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[Tagebuch, 10. Januar 1920; Samstag]

10.I (1920)

Die traurigen Folgen des Nachmittags (Baumgarten)

Ein segmentartiges Stück ist ihm aus dem Hinterkopf herausgeschnitten. Mit der Sonne schaut die ganze Welt hinein. Ihn macht es nervös, es lenkt ihn von der Arbeit ab, auch ärgert er sich, dass gerade er von dem Schauspiel ausgeschlossen sein soll

Es ist keine Widerlegung der Vorahnung einer endgültigen Befreiung, wenn am nächsten Tag die Gefangenschaft noch unverändert bleibt oder gar sich verschärft oder selbst wenn ausdrücklich erklärt wird, dass sie niemals aufhören soll. Alles das kann vielmehr notwendige Voraussetzung der endgiltigen Befreiung sein.

Er ist bei keinem Anlaß genügend vorbereitet, kann sich deshalb aber nicht einmal Vorwürfe machen, denn wo wäre in diesem Leben, das so quälend in jedem Augenblick bereitsein verlangt, Zeit sich vorzubereiten und selbst wenn Zeit wäre, könnte man sich denn vorbereiten, ehe man die Aufgabe kennt d. h. kann man überhaupt eine natürliche, eine nicht nur künstlich zusammengestellte Aufgabe bestehn? Deshalb ist er auch schon längst unter den Rädern, merkwürdiger aber auch tröstlicher Weise war er darauf am wenigsten vorbereitet.

Er hat den Archimedischen Punkt gefunden, hat ihn aber gegen sich ausgenützt, offenbar hat er ihn nur unter dieser Bedingung finden dürfen

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at