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An Milena Jesenská

[Prag, 12. August 1920]
Donnerstag
 

Zu Laurin werde ich heute gehn, telephonieren ist zu unsicher und zu schwer. Pick aber kann ich auch nur schreiben und weiß nicht einmal genau seine Adresse, seinen letzten Brief werde ich wohl kaum mehr finden. Er ist auf dem Land, war jetzt nur paar Tage in Prag und ist wieder zurückgefahren.

dass es Münchhausen gut gemacht hat, freut mich ungemein, nun allerdings, er hat schon viel schwierigere Sachen ausgeführt. Und die Rosen werden auch so gepflegt werden, wie die Blumen letzthin? (nárunči!) [([ein] Armvoll!)] Und was für Blumen waren es? Und von wem?

Wegen Gmünd habe ich Dir ja schon geantwortet ehe Du gefragt hast. Quäl Dich möglichst wenig, dann quälst Du auch mich am wenigsten. Ich habe es mir nicht genug überlegt, dass Du so lügen mußt. Wie kann aber Dein Mann glauben, dass ich Dir nicht schreibe und dass ich Dich nicht sehen will, wenn ich Dich einmal gesehen habe.

Du schriebst, dass Du manchmal Lust hast mich auf die Probe zu stellen. Das war doch nur Spaß, nicht wahr? Bitte, tue es nicht. Schon das Erkennen verbraucht so viel Kraft, wie viel würde erst das Nichterkennen verbrauchen!

dass Dir die Annoncen schmecken, freut mich ja so. Iß nur, iß nur! Vielleicht, wenn ich heute zu sparen anfange und Du zwanzig Jahre wartest und die Pelze dann billiger sind (weil dann vielleicht Europa wüst ist und die Pelztiere durch die Gassen laufen) - vielleicht also reicht es dann auch für einen Pelz.

Und weißt Du vielleicht, wann ich endlich einmal schlafen werde, etwa in der Samstag- oder Sonntagsnacht?

Also damit Du es weißt, diese überdruckten Marken, die sind sein eigentlicher Wunsch (er hat lauter " eigentliche" Wünsche). To je krása, to je krása! [Das ist herrlich, das ist herrlich!] sagt er. Was er dort für Dinge sehn muß!

Und jetzt werde ich essen und dann in die Devisenzentrale gehn - ein Bureauvormittag.

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at