Voriger Eintrag Jahresübersicht | IndexseiteNächster Eintrag

 

An Milena Jesenská

[Prag, 6. Juli 1920]
Dienstag noch später
 

8)

Kaum hatte ich den Brief eingeworfen, fiel mir ein: Wie hatte ich denn das von Dir verlangen können. Abgesehn davon dass es doch nur meine Sache ist hier das Richtige und Notwendige zu tun, ist es Dir doch wahrscheinlich unmöglich einen derartigen Antwortbrief einem fremden Menschen zu schreiben und anzuvertrauen. Nun Milena dann verzeih die Briefe und Telegramme, rechne sie meinem durch den Abschied von Dir geschwächtem Verstand zu; es macht gar nichts, wenn Du ihr nicht antwortest, es wird sich eben eine andere Lösung finden müssen. Mach Dir deshalb keine Sorgen. Ich bin nur so müde von diesen Spaziergängen, heute auf der Vyšehrader Lehne, das ist es. Auch kommt morgen der Onkel, ich werde wenig allein sein.

Um aber von etwas besserem zu reden: Weißt Du eigentlich wann Du in Wien am schönsten, aber schon ganz unsinnig schön angezogen warst? Darüber kann es nämlich keinen Streit geben: am Sonntag.

Letzte Änderung: 17.4.2009werner.haas@univie.ac.at