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[An Ottla Kafka: Postkarte]
Liebe Ottla, noch nicht gesund? Noch keine Nachricht? Was ist denn das?
Ich habe mich hier immerfort gegen Fleischesser- und Biertrinker-Ratschläge
zu wehren und wenn mir nichts mehr einfällt, sage ich: "Gewiß
ich bin äußerlich kein besonders starker Beweis für das
Nichtfleischessen (habe aber schon 3.25 zugenommen) aber meine Schwester
u.s.w." Und nun wirst Du krank und Ihr schreibt mir gar nicht darüber.
Und überdies habe ich immerfort Wege nötig; wer wird nur sie
machen? Heute z. B.: Kauf mir bitte bei Borový
auf der Kleinseite 20 Exemplare des "Kmen" Nr. 6., ein Stück
kostet nur 60 h, später wird es nicht mehr zu haben sein und man kann
damit billige Geschenke mache, es steht drin nämlich der
"Heizer" von Frau Milena übersetzt
F.
Fleischesser- und Biertrinker-Ratschläge: Vgl.
M 69: "mein neuer Tischgenosse hier sagte gestern mit Bezug auf die
vegetarische Kost des stummen Mannes: "ich glaube: für geistige Arbeit
ist Fleischkost unbedingt erforderlich"".
Borový: František B. war der Inhaber
des 1912 gegründeten gleichnamigen bedeutenden Verlagshauses, das,
wie die zugehörige Buchhandlung und das Antiquariat, in der Prager
Altstadt gelegen war (Na Príkopě 27). Vielleicht gab es aber
auf der Kleinseite eine Zweigstelle. Die Zeitschrift "Kmen"
wurde von Stanislav K. Neumann, einem kommunistischen tschechischen Schriftsteller,
herausgegeben.
der "Heizer": Franz Kafka, Topič,
in: Kmen 4, Nr. 6 (22. 4. 1920), S. 61-72. Milenas Interesse für Kafkas
Erzählungen war der Anlaß für ihre Bekanntnschaft mit ihm
(Vgl. M 10, 21 f. u. O. F. Babler, Frühe tschechische Kafka-Publikationen,
in: Franz. Kafka aus Prager Sicht, [Berlin] 1966, S. 149 ff.) Vgl. auch
Nr. 82.
Letzte Änderung: 17.4.2009 werner.haas@univie.ac.at