April kann ich dich vielleicht besuchen, wenn du schon
Besuche verträgst.
Herzlichst Max
Schreibe bald!
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at